Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 7. Juni 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2795 19. Wahlperiode 14.06.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Zaklin Nastic, Michel Brandt, Dr. Diether Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/1807 – Zur Lage der Menschenrechte in der Türkei V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Vor fast 70 Jahren wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verkündet. Die AEMR bildet eine wichtige materielle Quelle des Völkerrechts. Aus ihr werden Rechtsüberzeugungen gebildet und sie ist somit für die Akzeptanz der Bindungswirkung von Rechtsnormen unerlässlich. Die Menschenrechte erhalten durch die Aufnahme in den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (UN-Zivilpakt) und den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) rechtliche Verbindlichkeit. Der UN- Zivilpakt und der UN-Sozialpakt wurden durch die Türkei am 15. August 2000 unterzeichnet und am 23. September 2003 ratifiziert. Alle Menschenrechte sind interdependent und unteilbar. Laut UN-Sozialpakt müssen Staaten mit allen geeigneten Mitteln auf die volle Verwirklichung der in diesem Pakt verbrieften Rechte hinwirken (vgl. Artikel 2 Absatz 1 UN-Sozialpakt , www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/ Pakte_Konventionen/ICESCR/icescr_de.pdf). So bildet gemäß der Präambel des UN-Zivilpakts (www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/ PDF-Dateien/Pakte_Konventionen/ICCPR/iccpr_de.pdf) das Recht auf soziale Sicherheit als soziales Menschenrecht eine Maßgabe menschenwürdiger Gestaltung der Lebensverhältnisse und eine wesentliche Voraussetzung der bürgerlich -politischen Menschenrechte: „[D]as Ideal vom freien Menschen, der bürgerliche und politische Freiheit genießt und frei von Furcht und Not lebt, [kann] nur verwirklicht werden, wenn Verhältnisse geschaffen werden, in denen jeder seine bürgerlichen und politischen Rechte ebenso wie seine wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte genießen kann“. Die Fragestellenden möchten einen international umfassenden und umfänglichen Sachstand zur Verwirklichung der Menschenrechte, soweit die Bundesregierung hierüber Kenntnis hat, erhalten. Gemeint sind folgend hierbei all diejenigen Rechte, die sich aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, dem UN-Zivilpakt, dem UN-Sozialpakt und der Verfassung oder den Gesetzen des jeweiligen Landes ableiten lassen. Da rechtliche und tatsächliche Lage häufig nicht deckungsgleich sind, geht es den Fragestellenden hierbei nicht nur um eine Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2795 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode formal-rechtliche Einordnung sondern vor allem um Erkenntnisse über die tatsächliche Situation. Dazu werden weitere Kleine Anfragen zu unterschiedlichen Ländern eingereicht, vorliegend bezüglich der Türkei. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g : Die Bundesregierung hat zur Beantwortung der Kleinen Anfrage weitgehend Bezug genommen auf die hierzu bestehende Rechtslage, wie sie sich aus der Türkischen Verfassung und den Verpflichtungen aus der Mitgliedschaft der Türkei im Europarat ergibt. Die Menschenrechte sind in der Türkischen Verfassung verankert (siehe Verweise auf die jeweiligen Artikel in den Antworten). Auch in der Türkei besteht ein Spannungsverhältnis zwischen einem in der Verfassung verankerten Recht und der tatsächlichen Einhaltung dieses Rechts im Einzelfall. Für die Überprüfung der rechtlichen Verpflichtungen der Türkei sind im Einzelfall in Bezug auf die Menschenrechte Kontroll- und Überwachungsgremien unter anderem auf nationaler Ebene, auf Ebene des Europarates und auf internationaler Ebene zuständig . Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte wird durch das regionale Schutzsystem der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) konkretisiert , die auch die Türkei als Mitgliedstaat des Europarats gezeichnet und ratifiziert hat und die daher für die Türkei verbindlich ist. Über die Einhaltung der EMRK urteilt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Urteile des EGMR sind, auch in Bezug auf die Türkei, in der HUDOC-Datenbank des Gerichtshofs öffentlich zugänglich unter https://hudoc.echr.coe.int. Zudem setzt sich die Menschenrechtskommissarin des Europarats für den Schutz der Menschenrechte in den Mitgliedstaaten des Europarats ein, insbesondere im Hinblick auf die in der EMRK zugesicherten Rechte und Freiheiten. Ihre länderbezogenen Berichte und Stellungnahmen sind öffentlich zugänglich unter: www.coe. int/en/web/commissioner/country-monitoring. Die Bundesregierung hat wiederholt erklärt, dass sie die Entwicklung der Lage der Menschenrechte in der Türkei insbesondere seit dem gescheiterten vereitelten Putschversuch im Jahr 2016 sehr aufmerksam und mit großer Sorge verfolgt. Insbesondere hinsichtlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Rechtsstaatlichkeit sieht die Bundesregierung eine negative Entwicklung. Die Bundesregierung thematisiert dies regelmäßig gegenüber der türkischen Regierung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2795 1. Inwieweit sind nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei alle in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verbrieften Rechte, die in rechtsverbindliche zwischenstaatliche Regelungen übernommen wurden, namentlich UN-Zivilpakt und UN-Sozialpakt, für alle in der Türkei lebenden Menschen vollumfänglich und zu jeder Zeit rechtlich und tatsächlich umgesetzt , unabhängig von Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen , Geburt oder sonstigem Stand, so wie es u. a. in Artikel 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gefordert wird (vgl. Artikel 2 der AEMR und Artikel 2 Absatz 1 UN-Zivilpakt) (bitte detailliert für jeden einzelnen der aufgezählten Punkte ausführen und gegebenenfalls darlegen, in Bezug auf welche Punkte und für welche Gruppen die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verbrieften Rechte mehr oder weniger gut umgesetzt sind)? Artikel 90 Absatz 5 der türkischen Verfassung sieht vor, dass völkerrechtlichen Verträgen, denen die Türkei wirksam beigetreten ist, in der nationalen Rechtsordnung Gesetzesrang zukommt. Soweit entsprechende völkerrechtliche Verträge Grundrechte und Grundfreiheiten enthalten, genießen sie im Falle einer Kollision mit nationalen Gesetzen Vorrang vor letzteren. Darüber hinaus sieht Artikel 10 der türkischen Verfassung vor, dass jedermann Gleichheit vor dem Gesetz genießt ohne Rücksicht auf Sprache, Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, politische Ansicht, Weltanschauung, Religion, Bekenntnis und ähnliche Eigenschaften. Deutschland hat im Rahmen des Allgemeinen Periodischen Überprüfungsverfahrens (UPC) des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen in Bezug auf die Türkei auf anhaltende Mängel im Bereich der Nicht-Diskriminierung insbesondere von der Opposition zugerechneten bzw. der Regierung gegenüber kritisch eingestellten Personen hingewiesen und entsprechende Empfehlungen ausgesprochen . Im Übrigen wird zu möglichen Einzelfällen auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 2. Inwieweit sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Rechte auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person für alle in der Türkei lebenden Menschen rechtlich und tatsächlich vollumfänglich und zu jeder Zeit umgesetzt (vgl. Artikel 3 der AEMR und Artikel 6 UN-Zivilpakt) (bitte gegebenenfalls detailliert auflisten, für wen dies wann nicht der Fall ist)? Die Rechte auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person werden in den Artikel 17 und 19 der türkischen Verfassung geschützt. Mit Unterzeichnung des 2. Fakultativprotokolls zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte am 12. Dezember 2015 durch die Türkei wurde die Todesstrafe abgeschafft (in Kraft seit 27. Dezember 2015). Deutschland hat im Rahmen des Allgemeinen Periodischen Überprüfungsverfahrens (UPR) des Menschenrechtsrates des Vereinigten Nationen in Bezug auf die Türkei auf anhaltende Mängel im Bereich der Haftbedingungen, der Verletzung der Menschenrechte durch den Geheimdienst, des Folterverbots, und der Straflosigkeit staatlich motivierten Handelns, hingewiesen und entsprechende Empfehlungen ausgesprochen. Im Übrigen wird zu möglichen Einzelfällen auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2795 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Inwieweit sind nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei jegliche Formen der Sklaverei oder Leibeigenschaft bzw. alles, was damit vergleichbar wäre, wie bspw. Zwangs- und Pflichtarbeit, rechtlich und tatsächlich vollumfänglich und endgültig abgeschafft (vgl. Artikel 4 der AEMR und Artikel 8 UN-Zivilpakt)? a) Sofern die Bundesregierung davon ausgeht, dass in der Türkei alle Formen der Sklaverei oder Leibeigenschaft bzw. alles, was damit vergleichbar wäre, vollumfänglich und endgültig abgeschafft sind, seit wann ist dies nach Kenntnis der Bundesregierung der Fall (bitte begründen)? b) Sofern die Bundesregierung die Frage, ob in der Türkei alle Formen der Sklaverei oder Leibeigenschaft bzw. alles, was damit vergleichbar wäre, rechtlich und tatsächlich vollumfänglich und endgültig abgeschafft sind, verneint, welche konkreten Probleme und Ursachen sieht die Bundesregierung , und wie müsste diesen nach ihrer Auffassung begegnet werden (bitte genau angeben, welche Formen der Sklaverei oder Leibeigenschaft bzw. alles, was damit vergleichbar wäre, nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei noch nicht rechtlich und tatsächlich vollumfänglich und endgültig abgeschafft sind und welche konkreten Maßnahmen nach Auffassung der Bundesregierung geeignet wären, dem zu begegnen)? Die Fragen 3 bis 3b werden zusammengefasst beantwortet. Artikel 18 der türkischen Verfassung beinhaltet ein Verbot der Zwangsarbeit. Ferner statuiert Artikel 50 der Verfassung die Freiheit eines jeden, die von ihm gewünschte Arbeit aufzunehmen. Schließlich finden sich in den folgenden Artikeln der Verfassung Regelungen zu den Arbeitsbedingungen und zum Recht auf Erholung. Im Übrigen wird zu eventuellen Einzelfällen auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 4. Sind der Bundesregierung in der Türkei Verletzungen des Verbots der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe bekannt (vgl. Artikel 5 der AEMR und Artikel 7 UN-Zivilpakt) (bitte detailliert darstellen und genau beschreiben, um welche Form der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung es sich jeweils handelt und welches Ausmaß diese jeweils annimmt)? Artikel 17 der türkischen Verfassung erklärt die körperliche Unversehrtheit der Person für unantastbar und enthält ein Folter- und Misshandlungsverbot.1 Artikel 94 des türkischen Strafgesetzbuches (StGB) sieht eine Freiheitsstrafe zwischen drei und zwölf Jahren vor für Amtsträger, die sich Folter oder anderer Misshandlungen schuldig machen. Die türkische Regierung gibt an, eine „Null-Toleranz-Politik“ gegenüber Folter zu verfolgen. Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Fälle von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher und entwürdigender Behandlung und Bestrafung, Nils Melzer, äußerte am 27. Februar 2018 Besorgnis über Berichte , nach denen eine große Anzahl von Personen, denen Verbindungen zur Gülen-Bewegung oder der PKK unterstellt werden, brutalen Vernehmungsmethoden unterzogen worden seien, die auf die Erzwingung von Geständnissen abzielen . So erwähnt der von der Nichtregierungsorganisation „Human Rights Watch“ am 12. Oktober 2017 vorgestellte Bericht „in custody“ Fälle von Misshandlung in Polizeihaft. 1 „Niemand darf gefoltert und misshandelt werden; niemand darf einer mit der Menschenwürde unvereinbaren Bestrafung oder Behandlung ausgesetzt werden.“ Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2795 Das Anti-Folter-Komitee des Europarates besuchte im August 2016 im Nachgang des Putschversuches vom 15. Juli 2016 türkische Haftanstalten und legte hierüber einen Bericht vor, dessen Freigabe die Türkei noch nicht zugestimmt hat. Deutschland hat im Rahmen des Allgemeinen Periodischen Überprüfungsverfahrens (UPR) des Menschenrechtsrates des Vereinten Nationen in Bezug auf die Türkei auf anhaltende Mängel im Bereich des Folterverbots hingewiesen und entsprechende Empfehlungen ausgesprochen. 5. Inwieweit wird nach Kenntnis der Bundesregierung allen in der Türkei lebenden Menschen rechtlich und tatsächlich Rechtsfähigkeit gewährleistet bzw. sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen in der Türkei lebenden Menschen ihre Rechtssubjektivität abgesprochen wurde (vgl. Artikel 6 der AEMR und Artikel 16 UN-Zivilpakt)? Die Rechtsfähigkeit wird in Artikel 8 des türkischen Zivilgesetzbuches (ZGB) geregelt. Demnach tritt die Rechtsfähigkeit eines Menschen ohne Ausnahme mit dem Zeitpunkt seiner Geburt ein. 6. Inwieweit respektiert die türkische Regierung nach Kenntnis der Bundesregierung rechtlich und tatsächlich das Selbstbestimmungsrecht der Völker (vgl. Artikel 1 UN-Zivilpakt) sowohl innerhalb des eigenen Landes als auch auf internationaler Ebene (bitte sowohl aktuell als auch bezogen auf die letzten fast siebzig Jahre seit Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte beantworten)? Inwieweit ist dies in der Türkei rechtlich und tatsächlich vollumfänglich gewährleistet in Bezug auf a) die freie Entscheidung über den politischen Status und die freie Gestaltung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung, b) keine Beraubung der eigenen Existenzmittel? Bezüglich der Fragen 6 bis 6b finden sich in der türkischen Rechtsordnung hierzu keine Regelungen. Darüber hinaus wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 7. Inwieweit werden nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei rechtlich und tatsächlich die Gesetze für alle in der Türkei lebenden Menschen gleich angewandt? Beziehungsweise sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen bei der Anwendung der Gesetze nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion , politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft , Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand unterschieden wird (vgl. Artikel 7 der AEMR und Artikel 26 und 14 UN-Zivilpakt; falls der Bundesregierung solche Fälle bekannt sind, bitte auflisten und ausführlich begründen )? Artikel 10 der türkischen Verfassung sieht vor, dass jedermann Gleichheit vor dem Gesetz genießt ohne Rücksicht auf Sprache, Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, politischer Ansicht, Weltanschauung, Religion, Bekenntnis und ähnliche Eigenschaften . Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung sowie auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2795 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Inwieweit haben nach Kenntnis der Bundesregierung alle in der Türkei lebenden Menschen rechtlich und tatsächlich einen Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz vor den zuständigen innerstaatlichen Gerichten, wenn sie sich in ihren Rechten verletzt fühlen (gemeint sind dabei nicht die Rechte der Allgemeinen Menschenrechtserklärung, sondern all diejenigen Rechte, die sich aus der Verfassung oder den Gesetzen der Türkei ableiten lassen; vgl. Artikel 8 der AEMR)? Artikel 125 Absatz 1 Satz 1 der türkischen Verfassung eröffnet den Rechtsweg gegen jede Art von Verwaltungshandeln. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 9. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei der Schutz vor willkürlicher Festnahme, Verhaftung und Ausweisung rechtlich und tatsächlich für alle in der Türkei lebenden Menschen gewährleistet (vgl. Artikel 9 der AEMR und Artikel 9 UN-Zivilpakt)? Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen die türkische Regierung nicht in Übereinstimmung mit den Gesetzen handelt, Gesetze in der Türkei selbst ungerecht sind oder türkische Sicherheitskräfte zufällig oder wahllos Personen festnehmen oder ausweisen, ohne dass ein hinreichender Verdacht besteht, dass sie gegen die Rechtsordnung verstoßen haben (sofern solche Fälle bekannt sind, bitte auflisten und ausführlich beschreiben)? Sind der Bundesregierung in diesem Zusammenhang Hinweise bekannt oder Beschwerden vor europäischen Gerichten oder UN-Gremien anhängig? Werden nach Kenntnis der Bundesregierung die Rechte derjenigen, denen ihre Freiheit entzogen ist, in der Türkei rechtlich und tatsächlich gewährleistet (vgl. Artikel 10 UN-Zivilpakt), und wird bei Inhaftnahmen in der Türkei nach Kenntnis der Bundesregierung in allen Fällen Artikel 11 UN-Zivilpakt berücksichtigt? Artikel 19 der türkischen Verfassung regelt die Freiheit und die Sicherheit der Person. Danach darf niemandem seine Freiheit entzogen werden, es sei denn in den nach Art und Voraussetzungen durch Gesetz bestimmten Fällen. Nach Artikel 15 der türkischen Verfassung gehört Artikel 19 zu jenen Bestimmungen der Verfassung, die im Falle eines Notstands eingeschränkt werden können. Im Rahmen des seit 20. Juli 2016 geltenden Notstands, der vom Parlament zuletzt bis zum 19. Juli 2018 verlängert wurde, wurden zahlreiche Notstandsdekrete erlassen , die Artikel 19 bei der Verfolgung von Staatsschutz- und Terrorismusfällen einschränken. Diese Dekrete wurden anschließend vom Parlament in Gesetzesform bestätigt. Der Schutz vor willkürlicher Festnahme war Gegenstand mehrerer Stellungnahmen internationaler Organisationen. So erklärte der Hohe Kommissar für die Menschenrechte der Vereinten Nationen Seid Hussein im März 2018, sein Büro habe „glaubwürdige Berichte über die willkürliche Festnahme von Personen, die auf Grundlage eines vagen Verdachts terroristischer Verbindungen inhaftiert wurden“2 Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 2 “My office has received credible reports of arbitrary mass dismissals; arbitrary closure of civil society organizations; arbitrary detention of people arrested on broad allegations of links to terrorist organizations, torture in detention; restrictions on freedom of expression and freedom of movement.” Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/2795 10. Inwieweit sind nach Kenntnis der Bundesregierung grundlegende Ansprüche in Rechtsverfahren, und zwar nicht nur in Kriminalfällen, sondern auch in zivilrechtlichen Auseinandersetzungen, in denen eine Person gegen eine andere klagt, für alle in der Türkei lebenden Menschen rechtlich und tatsächlich gewährleistet (gerechte Anhörung aller Personen, die vor einem Gericht erscheinen , durch ein unabhängiges und unparteiisches Gericht, faire Chance, den Fall vorzubringen und gerecht beurteilen zu lassen; vgl. Artikel 10 und 11 der AEMR)? Artikel 125 Absatz 1 Satz 1 der türkischen Verfassung eröffnet den Rechtsweg gegen jede Art von Verwaltungshandeln. Artikel 19 der türkischen Verfassung sieht außerdem vor, dass niemandem seine Freiheit entzogen werden darf, es sei denn in den durch Gesetz bestimmten Fällen. Dazu gehört die Vollstreckung von durch die Gerichte verhängten Freiheitsstrafen und Sicherungsmaßnahmen. Artikel 37 sieht vor, dass „niemand […] vor eine andere Instanz als das gesetzlich zuständige Gericht gestellt werden [darf]. Schließlich sieht Artikel 36 der türkischen Verfassung vor, dass „Jedermann […] das Recht […] [hat] unter Benutzung legaler Mittel und vor den Rechtsprechungsorganen als Kläger oder Beklagter zu klagen und sich zu verteidigen. Kein Gericht darf sich der Durchführung eines Verfahrens innerhalb seines sachlichen, funktionellen und örtlichen Zuständigkeitsbereichs entziehen.“ Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 11. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung für alle in der Türkei lebenden Menschen ein faires Verfahren (Unschuldsvermutung, Recht auf Verteidigung, Recht auf ein öffentliches Verfahren, Grundsatz „Keine Strafe ohne Gesetz“) rechtlich und tatsächlich gewährleistet (vgl. Artikel 11 der AEMR und Artikel 14 UN-Zivilpakt)? Die türkische Verfassung gewährt in Artikel 36 jedermann das Recht auf ein faires Verfahren. Artikel 38 statuiert den Grundsatz „Keine Strafe ohne Gesetz“ und einige weitere Prozessprinzipien zum Schutz des Beschuldigten.3 Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 12. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung für alle in der Türkei lebenden Menschen der Schutz der Freiheitssphäre des Einzelnen (willkürliche Eingriffe ins Privatleben, Familie, Heim, Briefwechsel, Angriffe auf Ehre und Beruf) rechtlich und tatsächlich gewährleistet (vgl. Artikel 12 der AEMR und Artikel 17 UN-Zivilpakt)? Diese Rechte werden in den Artikel 20 bis 22 der türkischen Verfassung geregelt. Danach werden Privatsphäre und Familienleben sowie Wohnung und Kommunikation unter Schutz gestellt. Alle drei Artikel sehen gleichwohl Schranken vor. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 3 „Niemand darf wegen einer Straftat bestraft werden, die nicht aufgrund eines zum Zeitpunkt der Begehung in Kraft befindlichen Gesetzes als solche gegolten hat; niemand darf eine härtere Strafe erhalten als diejenige, welche durch das zum Zeitpunkt der Begehung der Straftat bestehende Gesetz für diese Straftat bestimmt wurde. […] Strafen und an die Stelle von Strafen tretende Sicherungsmaßnahmen dürfen nur durch Gesetz bestimmt werden. Niemand darf als schuldig gelten, solange seine Schuld nicht durch Urteil erwiesen ist. Niemand darf gezwungen werden auszusagen oder Beweis anzutreten, wenn er dadurch sich selbst oder im Gesetz bestimmte Angehörige belastet. Die Verwendung von rechtswidrig erlangten Beweisen ist unzulässig. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit ist persönlich.“ Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2795 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Sind der Bundesregierung Verstöße in der Türkei gegen die Freizügigkeit und Auswanderungsfreiheit bekannt? Inwieweit sind der Bundesregierung die Vertreibung von Menschen aus einem Gebiet des Staates, Einschränkungen der Reisefreiheit innerhalb der Türkei aus politischen Gründen von staatlicher Seite oder die zwangsweise Zuweisung von Minderheiten in umgrenzte Lebensräume in der Türkei bekannt (vgl. Artikel 13 der AEMR; bitte einzelne Beispiele angeben, sofern bekannt)? Artikel 23 der türkischen Verfassung statuiert Niederlassungs- und Reisefreiheit. Die Niederlassungs-freiheit kann zur Verhinderung von Straftaten, zur Gewährleistung der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung, zur Verwirklichung einer gesunden und geordneten Stadtentwicklung und zum Schutz öffentlicher Güter beschränkt werden. Die Reisefreiheit wiederum kann aus Gründen der Ermittlung und Verfolgung wegen Straftaten oder zur Verhinderung von Straftaten durch Gesetz beschränkt werden. Die Ausreisefreiheit des Staatsbürgers darf nur aufgrund eines richterlichen Beschlusses wegen eines Ermittlungs- oder Strafverfahrens beschränkt werden. Ein Staatsbürger darf weder ausgewiesen, noch darf ihm die Möglichkeit zur Einreise entzogen werden. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 14. Inwieweit kommt die türkische Regierung nach Kenntnis der Bundesregierung ihren Verpflichtungen aus dem Recht auf Asyl rechtlich und tatsächlich nach (vgl. Artikel 14 der AEMR)? Ist der Schutz für Personen, die ihr eigenes Land verlassen mussten, weil sie verfolgt wurden, in der Türkei nach Kenntnis der Bundesregierung rechtlich und tatsächlich vollumfänglich gewährleistet? Wird nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei das Recht, Asyl zu suchen, rechtlich und tatsächlich sichergestellt? Wird nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei rechtlich und tatsächlich im Rahmen der Genfer Flüchtlingskonvention gehandelt (bitte ausführlich darlegen und einzelne Beispiele beifügen, sofern bekannt)? Rechtsgrundlagen für das türkische Asylverfahren sind das Gesetz über Ausländer und internationalen Schutz vom 4. April 2013 (Gesetz Nr. 6458, im folgenden türk. AuslG), die Verordnung zum türk. AuslG vom 17. März 2016 und die Verordnung zum vorübergehenden Schutz vom 22. Oktober 2014. Es bestehen unterschiedliche Rechtsgrundlagen für europäische Schutzsuchende (§ 61 türk. AuslG), Schutzsuchende aus nichteuropäischen Staaten (§ 62 türk. AuslG) und syrische Staatsangehörige (§ 91 ff türk. AuslG i. V. m. Verordnung zum vorübergehenden Schutz). Für die Dauer des Verfahrens ist der Aufenthalt gestattet, es besteht Zugang zu staatlicher medizinischer Versorgung. Die Unterbringung in staatlichen Camps ist lediglich für syrische Schutzsuchende möglich, Angehörige von Drittstaaten können Leistungen von Hilfsorganisationen in Anspruch nehmen, haben aber in der Regel für ihre Unterbringung selbst zu sorgen. Der Bundesregierung sind keine belastbaren Hinweise bekannt, dass Schutzsuchenden der effektive Zugang zum Verfahren verwehrt ist. Die Türkei ist der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) mit einem Regionalvorbehalt beigetreten, bekennt sich aber zum Grundsatz der Nichtzurückweisung („Non-Refoulement“). Zugang zum Asylverfahren haben grundsätzlich alle Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/2795 Schutzsuchenden. Die Flüchtlingseigenschaft wird aufgrund des regionalen Vorbehalts zur GFK nur europäischen Asylsuchenden gewährt. Asylsuchende aus nichteuropäischen Staaten können internationalen Schutz beantragen und erhalten im Fall der Positiventscheidung den Status des ‚bedingten Flüchtlings‘ („conditional refugee“). Bedingten Flüchtlingen ist der Aufenthalt in der Türkei solange gestattet, bis sie durch das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) in andere Aufnahmeländer vermittelt werden können. Am 25. April 2016 hat die Türkei gegenüber der EU erklärt, auch nicht-syrischen Flüchtlingen, die aus Griechenland in die Türkei zurückgeführt werden, den Zugang zum internationalen Schutzverfahren zu gewähren. Sofern internationaler Schutz nicht gewährt wird, werden die Voraussetzungen der subsidiären Schutzgewährung geprüft . 15. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt oder hat sie Hinweise darauf, dass in der Türkei Ausländer ohne rechtmäßig ergangene Entscheidung ausgewiesen werden (vgl. Artikel 13 UN-Zivilpakt)? Der Bundesregierung sind Berichte von Nichtregierungsorganisationen und UNHCR zu Fällen von unfreiwilligen Rückführungen nach Syrien bekannt. Inwiefern diese Maßnahmen ohne rechtmäßige Entscheidungen ergangen sind, entzieht sich der Kenntnis der Bundesregierung. 16. Inwieweit wird nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei das Recht auf Staatsangehörigkeit rechtlich und tatsächlich vollumfänglich gewährleistet , bzw. sind der Bundesregierung Fälle aus der Türkei bekannt, in denen Menschen vor allem aus politischen Gründen oder um eine bestimmte Gruppe zu diskriminieren, die Staatsbürgerschaft nicht zuerkannt oder entzogen wurde (vgl. Artikel 15 der AEMR; bitte sofern vorhanden einzelne Fälle auflisten inklusive Erklärung)? Artikel 66 der türkischen Verfassung sieht vor, dass die Staatsangehörigkeit aufgrund der durch Gesetz bestimmten Voraussetzungen erworben wird und nur in den im Gesetz aufgeführten Fällen verloren geht. Die Bestimmung legt außerdem fest, dass der Rechtsweg gegen Entscheidungen, die in Zusammenhang zu einem Entzug der Staatsbürgerschaft stehen, nicht verschlossen werden darf. Mit Artikel 75 des Notstandsdekretes 680 vom 2. Januar 2017 (bestätigt durch das Parlament mit Gesetz Nr. 7072 vom 1. Februar 2018) wurde ein Zusatz zu Artikel 29 Staatsangehörigkeitsgesetz eingefügt, der vorsieht: „Staatsangehörige, gegen die aufgrund der im türkischen Strafgesetzbuch Nr. 5237 vom 26. September 2004 in Artikel 302, 309, 310, 311, 312, 313, 314 und 315 gennannten Straftaten [Anm. Es handelt sich hierbei um Staatsschutzdelikte] ein Ermittlungsverfahren oder eine Strafverfolgung eingeleitet worden ist, und die aufgrund ihres Aufenthaltes im Ausland nicht erreichbar sind, werden in der Ermittlungsphase seitens des Staatsanwalts oder in der Strafverfolgungsphase seitens des Gerichts nach dem Zeitpunkt der Kenntnis des Sachverhalts innerhalb eines Monats an das Ministerium zwecks Aberkennung der Staatsbürgerschaft angezeigt. Sollten diese Personen dem im türkischen Gesetzesblatt veröffentlichten Aufruf des Ministeriums zur Rückkehr ins Land innerhalb von drei Monaten nicht Folge leisten, wird ihnen auf Antrag des Ministeriums und Beschluss des Ministerrates die türkische Staatsbürgerschaft aberkannt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2795 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 17. Inwieweit werden nach Kenntnis der Bundesregierung für alle in der Türkei lebenden Menschen die Rechte auf Ehefreiheit und den Schutz der Familie rechtlich und tatsächlich vollumfänglich gewährleistet (vgl. Artikel 16 der AEMR und Artikel 23 UN-Zivilpakt)? Der Schutz der Familie ist in Artikel 41 der türkischen Verfassung geregelt. Bestimmungen zur Eheschließung finden sich in den §§ 124 ff. des türkischen Zivilgesetzbuches . Danach kann grundsätzlich jeder Mann und jede Frau ab Vollendung des 17. Lebensjahres die Ehe schließen. Einschränkungen bestehen für Geschäftsunfähige, bei naher Verwandtschaft sowie für eine Frist von 300 Tagen nach einer Scheidung. Die Frist kann aufgehoben werden, wenn festgestellt wird, dass keine Schwangerschaft vorliegt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 18. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung für alle in der Türkei lebenden Menschen das Recht auf Eigentum in gleicher Art und Weise rechtlich und tatsächlich geschützt, bzw. sind der Bundesregierung Fälle aus der Türkei bekannt, in denen diesbezüglich zwischen unterschiedlichen Gruppen in diskriminierender Weise unterschieden wird (vgl. Artikel 17 der AEMR; bitte erklären)? Artikel 35 der türkischen Verfassung regelt das Recht auf Eigentum sowie das Erbrecht. Beide Rechte können nur durch Gesetz und nur im öffentlichen Interesse beschränkt werden. Enteignungen können nach Artikel 46 der Verfassung gegen sofortige Entschädigung in Höhe des Verkehrswerts vorgenommen werden . Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 19. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit für alle in der Türkei lebenden Menschen rechtlich und tatsächlich vollumfänglich gewährleistet (vgl. Artikel 18 der AEMR und Artikel 18 UN-Zivilpakt; bitte detailliert darstellen, für wen dies in welchem Sinne nicht der Fall ist, soweit dies zutrifft)? Die Freiheit des Gewissens, der religiösen Anschauung und Überzeugung wird in Artikel 24 der türkischen Verfassung geregelt. Im Übrigen wird zur Beantwortung der Frage auf den „Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit“ sowie die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 20. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung für alle in der Türkei lebenden Menschen das Recht, sich eine Meinung zu bilden und diese zu äußern und das Recht, unangefochten Informationen zu suchen und zu bekommen , tatsächlich umgesetzt (vgl. Artikel 19 der AEMR und Artikel 19 UN- Zivilpakt; bitte alle eventuellen Fälle, die der Bundesregierung bekannt sind, in denen diese Rechte nicht gewährleistet wurden oder werden, einzeln auflisten und möglichst umfänglich ausführen)? Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit ist in Artikel 25 der türkischen Verfassung geregelt, die Informations- und Pressefreiheit in Artikel 28 der türkischen Verfassung . Danach ist die Presse frei und eine Zensur findet nicht statt. Allerdings ist das in Artikel 28 vorgesehene Recht mit zahlreichen Schranken versehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/2795 Die Lage der Meinungs- und Pressefreiheit ist wiederholt Gegenstand von Stellungnahmen internationaler Organisationen geworden. So rief etwa der Beauftragte der OSZE für die Medien- und Meinungsfreiheit, Harlem Désir, im April 2018 die türkische Regierung dazu auf „inhaftierte Journalisten freizulassen, ohne eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte abzuwarten , der bereits gegen die Haft mehrerer türkischer Journalisten geurteilt hat.4 Auch die Bundesregierung hat sich mehrfach zum Thema geäußert. So appellierte etwa die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Dr. Bärbel Kofler, am 2. Februar 2018 im Zusammenhang mit der Inhaftierung von Kritikern der Militäroperation in Afrin an die Türkei, das hohe Gut der Meinungsfreiheit zu achten. Auch im Rahmen der Neuausrichtung der Türkei-Politik der Bundesregierung widmete sich der ehemalige Bundesaußenminister Sigmar Gabriel am 20. Juli 2017 dem Thema der Pressefreiheit: „Wer (…) Journalisten und Menschenrechtsaktivisten , ins Gefängnis steckt, Tausenden mittels Enteignung ihr gesamtes Hab und Gut nimmt, Hunderte Presseorgane schließt, (…) der will offenbar das Rad der Geschichte zurückdrehen und die erst in den letzten Jahren so erfolgreich aufgebauten Fundamente von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie abtragen. (…) Wir erwarten eine Rückkehr zu europäischen Werten, zu Respekt vor der Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit.“ Im Übrigen äußerten sich Vertreter der Bundesregierung , so etwa Bundeskanzlerin Angela Merkel und der frühere Bundeaußenminister Sigmar Gabriel vielfach zur Verhaftung des deutschen Journalisten Deniz Yücel und dem Wert der Pressefreiheit. Die Türkei liegt im aktuellen Pressefreiheitsindex (2018) der Nichtregierungsorganisation ‚Reporter ohne Grenzen‘ auf Platz 157 (von 180), was einem Abstieg von zwei Plätzen gegenüber dem Vorjahr entspricht. Im Übrigen wird zu möglichen Einzelfällen auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 21. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung für alle in der Türkei lebenden Menschen das Recht, sich mit anderen Menschen zusammenzuschließen , Versammlungen einzuberufen, zu demonstrieren, sowie Vereine oder Gewerkschaften zu gründen, tatsächlich umgesetzt (vgl. Artikel 20 der AEMR und Artikel 21 f. UN-Zivilpakt)? Ermöglichen türkische Behörden nach Kenntnis der Bundesregierung diese Rechte durch das Zurverfügungstellen von öffentlichen Straßen und Plätzen und den Schutz vor Eingriffen durch andere Personen (bitte alle eventuellen Fälle, die der Bundesregierung bekannt sind, in denen diese Rechte nicht gewährleistet wurden oder werden, einzeln auflisten und möglichst umfänglich ausführen)? Die Vereinsfreiheit ist in Artikel 33 der türkischen Verfassung geregelt, die Versammlungsfreiheit in Artikel 34. Beide Bestimmungen sind mit umfangreichen Schrankenregelungen versehen. Weitere Beschränkungen ergeben sich aus Artikel 11 Buchstabe (m) des Notstandgesetzes Nr. 2935 vom 25. Oktober 1983 unter Notstandsrecht. Dieser sieht bei Ausrufung des Notstands gemäß Artikel 3, Absatz 1, Buchstabe (b) dieses Gesetzes zusätzliche Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der allgemeinen Sicherheit, Ruhe und Ordnung sowie der Verhinderung einer Ausweitung der Gewaltakte vor. Demnach können etwa Versammlungen und Demonstrationen jeglicher Art verboten oder deren Verschiebung angeordnet werden. 4 “I call on Turkey to reconsider the situation of all concerned journalists and to release them without waiting for another decision by the European Court of Human Rights which already ruled against detention of several Turkish journalists.” Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2795 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Im Übrigen wird zu möglichen Einzelfällen auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 22. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei das Recht, frei gewählte Vertreter in das Parlament zu wählen, rechtlich und tatsächlich gewährleistet ? Finden die Wahlen in den vorgeschriebenen regelmäßigen Zeitabständen statt? Sind die Wahlen frei und unverfälscht? Ist die Stimme jedes Bürgers und jeder Bürgerin gleich viel wert wie die der anderen? Haben die Bürgerinnen und Bürger in der Türkei nach Kenntnis der Bundesregierung rechtlich und tatsächlich gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern (ausgenommen vorübergehender Vorrang gegenüber gewissen benachteiligten Gruppen; vgl. Artikel 21 der AEMR und Artikel 25 UN-Zivilpakt)? Artikel 67 der türkischen Verfassung sowie Gesetz Nr. 2709 sehen vor, dass jeder Staatsbürger entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen das aktive und das passive Wahlrecht genießt. Wahlen und Volksabstimmungen sind nach den Grundsätzen der freien, gleichen, geheimen, einstufigen und allgemeinen Wahl, der offenen Auszählung und Berechnung der Stimmen, unter der Leitung und Kontrolle der Gerichtsbarkeit durchzuführen. Der Ablauf des Verfassungsreferendums vom 16. April 2017 wurde von einer internationalen Beobachtermission, die gemeinsam von ODIHR („Office for Democratic Institutions and Human Rights“) und der Parlamentarischen Versammlung des Europarats gebildet wurde, kritisiert. Im Abschlussbericht der Mission wurden vor allem ungleiche Bedingungen („unlevel playing field“) zwischen Befürwortern und Gegnern der Verfassungsänderung, die Gegenstand des Referendums war, kritisiert. Ähnlich kritisch hatten sich ODIHR und die Parlamentarische Versammlung des Europarates auch bereits zu den zwei Parlamentswahlen im Jahr 2015 geäußert. Die Wahlen für die Große Nationalversammlung und den Staatspräsidenten der Türkei finden alle fünf Jahre am selben Tag statt (vgl. Artikel 77 der türkischen Verfassung, der auf Grundlage von Artikel 4 des Änderungsgesetzes Nr. 6771 vom 21. Januar 2017 geändert wurde). Parlamentswahlen fanden ab 1987 in den Jahren 1991, 1995, 1999, 2002, 2007, 2011, 2015 (Juni und Oktober) statt. Die nächste Wahl wird am 24. Juni 2018 stattfinden. Die generellen und speziellen Voraussetzungen, die eine Person erfüllen muss, um Beamter werden zu können, werden in Artikel 48 des türkischen Beamtengesetzes (Gesetz Nr. 657 vom 23. Juli 1965) geregelt. Zu den Kriterien zählen unter anderem: Besitz der türkischen Staatsangehörigkeit, Vollendung des 18. Lebensjahres (Artikel 40 des türkischen Beamtengesetzes), Erfüllen des Bildungsniveaus des Artikels 41 des türkischen Beamtengesetzes, kein Ausschluss öffentlicher Rechte. Für einzelne Zweige der öffentlichen Verwaltung gelten zusätzliche Anforderungen, die in besonderen Gesetzen und Rechtsvorschriften geregelt werden (vgl. etwa Artikel 48 B Nr. 2 des türkischen Beamtengesetzes). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/2795 23. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung jede Kriegspropaganda in der Türkei durch Gesetz verboten? Wenn ein solches Gesetz vorliegt, entspricht, nach Kenntnis der Bundesregierung , die Gesetzeslage in der Türkei der tatsächlichen Situation in der Türkei? Ist nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei das Eintreten für nationalen , rassischen oder religiösen Hass, durch das zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt aufgestachelt wird, durch Gesetz verboten? Wenn ein solches Gesetz vorliegt, inwieweit entspricht nach Kenntnis der Bundesregierung die Gesetzeslage in der Türkei der tatsächlichen Situation in der Türkei (vgl. Artikel 20 UN-Zivilpakt)? Das türkische Strafgesetzbuch (StGB) verbietet in Artikel 216 das Aufstacheln und Aufhetzen der Bevölkerung zu Hass und Feindschaft oder Herabwürdigung. Werden derartige Straftaten mittels Publikationen begangen, ist eine Straferhöhung vorgesehen Artikel 122 StGB sieht eine Strafandrohung von sechs Monaten bis zu einem Jahr Freiheitstrafe oder von Geldstrafe vor bei Diskriminierungen auf Grund von Sprache , Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Behinderung, politischer Überzeugung, weltanschaulicher Ansichten, Religion, Konfession oder ähnlichen Eigenschaften, wenn diese Diskriminierung wirtschaftliche Konsequenzen für die Betroffenen hat. Bezüglich möglicher Einzelfälle wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 24. Welche internationalen Abkommen hat die Türkei nach Kenntnis der Bundesregierung noch nicht unterzeichnet (bitte einzeln unter Angabe des Jahres , in dem das Abkommen geschlossen wurde, der Länder, die das Abkommen bereits unterzeichnet haben und – sofern der Bundesregierung bekannt – der von der türkischen Regierung vorgebrachten Begründung für die Nichtunterzeichnung auflisten)? 25. Welche internationalen Abkommen hat die türkische Regierung nach Kenntnis der Bundesregierung noch nicht ratifiziert (bitte einzeln unter Angabe des Jahres, in dem das Abkommen geschlossen wurde, der Länder, die das Abkommen bereits ratifiziert haben und – sofern der Bundesregierung bekannt – der von der türkischen Regierung vorgebrachten Begründung für die Nichtratifizierung auflisten)? Die Fragen 24 und 25 werden zusammen beantwortet. Von den zentralen Menschenrechtsinstrumenten der Vereinten Nationen hat die Türkei das Zusatzprotokoll zum Internationalen Pakt über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte vom 10. Dezember 2008 und das Internationale Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen vom 20. Dezember 2006 weder unterzeichnet noch ratifiziert. Die von der türkischen Regierung vorgebrachte Begründung für einen entsprechenden Nicht-Beitritt ist der Bundesregierung nicht bekannt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2795 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 26. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei die Gleichberechtigung von Mann und Frau bei der Ausübung der in den UN-Pakten festgelegten Rechte rechtlich und tatsächlich sichergestellt (vgl. Artikel 3 UN-Zivilpakt und Artikel 3 UN-Sozialpakt)? Artikel 10 der türkischen Verfassung sieht vor, dass jedermann Gleichheit vor dem Gesetz genießt, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind, und dass der Staat verpflichtet ist, diese Gleichheit zu verwirklichen (siehe auch Antwort zu Frage 7). 27. Inwieweit erkennt die türkische Regierung nach Kenntnis der Bundesregierung das Recht auf Arbeit und freie Berufswahl im Sinne von Artikel 6 des UN-Sozialpakts und Artikel 23 der AEMR rechtlich und tatsächlich an? Umfassen die in der Türkei zur vollen Verwirklichung dieses Rechts unternommenen Schritte fachliche und berufliche Beratung und Ausbildungsprogramme sowie die Festlegung von Grundsätzen und Verfahren zur Erzielung einer stetigen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung und einer produktiven Vollbeschäftigung unter Bedingungen, welche die politischen und wirtschaftlichen Grundfreiheiten des einzelnen schützen (vgl. Artikel 6 UN-Sozialpakt und Artikel 23 der AEMR)? Artikel 48 der türkischen Verfassung sieht die Freiheit eines jeden vor, in einem beliebigen Bereich Arbeit aufzunehmen und Verträge zu schließen. Artikel 49 statuiert die Arbeit als jedermanns Recht und Pflicht. Danach trifft der Staat die notwendigen Maßnahmen zur Erhöhung des Lebensstandards der Arbeitenden, um zur Entfaltung des Arbeitslebens die Arbeitenden und Arbeitslosen zu schützen , zur Förderung der Arbeit, zur Schaffung von wirtschaftlichen Bedingungen, die Arbeitslosigkeit verhindern, und zur Sicherung des Arbeitsfriedens. 28. Wird bzw. werden nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei i. R. d. Rechts auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen rechtlich und tatsächlich a) ein Arbeitsentgelt gewährleistet, das einen angemessenen Lohn und gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit ohne Unterschied sichert, b) gewährleistet, dass Frauen keine ungünstigeren Arbeitsbedingungen als Männer haben und dass sie für gleiche Arbeit gleiches Entgelt erhalten, c) ein angemessener Lebensunterhalt für die Arbeitnehmer und ihre Familien gesichert, d) sichere und gesunde Arbeitsbedingungen garantiert, gleiche Möglichkeiten für jedermann, in seiner beruflichen Tätigkeit entsprechend aufzusteigen, sichergestellt, und e) Arbeitspausen, Freizeit, eine angemessene Begrenzung der Arbeitszeit, regelmäßiger bezahlter Urlaub sowie Vergütung gesetzlicher Feiertage gewährleistet (vgl. Artikel 7 UN-Sozialpakt, Artikel 23 der AEMR und Artikel 24 der AEMR)? Die Fragen 28 bis 28e werden gemeinsam beantwortet: Artikel 5 des türkischen Arbeitsgesetzbuchs bestimmt, dass in Arbeitsverhältnissen nicht nach Sprache, Rasse, Geschlecht, politischer Einstellung, Weltanschauung , Religion oder Glaubensrichtung unterschieden werden darf. Der Arbeitgeber Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/2795 darf Vollzeitbeschäftigte gegenüber Teilzeitbeschäftigten sowie unbefristet Beschäftigte gegenüber befristet Beschäftigten ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht unterschiedlich behandeln. Ein Arbeitgeber darf, wenn nicht biologische Gründe oder die Art der Arbeit ihn hierzu zwingen, bei der Schließung des Arbeitsvertrages, bei der Ausarbeitung der Konditionen, bei seiner Umsetzung und bei der Beendigung des Vertrages keine direkte oder indirekte Ungleichbehandlung aufgrund von Geschlecht oder von Schwangerschaft anwenden . Für gleiche oder gleichwertige Arbeit darf aufgrund des Geschlechtes kein geringeres Entgelt festgelegt werden. Die Notwendigkeit der Anwendung besonderer Schutzvorschriften aufgrund des Geschlechts des Arbeitnehmers rechtfertigt keine geringere Bezahlung. Bei Verstoß gegen die oben aufgeführten Absätze während des Arbeitsverhältnisses oder im Falle von dessen Beendigung steht dem Arbeitnehmer neben einer angemessenen Entschädigung bis zur Höhe von vier Monatsgehältern zu, auch sonstige leistungsberechtigte Rechte geltend zu machen. Artikel 39 des Arbeitsgesetzbuchs sieht einen Mindestlohn vor, der von der Mindestlohn -Feststellungskommission des Ministeriums für Arbeit und Soziale Sicherung mindestens alle zwei Jahre neu festgelegt wird (derzeit 1 603,12 Türkische Lira (TL) / ca. 295,- Euro (Stand 3. Juni 2018)). Nach Artikel 77 des Arbeitsgesetzbuchs in Verbindung mit dem Gesetz 6331 zu Arbeitsschutz und -sicherheit sind Arbeitgeber verpflichtet, in ihren Betrieben alle für den Arbeitsschutz und -sicherheit notwendigen Maßnahmen zu treffen. Den Arbeitgebern kommt die Pflicht zu, die Umsetzung der Maßnahmen für Arbeitsschutz und -sicherheit in ihren Betrieben zu kontrollieren und die Arbeitnehmer über ihre Berufsrisiken, die zu treffenden Maßnahmen sowie über ihre gesetzlichen Rechte und Pflichten zu informieren und notwendige Schulungen zu Arbeitsschutz und -sicherheit durchzuführen. Über in seinem Betrieb vorgefallene Arbeitsunfälle und festgestellte Berufskrankheiten muss der Arbeitgeber die zuständige Gebietsdirektion innerhalb von zwei Tagen schriftlich in Kenntnis setzen. Artikel 78 sieht vor, dass das Ministerium für Arbeit und Soziale Sicherung nach Rücksprache mit dem Gesundheitsministerium die notwendigen Verordnungen und Richtlinien veröffentlicht, um Maßnahmen zum Arbeitsschutz und -sicherheit festzulegen, den durch Maschinen, Anlagen, Werkzeuge, Geräte oder eingesetzten Materialien bedingten Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten vorzubeugen , wie auch die Arbeitsbedingungen von aufgrund ihres Alters, Geschlechts oder besonderer Situation schutzbedürftigen Personen zu regeln. Artikel 50 der türkischen Verfassung stellt klar, dass niemand mit Arbeiten beschäftigt werden darf, die mit seinem Alter, seinem Geschlecht und seiner Kraft nicht vereinbar sind. Minderjährige und Frauen sowie körperlich und geistig Behinderte werden im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen besonders geschützt. Erholung ist das Recht aller Arbeitenden. Das Recht auf bezahlten Wochenendurlaub und Feiertagsurlaub sowie Jahresurlaub und die Bedingungen hierzu werden durch Gesetz geregelt. Die gesetzlichen Arbeitszeiten werden in Artikel 68 des Arbeitsgesetzbuchs geregelt . Dieser sieht vor, dass die Erholungspausen bei einer täglichen Arbeitszeit durchschnittlich und mit der Option der Anpassung entsprechend der Praxis des Arbeitsplatzes und der Anforderungen der Arbeit 15 Minuten bei Arbeiten von vier Stunden oder weniger betragen, eine halbe Stunde bei mehr als vier Stunden Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2795 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode bis einschließlich 7,5 Stunden Arbeit und eine Stunde bei mehr als 7,5 Stunden Arbeit. Die Erholungspausen sind Mindestzeiten und ununterbrochen zu gewähren . Artikel 46 des Arbeitsgesetzes sieht vor, dass unter dem Geltungsbereich des Gesetzes den Arbeitnehmern, unter der Bedingung, dass sie an den in Artikel 63 bestimmten Arbeitstagen gearbeitet haben, in einer Zeitspanne von sieben Tagen jeweils 24 Stunden Erholung (Wochenurlaub) gegeben werden. Für den arbeitsfreien Wochenurlaubstag ist vom Arbeitgeber ohne Erbringung der Arbeitsleistung das Tagesentgelt in voller Höhe zu entrichten. 29. Wird nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei rechtlich und tatsächlich a) das Recht eines jeden, zur Förderung und zum Schutz seiner wirtschaftlichen und sozialen Interessen Gewerkschaften zu bilden oder einer Gewerkschaft eigener Wahl beizutreten, b) das Recht der Gewerkschaften, nationale Vereinigungen oder Verbände zu gründen und internationale Gewerkschaftsorganisationen zu bilden oder solchen beizutreten, c) das Recht der Gewerkschaft, sich frei zu betätigen, und d) das Streikrecht gewährleistet (vgl. Artikel 23 der AEMR, Artikel 22 UN-Zivilpakt und Artikel 8 UN-Sozialpakt)? Die Fragen werden gemeinsam beantwortet. Nach Artikel 53 der türkischen Verfassung haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber das Recht, zur gegenseitigen Regelung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Lage und Arbeitsbedingungen Tarifverträge abzuschließen. Artikel 17 des Gesetzes zu Gewerkschaften und Tarifverträgen sieht vor, dass jeder, der sein 15. Lebensjahr vollendet hat und als Arbeitnehmer gilt, das Recht auf Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft hat. Artikel 21 Absatz 1 des Gesetzes zu Gewerkschaften und Tarifverträgen sieht vor, dass Institutionen zur Umsetzung ihrer Satzungsziele internationale Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände gründen dürfen, in internationale Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände freiwillig ein- bzw. austreten, Kooperationen durchführen, Mitglieder und Vertreter entsenden bzw. einstellen und Außenvertretungen einrichten. Artikel 26 des Gesetzes zu Gewerkschaften und Tarifverträgen sieht vor, dass Gewerkschaften sich gemäß ihrem Satzungszweck frei betätigen dürfen. Artikel 54 der Verfassung sieht im Fall eines Konflikts bei den Verhandlungen zu Tarifverträgen ein Streikrecht der Arbeitnehmer vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 17 – Drucksache 19/2795 30. Wird nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei das Recht eines jeden auf soziale Sicherheit (inkl. Sozialversicherung) rechtlich und tatsächlich umgesetzt (vgl. Artikel 9 UN-Sozialpakt)? Die türkischen Verfassung bestimmt in Artikel 60: „Jedermann hat das Recht auf soziale Sicherheit. Der Staat trifft die notwendigen Maßnahmen zur Gewährleistung dieser Sicherheit und begründet hierzu die notwendige Organisation.“ Dies und Näheres regelt Gesetz Nr. 5510 zur sozialen Versicherung und obligatorischen Krankenversicherung. 31. In welcher Form erhalten nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei Familien rechtlich und tatsächlich Schutz und Beistand, a) insbesondere in Hinblick auf ihre Gründung und für die Betreuung und Erziehung unterhaltsberechtigter Kinder? b) Inwieweit wird die Ehe in der Türkei nur im freien Einverständnis der künftigen Ehegatten geschlossen? c) Erhalten Mütter in der Türkei während einer angemessenen Zeit vor und nach der Niederkunft besonderen Schutz? Erhalten berufstätige Mütter bezahlten Urlaub oder Urlaub mit angemessenen Leistungen aus der sozialen Sicherheit? d) Gibt es Sondermaßnahmen zum Schutz und Beistand für alle Kinder? Werden Kinder und Jugendliche vor wirtschaftlicher und sozialer Ausbeutung geschützt? Sind Beschäftigungen von Kindern und Jugendlichen, die ihrer Moral und Gesundheit schaden, ihr Leben gefährden oder voraussichtlich ihre normale Entwicklung behindern, gesetzlich strafbar? Welche Altersgrenze ist in der Türkei festgesetzt, unterhalb derer die entgeltliche Beschäftigung von Kindern gesetzlich verboten und strafbar ist? (vgl. Artikel 10 UN-Sozialpakt) Aufgrund des sachlichen Zusammenhangs werden die Fragen zusammen beantwortet . Zu Frage 31b wird auf die Antwort zu Frage 17 verwiesen. Artikel 61 der türkischen Verfassung verpflichtet den türkischen Staat unter anderem dazu, alte Menschen und Kinder zu schützen. Artikel 71 des Arbeitsgesetzbuchs verbietet die Beschäftigung von Minderjährigen , die das 15. Lebensjahr nicht vollendet haben. Jedoch können Kinder, die das 14. Lebensjahr vollendet und die Grundschule abgeschlossen haben, für leichte Arbeiten beschäftigt werden, die ihre körperliche, geistige und sittliche Entwicklung und die weitere schulische Ausbildung, falls vorhanden, nicht beeinträchtigen . Bei der Einführung in die Arbeit und an dem zukünftigen Arbeitsplatz von Kindern und jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern muss ihrer Sicherheit, ihrer Gesundheit, ihrer körperlichen, geistigen und psychischen Entwicklung, persönlichen Neigungen und Talenten Rechnung getragen werden. Die Arbeit, der ein Kind nachgeht, darf seinem Schulbesuch, der Fortführung seiner Berufsausbildung nicht entgegenstehen und sein regelmäßiges Lernen nicht beeinträchtigen . Die Arbeitszeit eines Kindes, das noch zur Schule geht, muss außerhalb der Unterrichtszeit liegen und darf während der Schulzeit zwei Stunden am Tag und zehn Wochenstunden nicht überschreiten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2795 – 18 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 32. Inwieweit wird nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei rechtlich und tatsächlich ein angemessener Lebensstandard, einschließlich ausreichender Ernährung, Bekleidung und Unterbringung, sowie eine stetige Verbesserung der Lebensbedingungen gewährleistet? a) Welche konkreten Maßnahmen werden nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei unternommen, um die Verwirklichung dieses Rechts zu gewährleisten? b) Wie viele Menschen leiden nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei an Hunger, und welche Maßnahmen sind der Bundesregierung bekannt , um die Menschen in der Türkei vor Hunger zu schützen? c) Inwiefern wird in der Türkei seitens der Regierung auf eine Verbesserung der Methoden der Erzeugung, Haltbarmachung und Verteilung von Nahrungsmitteln durch volle Nutzung der technischen und wissenschaftlichen Erkenntnisse, durch Verbreitung der ernährungswissenschaftlichen Grundsätze sowie durch die Entwicklung oder Reform landwirtschaftlicher Systeme hingewirkt? d) (vgl. Artikel 11 UN-Sozialpakt) Die Fragen 32 bis 32c werden zusammengefasst beantwortet. Sozialleistungen für Bedürftige werden auf der Grundlage der Gesetze Nr. 3294 über den Förderungsfonds für Soziale Hilfe und Solidarität und Nr. 5263, Gesetz über Organisation und Aufgaben der Generaldirektion für Soziale Hilfe und Solidarität gewährt (federführend: Ministerium für Familie und Soziale Politiken). Die Hilfeleistungen werden von den in 81 Provinzen und 850 Kreisstädten vertretenen 973 Einrichtungen der Stiftungen für Soziale Hilfe und Solidarität („Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı“) ausgeführt, die den Gouverneuren unterstellt sind. Anspruchsberechtigt nach Artikel 2 des Gesetzes Nr. 3294 sind bedürftige Staatsangehörige, die sich in Armut und Not befinden, nicht gesetzlich sozialversichert sind und von keiner Einrichtung der sozialen Sicherheit ein Einkommen oder eine Zuwendung beziehen, sowie Personen, die gemeinnützig tätig und produktiv werden können. Leistungen werden gewährt in Form von Unterstützungen für die Familie (Nahrungsmittel, Heizmaterial, Unterkunft), Bildungshilfen , Krankenhilfe, Behindertenhilfe sowie besondere Hilfeleistungen wie Katastrophenhilfe oder die Volksküchen. Die Leistungen werden in der Regel als zweckgebundene Geldleistungen für neun bis zwölf Monate gewährt. Darüber hinaus existieren weitere soziale Einrichtungen, die eigene Sozialhilfeprogramme führen. 33. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Recht aller in der Türkei lebenden Menschen auf das für sie erreichbare Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit rechtlich und tatsächlich gewährleistet? Werden nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei die erforderlichen Maßnahmen a) zur Senkung der Zahl der Totgeburten und der Kindersterblichkeit und zur gesunden Entwicklung des Kindes, b) zur Verbesserung aller Aspekte der Umwelt- und Arbeitshygiene, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 19 – Drucksache 19/2795 c) zur Vorbeugung, Behandlung und Bekämpfung epidemischer, endemischer , Berufs- und sonstiger Krankheiten, und d) zur Schaffung der Voraussetzungen, die für jeden im Krankheitsfall den Genuss medizinischer Einrichtungen und ärztlicher Betreuung sicherstellen , vollzogen (vgl. Artikel 12 UN-Sozialpakt)? Hinsichtlich der Frage 33b wird auf die Antwort zu Frage 28 verwiesen. Zu den Fragen 33 bis 33c liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 34. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei das Recht auf Bildung eines jeden umgesetzt? a) Inwieweit werden in der Türkei im Rahmen der Schul- und Hochschulbildung Verständnis, Toleranz und Freundschaft unter allen Völkern und allen rassischen, ethnischen und religiösen Gruppen gefördert? b) Ist der Grundschulunterricht für jeden Pflicht und allen unentgeltlich zugänglich ? c) Sind die verschiedenen Formen des höheren Schulwesens einschließlich des höheren Fach- und Berufsschulwesens allgemein verfügbar und zugänglich (insbesondere durch Unentgeltlichkeit)? d) Ist der Hochschulunterricht jedem gleichermaßen entsprechend der eigenen Fähigkeiten zugänglich (insbesondere durch Unentgeltlichkeit)? e) Wird eine grundlegende Bildung für Personen, die eine Grundschule nicht besucht oder nicht beendet haben, gefördert und vertieft, und wenn ja, welche konkreten Maßnahmen werden zu diesem Zweck umgesetzt? f) Inwieweit ist die Freiheit der Eltern und ggf. des Vormunds oder Pflegers gewährleistet, die Schule zu wählen? (vgl. Artikel 13 UN-Sozialpakt und Artikel 26 der AEMR) Die Fragen 34 bis 34f werden gemeinsam beantwortet. Laut Artikel 42 der türkischen Verfassung ist „die Grundschulausbildung für alle weiblichen und männlichen Staatsbürger verpflichtend und an den staatlichen Schulen unentgeltlich. In Verbindung mit Regelung Nr. 6287 des Ministeriums für Nationale Bildung vom 11. April 2012 und dem Hochschulgesetz Nr. 2547 vom 4. November 1981 sind die verschiedenen Formen des höheren Schulwesens sowie berufsorientierte zweijährige Vorlizenzprogramme an staatlichen Universitäten allgemein verfügbar und unentgeltlich. Das Hochschulgesetz Nr. 2547 sieht außerdem vor, dass der Unterricht an staatlichen Hochschulen unentgeltlich ist. Es werden lediglich Einschreibegebühren erhoben. Studierende aus sozialschwachen Familien haben die Möglichkeit, staatliche finanzielle Unterstützung zu erhalten. Gemäß Schulgesetz Nr. 6287 vom 11. April 2012 sowie Aktionsplan 2015-2019 des Ministeriums für Nationale Bildung ist das Ministerium verantwortlich für die Organisation und Durchführung des sog. „Lebenslangen Lernens“. An sogenannten “Volksbildungseinrichtungen“ („Halk Eğitim Merkezleri“) oder als Fernunterricht werden Kurse vielfältiger Art angeboten. Abschlusszertifikate sind äquivalent der schulischen und beruflichen Ausbildung. Die Entscheidung für eine staatliche Grund-, Mittel- oder Oberschule ist erstrangig an die Wohnanschrift der Erziehungsberechtigten gebunden. Auf Wunsch der Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2795 – 20 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Erziehungsberechtigten kann nach dem Ergebnis einer zentralen Prüfung der Wechsel auf ausgewählte Oberschulen erfolgen. In Großstädten können aufgrund der Bevölkerungsdichte mehrere Schulen zur Auswahl stehen. 35. Liegt nach Kenntnis der Bundesregierung ein durch die türkische Regierung ausführlich ausgearbeiteter Aktionsplan und dessen Annahme vor, der die schrittweise Verwirklichung des Grundsatzes der unentgeltlichen allgemeinen Schulpflicht innerhalb einer angemessenen, in dem Plan festzulegenden Zahl von Jahren vorsieht (vgl. Artikel 14 UN-Sozialpakt)? Auf die Antwort zu Frage 34 wird verwiesen. Der Aktionsplan 2015-2019 des Ministeriums für Nationale Bildung strebt außerdem eine Einschulungsrate von 100 Prozent für alle Schulstufen bis 2019 an. 36. Inwieweit wird nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei das Recht, a) am kulturellen Leben teilzunehmen, Das Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben wird in Gesetz Nr. 4848, Artikel 2 a, b vom 16. April 2003 geregelt. b) an den Errungenschaften des wissenschaftlichen Fortschritts und seiner Anwendung teilzuhaben, und Dieser Komplex wird in Artikel 130 der türkischen Verfassung und im Gesetz Nr. 652 vom 14. September 2011 über die Aufgabe eines chancengleichen Zugangs zur Bildung geregelt. c) der Schutz der geistigen und materiellen Interessen der Urheber von Werken der Wissenschaft, Literatur oder Kunst rechtlich und tatsächlich gewährleistet bzw. gesichert (vgl. Artikel 15 UN-Sozialpakt und Artikel 27 der AEMR)? Einschlägig ist das Gesetz Nr. 5846 vom 5. Dezember 1951 über den Schutz von Ideen und Werken der Kunst und Literatur. Die Türkei ist außerdem Mitglied internationaler Abkommen zum Urheberrecht (u. a. Berner Übereinkommen, Beitritt 26. März 1995; Weltorganisation für geistiges Eigentum (World Intellectual Property Organization – WIPO), Beitritt 12. Mai 1976). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 21 – Drucksache 19/2795 37. Inwieweit werden nach Kenntnis der Bundesregierung von der türkischen Regierung die erforderlichen Schritte unternommen zum Zweck der a) Erhaltung, Entwicklung und Verbreitung von Wissenschaft; b) Achtung der für wissenschaftliche Forschung und schöpferische Tätigkeit unerlässlichen Freiheit; c) Förderung und Entwicklung internationaler Kontakte und Zusammenarbeit auf wissenschaftlichem und kulturellem Gebiet (vgl. Artikel 15 UN- Sozialpakt)? Die Fragen 37 bis 37c werden zusammengefasst beantwortet. Der türkische Hochschulrat und der Forschungsrat TÜBITAK („Türkiye Bilimsel ve Teknolojik Araştırma Kurumu“/ „Türkische Anstalt für Wissenschaftliche und Technologische Forschung“) legen regelmäßig nationale und internationale Stipendienund Förderprogramme auf. Freiheit von Wissenschaft, Kunst und Forschung auch an den Universitäten werden in Artikel 15 Absatz 1, Artikel 27 und 130 der türkischen Verfassung statuiert. Diese sind im Zusammenhang mit dem Hochschulgesetz Nr. 2547, Artikel 7 und 53 über die Befugnisse des Hochschulrates zu sehen sowie des Dekrets Nr. 651 vom 27. August 2011. Die Türkei ist seit 2001 Mitglied des Bologna-Prozesses, seit 2004 nimmt sie an den Erasmus-Bildungsprogrammen der EU teil. Der Aktionsplan 2018-2022 des türkischen Hochschulrates sieht eine Erhöhung der internationalen Hochschulkooperationen von derzeit 202 auf 450 vor. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 38. Inwieweit wird in der Türkei der volle und gleichberechtigte Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen in vollem Umfang wie in der UN-Behindertenrechtskonvention dargelegt rechtlich und tatsächlich gefördert, geschützt und gewährleistet (durch politische, verwaltungs- und gesetzgeberische Maßnahmen unter aktivem Einbezug der Betroffenen) und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde rechtlich und tatsächlich gefördert, vor allem in Bezug auf a) die Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner Unabhängigkeit; b) die Nichtdiskriminierung; c) die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft; d) die Achtung vor der Unterschiedlichkeit von Menschen mit Behinderungen und die Akzeptanz dieser Menschen als Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit; e) die Chancengleichheit; f) die Zugänglichkeit; Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2795 – 22 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode g) die Gleichberechtigung von Mann und Frau; h) die Achtung vor den sich entwickelnden Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und die Achtung ihres Rechts auf Wahrung ihrer Identität? Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von der türkischen Regierung Berichte über die von ihnen getroffenen Maßnahmen und über die Fortschritte, die hinsichtlich der Beachtung der oben genannten Rechte erzielt wurden, vorgelegt, und wenn ja, wann wurde welcher Bericht welchen Inhalts vorgelegt? Die Fragen 38 bis 38h werden gemeinsam beantwortet. Einschlägig sind die Artikel 10, 50 und 61 der türkischen Verfassung. Das Gesetz 5378 für Menschen mit Behinderung regelt die Nichtdiskriminierung, Chancengleichheit , Zugänglichkeit, Barrierefreiheit, und Gleichberechtigung. Im Februar 2014 wurden Änderungen der Definition von Barrierefreiheit vorgenommen mit dem Ziel, diese in Übereinstimmung mit EU-Vorgaben zu bringen. Artikel 30 des Arbeitsgesetzbuchs verpflichtet Arbeitgeber bei einer Beschäftigtenzahl von 50 und mehr entsprechend einem Prozentsatz, der jedes Jahr durch den Ministerialrat bestimmt wird und ab Anfang Januar in Kraft tritt, behinderte, vorbestrafte oder durch Terrorakte verhinderte Arbeitnehmer, deren Beschäftigung gemäß Zusatzartikel l Absatz (B) zwangsläufig ist, einzustellen und sie entsprechend ihrer beruflichen, körperlichen und geistigen Verfassung zu beschäftigen . 39. Inwieweit finden in der Türkei nach Kenntnis der Bundesregierung Maßnahmen zur Verwirklichung der oben genannten Rechte statt (bspw. Abschluss von Übereinkommen, Annahme von Empfehlungen, Gewährung technischer Hilfe, Abhaltung regionaler Fachtagungen)? Gemäß Gesetz Nr. 2022 können Menschen mit Behinderungen bei Bedürftigkeit eine staatliche finanzielle Unterstützung beantragen. Diese Sozialleistung ist abhängig vom Grad der Behinderungen und wird jährlich neu festgelegt. Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen wurde von der Türkei am 28. September 2009 ratifiziert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333