Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 7. Juni 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2709 19. Wahlperiode 11.06.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Kai Gehring, Ulle Schauws, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/2295 – Akademisierung der Hebammenausbildung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In Deutschland wird die Akademisierung der Hebammenausbildung bereits seit Jahren debattiert und im Rahmen von Modellstudiengängen erprobt. Derzeit setzt die Tätigkeit als Hebamme oder Entbindungspfleger in Deutschland eine dreijährige fachschulische Ausbildung mit theoretischen und praktischen Anteilen voraus. Durch die Reform der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie (2005/36/EG; geändert durch die EU-Richtlinie 2013/55/EU) wurden die Zugangsvoraussetzungen auf EU-Ebene hochgesetzt; nunmehr ist eine zwölfjährige Schulbildung ebenso Voraussetzung für eine EU-weite Anerkennung wie die verstärkte Vermittlung von wissenschaftlichen Kenntnissen auf den Gebieten der Frauenheilkunde, Geburtshilfe, Allgemeinmedizin und Pharmakologie. Die Bundesregierung hat daraufhin in ihrem Bericht über die Ergebnisse der Modellvorhaben zur Einführung einer Modellklausel in die Berufsgesetze der Hebammen, Logopäden, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten (Bundestagsdrucksache 18/9400) erklärt: „Zugleich ergibt sich für die Hebammenausbildung bereits heute die Notwendigkeit einer vollständigen Akademisierung bis zum 18. Januar 2020. […] Für Deutschland hat das zur Folge, dass eine Akademisierung der Hebammenausbildung erforderlich ist, damit die Richtlinienkonformität der Ausbildung, die der automatischen Anerkennung in der EU unterliegt , aufrechterhalten werden kann.“ (ebd., S. 33). Auch der Abschlussbericht der interministeriellen Arbeitsgruppe „Versorgung mit Hebammenhilfe“ vom 29. April 2014 kommt zu diesem Ergebnis (www.bundesgesundheitsministerium. de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Gesundheit/Berichte/Abschlussbericht_ IMAG-Gesamt.pdf; abgerufen am 25. April 2018). Einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Reform der Hebammenausbildung hat die Bundesregierung allerdings bislang nicht vorgelegt. Die 90. Gesundheitsministerkonferenz hat die Bundesregierung daher mit Beschluss aufgefordert, „die zur fristgerechten Umsetzung der EU-Richtlinie erforderliche Novellierung des Hebammengesetzes unter Beteiligung der vom BMG initiierten Bund-Länder- Arbeitsgruppe zügig umzusetzen.“ (www.dkgev.de/media/file/53061.Anlage1_ Beschluesse_der_Gesundheitsministerkonferenz_der_Laender_2017_in_Bremen. pdf; abgerufen am 25. April 2018). Auch der Deutsche Hebammenverband Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2709 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode spricht sich für eine zügige Vollakademisierung der Hebammenausbildung aus (www.bundestag.de/blob/474682/0fa8eeca44bb09955906140bcf182acc/18_14_ 0204-22-_psgiii_dhv-data.pdf; abgerufen am 25 April 2018). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Sicherstellung einer flächendeckenden, bedarfsgerechten und qualitativ hochwertigen Hebammenversorgung ist ein wichtiges gesundheitspolitisches Anliegen der Bundesregierung. Grundlage hierfür ist eine Hebammenausbildung, die den Anforderungen ihres Berufs gerecht wird und durch Attraktivität den Bedarf an Hebammen sicherstellt. Derzeit findet die Hebammenausbildung in Deutschland an staatlich anerkannten Berufsfachschulen statt. Um den Beruf weiterzuentwickeln und an die komplexer werdenden Anforderungen in der Gesundheitsversorgung anzupassen, wurde im Jahr 2009 befristet bis zum Jahr 2017 eine Modellklausel in das Hebammengesetz eingeführt, welche erstmals auch eine akademische Ausbildung von Hebammen zuließ. Im Jahr 2015 hat die Bundesregierung die Modellvorhaben evaluiert und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass weitere Erkenntnisse notwendig sind, um die nachhaltigen und langfristigen Auswirkungen der Akademisierung auf den beruflichen Alltag von Hebammen und deren Arbeitsmarkt beurteilen zu können. Die Modellklausel wurde daher mit dem Dritten Pflegestärkungsgesetz um weitere vier Jahre bis zum Jahr 2021 verlängert. Die Hebammenausbildung muss aufgrund von EU-Vorgaben novelliert werden. Im Jahr 2013 wurde die Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen durch die Richtlinie 2013/55/EU geändert. Dabei wurde die Zugangsvoraussetzung zur Hebammenausbildung von einer zehnjährigen allgemeinen Schulausbildung auf eine zwölfjährige allgemeine Schulausbildung angehoben . Darüber hinaus wurden die Anforderungen an die durch die Ausbildung zu vermittelnden Kenntnisse und Fähigkeiten von Hebammen geändert. Die Richtlinie muss bis zum 18. Januar 2020 in deutsches Recht umgesetzt werden. Die Bundesregierung wird die Hebammenausbildung entsprechend dem Koalitionsvertrag nach den EU-Vorgaben umsetzen. Die Bundesregierung prüft zur Zeit die Einzelheiten der Novellierung. Die konkrete Ausgestaltung der novellierten Hebammenausbildung ist Gegenstand dieser Prüfung. Zur Begleitung des Novellierungsprozesses wurde vom Bundesministerium für Gesundheit ein Bund-Länder-Begleitgremium eingerichtet. In diesem Gremium sucht der Bund den Austausch mit den Ländern über die Ausgestaltung der künftigen Hebammenausbildung. Auch diese Gespräche sind derzeit noch nicht abgeschlossen . 1. Wie viele der seit 2010 an den Hebammenschulen in Deutschland ausgebildeten Hebammen verfügen nach Kenntnis der Bundesregierung über die Fachhochschulreife oder die Allgemeine Hochschulreife? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, wie viele der in Deutschland ausgebildeten Hebammen über die Fachhochschulreife oder die Allgemeine Hochschulreife verfügen. Eine Abfrage beim Statistischen Bundesamt hat ergeben, dass hierzu keine Zahlen vorliegen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2709 2. In welchen europäischen Ländern ist die Hebammenausbildung nach Kenntnis der Bundesregierung bereits akademisiert worden (bitte Ländern einzeln aufführen)? Der Bundesregierung liegen Informationen darüber vor, dass in den folgenden Ländern eine Hebammenausbildung auf akademischem Niveau angeboten wird: 1 Belgien 2 Bulgarien 3 Dänemark 4 Estland 5 Finnland 6 Frankreich 7 Griechenland 8 Großbritannien 9 Italien 10 Irland 11 Kroatien 12 Lettland 13 Litauen 14 Luxemburg 15 Malta 16 Niederlande 17 Österreich 18 Polen 19 Portugal 20 Rumänien 21 Schweden 22 Slowakei 23 Slowenien 24 Spanien 25 Tschechien 26 Ungarn 27 Zypern 3. Wann plant die Bundesregierung, einen Gesetzentwurf zur Akademisierung der Hebammenausbildung vorzulegen? Ein Gesetzentwurf zur Novellierung der Hebammenausbildung soll zeitlich so vorgelegt werden, dass die Umsetzungsfrist der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen am 18. Januar 2020 eingehalten werden kann. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2709 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Wie soll nach Ansicht der Bundesregierung die Akademisierung der Hebammenausbildung insbesondere hinsichtlich der Dauer und der zu vermittelnden Inhalte des Studiengangs bzw. der Studiengänge sowie der Finanzierung der Praxiseinsätze oder Praxisphasen ausgestaltet werden? Die Bundesregierung prüft derzeit die Einzelheiten der Novellierung der Hebammenausbildung . Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 5. Ist die Bundesregierung weiterhin der Ansicht, dass die Hebammenausbildung bis zum 18. Januar 2020 vollständig akademisiert werden muss? Falls nicht, was hat zu diesem Meinungsumschwung geführt? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 6. Inwieweit ist die Bundesregierung der Ansicht, dass der besondere Aufgabenbereich von Hebammen insbesondere in Hinblick auf die selbstständige Leitung von Geburten und die damit verbundene Verantwortung eine akademische Ausbildung sinnvoll machen würde (Ansicht bitte begründen)? Die Hebammentätigkeit umfasst bereits heute das selbständige Leiten von Geburten . Diese Tätigkeit ist den Hebammen nach § 4 des Hebammengesetzes sogar vorbehalten. Dies wird bei der Frage der Akademisierung der Hebammenausbildung mit zu berücksichtigen sein. 7. Inwieweit ist die Bundesregierung der Ansicht, dass der besondere Aufgabenbereich von Familienhebammen im Rahmen der Frühen Hilfen und die damit verbundene Verantwortung eine akademische Ausbildung sinnvoll machen würde (Ansicht bitte begründen)? Familienhebammen sind staatlich examinierte Hebammen mit einer Zusatzqualifikation . Diese befähigt sie dazu, Eltern und Familien in besonders belastenden Lebenssituationen für die Dauer von bis zu einem Jahr zu unterstützen. Die im Rahmen der Bundesstiftung Frühe Hilfen geförderten Familienhebammen verfügen über eine Qualifizierung entsprechend der vom Nationalen Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) in Zusammenarbeit mit den Ländern erarbeiteten „Mindestanforderungen zur Qualifizierung von Familienhebammen und Familien-Gesundheits - und Kinderkrankenpflegerinnen und -pflegern“ oder werden entsprechend qualifiziert. Inwieweit die Mindestanforderungen bei der Frage nach der Akademisierung der Hebammenausbildung berücksichtigt werden können, muss geprüft werden. 8. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der zusätzliche Bedarf an Familienhebammen in Deutschland, und wie viele Stellen sind derzeit unbesetzt (bitte Zahlen nach Bundesländern aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen hierzu bislang keine belastbaren Daten vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2709 9. a) Was plant die Bundesregierung, um den zusätzlichen Bedarf an Familienhebammen in vielen Regionen sicherzustellen? b) Welche Vorteile hätte die Vollakademisierung der Hebammenausbildung nach Ansicht der Bundesregierung für die Qualifikation zusätzlicher Familienhebammen und die Sicherstellung der Versorgung? Die Bundesregierung hat mit dem Bundeskinderschutzgesetz im Jahr 2012 einen auf Dauer angelegten Fonds zur Sicherstellung der Netzwerke Frühe Hilfen und der psychosozialen Unterstützung von Familien, insbesondere durch Familienhebammen und vergleichbare Berufsgruppen aus dem Gesundheitsbereich, eingerichtet . Der Fonds wird seit dem 1. Oktober 2017 mittels der Bundesstiftung Frühe Hilfen umgesetzt. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend stellt für diese wichtige Aufgabe dauerhaft jährlich 51 Mio. Euro zur Verfügung. Zentrales Ziel sind die Sicherstellung der Netzwerke Frühe Hilfen und die psychosoziale Unterstützung von Familien (§ 3 Absatz 4 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz). Zudem ist die Aufwertung der sozialen Berufe insgesamt ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 10. Wann wird die Bundesregierung den nächsten Bericht nach § 6 Absatz 5 und 6 des Hebammengesetzes über die Ergebnisse der Modellversuche zur Akademisierung der Hebammenausbildung vorlegen? Die in der Frage angesprochene Berichtspflicht nach § 6 Absatz 5 und 6 des Hebammengesetzes wurde zum 1. Januar 2017 gemeinsam mit vergleichbaren Berichtspflichten im Logopädengesetz, Ergotherapeutengesetz sowie Masseur- und Physiotherapeutengesetz eingeführt. Sie setzt einerseits die Evaluierung der Modellvorhaben zur Einführung einer Modellklausel in die Berufsgesetze der Hebammen , Logopäden, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten (vgl. Bundestagsdrucksache 18/9400) fort; ergänzend werden bislang fehlende valide Aussagen zur Nachhaltigkeit der Modellvorhaben erwartet, die insbesondere den dauerhaften Nutzen einer akademischen Qualifikation, die Kostenfolgen im Gesundheitswesen oder die Auswirkungen des Ausschlusses von Schülerinnen und Schülern mit mittlerem Schulabschluss betreffen. In Vorbereitung des erneuten Berichts plant das Bundesministerium für Gesundheit , im Herbst dieses Jahres mit interessierten Verbänden, Vertreterinnen und Vertretern der Länder sowie der Hochschulen ein Symposium durchzuführen, um erste Erkenntnisse aus den Evaluierungen zu diskutieren. Es sieht jedoch auch die Notwendigkeit, den Hochschulen bzw. Ländern im Anschluss an das Symposium Gelegenheit zu geben, die Erkenntnisse aus dem Symposium im Rahmen der Evaluierungen so berücksichtigen zu können, dass im Bericht belastbare Aussagen zu den erhobenen Fragen möglich sind. Ein Zeitpunkt, zu dem der Bericht vorgelegt wird, kann aus diesem Grund noch nicht genannt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2709 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den durch die geplante Akademisierung entstehenden Mehrbedarf an Bachelor- und Masterstudienplätzen sowie Promotionsstellen ein? 12. Wie hoch schätzt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang den erwarteten Mehrbedarf an wissenschaftlich qualifiziertem Lehrpersonal an Hochschulen ein? Die Fragen 11 und 12 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Einzelheiten der Novellierung der Hebammenausbildung werden noch geprüft . Insoweit wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 13. Geht die Bundesregierung davon aus, dass bereits zum jetzigen Zeitpunkt eine angemessene personelle, sachliche und räumliche Ausstattung für die akademisierte Hebammenausbildung an Hochschulen besteht (bitte begründen)? 14. Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass die bisher in der fachschulischen Hebammenausbildung vermittelten fachlichen und praktischen Kompetenzen in die akademisierte Ausbildung transferiert werden, und welche Rolle sollen dabei zukünftig die bisherigen Hebammenschulen spielen? Die Fragen 13 und 14 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Einzelheiten der Akademisierung der Hebammenausbildung werden noch geprüft . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333