Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 14. Juni 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2803 19. Wahlperiode 18.06.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Danyal Bayaz, Lisa Paus, Dr. Gerhard Schick, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/2398 – Pläne der Europäischen Kommission zur fairen Besteuerung großer Digitalunternehmen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Digitalisierung hat zu Problemen bei der Besteuerung international tätiger Konzerne geführt. Digitalen Konzernen gelingt es durch das Ausnutzen von steuerlichen Sonderregimen häufig, in Europa keine Steuern zu zahlen und ihre Gewinne in Steuersümpfe zu verlagern. Häufig müssen sie deshalb effektiv deutlich weniger Steuern auf ihren Gewinn entrichten als herkömmliche Unternehmen (www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Kommission-will-haertere- Steuerregeln-fuer-Internet-Riesen-4000553.html). Die Europäische Union hat demnach ein besonderes Interesse daran, diese Fehlentwicklung im internationalen Steuerrecht zu beseitigen. Mit dem Ziel einer fairen Besteuerung aller Unternehmen, forderten Frankreich, Spanien, Italien und die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam die Entwicklung einer digitalen Ausgleichsteuer (www.ruw.de/suche/bb/Ausgleichst-fuer-digi- Wertschoep--Eine-neue-Rund-i-1f193de29fc80e5380664e65d25c7683). Diese soll sicherstellen, dass in Europa erzielte Gewinne von Digitalunternehmen auch mindestens einmal in Europa versteuert werden. Das gemeinsame Vorgehen der genannten Staaten war der Ausgangspunkt der Kommissionsinitiative. Die Europäische Kommission hat sodann im März 2018 Vorschläge gemacht, wie große Digitalunternehmen fair und angemessen in Europa besteuert werden und die europäischen Steuersysteme ans digitale Zeitalter angepasst werden können (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52018 PC0148&from=DE; https://ec.europa.eu/taxation_customs/sites/taxation/files/ proposal_significant_digital_presence_21032018_de.pdf). Die vergleichsweise niedrige Besteuerung von Digitalunternehmen ist auch darauf zurückzuführen, dass im bestehenden internationalen Steuerrecht eine physische Präsenz, eine sogenannte Betriebsstätte, Voraussetzung für die Besteuerung in den jeweiligen Staaten ist. Digitalunternehmen benötigen in der Regel aber keine Betriebsstätte im klassischen Sinn, um ihre Geschäfte in den einzelnen Staaten zu betreiben. Die Europäische Kommission schlägt deshalb als Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2803 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode langfristige Lösung zielorientiert die Einführung einer digitalen Betriebsstätte für Unternehmen mit signifikanter digitaler Präsenz in europäischen Staaten vor. Die Europäische Kommission definiert die digitale bzw. virtuelle Betriebsstätte anhand von drei Kriterien, von denen mindestens eines erfüllt sein muss. Die Kriterien lauten: mindestens 100 000 Nutzer in einem Mitgliedstaat der EU, 7 Mio. Euro Ertrag oder den Abschluss von über 3 000 Geschäftsverträgen über digitale Dienstleistungen (Empfehlung der Kommission vom 21. März 2018 bezüglich der Unternehmensbesteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz: http://blog.handelsblatt.com/steuerboard/2018/03/29/richtlinienentwurf-fuerneue -besteuerungsregeln-fuer-digitalunternehmen/). Damit den europäischen Staaten in der Zeit bis zur Einführung einer digitalen Betriebsstätte keine weiteren Steuerausfälle entstehen, sieht der Kommissionsvorschlag für die Übergangszeit die Einführung einer europäischen Digitalsteuer vor. Diese soll drei Prozent auf digitale Dienste betragen. Wörtlich heißt es im Vorschlag der Europäischen Kommission: „Die Digitalsteuer sollte nur auf Erträge aus der Erbringung bestimmter digitaler Dienstleistungen erhoben werden. Dies sollten diejenigen digitalen Dienstleistungen sein, die in hohem Maße auf der Wertschöpfung durch die Nutzer basieren, da hierbei die Diskrepanz zwischen dem Ort der Gewinnbesteuerung und dem Ort, an dem die Nutzer ansässig sind, typischerweise am größten ist. Besteuert werden sollten die Erträge aus der Verarbeitung des Nutzer-Inputs, nicht die Beteiligung der Nutzer selbst“ (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX: 52018PC0148&from=DE). Steuerpflichtig werden nach Vorschlag der EU- Kommission Unternehmen dann, wenn sie über 750 Mio. Euro Gesamtumsatz machen und davon mindestens 50 Mio. Euro in der EU tätigen. Die neue Steuer soll ein geschätztes Aufkommen von 5 Mrd. Euro in der gesamten EU haben und abzugsfähig als Betriebsausgabe sein (www.handelsblatt.com/politik/ international/eu-steuerpolitik-bruessel-plant-digitalabgabe-fuer-google-facebookund -co-/21008808.html). Der Richtlinienvorschlag ist eng verknüpft mit den umfangreichen Vorarbeiten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zum Thema Digitalisierung (siehe BEPS-Aktionspunkt 1 (BEPS = Base Erosion and Profit Shifting), www.oecd.org/tax/beps/addressing-the-tax-challengesof -the-digital-economy-action-1-2015-final-report-9789264241046-en.htm, und den neuen Zwischenbericht zu Aktionspunkt 1 von 2018, www.oecd.org/ ctp/tax-challenges-arising-from-digitalisation-interim-report-9789264293083-en. htm). Die OECD behandelt in dem Aktionspunkt 1 die wichtige Frage, wo bei digitalen Leistungen die Wertschöpfung stattfindet, wenn zur Verfügung gestellte Nutzerdaten den wesentlichen Bestandteil der Geschäftsmodelle darstellen . Die OECD stellt in ihren Berichten jedoch auch fest, dass eine weltweite Lösung aufgrund der entgegenstehenden Auffassungen der Staaten sehr schwierig zu realisieren wäre. Umso wichtiger ist es, dass zumindest die europäischen Staaten vorangehen und mit einer Stimme sprechen, wenn es um ein faires und modernes Steuersystem im Digitalisierungszeitalter geht. 1. Welche besonderen Herausforderungen sieht die Bundesregierung in der angemessenen und fairen Besteuerung der digitalen Wirtschaft bzw. einer sich digitalisierenden Wirtschaft in Abgrenzung zu herkömmlichen Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodellen? Die Digitalisierung verkürzt die Wertschöpfungsketten, da sie die unmittelbare Interaktion zwischen den Unternehmen und ihren Kunden ermöglicht. Weiter können Produkte und Dienstleistungen weltweit bereitgestellt werden, ohne dass im jeweiligen Land der Kunden Betriebsstätten notwendig sind, die ein wichtiger Anknüpfungspunkt für Besteuerungsrechte sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2803 2. Wie ist es aus Sicht der Bundesregierung zu erklären, dass Digitalunternehmen effektiv geringeren Steuersätzen unterliegen als herkömmliche Unternehmen ? Welche Merkmale der digitalen Wirtschaft erleichtern es den betroffenen Digitalunternehmen nach Ansicht der Bundesregierung, Gewinne zu verlagern und dadurch Steuern zu vermeiden? Die Digitalisierung erleichtert grenzüberschreitende Geschäftsaktivitäten, indem sie eine enge Interaktion mit Nutzern und Kunden in einem Staat ermöglicht, ohne dass das Unternehmen dort über eine feste Geschäftseinrichtung oder Personal verfügen muss. Dies bedeutet, dass in den Quellenstaaten ggfs. keine der direkten Besteuerung unterliegende Präsenz des Unternehmens mehr besteht. Aufgrund der hohen Abhängigkeit digitalisierter Geschäftsaktivitäten von der Nutzung immaterieller Werte (Urheberrechte an Software, Patente, Algorithmen, technisches Know-how) können ggfs. hohe Betriebsausgaben (Kosten für eigene Erstellung oder Lizenzgebühren bei Nutzung fremder Rechte) entstehen. Da immaterielle Werte teilweise leicht übertragbar und aufgrund ihrer Einzigartigkeit oft schwer zu bewerten sind, können sie für steuermindernd wirkende Gestaltungen im Konzernverbund genutzt werden. 3. Wie bewertet die Bundesregierung die Einschätzung der OECD, dass die Herausforderungen der Begrenzung von Gewinnverlagerungen im Bereich der digitalen Wirtschaft bzw. einer sich digitalisierenden Wirtschaft durch die Eigenheit neuer Wertschöpfungsprozesse und Geschäftsmodelle zunehmen werden, insbesondere im Zusammenhang der grenzüberschreitenden Erfassung und Bewertung immaterieller Wirtschaftsgüter, der gezielten Vermeidung steuerlicher Anknüpfungspunkte (Vermeidung von steuerlichen Betriebsstätten) und der reduzierten Notwendigkeit einer physischen Unternehmenspräsenz ? Die Bundesregierung teilt diese Einschätzung. 4. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Prognosen bzw. Schätzungen, wie sich die Marktanteile der digitalen Wirtschaft in den nächsten zehn Jahren entwickeln werden und welche Auswirkungen eine Nichtanpassung bestehender steuerlicher Regelungen auf das Steuersubstrat innerhalb der EU und Deutschlands hat? Nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es keine Prognosen bzw. Schätzungen wie sich insgesamt die Marktanteile der digitalen Wirtschaft in den nächsten 10 Jahren entwickeln werden. Im Abschlussbericht des BMF-Forschungsprojekts vom 17. Oktober 2016 mit dem Titel „FinTechMarkt in Deutschland“ prognostizieren Prof. Dr. Gregor Dorfleitner und Jun.-Prof. Dr. Lars Hornuf die Marktentwicklung für acht FinTech-Teilsegmente für die Jahre 2020, 2025 und 2035. Das wichtigste Ergebnis der Studie in Bezug auf eine Prognose ist: Das Volumen der potenziell adressierbaren Märkte der FinTech-Segmente Finanzierung und Vermögensmanagement wird in Deutschland für das Jahr 2015 auf knapp 1,7 Bio. Euro geschätzt. Die Studie geht im Basisszenario von einem Anstieg des FinTech-Gesamtmarktvolumens auf 58 Mrd. Euro im Jahr 2020 und auf rund 97 Mrd. Euro im Jahr 2025 aus. Im Jahr 2035 könnte der Markt im Basisszenario sogar ein Volumen von bis zu 148 Mrd. Euro erreichen. Anzumerken ist, dass es keine allgemeingültige Definition des Begriffs FinTech gibt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2803 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Zu den Auswirkungen einer Nicht-Anpassung bestehender steuerlicher Regelungen auf das Steuersubstrat innerhalb der EU und Deutschlands liegen der Bundesregierung neben der Schätzung der Europäischen Kommission in ihrem „impact assessment“ vom 21. März 2018 (SWD(218) 81 final) zu den Richtlinienentwürfen „Digital Services Tax“ und „Significant Digital Presence“ keine weiteren Kenntnisse vor. Die Bundesregierung prüft derzeit die möglichen finanziellen Auswirkungen der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Digital Services Tax auf das deutsche Steueraufkommen, einschließlich möglicher Effekte der Abziehbarkeit von der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer. 5. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einführung einer Quellensteuer auf digitale Transaktionen, wie u. a. von Task Force on the Digital Economy der OECD diskutiert, und wie unterscheidet sich eine solche Quellensteuer von der nun im Richtlinienvorschlag der EU-Kommission vorgeschlagenen Digitalsteuer als Übergangslösung? Eine Quellensteuer ist eine Erhebungsart für ein im internationalen Steuerrecht zugewiesenes Besteuerungsrecht im Bereich der direkten Steuern. Demgegenüber soll die seitens der EU-Kommission vorgeschlagene Sondersteuer auf digitale Dienstleistungen als indirekte Steuer ausgestaltet werden. 6. Unterstützt die aktuelle Bundesregierung die Initiative ihrer Vorgängerregierung für die Einführung einer Ausgleichsteuer auf europäischer Ebene für Digitalunternehmen (www.ruw.de/suche/bb/Ausgleichst-fuer-digi-Wertschoep-- Eine-neue-Rund-i-1f193de29fc80e5380664e65d25c7683)? 7. Wie bewertet die Bundesregierung den im März 2018 gemachten Richtlinienvorschlag der EU, der auch auf die Initiative der Vorgängerregierung zurückgeht? Wie bewertet die Bundesregierung die Initiative der EU-Kommission, langfristig das Steuersystem an die Herausforderungen der digitalen Wirtschaft anzupassen? Die Fragen 6 und 7 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung prüft die als Ausgleichsteuer vorgelegte Digitalsteuer der EU-Kommission intensiv und bringt sich konstruktiv in die Verhandlungen auf EU-Ebene ein. Sie unterstützt die Bemühungen der EU-Kommission, das Steuersystem an die Herausforderungen der digitalen Wirtschaft anzupassen und strebt Lösungen auf breiter internationaler Grundlage unter dem Schirm der OECD an. Die Initiative der EU-Kommission wird als konstruktiver Beitrag zu den laufenden Arbeiten des von der OECD koordinierten Inclusive Framework on BEPS betrachtet, das derzeit 116 Staaten umfasst. 8. Inwiefern hält die Bundesregierung eine europäische Initiative infolge der Herausforderung bei der Besteuerung der digitalen Wirtschaft für den Fall für notwendig, dass eine weltweit abgestimmte Lösung wegen Interessenskonflikten zwischen den Staaten kaum umzusetzen wäre (siehe OECD in ihrem Zwischenbericht zu den unterschiedlichen Auffassungen; www.oecd. org/ctp/tax-challenges-arising-from-digitalisation-interim-report-978926429 3083-en.htm)? Die Diskussionen auf EU-Ebene leisten einen wichtigen Beitrag für eine international abgestimmte Besteuerungslösung. Für dieses Ziel leistet die Bundesregierung weiterhin auf internationaler Ebene Überzeugungsarbeit. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2803 9. Sind der Bundesregierung ähnliche Steuern in einzelnen Staaten bekannt, die als Modell für eine angemessene Besteuerung der digitalen Wirtschaft herangezogen werden können? Einige Staaten haben unilaterale Maßnahmen nach Abschluss des BEPS-Projekts eingeführt. Im Zwischenbericht der OECD aus März 2018 werden diese kategorisiert und dargestellt (www.oecd.org/ctp/tax-challenges-arising-from-digitalisationinterim -report-9789264293083-en.htm). 10. Hält die Bundesregierung das von der EU-Kommission prognostizierte Jahresaufkommen von 5 Mrd. Euro aus der für die Übergangszeit vorgesehenen Digitalsteuer für einen Zielwert, mit dessen Erreichung die digitale Wirtschaft angemessen in Europa besteuert würde? Die Prognose des Steueraufkommens beruht auf einem vorgeschlagenen Steuersatz von 3 Prozent des Jahresumsatzes der jeweiligen digitalen Dienstleistungen. Dies entspricht ungefähr einem Körperschaftsteuersatz von 15 Prozent. Ob dieses Niveau angemessen ist, ist Gegenstand der Verhandlungen. 11. Welche Auswirkung hätte der Vorschlag der EU-Kommission für eine europäische Digitalsteuer nach Kenntnis der Bundesregierung für das Steueraufkommen von Bund und Länder, insbesondere für den Fall, dass die Steuer als Betriebsausgabe abzugsfähig wäre? Nach Schätzung der Europäischen Kommission ergibt sich bei einem Steuersatz von 3 Prozent und der unterstellten Breite des Anwendungsbereichs EU-weit ein Aufkommen von 4,7 Mrd. Euro. Der auf Deutschland entfallende Anteil wird auf Grundlage dieser Schätzung der Europäischen Kommission und unter Berücksichtigung des BREXIT-Effekts auf 0,6 Mrd. Euro geschätzt; Rückwirkungen aus einer vorgesehenen Abziehbarkeit von der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer sind darin nicht enthalten. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 12. Um welche Art von Steuer (direkt oder indirekt) handelt es sich nach Rechtsauffassung der Bundesregierung bei dem Vorschlag der EU-Kommission für eine Digitalsteuer? Die EU-Kommission stützt ihren Vorschlag auf Artikel 113 AEUV, der Rechtsgrundlage für indirekte Steuern. Ob diese Rechtsgrundlage einschlägig ist, wird sich erst nach Abschluss der Verhandlungen im Rat der Europäischen Union zeigen . 13. Würde nach Rechtsauffassung der Bundesregierung die Einführung einer Digitalsteuer , in der Ausgestaltung nach Vorschlag der EU-Kommission, die Änderung des Grundgesetzes notwendig machen? Eine Änderung des Grundgesetzes ist nur erforderlich, wenn sich die Digitalsteuer nicht den in Artikel 106 Grundgesetz aufgeführten Steuerarten zuordnen lässt, oder die sich aus der Zuordnung ergebende Ertragshoheit geändert werden soll. Eine Zuordnung der Digitalsteuer zu einem bestimmten Steuertypus kann erst auf der Grundlage eines konkreten Richtlinienvorschlags und dessen nationalen Umsetzungsakts erfolgen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2803 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 14. Wie schätzt die Bundesregierung das Risiko ein, dass die im Richtlinienvorschlag enthaltene Digitalsteuer gegen internationale Regeln (z. B. WTO, OECD) verstößt, und welche Auffassung diesbezüglich vertritt aus Sicht der Bundesregierung die EU-Kommission? Welche ergänzenden Maßnahmen können aus Sicht der Bundesregierung ergriffen werden, damit etwaige Verstöße vermieden werden? Für die Vereinbarkeit der Digital Services Tax (DST) mit dem WTO-Recht (insbesondere : Diskriminierungsverbot) kommt es entscheidend auf die konkrete Ausgestaltung der DST an. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die EU- Kommission dies in ihrem Richtlinienvorschlag bedacht hat. Sie setzt sich generell dafür ein, dass europäisches Handeln im Einklang mit den Vorgaben der WTO steht. 15. An welchen Stellen sieht die Bundesregierung Abgrenzungsprobleme zwischen digitalisierten Feldern der klassischen Industrie (beispielsweise autonomes Fahren) in Bezug auf eine mögliche Steuerpflicht einer Digitalsteuer nach Vorschlag der Europäischen Kommission, bzw. geht die Bundesregierung davon aus, dass im Zuge einer weiteren Digitalisierung auch Unternehmen aus klassischen industriellen Bereichen unter die vorgeschlagene Digitalsteuer fallen könnten, und wie gedenkt die Bundesregierung identifizierte Abgrenzungsprobleme zu lösen, damit große Digitalunternehmen angemessen besteuert werden können? Welche Unternehmen unter eine Digitalsteuer fallen würden, kann erst nach Abschluss der Verhandlungen im Rat der Europäischen Union eindeutig feststehen. 16. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Zurverfügungstellung von persönlichen Daten die Wertschöpfung von Digitalunternehmen beeinflusst ? Wo findet nach Ansicht der Bundesregierung diese Wertschöpfung statt? Ob die Zurverfügungstellung von Daten die Wertschöpfung in Digitalunternehmen beeinflusst, wird derzeit auf OECD-Ebene weiter untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollten abgewartet werden Die Frage der konkreten Bewertung und lokalen Zuordnung z. B. von Datenerhebung und Datenauswertung ist ebenfalls noch Gegenstand aktueller internationaler Diskussionen und kann insbesondere im Hinblick auf unterschiedliche Formen der Datennutzung nicht pauschal beantwortet werden. 17. Welche Überlegungen gibt es seitens der Bundesregierung, die Datennutzung digitaler Unternehmen mit einem Wert zu versehen, wenn die Daten freiwillig von Nutzern zur Verfügung gestellt werden, damit z. B. Fragen der Besteuerung einfacher geklärt werden können? Sofern die Datennutzung digitaler Unternehmen zu steuerpflichtigen Erträgen oder Umsätzen führt, unterliegen diese den üblichen steuerlichen Regelungen. Wenn darüber hinaus steuerliche Anknüpfungspunkte festgelegt werden sollten, müsste die Datennutzung digitaler Unternehmen gegebenenfalls bewertet werden . Konkrete Überlegungen über die Art und Weise einer solchen Bewertung der Datennutzung digitaler Unternehmen gibt es seitens der Bundesregierung nicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/2803 18. Sind der Bundesregierung mögliche betroffene Unternehmen bekannt, die im Zuge einer Einführung der Digitalsteuer steuerpflichtig würden, und hat die Bundesregierung Kenntnisse, wie viele Unternehmen insgesamt steuerpflichtig würden, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es auf Ebene der EU schon Vorarbeiten dazu gibt (www.welt.de/wirtschaft/article174692 183/EU-Digitalsteuer-fuer-Google-Facebook-Co-droht-auch-Deutschlandzu -belasten.html), und wenn nein, plant die Bundesregierung eine eigene Überprüfung der Frage der möglichen Betroffenheit? Die Bundesregierung prüft derzeit mögliche Konsequenzen, die sich aus der Einführung einer wie von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Digitalsteuer ergeben könnten. Dies schließt auch eine Abschätzung über die Anzahl betroffener Unternehmen ein. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen . 19. Warum hat sich die Bundesregierung auf Ebene des EU-Ministerrates bei den Verhandlungen über die Einführung einer europäischen Digitalsteuer nicht klar positioniert (www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/olaf-scholzschweigt -zu-eu-plaenen-fuer-facebook-steuer-a-1206220.html), und inwiefern unterscheidet sich die Position der jetzigen Bundesregierung von der Vorgängerregierung? Die Bundesregierung prüft den Vorschlag der EU-Kommission zunächst genau. Der Digitalisierungsprozess in der deutschen Wirtschaft darf nicht behindert werden . 20. Unterstützt die Bundesregierung den Vorschlag der EU-Kommission für die Einführung einer digitalen Betriebsstätte? Der Vorschlag ist noch Gegenstand der Prüfung und wird als konstruktiver Beitrag zur internationalen Diskussion bewertet. Ob der Vorschlag der EU-Kommission von der Bundesregierung unterstützt werden wird, kann erst nach Abschluss des Prüfungsprozesses entschieden werden. 21. Hält die Bundesregierung die Erweiterung der Betriebsstätten-Definition um eine signifikante, digitale Präsenz für eine mögliche Lösung, um reine Digitalunternehmen angemessenen zu besteuern, und welche weiteren Erwägungen spielen bei der Neufassung der Betriebsstätten-Definition eine Rolle? Auf die Antwort zu Frage 20 wird verwiesen. Klärungsbedürftig erscheint insbesondere die Gewinnzurechnung zu einer aufgrund „signifikanter digitaler Präsenz“ fingierten Betriebsstätte und die Gewährleistung der Vereinbarkeit mit der Gewinnzurechnung zu den daneben bestehenden traditionellen Betriebsstätten (d. h. von mit Personal ausgestatten festen Einrichtungen ) der Unternehmen. 22. Wie beurteilt die Bundesregierung die seitens der EU-Kommission vorgeschlagene Definition einer digitalen Betriebsstätte? Auf die Antwort zu Frage 20 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2803 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 23. Sieht die Bundesregierung Abgrenzungsprobleme für die klassische Industrie , wenn es zu einer Einführung einer digitalen Betriebsstätte kommen sollte, etwa weil im Zuge von Industrie 4.0 sich auch in der klassischen Industrie die Geschäftsfelder verändern, und wie gedenkt die Bundesregierung, identifizierte Abgrenzungsprobleme zu lösen, damit große Digitalunternehmen angemessen besteuert werden können? Auf die Antwort zu Frage 15 wird entsprechend zur digitalen Betriebsstätte verwiesen . 24. Wird die Bundesregierung der Empfehlung der EU-Kommission folgen, in neuen Verhandlungen über Doppelbesteuerungsabkommen die Betriebsstätten -Definition um die Definition einer signifikanten, digitalen Präsenz zu erweitern (http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-7421-2018-INIT/ de/pdf)? Auf die Antwort zu den Fragen 20 und 21 wird verwiesen. Im Hinblick auf den bestehenden Klärungsbedarf und den aktuellen Stand der internationalen Diskussion stellt sich die Frage einer Übernahme in die deutschen Doppelbesteuerungsabkommen derzeit noch nicht. 25. Unterstützt die Bundesregierung die Einführung einer digitalen Betriebsstätte im ersten Schritt auf Ebene der EU? Wie ließen sich aus Sicht der Bundesregierung Kollisionen mit bestehenden internationalen Steuerregelungen vermeiden, und wie kann eine in der EU eingeführte digitale Betriebsstätte aus Sicht der Bundesregierung Vorbildcharakter für eine Einführung auf OECD-Ebene haben? Welche Mitgliedstaaten haben in den bisherigen Beratungen auf Ebene des Ministerrates Unterstützung für beide Kommissionsvorschläge erkennen lassen ? Auf die Antworten zu den Fragen 20, 21 und 24 wird verwiesen. Ziel der Bundesregierung ist eine globale Lösung unter dem Schirm der OECD, um die Entstehung neuer Rechtsunsicherheiten zu vermeiden. Die Bundesregierung sieht die europäische Debatte zur signifikanten digitalen Präsenz als einen Beitrag zur Debatte auf OECD-Ebene. 26. Welche Mitgliedstaaten haben nach Kenntnis der Bundesregierung in den bisherigen Beratungen auf Ebene des Ministerrates Unterstützung allein für den Vorschlag einer digitalen Betriebsstätte erkennen lassen, und mit welcher Begründung? 27. Welche Mitgliedstaaten haben nach Kenntnis der Bundesregierung in den bisherigen Beratungen auf Ebene des Ministerrates Unterstützung allein für den Vorschlag einer Digitalsteuer erkennen lassen, und mit welcher Begründung ? Die letzte Frage zu Nummer 25 sowie die Fragen 26 und 27 werden zusammen beantwortet. Die Verhandlungen sind vertraulich und noch nicht abgeschlossen. Welche Mitgliedstaaten welche Positionen vertreten, ist stetig im Fluss. Die meisten Mitgliedstaaten haben sich bisher nicht abschließend positioniert oder unterstützen die Fortführung der Debatte zu beiden Richtlinienvorschlägen. Insbesondere Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/2803 Frankreich und Italien haben öffentlich eine zügige Erörterung des Vorschlags zu einer Digitalsteuer befürwortet, da dringender politischer Handlungsbedarf gesehen wird. 28. Wie bewertet die Bundesregierung die Initiative der EU-Kommission in Verbindung mit der US-Tax-Reform, von der amerikanische Internetkonzerne laut Presseberichten massiv profitieren (www.rtl.de/cms/google-mutter-alphabetmit -gewinnexplosion-4152603.html)? Die US-Steuerreform hat insbesondere zu einer Absenkung des Unternehmenssteuersatzes für US-amerikanische Unternehmen geführt, gleichzeitig aber auch eine Besteuerungslücke bei der Hinzurechnungsbesteuerung geschlossen. Bezüglich des letztgenannten Aspekts wird die US-Steuerreform begrüßt. Davon losgelöst ist die Initiative der EU-Kommission zu sehen, bei der es um eine partielle und beschränkte Umverteilung von Besteuerungsrechten im Bereich digitalisierter Geschäftsmodelle geht. Die Initiative der EU-Kommission ist nicht auf Unternehmen aus bestimmten Staaten gerichtet. 29. Welche Bedeutung hat die Initiative der EU-Kommission in Bezug auf die Verhandlungen für eine gemeinsame deutsch-französische Unternehmensbesteuerung ? Die Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland bezüglich des Richtlinienvorschlags der Kommission zu einer Gemeinsamen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage soll die Harmonisierung der direkten Steuern beschleunigen und die Umsetzung spezifischer Konvergenzmaßnahmen im bilateralen Verhältnis ermöglichen („leading by example“). Im Rahmen dieser Zusammenarbeit setzen sich Frankreich und Deutschland auch für Maßnahmen zur Gewährleistung einer effektiven Mindestbesteuerung ein, die steuerindizierte Gewinnverlagerungen verhindern sollen. 30. Befürwortet die Bundesregierung, eine mögliche europäische Digitalsteuer zur Eigenmittelfinanzierung der Europäischen Union zu verwenden? Das System zur Finanzierung des EU-Haushalts ist im Eigenmittelbeschluss geregelt . Über die Einführung eines neuen Eigenmittels entscheiden die Mitgliedstaaten der EU einstimmig, nach Anhörung des Europäischen Parlaments. Zudem muss der Eigenmittelbeschluss von allen Mitgliedstaaten nach ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften ratifiziert werden. Die Bundesregierung setzt sich für ein gerechtes, transparentes und möglichst einfaches Eigenmittelsystem ein. Ob eine europäische Digitalsteuer diesem Anliegen gerecht wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden. Neue Eigenmittelarten ändern die Verteilung der Finanzierungslasten auf die Mitgliedstaaten und könnten eine gerechte Lastenteilung zwischen den Mitgliedstaaten gefährden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333