Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 11. Juni 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2799 19. Wahlperiode 14.06.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Omid Nouripour, Luise Amtsberg, Dr. Konstantin von Notz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/2364 – Mutmaßliche Korruptionsfälle bei der Vergabe von Visaterminen in deutschen Botschaften V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Deutsche Auslandsvertretungen sind die Orte, an denen viele Menschen, die sich für Deutschland interessieren und privat, geschäftlich oder im Rahmen von Austauschprogrammen in unser Land kommen möchten, den ersten persönlichen Eindruck von Deutschland erhalten. Für ein Land, das sich im In- und Ausland um Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Transparenz bemüht, sind ein respektvoller Umgang mit Visa-Antragstellerinnen und Visa-Antragstellern sowie korrekte Verfahrensabläufe daher von größter Bedeutung. Zahlreiche Diplomatinnen und Diplomaten, Konsularbeamtinnen und Konsularbeamte , Angestellte und Ortskräfte bemühen sich, oft unter schwierigen Bedingungen und der Aufbringung großer persönlicher Anstrengungen, diese Werte zu leben. Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Terminen für die Vorsprache bei Visumsanträgen, bzw. der Vergabe von Visa selbst konterkarieren diese Bemühungen und schaden dem Bild Deutschlands nachhaltig. Dies war bei den Lücken in der Terminvergabesoftware im Jahr 2013/2014 (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/1749) der Fall und gilt in noch größerem Maß für die jetzt bekanntgewordenen Korruptionsvorwürfe in den deutschen Botschaften Teheran, Ankara und Beirut (vgl. „Korruption an deutschen Botschaften“, DER SPIEGEL vom 7. April 2018, S. 20). Die Meldung der Vorfälle in Teheran ist auch deswegen von besonderer Bedeutung, weil Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei der Visa-Terminvergabe in der deutschen Vertretung dort schon seit mehreren Jahren bekannt sind und bspw. im Zuge einer öffentlichen Petition vor rund zwei Jahren (www.change.org/p/deutsche-botschaft-in-teheran-das-teheraner-termin-m%C3% A4rchen-%D8%A7%D9%81%D8%B3%D8%A7%D9%86%D9%87-%D8%B3% D9%81%D8%A7%D8%B1%D8%AA-%D8%A2%D9%84%D9%85%D8%A7% D9%86/c?source_location=petition_show) von zahlreichen Menschen kundgetan wurden. Während die Mängel am Terminvergabesystem durch eine neue Software nach Kenntnis der Fragesteller auf erfreuliche Weise behoben werden konnten, wurde den Hinweisen auf Korruption anscheinend erst mit großer Verspätung nachgegangen. Dies ist umso bedauerlicher, als diese Vorkommnisse Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2799 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode den von den Fragestellern begrüßten Initiativen für wissenschaftlichen, zivilgesellschaftlichen und privatwirtschaftlichen Austausch mit dem Iran entgegenlaufen . V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g : Das Auswärtige Amt und seine Auslandsvertretungen nehmen die Visumvergabe an den Botschaften und Konsulaten im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben vor. Dies betrifft sowohl das materielle Recht – also die Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums – als auch die Organisation des Ablaufs der Visumbeantragung . Unregelmäßigkeiten und Verdachtsfällen auf Korruption geht das Auswärtige Amt insbesondere in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei nach. Wenn das Auswärtige Amt über seine Auslandsvertretungen oder Dritte Kenntnis von möglichen Korruptionsfällen erhält, unterrichtet es das insoweit zuständige Bundespolizeipräsidium in Potsdam. Sofern ein Anfangsverdacht vorliegt, werden die weiteren Ermittlungen von den jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften, die zu den Justizbehörden der Bundesländer gehören, in dortiger Verantwortung geführt . Über Einzelheiten dieser Verfahren kann die Bundesregierung daher keine Auskunft geben. Bei den im Bericht des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ vom 7. April 2018 genannten Verdachtsfällen handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung um Vorwürfe aus den Jahren 2015 und 2016. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in diesen Fällen sind noch nicht abgeschlossen. Nach Einschätzung der Bundesregierung handelt es sich angesichts der Anzahl der Visumanträge weltweit bei diesen Verdachtsfällen um seltene Einzelfälle, die sich zudem nur ausnahmsweise gegen entsandte Beschäftigte richten und die insgesamt nicht auf generelle Probleme und Korruption im Zusammenhang mit der Vergabe von Terminen zur Visumbeantragung hindeuten. Die Bundesregierung geht jedem möglichen Korruptionsfall nach. In sehr wenigen Fällen führt der Korruptionsverdacht zur Anklage oder zur Verurteilung von Beschäftigten der Auslandsvertretungen. Das Auswärtige Amt überprüft unabhängig davon fortlaufend die zur Anwendung kommenden Verfahren. 1. Seit wann hatte welche Stelle innerhalb der Bundesregierung jeweils Kenntnis von mutmaßlichen Korruptionsfällen in den deutschen Botschaften in Teheran, Ankara und Beirut? Von den Vorwürfen, die die Auslandsvertretungen in Teheran, Ankara und Beirut betreffen, erhielt das Auswärtige Amt jeweils im Mai 2016, Juli 2015 und Mai 2016 Kenntnis und unterrichtete unverzüglich die Bundespolizei. 2. Welchen Umfang haben die mutmaßlichen Korruptionsfälle nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils, und welche Zahl an Visa-Antragstellerinnen und Visa-Antragstellern dürfte diesen Weg der Terminvergabe genutzt haben ? Die Ermittlungen in den genannten Verdachtsfällen werden durch die Staatsanwaltschaften der Länder geführt. Die Bundesregierung nimmt zu den laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaften keine Stellung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2799 3. Inwiefern steht der Fall in Ankara mit dem externen Dienstleister iDATA in Verbindung, und inwiefern gedenkt die Bundesregierung sicherzustellen, dass eine Manipulation von Daten in Programmen externer Dienstleister zur Visumsvergabe an deutschen Auslandsvertretungen verhindert wird? Das Verfahren der Erfassung von Antragstellerdaten durch externe Dienstleister ist vertraglich festgelegt und wird durch die örtlich zuständige Auslandsvertretung überwacht. Der externe Dienstleister erfasst die Antragstellerdaten mit dem frei im Internet zur Verfügung stehenden Programm „VIDEX“. In einem zweiten Schritt liest der externe Dienstleister den generierten „VIDEX“ Ausdruck in eine von der Bundesdruckerei gemietete Station ein und erfasst sodann mit der Station die biometrischen Daten des Antragstellers. Der sodann erzeugte Datensatz sowie einen „VIDEX“-Ausdruck, die eingereichten Antragsunterlagen und einen Videomitschnitt des Vorgangs der Biometriedatenerfassung leitet der externe Dienstleister an die Auslandsvertretung zur Prüfung und Entscheidung über den Antrag weiter. Wo erforderlich, überprüft die Auslandsvertretung sowohl die korrekte Eingabe der Antragstellerdaten anhand der beigefügten Dokumente als auch die korrekte Erfassung der biometrischen Daten anhand des beigefügten Passes sowie der Videoaufzeichnungen des Erfassungsvorgangs. Ferner führt die Auslandsvertretung bei dem externen Dienstleister regelmäßige Kontrollbesuche durch. 4. Inwiefern hat die Bundesregierung die zahlreichen Hinweise in der in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Petition zur Lage an der deutschen Botschaft in Teheran zur Kenntnis genommen und darauf reagiert? Die Bundesregierung hat die genannte Petition zur Kenntnis genommen und die Abläufe und Verfahren an der Botschaft Teheran darauf hin überprüft. Im Übrigen verweist die Bundesregierung auf die Antworten auf die Mündlichen Fragen 43 und 44 des Abgeordneten Omid Nouripour in der Fragestunde vom 22. Juni 2016 (Anlage 31 und 32 im Plenarprotokoll 18/178 des Deutschen Bundestages ). 5. Inwiefern gab es in den vergangenen 20 Jahren vergleichbare Fälle in anderen deutschen Auslandsvertretungen? Die der Bundesregierung bekannten Einzelfälle unterscheiden sich in ihrem Wesen und der Art des mutmaßlichen Vorwurfs voneinander. Insoweit kann nicht von vergleichbaren Fällen gesprochen werden. Im Übrigen verweist die Bundesregierung auf die Vorbemerkung. Die Verfahren werden von den Staatsanwaltschaften der Bundesländer in eigener Zuständigkeit geführt. Außerdem wird auf die Jahresberichte der Bundesregierung zur „Korruptionsprävention in der Bundesverwaltung“ verwiesen. Darin berichtet das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) seit dem Jahr 2004 dem Deutschen Bundestag jährlich zur Entwicklung und zu den Ergebnissen der Korruptionsprävention in der gesamten Bundesverwaltung. Dies umfasst auch einen Bericht über die Korruptionsverdachtsfälle, die sich in dem jeweiligen Berichtsjahr in den Bundesbehörden und damit auch in deutschen Auslandsvertretungen ereignet haben. Die Berichte sind auf der Homepage des BMI veröffentlicht (www.bmi.bund.de/ DE/themen/moderne-verwaltung/integritaet-der-verwaltung/korruptionspraevention/ korruptionspraevention-node.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2799 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Liegen der Bundesregierung derzeit Hinweise auf Korruption in anderen deutschen Auslandsvertretungen vor (falls ja, bitte dokumentieren)? Verfahren, in denen Hinweisen auf Korruption in anderen deutschen Auslandsvertretungen nachgegangen wird, werden von den Staatsanwaltschaften der Bundesländer in eigener Zuständigkeit geführt. Die Bundesregierung kann zu den Ermittlungen keine Angaben machen. Auf die Vorbemerkung sowie die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. 7. Inwiefern liegen der Bundesregierung konkrete Hinweise auf Korruption in der deutschen Botschaft in Addis Abeba vor, zu der die Fragesteller zahlreiche anekdotische Hinweise haben, und welche Maßnahmen hat sie ggf. ergriffen ? Der Bundesregierung liegen derzeit keine konkreten Hinweise auf Korruptionsfälle an der deutschen Botschaft in Addis Abeba vor. Vorliegenden Hinweisen ist die Bundesregierung in der Vergangenheit nachgegangen; in keinem Fall hat sich ein Verdacht bislang erhärtet. 8. Auf welche Weise beugt die Bundesregierung aktiv Korruptionsfällen bei der Vergabe von Visa bzw. Terminen zur Beantragung von Visa bzw. anderen Aufenthaltstiteln vor? In jeder Auslandsvertretung gibt es eine Ansprechperson für Korruptionsprävention . Die Kontaktdaten der Ansprechpersonen sind auf den Webseiten der Vertretungen veröffentlicht, ebenso die Kontaktdaten des Beauftragten des Auswärtigen Amts für die Korruptionsprävention auf der Webseite des Auswärtigen Amts. Hier können auch anonyme Hinweise schriftlich und telefonisch abgegeben werden . Alle Angehörigen des Auswärtigen Amts einschließlich der Auslandsvertretungen nehmen jährlich an einer mit Unterschrift zu dokumentierenden Belehrung zur Korruptionsprävention teil. Regelmäßige Sensibilisierungen finden ferner im Rahmen der Aus- und Fortbildung statt. Bei der Vorgangsbearbeitung gilt das Mehr-Augen-Prinzip, das ebenso wie die Rotation von Personal und Aufgaben Korruption wirksam erschwert. Die Vorgangsbearbeitung wird ferner durch stichprobenartige Überprüfungen im Rahmen der Fach- und Dienstaufsicht überwacht. Ein weiteres wirksames Mittel zur Vorbeugung von Korruption ist die Verkürzung von Wartezeiten. Um dies zu erreichen, arbeitet das Auswärtige Amt auch mit externen Dienstleistern zusammen. Bei externen Dienstleistern gibt es in der Regel keine Wartezeiten für die Abgabe von Visumanträgen. Im Übrigen setzt das Auswärtige Amt bei längeren Wartezeiten vermehrt sogenannte Terminlisten ein. Diese dienen dazu, dass Antragsteller kein konkretes Zeitfenstern mehr buchen müssen, sondern sich rund um die Uhr mit einer fortlaufenden Terminnummer registrieren können. Der eigentliche Termin zur Visumbeantragung wird von entsandten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Botschaft vergeben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2799 9. Auf welche Weise beabsichtigt die Bundesregierung, die Vorbeugemaßnahmen im Licht der drei in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Fälle anzupassen? Die Bundesregierung verweist auf die Vorbemerkung. Das Auswärtige Amt überprüft fortlaufend die Antragsverfahren und insbesondere auch das Verfahren zur Terminvergabe. Erkenntnisse im Rahmen etwaiger Ermittlungsverfahren und - berichte über Unregelmäßigkeiten nimmt das Auswärtige Amt zum Anlass, die Verfahren weiter zu optimieren. 10. Inwiefern trägt die Bundesregierung dabei dem besonderen Umstand Rechnung , dass der Verdacht auf Korruption oftmals nicht mit handfesten Belegen untermauert werden kann? Die Bundesregierung verfolgt eine Null-Toleranz-Politik in Bezug auf Korruption und Vorteilsnahme. Sie setzt sich daher ganz unabhängig von dem Nachweis oder der Nachweisbarkeit einschlägiger Vorwürfe dafür ein, dass die Verfahren der Visumvergabe weiter verbessert und Korruptionsmöglichkeiten ausgeschlossen werden, und geht jedem Verdacht konsequent nach. Ein Verdachtsfall liegt vor, wenn nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte für oder Hinweise auf eine Korruptionsstraftat in schriftlicher, mündlicher, telefonischer oder auf andere Weise – auch in anonymisierter Form – bekannt werden. 11. Welche Maßnahmen setzt die Bundesregierung zur personellen Verstärkung von mit hohem Visa-Antragsvolumen besonders belasteten Auslandsvertretungen um? Das Auswärtige Amt überprüft fortlaufend die Angemessenheit der personellen Ausstattung seiner Visastellen. Die Personalausstattung der Auslandsvertretungen , die mit besonders hohem Visumantragsvolumen belastet sind, wird im Rahmen der Möglichkeiten und der zur Verfügung stehenden Ressourcen angepasst. Sie erhalten im Bedarfsfall zusätzliche Dienstposten zur längerfristigen Besetzung mit entsandten oder auch lokal Beschäftigten und/oder sie werden temporär durch personalwirtschaftliche Maßnahmen wie Abordnungen verstärkt. Die Visastellen der drei genannten Vertretungen in Teheran, Ankara und Beirut sind in den letzten Jahren mehrfach personell verstärkt worden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333