Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 13. Juni 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2789 19. Wahlperiode 15.06.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Zaklin Nastic, Michel Brandt, Dr. Alexander S. Neu, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/2065 – Zur aktuellen Situation im Kosovo V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit Juni 1999 sind Soldaten der Bundeswehr in der serbischen Provinz Kosovo im Einsatz. Am 22. Juni 2017 beschloss der Deutsche Bundestag mit Stimmen von CDU, CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter Streitkräfte der Deutschen Bundeswehr an KFOR (= Kosovo Force). Das aktuelle Mandat der Deutschen Bundeswehr beinhaltet eine personelle Mandatsobergrenze von 800 deutschen Soldaten. Die KFOR- Mission ist die längste und einer der personell größten Auslandseinsätze der Bundeswehr. 19 Jahre nach dem Krieg der NATO gegen Jugoslawien und dem Beginn der Besetzung der serbischen Provinz Kosovo durch die NATO bleibe die internationale Präsenz laut Bundesregierung „notwendiger Bestandteil der Sicherheitsstruktur, um ein sicheres und stabiles Umfeld aufrechtzuerhalten “ (www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2017/05/2017-05-09- kfor-einsatz-bundeswehr.html). Der Mord an Oliver Ivanovic im Januar 2018 in Mitrovica ist jedoch nur ein Indiz von vielen für die nach wie vor mehr als angespannte, unsichere und instabile Lage in der Region (www.spiegel.de/politik/ausland/kosovo-todes schuesse-auf-oliver-ivanovic-erschuettern-den-balkan-a-1188237.html). Auch die Bezuschussung des Kosovo durch Deutschland und die EU (Unterstützung EU-Heranführung 645 Mio. Euro) hat an der dortigen Situation wenig verändert. Die sozioökonomische Situation der Bevölkerung ist wesentlich schlechter und deutlich prekärer im Vergleich zur Situation der Bevölkerung in Zentral-Serbien oder den Nachbarstaaten (vgl. www.auswaertiges-amt.de/de/ aussenpolitik/laender/kosovo-node/-/207464). Auch das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen der EU und dem Kosovo kann über diese Tatsachen nicht hinwegtäuschen. Kosovo wurde weiterhin de facto von den Provinzbehörden in Zusammenarbeit mit der EUgeführten Rechtsstaatsmission im Kosovo (EULEX) verwaltet. Die von der EU moderierten Gespräche zwischen Serbien und der Provinz Kosovo machten 2016 nur geringe Fortschritte (www.amnesty.de/jahresbericht/2017/serbieneinschliesslich -kosovo). Das Mandat der EULEX wurde bis Juni 2018 verlängert . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2789 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Der Beratende Menschenrechtsausschuss der UN-Übergangsverwaltung im Kosovo (UNMIK) veröffentlichte im Juni 2016 seinen Abschlussbericht, in dem er der UNMIK ein aus Sicht der Fragesteller vernichtendes Zeugnis ausstellte. So habe sie u. a. bei der Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen, die während ihres Mandats verübt wurden, vollständig versagt und keine der Empfehlungen des Beratenden Menschenrechtsausschusses umgesetzt (www.amnesty.de/ jahresbericht/2017/serbien-einschliesslich-kosovo#section-24824). Anlässlich des zehnten Jahrestages der aus Sicht der Fragesteller rechtlich zweifelhaften Unabhängigkeitserklärung der südserbischen Provinz sehen die Fragestellenden eine dringende Notwendigkeit, die Verhältnisse im Kosovo, insbesondere vor dem Hintergrund menschenrechtlicher Aspekte, einordnen zu können , um politische Maßnahmen zu entwerfen, die einer failed-state Situation entgegenwirken. Hierbei wird ein Hauptaugenmerk auf die Diskriminierung von Minderheiten (insbesondere Serben und Roma, Ashkali – RAE = Roma, Ashkali and Egyptian) im Kosovo gelegt. Vor allem Menschen aus den Westbalkanstaaten Albanien, Serbien und seine Provinz Kosovo, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina sind von Abschiebungen aus der Bundesrepublik Deutschland betroffen. Die Zahl der so genannten freiwilligen Ausreisen – die oftmals ebenso unter Zwang geschehen – ist deutlich größer als die Zahl der Abschiebungen (vgl. Bundestagsdrucksache 18/13218). 1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Erwerbslosigkeit im Kosovo in absoluten Zahlen und in Prozent (bitte Jugenderwerbslosigkeit gesondert benennen)? Nach Angaben des Amtes für Statistiken der Republik Kosovo waren im Jahr 2017 etwa 156 600 Personen erwerbslos (30,5 Prozent). Die Jugenderwerbslosigkeit der Altersgruppe zwischen 15 und 24 Jahren belief sich auf rund 43 200 Personen (52,7 Prozent). 2. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung im Kosovo das Recht auf Bildung eines jeden umgesetzt? Das Recht auf Bildung eines jeden ist nach Kenntnis der Bundesregierung in der Republik Kosovo weitgehend umgesetzt. a) Inwieweit werden im Kosovo im Rahmen der Schul- und Hochschulbildung Verständnis, Toleranz und Freundschaft unter allen Völkern und allen rassischen, ethnischen und religiösen Gruppen gefördert? Der kosovarische Strategieplan für Bildung 2017 bis 2021 gibt als Ziel ein inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen vor. Der neue Schullehrplan fördert Verständnis, Toleranz und Freundschaft. Die Inklusion aller ethnischen und religiösen Gruppen, die in Kosovo leben, ist dort als ein fachübergreifendes Prinzip verankert. Weiterhin ist ein Hauptziel des neuen Lehrplans die Förderung von allgemeinen, kulturellen und bürgerlichen Werten, die Entwicklung des Verantwortungsbewusstseins für sich und die Gesellschaft sowie die Befähigung für Leben und Arbeit in unterschiedlichen kulturellen und gesellschaftlichen Kontexten. Aufgrund der starken Spezialisierung im Hochschulstudium ist die Vermittlung dieser Werte kein expliziter Bestandteil der universitären Curricula. Jedoch gibt es für ethnische Minderheiten Quoten für Studienanfänger, um deren Inklusion zu fördern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2789 b) Ist der Grundschulunterricht für jeden Pflicht und allen unentgeltlich zugänglich ? Der Grundschulbesuch (Klasse 1 bis 9) ist verpflichtend und unentgeltlich zugänglich . Zusätzlich stellt das nationale Bildungsministerium allen Schülerinnen und Schülern kostenlos Schulbücher und Unterrichtsmaterialien zur Verfügung. c) Sind die verschiedenen Formen des höheren Schulwesens einschließlich des höheren Fach- und Berufsschulwesens allgemein verfügbar und zugänglich (insbesondere durch Unentgeltlichkeit)? Öffentliche Sekundarschulen, Gymnasien und Berufsschulen sind allgemein zugänglich und kostenfrei. d) Ist der Hochschulunterricht jedem gleichermaßen entsprechend der eigenen Fähigkeiten zugänglich (insbesondere durch Unentgeltlichkeit)? Öffentliche Hochschulen sind für alle bei Nachweis entsprechender Befähigung allgemein zugänglich. Für Angehörige von ethnischen Minderheiten gibt es inklusionsfördernde Zulassungsquoten. Studiengebühren werden an öffentlichen Universitäten nicht erhoben, lediglich Verwaltungsgebühren in unterschiedlicher Höhe. So fallen pro Semester für Bachelor-Studierende 25 Euro, für Master-Studierende 150 Euro und für Doktorandinnen und Doktoranden 500 Euro Verwaltungsgebühren an. e) Wird eine grundlegende Bildung für Personen, die eine Grundschule nicht besucht oder nicht beendet haben, gefördert und vertieft, und wenn ja, welche konkreten Maßnahmen werden zu diesem Zweck seitens der kosovarischen Regierung umgesetzt (vgl. Artikel 13 UN-Sozialpakt und Artikel 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte – AEMR)? Die Republik Kosovo ist noch kein Mitglied der Vereinten Nationen. Die kosovarische Regierung hat begonnen, Fördermaßnahmen in diesem Bereich anzubieten . Das Bildungsministerium hat die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen , damit kosovarische Gemeinden auf Anfrage sogenannte „Aufholklassen“ zum Nachholen des Grundschulstoffes anbieten können. Diese Kurse kommen zustande, wenn eine Mindestgruppengröße erreicht ist. 3. Inwieweit findet nach Kenntnis der Bundesregierung ethnische und/oder religiöse Segregation innerhalb der Bildungsinstitutionen im Kosovo statt? Das kosovarische Schulsystem bietet Unterricht auf Albanisch, Bosnisch und Türkisch an. Die unterschiedlichen Sprachen führen dazu, dass Kinder unterschiedlicher Ethnien teilweise in unterschiedliche Schulen gehen, die jedoch einem gemeinsamen Lehrplan unterliegen. Außerdem existieren serbisch-sprachige Schulen, die nach serbischem Lehrplan unterrichten. Das Recht, nach serbischem Lehrplan unterrichtet zu werden, ist im sogenannten „Ahtisaari-Plan“ festgelegt, der Teil der Verfassung der Republik Kosovo ist. Sowohl Kosovo als auch Serbien tragen zur Finanzierung der serbisch-sprachigen Schulen bei. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2789 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Wie viel Prozent der 15- bis 24-Jährigen besucht im Kosovo weder eine Schule, Hochschule oder geht keiner Beschäftigung nach? Dieser Anteil lag laut der kosovarischen Statistikagentur im zweiten Quartal 2017 bei 27,1 Prozent. 5. Liegt nach Kenntnis der Bundesregierung ein durch die Regierung des Kosovo ausführlich ausgearbeiteter Aktionsplan und dessen Annahme vor, der die schrittweise Verwirklichung des Grundsatzes der unentgeltlichen allgemeinen Schulpflicht innerhalb einer angemessenen, in dem Plan festgelegten Anzahl von Jahren vorsieht (vgl. Artikel 14 UN-Sozialpakt)? Die Republik Kosovo ist noch nicht Mitglied der Vereinten Nationen. Kosovo verfügt über einen Strategieplan für Bildung 2017 bis 2021 und einen jährlichen Aktionsplan zur Umsetzung dieser Strategie. Im Aktionsplan sind auch Aktivitäten zur Förderung der Umsetzung der allgemeinen Schulpflicht enthalten. 6. Wird nach Kenntnis der Bundesregierung im Kosovo i. R. d. Rechts auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen a) ein Arbeitsentgelt gewährleistet, das einen angemessenen Lohn und gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit ohne Unterschied sichert; Das Nettodurchschnittsgehalt in der Republik Kosovo beträgt 457 Euro (Stand 2016). Internationale Organisationen, ausländische Vertretungen, ausländische Hilfsorganisationen und private Unternehmen bezahlen in der Regel höhere Gehälter als staatliche Unternehmen und der öffentliche Dienst. b) gewährleistet, dass Frauen keine ungünstigeren Arbeitsbedingungen als Männer haben, und dass sie für gleiche Arbeit gleiches Entgelt erhalten; Die Verfassung der Republik Kosovo sichert in Artikel 7 die Gleichberechtigung der Geschlechter zu, einschließlich gleicher Möglichkeiten in der Arbeitswelt. Das Parlament der Republik Kosovo hat zudem am 28. Mai 2015 das Gesetz für die Gleichstellung der Geschlechter Nr. 05/L-020 verabschiedet und damit eine detailliertere Rechtsgrundlage für die gleichwertige Teilnahme von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen geschaffen. Das Gesetz regelt auch die gleichwertige Behandlung am Arbeitsplatz. c) ein angemessener Lebensunterhalt für die Arbeitnehmer und ihre Familien gesichert; Abhängig von der Anzahl der erwerbstätigen Familienmitglieder in einem Haushalt kann ein einziges monatliches Entgelt unter Umständen keinen angemessenen Lebensunterhalt garantieren. d) sichere und gesunde Arbeitsbedingungen garantiert; Die Regierung der Republik Kosovo hat am 16. Mai 2013 das Gesetz Nr. 04/L- 161 über die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz verabschiedet. Auf dieser Rechtsgrundlage werden allgemeine Vorschriften, Verpflichtungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer und sonstige relevante Bestimmungen geregelt. Die Anwendung dieses Gesetzes ist jedoch nicht flächendeckend gewährleistet; das gilt vor allem für den informellen Sektor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2789 e) gleiche Möglichkeiten für jedermann, in seiner beruflichen Tätigkeit entsprechend aufzusteigen, sichergestellt; Rechtlich ist die Chancengleichheit durch das Gesetz Nr. 05/L-021 über den Schutz gegen Diskriminierung gewährleistet. f) Arbeitspausen, Freizeit, eine angemessene Begrenzung der Arbeitszeit, regelmäßiger bezahlter Urlaub sowie Vergütung gesetzlicher Feiertage gewährleistet (vgl. Artikel 7 UN-Sozialpakt, Artikel 23 der AEMR und Artikel 24 der AEMR)? Die Republik Kosovo ist noch nicht Mitglied der Vereinten Nationen. Das Arbeitsgesetz der Republik Kosovo Nr. 03/L-212, verabschiedet am 1. November 2010 und gestützt auf Artikel 65 (1) und Artikel 49 der Verfassung der Republik Kosovo regelt etwa Arbeitszeiten, Arbeitspausen, Freizeit, regelmäßig bezahlten Urlaub und die Vergütung gesetzlicher Feiertage. 7. Welchen Kenntnisstand hat die Bundesregierung über die Situation im Kosovo in Bezug auf Korruption sowie über in Bezug darauf ergriffene Gegenmaßnahmen ? Welche konkreten Maßnahmen wären nach Ansicht der Bundesregierung angemessen , um der Korruption im Kosovo entgegenzuwirken? Im Korruptions-Perzeptions-Index von Transparency International nimmt die Republik Kosovo weltweit wie auch in der Region Westbalkan einen mittleren Platz ein (Platz 85 von 180 Staaten in 2017) und hat gegenüber den Vorjahren Fortschritte erzielt (Platz 102 in 2015, Platz 95 in 2016). Auch der jüngste Länderbericht der EU-Kommission attestiert für die letzten 18 Monate Verbesserungen in Einzelbereichen. Die Kommission stellt aber zugleich die weite Verbreitung von Korruption fest und sieht den Staat bei der Korruptionsbekämpfung in vielerlei Hinsicht noch am Anfang eines langen Weges. Die auch von der Bundesregierung beobachteten Fortschritte liegen in der Zunahme von Ermittlungen und Gerichtsverfahren in hochrangigen Korruptionsfällen, einschließlich letztinstanzlicher Urteile, sowie der vermehrten vorläufigen Beschlagnahmung verdächtiger Vermögenswerte . Die Bundesregierung teilt die Einschätzung des Berichts der EU- Kommission, dass sich die Regierung Kosovos kurzfristig darauf konzentrieren sollte, seine nachweisbaren Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung auszubauen , indem sie mehr Staatsanwälte für hochrangige Korruptionsfälle beschäftigt und diese in den Bereichen Finanzermittlungen, Vermögensbeschlagnahmungen und Zeugenschutz ausbildet. Ferner sollte die Regierung Kosovos die Gesetzgebung bei a) der Suspendierung und Entlassung von Beamtinnen und Beamten, die wegen Korruption verurteilt wurden oder gegen die Anklage erhoben wurde, b) der Deklaration von Vermögen und c) in Bezug auf Hinweisgeber („Whistleblower“) an EU-Standards anpassen, sein Parteienfinanzierungsgesetz novellieren, bei den politischen Parteien auf die Einhaltung bestehender Finanzierungsregeln drängen und Verstöße sanktionieren, verdächtige Vermögen vermehrt dauerhaft beschlagnahmen sowie das vorhandene computergestützte Monitoring -System auf alle hochrangigen Korruptionsfälle ausweiten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2789 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung für alle im Kosovo lebenden Menschen das Recht, sich eine Meinung zu bilden und diese zu äußern und das Recht, unangefochten Informationen zu suchen und zu bekommen, tatsächlich umgesetzt (vgl. Artikel 19 der AEMR und Artikel 19 UN-Zivilpakt ; bitte alle eventuellen Fälle, die der Bundesregierung bekannt sind, in denen diese Rechte nicht gewährleistet wurden oder werden, einzeln auflisten und möglichst umfänglich ausführen)? Meinungs- und Pressefreiheit sind durch Artikel 40 und 42 der Verfassung der Republik Kosovo garantiert und in eigenen Gesetzen verankert. Diese Rechte können generell ohne staatliche Einschränkungen wahrgenommen werden. Vereinzelt kommt es zu Einschüchterungsversuchen, Bedrohungen oder tätlichen Angriffen. Die Bundesregierung führt keine systematische Liste von Vorfällen, bei denen diese Rechte verletzt worden sein könnten. Folgende Vorfälle sind der Bundesregierung bekannt: Am 11. Juni 2015 wurden Schüsse auf das Büro des kosovo-serbischen Internet-Portals „KoSSev“ in Nord-Mitrovica abgegeben. Am 24. November 2015 wurde ein Fahrzeug einer Mitarbeiterin des „KoSSev“-Portals in Brand gesetzt. Am 26. Januar 2016 kam es zu einem körperlichen Angriff von zwei Personen auf einen Journalisten des Internet-Portals „Veriu.info“, einer der Angreifer war Stadtratsmitglied. Am 24. Oktober 2016 wurde der Chefredakteur des Online-Portals „Gazeta Express“ bedroht. Am 10.April 2017 wurde die Chefredakteurin der Tageszeitung „Zeri“ bedroht. Am 11. April 2017 erhielt der Gründer des Portals „Infojeta.net“ Morddrohungen. Am 13. Mai 2017 wurde die ehemalige Chefredakteurin der Tageszeitung „Zeri“, die zum Tatzeitpunkt gerade in die Politik gewechselt war, körperlich angegriffen. Am 16. August 2017 wurde der Direktor des Online-Portals „Insajderi“ körperlich angegriffen, am 13. Oktober 2017 sein Mitgründer. Darüber hinaus führt die kosovarische Journalistenvereinigung eine Datenbank, in der sie Bedrohungen und Angriffe auf Journalisten sammelt, siehe http://safejournalists.net/ks/search/. 9. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Recht auf Religionsund Weltanschauungsfreiheit im Kosovo gewährleistet (bitte detailliert darstellen und nach einzelnen Religionen und Weltanschauungen auflisten)? Die Republik Kosovo ist gemäß Artikel 8 ihrer Verfassung ein säkularer Staat und verhält sich in religiösen Angelegenheiten neutral. Religionsfreiheit wird in Artikel 38 der Verfassung garantiert. Einschränkungen der Religionsfreiheit sind nicht bekannt. Weder Apostasie oder Konversion noch Mission stehen unter Strafe. Die weitaus meisten Kosovaren (etwa 90 Prozent) bekennen sich zum Islam ; folgen aber überwiegend nicht-strengen Praktiken der Religionsausübung. Neben der serbisch-orthodoxen Kirche und der römisch-katholischen Kirche gibt es kleinere protestantische Gemeinden sowie eine sehr geringe Anzahl von Personen jüdischen Glaubens. Durch ein neues Religionsgesetz, das sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren des Parlaments befindet, sollen die Religionsgemeinschaften einen klaren rechtlichen Status erhalten. Aufgrund der – vor allem seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 2008 – verbesserten Sicherheitslage ist die Verantwortung für die Bewachung der Einrichtungen der serbisch-orthodoxen Kirche bis auf eine Ausnahme (Kloster Decani) von der internationalen Kosovo Force (KFOR) auf die kosovarische Polizei übergegangen. Im in der Verfassung verankerten „Ahtisaari-Plan“ (vgl. Antwort zu Frage 13) sind besondere Sicherheits - und Schutzgarantien für die serbisch-orthodoxe Kirche verankert, die u.a. Steuerprivilegien und einen besonderen Schutz des Kircheneigentums festlegen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/2789 10. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Recht auf angemessenes Wohnen im Kosovo gewährleistet (vgl. Artikel 11 UN-Sozialpakt)? Die Republik Kosovo ist noch nicht Mitglied der Vereinten Nationen. Wohnraum – wenn auch mitunter auf niedrigem Standard – steht der Bevölkerung ausreichend zur Verfügung. Während des Konflikts zerstörte oder beschädigte Häuser wurden bis auf wenige Ausnahmen wieder neu errichtet bzw. repariert. In den ländlichen Gebieten befinden sich die meisten Wohnhäuser im Besitz der darin wohnenden Familien. In den städtischen Gebieten ist derzeit ein „Bau-Boom“ feststellbar: Große Summen privater Investoren fließen in den Bau vielstöckiger Hochhäuser. Es entstanden und entstehen weiter Tausende neuer Wohnungen, die als Eigentumswohnungen verkauft oder von den Eigentümern vermietet werden. Der Durchschnittspreis für den Kauf einer neu gebauten Wohnung liegt derzeit je nach Lage und Ausstattung zwischen ca. 550 und 700 Euro pro Quadratmeter. Der Mietpreis für eine ca. 70 Quadratmeter große Wohnung in einem neu gebauten Hochhaus beträgt derzeit durchschnittlich ca. 150 bis 200 Euro pro Monat. Hinzu kommen Verbrauchskosten für Strom und Heizung. Diese Kosten betragen z. B. für eine vierköpfige Familie derzeit durchschnittlich ca. 60 Euro pro Monat. Für Wohnkosten, Essen und alkoholfreie Getränke sind im Durchschnitt 71 Prozent des monatlich zur Verfügung stehenden Einkommens aufzuwenden. Einkommensquellen der Haushalte in Kosovo sind insbesondere von der schulischen Qualifikation abhängige Arbeitseinkommen, Renten und anderen öffentlichen Leistungen sowie Transferleistungen von im westeuropäischen Ausland lebenden Familienangehörigen. In Kosovo besteht keine Obdachlosigkeit. Die meisten Häuser und Wohnungen befinden sich im Privatbesitz (vgl. http://ask.rks-gov.net/ en/kosovo-agency-of-statistics/add-news/results-of-the-household-budget-surveyhbs -2016). Eine Ausgrenzung von Angehörigen der Minderheiten der Roma, Ashkali und Ägypter (RAE) durch Vermieter von Wohnraum ist nicht festzustellen. Entscheidend für die Vermietung von Wohnraum auch an RAE-Minderheitenangehörige sind vielmehr objektive Kriterien wie die Garantie einer pünktlichen und vollständigen Zahlung der monatlichen Wohnungsmiete. 11. Sind der Bundesregierung Fälle rechtswidriger Zwangsräumungen im Kosovo bekannt, und wenn ja, welche Bevölkerungsgruppen waren davon in welchem Ausmaß betroffen (bitte einzeln für die vergangenen zehn Jahre auflisten)? Der Bundesregierung sind keine Fälle staatlich veranlasster, rechtswidriger Zwangsräumungen in der Republik Kosovo bekannt. 12. Inwieweit sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Rechte von Serben und Serbinnen und RAE im Kosovo nicht lediglich formal, sondern auch tatsächlich, die gleichen wie die für alle anderen Bürgerinnen und Bürger? Die Verfassung und die Gesetze der Republik Kosovo verbieten jegliche Diskriminierung von Angehörigen gesellschaftlicher Minderheiten. Es liegen keine Berichte von Anwendung staatlicher Gewalt oder Diskriminierung gegen ethnische Roma, Ashkali und Ägypter (RAE) oder gegen Serbinnen und Serben vor. Die Regierung von Kosovo tritt für Toleranz und Respekt gegenüber den Minderheiten ein. Sie hat mit der "Strategie für die Integration der Gemeinschaften der Roma, Ashkali and Ägpter in der Republik Kosovo 2009-2015" Nachteile für Angehörige dieser Minderheiten etwa beim Zugang zu Personenstandsdokumenten , Wohnraum, Arbeit, staatlichen Sozialleistungen, Gesundheitsversorgung und Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2789 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Bildung identifiziert, die Maßnahmen im hierzu verabschiedeten Aktionsplan bislang jedoch nur zum Teil umgesetzt. Auf dieser Grundlage wurde im Dezember 2015 ein neuer Strategie- und Aktionsplan mit dem Titel „Strategie für die Inklusion der Gemeinschaften der Roma, Ashkali and Ägypter in Kosovo 2016-2020“ entwickelt. Hierbei wirkten Vertreter der Roma, Ashkali und Ägypter sowie Nichtregierungsorganisationen, Parlamentsabgeordnete und Vertreter aller kosovarischen Kommunen mit. Im Unterschied zur Strategie 2009-2015 mit elf Zielen liegen bei der aktuellen Strategie die Schwerpunkte auf den Themen Bildung, Arbeit und soziale Wohlfahrt, Gesundheitsversorgung und Unterbringung. In die neue Strategie einbezogen wurde das von der EU finanzierte Projekt "Kosovo Education and Employment Network – KEEN". Unter Leitung des „Kosovo Education Centers“ (KEC) in Partnerschaft mit der „Employment and Promotion Agency in Kosovo“ (APPK), „Balkan Sunflower Kosova“ (BSFK), „Academy for Training and Technical Assistance“ (ATTA) und der Organisation SPARK gewährleistet diese Plattform ein gemeinsames Handeln der Akteure, um die Integration der RAE-Minderheiten in Kosovo wirksam zu ermöglichen. In der kosovarischen Öffentlichkeit wirbt die Regierung regelmäßig dafür, dass das kulturelle Erbe der RAE-Gemeinschaften von allen Bürgern des Kosovo zu respektieren, zu schützen und zu unterstützen sei. Die in Kosovo lebenden Minderheiten genießen laut Verfassung weitreichende Rechte. Gemäß Artikel 78 der Verfassung sind 20 der 120 Parlamentssitze für die nicht-albanischen Minderheiten (Serben 10, Türken 2, Bosniaken 3, Goranen 1 und RAE 4 Parlamentssitze) garantiert. Laut Artikel 81 der Verfassung bedarf es bei der Verabschiedung wichtiger Gesetze nicht nur der Mehrheit aller Abgeordneten , sondern zusätzlich auch der Mehrheit der Abgeordneten, die Minderheiten vertreten. Somit kann die Mehrheit der Gruppe der 20 Minderheitenvertreterinnen und -vertreter mit elf Stimmen wichtige Gesetzesvorhaben aufhalten. Verfassungsänderungen bedürfen zudem auch einer 2/3-Mehrheit der Minderheitenvertreterinnen und -vertretern. Insbesondere die Gruppe der mit zehn Abgeordneten vertretenen Minderheit der Serben kann somit maßgeblichen Einfluss auf das Zustandekommen von Gesetzen in Kosovo ausüben. Die weitgehenden Autonomierechte auf Gemeindeebene haben seit 2008 zur Normalisierung in den mehrheitlich kosovo-serbischen Enklaven südlich des Flusses Ibar geführt. Dort haben sich die meisten ethnischen Serben damit arrangiert, in der von Serbien bisher nicht anerkannten Republik Kosovo zu leben. Die überwiegend von ethnischen Serben bewohnten Gemeinden nördlich des Flusses Ibar stehen faktisch bisher nur eingeschränkt unter der Hoheit des kosovarischen Staats. Mit der Vereinbarung über die Normalisierung zwischen Serbien und Kosovo vom 19. April 2013 wurde die Grundlage für den Abbau von sogenannten parallelen, von Serbien finanzierten Strukturen in der Republik Kosovo gelegt, der aber noch nicht abgeschlossen ist. Seit November/Dezember 2013 nehmen auch Kosovo-Serben im Norden die Möglichkeit der Teilnahme an kosovarischen Kommunal- und Parlamentswahlen wahr. Die in der Normalisierungsvereinbarung von 2013 vereinbarte Integration der kosovo -serbischen Polizeikräfte im Norden in die kosovarische Polizei ist abgeschlossen . Auch die Integration der Justizstrukturen wurde vereinbart. Am 24. Oktober 2017 begann die Eingliederung von kosovo-serbischen Richtern und Staatsanwälten aus Nord-Kosovo in das kosovarische Justizsystem damit, dass 40 Richter und 13 Staatsanwälte gegenüber Staatspräsident Thaçi ihren Eid ablegten . Am 6. November 2017 nahmen diese ihre Arbeit in der kosovarischen Justiz in Nord-Kosovo auf. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/2789 a) Wie erklärt die Bundesregierung, dass Roma am stärksten von allen im Kosovo lebenden Bevölkerungsgruppen von Armut und Erwerbslosigkeit betroffen sind und am Rande der Gesellschaft leben müssen? Vor dem Hintergrund einer in Kosovo seit Jahren hohen Arbeitslosenquote, die im Mai 2018 bei ca. 30 Prozent lag, finden insbesondere nicht oder lediglich gering Qualifizierte selten einen festen Arbeitsplatz. Davon sind die Angehörigen der Gruppen der ethnischen Roma, Ashkali und Ägypter besonders betroffen. Die persönlichen Lebensumstände seit dem Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen , das Festhalten an den alten Traditionen sowie die selbst gewählte, spezielle Lebensweise in den Roma-Siedlungen an den Rändern der Städte („Mahallas“) führen dazu, dass die Sicherung der täglichen Existenz im Vordergrund steht. Wichtige Bereiche des täglichen Lebens wie beispielsweise Gesundheit , schulische oder berufliche Qualifikation, Wohnsituation, Umgang mit staatlichen Stellen werden nachrangig behandelt. Trotz Niederlassungsfreiheit und ausreichendem Wohnraum leben viele Angehörige der RAE-Minderheiten in den Mahallas. In ihren Ausbau wurden in den vergangenen Jahren viele Millionen Euro für menschenwürdige Unterkünfte investiert. Die in den Mahallas lebende Familien bestreiten ihren Lebensunterhalt meist im informellen Sektor, etwa Müllsammeln; die Beschulung der hier lebenden schulpflichtigen Kinder und damit eine mögliche Qualifikation erfolgt nur rudimentär. Die traditionell sehr frühe Verheiratung junger Mädchen führt – auch wegen fehlender Familienplanung – oft zu früher Mutterschaft, wobei sowohl für die jungen Mütter wie auch ihre Kinder der Gesundheitszustand oft prekär ist und in der Regel prekär bleibt, da staatliche Sozialhilfeleistungen nur für Kinder bis zum 6. Lebensjahr gewährt werden. Registrierungen bei den Behörden scheitern oft, weil benötigte Urkunden nicht beschafft und daher nicht vorgelegt werden können, weshalb Anträge auf staatliche Leistungen nicht bewilligt werden können. Zahlreiche deutsche und Nichtregierungsorganisationen anderer Länder versuchen mittlerweile durch eine Vielzahl von Maßnahmen diese die prekären Lebensverhältnisse der RAE zu verbessern . b) Wie beurteilt die Bundesregierung die Lebenssituation von Flüchtlingen im Kosovo? Die Republik Kosovo besitzt ein umfassendes Gesetz zur Regelung von Asylangelegenheiten . Flüchtlinge werden mit Fingerabdruck erfasst und in einer in dem Ort Sllatina neu erbauten Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht, wo sie einen Asylantrag stellen können. Sie erhalten Identifikationskarten, Lebensmittel, Kleidung , Hygieneartikel und kostenlose medizinische Versorgung. Sie können zudem rechtliche Beratung in Anspruch nehmen. Flüchtlinge sowie Migrantinnen und Migranten auf dem Weg nach Westeuropa nutzen Kosovo nur selten als Transitland . Laut kosovarischem Innenministerium beantragten 307 Personen im Jahr 2016 und 147 Personen im Jahr 2017Asyl in Kosovo. c) Wie viel Prozent der RAE sind nach Kenntnis der Bundesregierung offiziell als Einwohnerinnen und Einwohner des Kosovo registriert? Die Registrierung einer in Kosovo lebenden Person erfolgt im sogenannten Zivilregister , das die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie nicht erfasst. Vor diesem Hintergrund können zur Anzahl der in Kosovo registrierten Angehörigen der Minderheiten der RAE keine verlässlichen Aussagen getroffen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2789 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode d) Wie ist die Situation in Bezug auf rassistische Angriffe und gesellschaftliche und administrative Diskriminierung nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2017, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus in Bezug auf Zugang zu öffentlichen Leistungen (Krankenhäuser, Wohnraum, Schulen) für RAE? Der Bundesregierung liegen keine Berichte von Anwendung staatlicher Gewalt oder Diskriminierung gegen Angehörige gesellschaftlicher Minderheiten in der Republik Kosovo vor. Der Zugang zu öffentlichen Leistungen ist für alle Einwohner in Kosovo unabhängig von ihrer Ethnie gleich. e) Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Wohnsituation von RAE im Kosovo? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 10 und 12a verwiesen. f) Wie viele RAE leben nach Kenntnis der Bundesregierung bis heute infolge des Kosovo-Krieges als Binnenvertriebene in Flüchtlingslagern? Einzelheiten sind der als Anlage 1 beigefügten Tabelle zu entnehmen. g) Inwieweit hat es nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren gerichtliche Verurteilungen für die Vertreibung und Diskriminierung von Serben und RAE im Kosovo gegeben? Der Bundesregierung sind hierzu keine Zahlen oder Statistiken bekannt. h) Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung für den Schutz von in Deutschland lebenden Roma aus dem Kosovo zu ergreifen, vor dem Hintergrund , dass weder die in Frage 11 genannten Benachteiligungen noch Armut als rechtswirksamer Fluchtgrund anerkannt werden (vgl. www. sueddeutsche.de/politik/zuwanderung-vom-balkan-deutschland-europasmagnet -1.2345960)? Sofern die rechtlichen Voraussetzungen des Asyl- bzw. Flüchtlingsschutzes nicht vorliegen, prüft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Asylverfahren stets, ob subsidiärer Schutz im Sinne des § 4 AsylG gewährt wird oder ein Abschiebungsverbot vorliegt. Spezielle Maßnahmen der Bundesregierung in Deutschland zum Schutz von Roma aus dem Kosovo, denen kein Aufenthaltsrecht in Deutschland gewährt wird, sind nicht geplant. Auch gehören Angehörige der Roma, die keine deutschen Staatsbürger sind, nicht der anerkannten nationalen Minderheit der deutschen Sinti und Roma an und unterfallen daher nicht dem Anwendungsbereich des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten . Die Bundesregierung bietet jedoch Unterstützungsmaßnahmen an, die Rückkehrern in den Kosovo die Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft vereinfachen sollen (z.B. Reintegrationsprojekt URA (albanisch: Brücke)). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/2789 13. Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation der serbischen Minderheit im Kosovo (Diskriminierung – auch staatliche und institutionelle –, Vertreibung – auch staatliche und institutionelle –, körperliche Angriffe auf Serbinnen und Serben)? Die serbische Minderheit verfügt in der Republik Kosovo über sehr ausgeprägte Minderheitenrechte. Sie kann sich nicht nur auf die allgemeinen Menschen- und Bürgerrechte der kosovarischen Verfassung berufen, sondern verfügt über zusätzliche Rechte als ethnische Minderheit. Wichtigste Rechtsquellen für die Minderheitenrechte der Kosovo-Serben sind die kosovarische Verfassung (insb. Artikel 57-62) und der sogenannte „Ahtisaari-Plan“, der in Artikel 143 der Verfassung verankert ist. Zu den dort enthaltenen Rechten gehören auch das Recht auf Schulbildung nach serbischem Lehrplan und ein serbisch-sprachiges Programm im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Im kosovarischen Parlament sind zehn der 120 Sitze für Kosovo-Serben reserviert. Mit diesen Stimmen verfügt die serbische Minderheit über eine Sperrminorität bei Verfassungsänderungen und bei Gesetzen , die ihre vitalen Interessen berühren. Auf die Antwort zu Frage 12 wird verwiesen . Zudem hat die Minderheit Anspruch auf mindestens einen kosovo-serbischen Minister im Regierungskabinett. In der aktuellen Regierung gibt es drei kosovo-serbische Minister, einer von ihnen im Vize-Premierrang. Für das Personal öffentlicher Institutionen gibt es Quotenregelungen für Kosovo-Serben. 10 der 34 kosovarischen Gemeinden haben eine kosovo-serbische Mehrheitsbevölkerung und profitieren von weitreichenden Befugnissen der lokalen Selbstverwaltung . Bezüglich der Sonderrechte der serbisch-orthodoxen Kirche wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Der Bundesregierung sind keine Vertreibungen von Kosovo-Serben in den letzten Jahren bekannt. Vereinzelt kommt es zu körperlichen Angriffen auf Kosovo-Serben durch Angehörige anderer Ethnien, wobei die Bundesregierung nicht verifizieren kann, ob ethnische Motive oder persönliche Streitigkeiten ursächlich sind. 14. Welche Erkenntnisse (eigene und die Dritter) liegen der Bundesregierung zum Mord an Oliver Ivanovic vor (bitte detailliert ausführen)? Der Bundesregierung liegen dazu keine belastbaren Erkenntnisse vor. Die Ermittlungen der kosovarischen Polizei zu dem Fall dauern an. 15. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung Frauen und Männer im Kosovo gleichgestellt (bitte für sämtliche Bereiche detailliert darstellen)? Nach der allgemeinen Gesetzeslage ist die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie das Diskriminierungsverbot aufgrund des Geschlechts in Artikel 22 und 24 der Verfassung der Republik Kosovo verankert. Die Frauenrechtskonvention der Vereinten Nationen (CEDAW) ist unmittelbar anwendbar. Die Agentur für Gleichberechtigung im Amt des Premierministers soll die Umsetzung der Gleichstellungsmaßnahmen steuern und überwachen. Im Familienrecht ist die Gleichberechtigung von Mann und Frau durch das Gesetz für Gleichberechtigung der Geschlechter am 7. Juni 2004 in Kraft gesetzt worden. Nach Artikel 6 dieses Gesetzes ist die Ombudsperson für Beschwerden mit Bezug auf geschlechtsspezifische Diskriminierungen zuständig. Beamtinnen und Beamte des Büros für die Einhaltung des Diskriminierungsverbots werden in jedem Ministerium und in jeder Kommunalverwaltung eingesetzt. Gleichwohl ist die Gleichberechtigung der Geschlechter nicht durchgehend verwirklicht . Auch aufgrund wirtschaftlicher Abhängigkeit innerhalb von Ehe und Familie sind Frauen gesellschaftlich schlechter gestellt als Männer. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2789 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Nur 15 Prozent des Grundeigentums in Kosovo sind als Eigentum von Frauen registriert. Die Partizipation von Frauen im Arbeitsmarkt liegt bei 35 Prozent, weniger als 10 Prozent der registrierten Unternehmen werden von Frauen geführt. Die Beschäftigungsquote der erwerbsfähigen Frauen liegt bei ca. 13 Prozent, bei Männern mit ca. 47 Prozent deutlich höher. Sektoren mit hohen Quoten für weibliche Beschäftigung sind der Bildungs-, Sozial- und Gesundheitssektor sowie Handel. Männer sind häufiger in Handwerk und Bau vertreten. (offizielle Arbeitsmarkt -Statistik 2. Quartal/ 2017). Das kosovarische Arbeitsrecht garantiert das Recht auf bis zu zwölf Monate Mutterschutz (neun Monate bezahlt, drei Monate unbezahlt), eine auch im Vergleich mit vielen europäischen Staaten progressive Regelung. Im Privatsektor werden Arbeitszeiten und die gesetzlichen Anforderungen an Mutterschutz allerdings zum Teil nicht eingehalten. Bildung: Das Verhältnis zwischen Mädchen und Jungen im Primarschulbereich (Klasse 1 bis 9) liegt im landesweiten Durchschnitt bei 48 zu 52 Prozent. Im Bereich der oberen Sekundarschulen (Gymnasien oder Berufsschulen) bleibt dieses Verhältnis insgesamt bestehen, wenngleich mehr Mädchen (ca. 56 Prozent) das Gymnasium besuchen und mehr Jungen eine Berufsschule (ca. 60 Prozent). Es ist keine signifikant höhere Schulabbruchquote unter Mädchen feststellbar (offizielle Bildungsstatistik 2015/16). Es sind insgesamt 21 025 Lehrerinnen und Lehrer in der Klasse 1. bis 9. erfasst, davon sind 11 102 männlich und 9 923 weiblich. Gewalt gegen Frauen: Sexuelle und genderbasierte Gewalt während des Konflikts von 1998/99 ist noch immer eines der großen gesellschaftlichen Tabuthemen des Landes. Im September 2017 beschloss die Regierung der Republik Kosovo, Opfern sexueller Gewalt eine symbolische finanzielle Entschädigung von monatlich 230 Euro zu zahlen. (Häusliche) Misshandlungen und sexuelle Gewalt sind verbreitet, werden gesellschaftlich weiterhin tabuisiert und von den Betroffenen aus Angst vor Repressalien und fehlender sozialer Unterstützung durch Familie und Gesellschaft nur selten zur Anzeige gebracht. Soweit Fälle von Gewalt gegen Frauen vor Gerichte der Republik Kosovo gelangen, dauern die Verfahren oft sehr lange. Die rechtliche Stellung betroffener Frauen wurde z.B. durch das Gesetz No. 03/L –182 „Zum Schutz gegen häusliche Gewalt“ sowie durch das Strafgesetzbuch verbessert . Daneben wurden Spezialeinheiten gegen Missbrauch und Misshandlungen in jeder größeren Polizeiwache sowie Anlaufstellen bei Gerichten und bei Nichtregierungsorganisationen eingerichtet. Verteilt auf die Regionen der Republik Kosovo existieren derzeit in Pec/Peja, Gjakova/Djakovica, Prizren, Gjilan/Gnjilane, (Süd-)Mitrovica und Nord- Mitrovica sechs Frauenhäuser, die als sog. "sichere Häuser" bezeichnet werden. Frauen können in den Frauenhäusern für eine Dauer von bis zusechs Monaten untergebracht werden. In Ausnahmefällen ist eine Unterbringung auch länger möglich. Außerdem existiert eine nichtstaatliche Einrichtung mit Sitz in Pec/Peja, welche Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt wurden, für bis zu drei Jahren eine Unterkunft sowie Fortbildungsmöglichkeiten zur Verfügung stellt. Viele Frauen gehen aus Mangel an (wirtschaftlichen) Alternativen oft jedoch nach nur kurzer Aufenthaltsdauer zurück zu ihrem Ehepartner. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/2789 16. Sind der Bundesregierung Fälle von Diskriminierung gegenüber Homosexuellen und Transpersonen bekannt (bitte ausführen, welche solcher Angriffe der Bundesregierung aus welcher Quelle bekannt sind und von wem sie gegen wen begangen wurden)? Die Verfassung der Republik Kosovo verbietet Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Dieses Verbot wird durch den Staat generell beachtet. LGBTI-Rechte sind in der eher traditionell-konservativen mehrheitlich muslimischen kosovarischen Gesellschaft insbesondere außerhalb der Hauptstadt ein Tabuthema. Personen, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekennen, müssen mit sozialer Ausgrenzung rechnen. Zu konkreten Einzelfällen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Der gesetzliche Schutz von LGBTI ist über die Jahre verbessert worden. Die Regierung führt Sensibilisierungs-Veranstaltungen unter anderem für Beamtinnen und Beamte, Polizistinnen und Polizisten sowie Lehrerinnen und Lehrer durch. Staatspräsident Thaçi nimmt an den jährlich stattfindenden Paraden zum Tag gegen Homophobie teil. Ministerpräsident Haradinaj nahm an der Eröffnung der Pride Week im Oktober 2017 teil. Im Oktober 2016 fand in Pristina zum ersten Mal eine mehrtägige internationale Konferenz der „Equal Rights Association“ (ERA) zu LGBTI-Rechten im Westlichen Balkan und der Türkei statt. Die Eröffnung wurde von der damaligen kosovarischen Regierung hochrangig wahrgenommen. Mit staatlichen Medienkampagnen und der Herausgabe von Broschüren für Toleranz gegenüber gleichgeschlechtlichen Partnerschaften wird versucht, die öffentliche Meinung zu LGBTI zu verändern. 17. Hält die Bundesregierung an ihrer Kategorisierung des Kosovo als sicheres Herkunftsland vor dem Hintergrund der jüngsten gewaltvollen Ereignisse wie etwa dem Mord an Oliver Ivanovic (s. Frage 14) und der Situation von Minderheiten im Kosovo fest (Definition Sicheres Herkunftsland: „Dies sind Staaten, bei denen aufgrund der allgemeinen politischen Verhältnisse die gesetzliche Vermutung besteht, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet (§ 29a AsylVfG). Diese Vermutung besteht, solange ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht glaubhaft Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, dass er entgegen dieser Vermutung doch verfolgt wird.“ www.bamf.de/DE/Service/Left/Glossary/_function/glossar.html?nn=136300 8&lv2=5831846&lv3=1504416)? Ja. 18. Wie hoch ist die Anzahl der Abschiebungen aus der Bundesrepublik Deutschland ins Kosovo betreffend den Zeitraum der vergangenen zehn Jahre? Wie hoch ist die Anzahl der sog. freiwilligen Rückkehrenden für eben diesen Zeitraum (bitte jeweils sowohl nach Jahren als auch nach Bundesländern aufschlüsseln und sowohl absolute Zahlen als auch Prozent angeben)? Die Angaben sind den als Anlage 2 beigefügten Tabellen zu entnehmen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2789 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Anlage 1 zu Frage 12f Übersicht kosovarischer Binnenflüchtlinge (Quelle: UNHCR, April 2018) Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/2789 Anlage 2 zu Frage 18 1. Rückführungen Abschiebungen in die Republik Kosovo veranlassendes Bundesland Jahr 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Baden Württemberg 3 153 140 92 47 79 67 931 967 847 Bayern 37 90 101 86 61 79 57 1874 890 242 Berlin 2 8 10 7 6 3 12 143 371 132 Brandenburg 1 0 0 4 5 1 1 1 3 0 Bremen 1 1 2 1 1 0 0 0 3 5 Hamburg 5 8 5 8 7 12 10 145 102 31 Hessen 17 36 55 44 44 44 44 708 316 60 Mecklenburg Vorpommern 1 9 2 5 1 0 0 24 22 15 Niedersachsen 39 35 45 48 57 37 15 151 299 170 Nordrhein Westfalen 154 133 108 119 121 102 151 1291 815 686 Rheinland Pfalz 0 21 34 12 11 10 6 63 251 162 Saarland 5 5 8 5 4 24 26 115 35 4 Sachsen 2 7 6 11 11 20 16 73 423 152 Sachsen Anhalt 2 6 1 6 7 20 40 175 160 42 Schleswig Holstein 5 7 7 17 14 12 17 58 108 90 Thüringen 0 4 7 3 9 3 14 1 189 73 Bundespolizei 0 0 0 0 38 80 70 96 34 10 Gesamtergebnis 274 523 531 468 444 526 546 5849 4988 2721 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2789 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Freiwillige Rückkehr (soweit mit REAG/GARP gefördert) Freiwillige Rückkehr in die Republik Kosovo veranlassendes Bundesland Jahr 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Baden Württemberg 26 66 63 56 21 41 72 866 1.009 376 Bayern 34 31 36 25 26 80 122 3.034 725 43 Berlin 7 4 1 2 3 6 12 250 139 31 Brandenburg 1 0 6 1 0 0 2 6 1 5 Bremen 2 2 5 0 1 0 1 38 38 6 Hamburg 0 2 2 2 0 1 18 237 0 1 Hessen 12 9 9 4 1 11 9 318 106 65 Mecklenburg Vorpommern 0 0 2 0 1 0 0 4 0 0 Niedersachsen 20 38 15 18 40 61 39 654 727 127 Nordrhein Westfalen 43 41 33 22 23 47 41 1.159 1.064 502 Rheinland Pfalz 9 14 21 21 26 19 16 624 654 104 Saarland 1 6 4 1 1 5 1 25 2 0 Sachsen 3 0 2 1 3 1 11 240 237 67 Sachsen Anhalt 3 1 1 8 2 7 3 302 163 13 Schleswig Holstein 2 3 3 0 1 3 1 69 140 72 Thüringen 5 3 7 19 7 16 8 200 343 37 Gesamt-ergebnis 168 220 210 180 156 298 356 8.026 5.348 1.449 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333