Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 15. Juni 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2806 19. Wahlperiode 18.06.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Carl-Julius Cronenberg, Johannes Vogel (Olpe), Pascal Kober, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/2328 – Auswirkungen der Reform der Entsenderichtlinie V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, kurz Entsenderichtlinie, setzt die rechtlichen Rahmenbedingungen für die grenzüberschreitende Arbeitnehmerentsendung innerhalb der Europäischen Union. Die Entsenderichtlinie schreibt unter anderem die Einhaltung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Aufnahmestaates vor und regelt beispielsweise die Entlohnung. Am 8. März 2016 hat die Europäische Kommission einen umfassenden Reformvorschlag zur Entsenderichtlinie vorgelegt. So sollen künftig nicht mehr nur die Mindestlohnsätze des Aufnahmestaates gelten, sondern die gleichen Vergütungsvorschriften wie für heimische Arbeitnehmer, wie sie in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen festgelegt sind. Des Weiteren soll die Dauer der Entsendungen auf 12 (höchstens 18) Monate begrenzt werden. Nach Ablauf dieser Frist unterliegt der jeweilige Arbeitnehmer automatisch dem Arbeitsrecht des Aufnahmestaates (vgl. https://ec.europa.eu/germany/news/20170301-einigungauf -reform-der-entsenderichtlinie_de). Die Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit ist ein Eckpfeiler des europäischen Binnenmarktes. Zweifelsohne kommt es dabei auch zu Missbrauch, zu dessen Bekämpfung die Entsenderichtlinie einen Beitrag leisten kann. Dennoch ist die vorliegende Reform hoch umstritten. Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände befürchten durch die Dokumentationspflichten hohe Bürokratiekosten, ohne dass der Schutz für Arbeitnehmer signifikant verbessert wird. Insgesamt ist zu befürchten, dass sich die reformierte Entsenderichtlinie als Wachstumsbremse nicht nur für Deutschland, sondern auch für die ganze EU herausstellen könnte. Sowohl Exporte aus Deutschland heraus als auch Importe nach Deutschland wären direkt von der Reform betroffen. Hinzu kommen gravierende wirtschaftliche Folgen für alle Mitgliedstaaten und insbesondere die mittel- und osteuropäischen Staaten, die einen Großteil der entsendeten Arbeitnehmer stellen und auf den Binnenmarkt dringend angewiesen sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2806 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g : Mit dem am 8. März 2016 vorgelegten Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Entsenderichtlinie verfolgt die Europäische Kommission das Ziel, gegen unlautere Praktiken vorzugehen und den Grundsatz der gleichen Bezahlung für gleiche Arbeit am gleichen Ort zu fördern. Der Richtlinienvorschlag ist von den Mitgliedstaaten ausführlich und kontrovers diskutiert worden. Die Mitgliedstaaten haben sich auf dem Rat für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz am 23. Oktober 2017 mit einer breiten Mehrheit von 21 Stimmen bei lediglich vier Gegenstimmen und drei Enthaltungen auf eine Fassung der Richtlinie geeinigt. Dieser Text fand die Unterstützung von Mitgliedstaaten aus allen geographischen Teilen Europas. Auch das Europäische Parlament hat sich im Oktober 2017 auf einen Kompromisstext geeinigt . Im Trilog haben sich die Verhandlungsführer von Rat, Europäischem Parlament und Europäischer Kommission nach intensiven Verhandlungen im März dieses Jahres auf einen Kompromiss verständigt. Dieser Kompromiss hat im Ausschuss der Ständigen Vertreter mit lediglich zwei Gegenstimmen und vier Enthaltungen eine noch breitere Zustimmung der Mitgliedstaaten gefunden als die allgemeine Ausrichtung im Oktober 2017. Das Europäische Parlament hat dem Kompromiss in der Sitzung des Plenums am 29. Mai 2018 ebenfalls mit einer sehr deutlichen Mehrheit zugestimmt. Es ist davon auszugehen, dass die Änderungsrichtlinie auf dem Rat für Beschäftigung , Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz am 21. Juni 2018 formal abschließend von den Mitgliedstaaten gebilligt wird und kurz darauf in Kraft treten kann. Die Frist zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht wird zwei Jahre betragen. 1. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Rahmen der Entsenderichtlinie aus Deutschland in andere Mitgliedstaaten entsandt wurden, seit 2010 entwickelt (bitte nach Jahren und Wirtschaftszweigen auflisten)? 2. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die aus anderen Mitgliedstaaten im Rahmen der Entsenderichtlinie nach Deutschland entsandt wurden, seit 2010 entwickelt (bitte nach Jahren und Wirtschaftszweigen auflisten)? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Nach Kenntnis der Bundesregierung liegen statistische Daten weder zur Zahl der aus Deutschland in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union entsandten Arbeitnehmer noch über die Zahl der aus anderen Mitgliedstaaten nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer vor, die exakt den Anwendungsbereich der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (Entsenderichtlinie) abdecken. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass keine unionsweite Pflicht existiert, Entsendungen im Herkunftsstaat oder in dem Staat, in den entsandt wird (Aufnahmestaat), zu melden. So existiert auch bei Entsendungen nach Deutschland nur in bestimmten Branchen die Pflicht, eine Entsendemeldung abzugeben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2806 Statistisch erfasst werden Daten zu entsandten Arbeitnehmern insoweit, als die Zahl der bei Entsendung ausgestellten sozialversicherungsrechtlichen Bescheinigungen „PD (Personal Document) A1“ (A1-Bescheinigungen) erfasst wird. Diese Daten sind zuletzt von der Europäischen Kommission im „Report on A1 Portable Documents issued in 2016“ veröffentlicht worden. Die Daten über die A1-Bescheinigungen haben begrenzte Aussagekraft für die Zahl der Entsendungen im Sinne der Entsenderichtlinie. Grundlage für die Erstellung dieser Bescheinigungen sind die sozialversicherungsrechtlichen Koordinierungsverordnungen (Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und Verordnung (EG) Nr. 987/2009). Die Koordinierungsverordnungen übernehmen jedoch nicht die Entsendedefinition der Entsenderichtlinie. Außerdem ist die Aussagekraft der statistischen Daten zu A1-Bescheinigungen selbst begrenzt. Zum einen wird nicht für jede Entsendung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 eine A1-Bescheinigung beantragt, da keine ausnahmslose Pflicht zu einer solchen Beantragung besteht. Zum anderen ist die Zahl der A1-Bescheinigungen nicht zwingend mit der Zahl entsandter Arbeitnehmer identisch, weil innerhalb eines Kalenderjahres für einen Arbeitnehmer mehrere A1-Bescheinigungen ausgestellt werden können. Schließlich werden in der Statistik zu A1-Bescheinigungen nur die Bescheinigungen der Entsendung zugeordnet, die nach Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 ausgestellt worden sind. Tatsächlich können aber auch die nach Artikel 13 jener Verordnung für Fälle der Mehrstaatenbeschäftigung ausgestellten A1-Bescheinigungen Entsendefälle im Sinne der Entsenderichtlinie betreffen . Dies vorangeschickt, weist die Statistik über A1-Bescheinigungen aus, dass in den Jahren 2010 bis 2016 folgende Zahl an A1-Bescheinigungen für Entsendungen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in Deutschland ausgestellt worden ist: Jahr Zahl der für Entsendungen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in Deutschland ausgestellten A1-Bescheinigungen 2010 201.436 2011 226.850 2012 221.650 2013 227.008 2014 232.776 2015 218.006 2016 231.766 Quelle: Statistik über A1-Bescheinigungen Die Statistik über A1-Bescheinigungen weist außerdem aus, dass für die Jahre 2010 bis 2016 von Stellen anderer Mitgliedstaaten die folgende Zahl an Bescheinigungen für Entsendungen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 nach Deutschland ausgestellt worden ist: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2806 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Jahr Zahl der für Entsendungen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 nach Deutschland ausgestellten A1-Bescheinigungen 2010 250.064 2011 311.361 2012 335.862 2013 373.666 2014 414.220 2015 418.908 2016 440.065 Quelle: Statistik über A1-Bescheinigungen Vollständige Daten, in welche Wirtschaftszweige diese Entsendungen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 von oder nach Deutschland erfolgten, liegen nicht vor. 3. Welche allgemeinverbindlichen Tarifverträge gibt es derzeit in Deutschland (bitte nach Regionen und Wirtschaftszweigen aufschlüsseln)? Allgemeinverbindliche Tarifverträge finden auf Entsendungen nach Deutschland Anwendung, soweit die Voraussetzungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, mit dem die Entsenderichtlinie umgesetzt ist, erfüllt sind. Mit Stand vom 1. Juni 2018 waren folgende Tarifverträge im Sinne des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes allgemeinverbindlich: Tarifvertrag zur Regelung des Mindestlohns für pädagogisches Personal vom 15. November 2011 in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 3 vom 17. Mai 2017 Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn) vom 3. November 2017 Tarifvertrag zur Regelung eines Mindestlohns im Dachdeckerhandwerk – Dach-, Wand- und Abdichtungstechnik – im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn) vom 24. November 2017 Tarifvertrag über ein Mindestentgelt in den Elektrohandwerken vom 19. Januar 2016 Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne für gewerbliche Arbeitnehmer in der Gebäudereinigung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn ) vom 10. November 2017 Bundeslohntarifvertrag für Geld- und Wertdienste in der Bundesrepublik Deutschland vom 1. Februar 2017 Tarifvertrag vom 9. Dezember 2016 zur Regelung eines Mindestlohnes für gewerbliche Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk (TV Mindestlohn) Tarifvertrag zur Regelung eines Mindestlohns im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk vom 11. Februar 2015 Der räumliche Geltungsbereich aller vorgenannten Tarifverträge ist das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2806 4. Wie viele der im vergangenen Jahr nach Deutschland entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer waren nach Kenntnis der Bundesregierung in tarifgebundenen oder tarifanwendenden Unternehmen beschäftigt (bitte in absoluten und relativen Zahlen und nach Regionen und Wirtschaftszweigen aufschlüsseln)? Während der Entsendung besteht das Arbeitsverhältnis der entsandten Arbeitnehmer mit ihrem im Herkunftsstaat ansässigen Arbeitgeber fort. Der Bundesregierung liegen keine Informationen vor, wie viele der im Ausland ansässigen Arbeitgeber von nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern tarifgebunden sind oder Tarifverträge aus sonstigen Gründen anwenden. 5. Wie bewertet die Bundesregierung den Aufwand für Unternehmen, alle Bestandteile der Entlohnung auf der geplanten nationalen Website zu veröffentlichen ? Für die Unternehmen entsteht insoweit kein Veröffentlichungsaufwand. Es besteht keine Pflicht für Unternehmen, Entlohnungsbestandteile auf einer nationalen Website zu veröffentlichen. Es ist auch im Rahmen der geplanten Revision der Entsenderichtlinie nicht beabsichtigt, eine solche Pflicht für die Unternehmen einzuführen. 6. Wie bewertet die Bundesregierung den Aufwand für Unternehmen, sich vor einer Entsendung über alle Bestandteile der Entlohnung im Aufnahmestaat zu informieren, insbesondere mit Blick darauf, dass die geltenden Arbeitsund Beschäftigungsbedingungen oft regional oder sogar von Betrieb zu Betrieb variieren? Bereits aufgrund der aktuellen Entsenderichtlinie müssen die Mitgliedstaaten alle nach der Entsenderichtlinie maßgeblichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen auch auf entsandte Arbeitnehmer anwenden. In der Baubranche sind die Mitgliedstaaten außerdem verpflichtet, die in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen, welche bestimmte Anforderungen an die Gleichbehandlung mit nationalen Arbeitnehmern erfüllen, geregelten Mindestlohnsätze auch auf entsandte Arbeitnehmer anzuwenden; in den übrigen Branchen können sie solche allgemeinverbindlichen Tarifverträge auf entsandte Arbeitnehmer anwenden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur aktuellen Entsenderichtlinie können die Mitgliedstaaten schon heute die Anwendung ganzer Lohngitter gemäß den Tarifverträgen des Aufnahmestaates sowie eine Reihe weiterer Lohnbestandteile vorschreiben , die Entsendeunternehmen beachten müssen. Die geplante Änderung der Entsenderichtlinie sieht vor, dass die Europäische Kommission die Anwendung und Umsetzung der Änderungsrichtlinie überprüft und fünf Jahre nach Inkrafttreten der geplanten Änderungsrichtlinie einen Bericht an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und gegebenenfalls Vorschläge für Änderungen vorlegt. Die Bundesregierung geht davon, dass diese Überprüfung auch auf Erkenntnisse über etwaige signifikante Änderungen beim Informationsbeschaffungsaufwand für Unternehmen eingehen wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2806 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Teilt die Bundesregierung die Befürchtungen der Fragesteller und vieler Unternehmen , dass die Reform der Entsenderichtlinie zu einem erheblichen bürokratischen Mehraufwand führen würde? Die geplante Änderung der Entsenderichtlinie enthält keine Regelungen über Verwaltungsanforderungen, welche Entsendeunternehmen im Rahmen einer Entsendung gegenüber staatlichen Behörden einhalten müssen. Mit der Änderung werden auch keine Vorschriften über staatliche Kontrollen oder andere staatliche Maßnahmen gegenüber Entsendeunternehmen eingeführt. Die Rahmenbedingungen , welche die Mitgliedstaaten beachten müssen, wenn sie Verwaltungsanforderungen für Entsendeunternehmen aufstellen, wurden in der im Jahr 2014 verabschiedeten Richtlinie 2014/67/EU zur Durchsetzung der Entsenderichtlinie festgelegt . Diese Vorgaben sollen vor allem die Verhältnismäßigkeit der Verwaltungsanforderungen gewährleisten. 8. Wie bewertet die Bundesregierung den bürokratischen Mehraufwand für Unternehmen , die Mitarbeiter regelmäßig in firmeneigene Niederlassungen in andere Mitgliedstaaten entsenden? Die Bundesregierung geht davon aus, dass der Aufwand bei regelmäßiger Entsendung in firmeneigene Niederlassungen in anderen Mitgliedstaaten geringer ausfällt als bei anderen Entsendungen. Zum einen sollten die im Aufnahmestaat geltenden Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der dortigen Niederlassung in der Regel bereits bekannt sein; das gilt jedenfalls, wenn sie eigene heimische Arbeitnehmer beschäftigt. Zum anderen ist davon auszugehen, dass wegen der Regelmäßigkeit einer routinemäßigen Entsendung positive Skaleneffekte eintreten , die den durchschnittlichen Aufwand pro entsandtem Arbeitnehmer noch einmal reduzieren. 9. Für welchen Zeitraum wurden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Mitgliedsstaaten nach Kenntnis der Bundesregierung im vergangenen Jahr nach Deutschland entsandt (bitte nach Wirtschaftszweigen und den folgenden Zeiträumen aufschlüsseln: ein bis sieben Tage, acht bis 30 Tage, zwei bis sechs Monate, sechs bis zwölf Monate, zwölf bis 18 Monate sowie 18 bis 24 Monate)? 10. Für welchen Zeitraum wurden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Kenntnis der Bundesregierung aus Deutschland im vergangenen Jahr in andere Mitgliedsstaaten entsandt (bitte nach Wirtschaftszweigen und den folgenden Zeiträumen aufschlüsseln: ein bis Tage, acht bis 30 Tage, zwei bis sechs Monate, sechs bis zwölf Monate, zwölf bis 18 Monate sowie 18 bis 24 Monate)? Die Fragen 9 und 10 werden gemeinsam beantwortet. Hinsichtlich der verfügbaren Daten zu Entsendezahlen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. Für Entsendungen im Sinne von Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 aus Deutschland liegen keine nach Zeitraum und Wirtschaftszweig aufgeschlüsselten Daten vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/2806 11. Gelten für entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Auffassung der Bundesregierung nach Ablauf der 12 (bzw. 18) Monate infolge der Reform automatisch die Beschäftigungsbedingungen des Aufnahmestaates, selbst wenn eine andere Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht oder der Arbeitnehmer dadurch schlechter gestellt wird? Nach Auffassung der Bundesregierung gilt insoweit das Gleiche wie hinsichtlich des sogenannten „harten Kerns“ der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Aufnahmestaates (z. B. Entlohnung, Urlaub), die ab dem ersten Tag einer Entsendung gelten. Die bei der Langzeitentsendung zusätzlich zu beachtenden zwingenden Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Aufnahmestaates können nicht durch abweichende Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien zulasten des Arbeitnehmers verändert werden. 12. Wie wird sich die Reform der Entsenderichtlinie nach Einschätzung der Bundesregierung auf die Zahl der Entsendungen nach Deutschland und von Deutschland aus auswirken? Die Entwicklung der Entsendezahlen ist von einer Vielzahl von Faktoren geprägt. In den letzten Jahren sind die Entsendezahlen kontinuierlich angestiegen, wie sich für Deutschland aus den in der Antwort zu den Fragen 1 und 2 genannten Zahlen ergibt. Die Bundesregierung geht nicht davon aus, dass die Änderung der Entsenderichtlinie negative Folgen auf die Entwicklung des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs und die Zahl der Entsendungen haben wird. Die durchgeführten Entsendungen werden aber auf Grundlage fairer Rahmenbedingungen stattfinden. 13. Wie viele Dienst- und Geschäftsreisen werden nach Kenntnis der Bundesregierung jedes Jahr aus Deutschland in andere Mitgliedstaaten durchgeführt (seit 2010, bitte nach Jahren auflisten)? 14. Wie viele der in Frage 13 angegebenen Dienst- und Geschäftsreisen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung mit einer A1-Bescheinigung durchgeführt ? Wie viele wurden ohne A1-Bescheinigung durchgeführt? 15. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittliche Dauer der Dienst- und Geschäftsreisen aus Deutschland in andere Mitgliedstaten seit 2010 entwickelt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Die Fragen 13 bis 15 werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen keine validen Daten zu den Fragen 13 bis 15 vor. 16. Geht die Bundesregierung davon aus, dass durch die geplante Reform auch Dienst- und Geschäftsreisen ab dem ersten Tag unter den Geltungsbereich der Entsenderichtlinie fallen, und wenn ja, sind Vereinfachungen bei der Beantragungen regelmäßiger Dienst- und Geschäftsreisen vorgesehen? Nach Auffassung der Bundesregierung wird die geplante Änderung der Entsenderichtlinie insoweit nichts an der Definition der Entsendung ändern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2806 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 17. In welcher Höhe haben deutsche Unternehmen nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2010 industrienahe Dienstleistungen in andere Mitgliedstaaten exportiert (bitte nach Jahren auflisten)? 18. In welche zehn Staaten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2010 die meisten industrienahen Dienstleistungen exportiert (bitte nach Jahren auflisten)? Die Fragen 17 und 18 werden gemeinsam beantwortet. Unter industrienahen Dienstleistungen werden zum einen Dienstleistungen verstanden , die von Dienstleistungsunternehmen für inländische und ausländische Industrieunternehmen erbracht werden. Das sind insbesondere Beratung, Werbung und Marktforschung, Forschung und Entwicklung, Transport und Logistik, Reparaturen, Sicherheitsdienstleitungen, Reinigungsleistungen, Abfallbeseitigung , Großhandel und die Arbeitskräftevermittlung. Zum anderen werden darunter Dienstleistungen verstanden, die von Industrieunternehmen für ihre inländischen und ausländischen Kunden erbracht werden. Dazu gehören insbesondere Planung und Beratung, Service, Instandhaltung, Wartung , Montage und Inbetriebnahme, IT-Dienstleistungen und Betreibermodelle. In den amtlichen Statistiken wird bei Dienstleistungen nicht unterschieden, ob sie für Industrieunternehmen oder andere Unternehmen erbracht wurden. Deshalb liegen der Bundesregierung keine entsprechenden Daten vor. 19. Welche Auswirkungen auf deutsche Exporte sowie insbesondere auf den Export industrienaher Dienstleistungen erwartet die Bundesregierung infolge der Reform? Die Bundesregierung erwartet aus den in den Antworten zu den Fragen 5 bis 8 genannten Gründen durch eine Revision der Entsenderichtlinie keine Belastungen für die deutsche Wirtschaft, die einen signifikanten Einfluss auf die Exporte haben würden. 20. Welchen Zeitraum sieht die Bundesregierung für die Umsetzung der reformierten Entsenderichtlinie in deutsches Recht vor? Gemäß Artikel 2 der geplanten Richtlinie zur Änderung der Entsenderichtlinie müssen die Mitgliedstaaten die Richtlinie innerhalb von zwei Jahren ab Inkrafttreten der Richtlinie in nationales Recht umsetzen. Sie müssen die zur Umsetzung erlassenen Vorschriften genau zwei Jahre, d. h. nicht später aber auch nicht früher , anwenden. Davon ausgehend, dass die Richtlinie im Juni endgültig vom Europäischen Parlament und dem Rat gebilligt wird und daher im Juli 2018 verkündet und in Kraft treten könnte, dürfte die Umsetzungs- und Anwendungsfrist im Juli 2020 ablaufen. Deutschland ist verpflichtet, diese Vorgaben der Richtlinie einzuhalten. 21. Welchen Mehrwert erhofft sich die Bundesregierung infolge der reformierten Entsenderichtlinie a) für deutsche Unternehmen, b) für Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten? Die Entsenderichtlinie verfolgt zwei zentrale Ziele: Die Verbesserung des Schutzes entsandter Arbeitnehmer und einen fairen Wettbewerb zwischen entsendenden und heimischen Unternehmen im Aufnahmestaat. Die Bundesregierung geht Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/2806 davon aus, dass die geplanten Änderungen der Entsenderichtlinie neben der Verbesserung des Arbeitnehmerschutzes die Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen zwischen entsendenden Unternehmen und heimischen Unternehmen fördern wird. 22. Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen der Reform auf den gemeinsamen Binnenmarkt? Die Europäische Kommission hat in der Folgenabschätzung zu ihrem Vorschlag für eine Änderung der Entsenderichtlinie (SWD (2016) 52 final) dargelegt, dass der Vorschlag darauf abzielt, einen gut funktionierenden Binnenmarkt zu gewährleisten , indem die Fairness auf dem Binnenmarkt gestärkt wird. Der Vorschlag fügte sich damit ein in das Ziel der Kommission, einen vertieften und fairen Binnenmarkt zu schaffen. Die im Vorfeld des Kommissionvorschlags durchgeführte Konsultation der Interessenträger hat ergeben, dass insbesondere eine größere Rechtsklarheit angestrebt wurde. Die Europäische Kommission geht in ihrer Folgenabschätzung davon aus, dass dieses Ziel unter anderem dadurch erreicht werden könne, dass künftig klargestellt werde, dass alle im Aufnahmestaat zwingend vorgeschriebenen Entlohnungsbestandteile auch auf Entsendesituationen angewendet werden. Damit werde die Rechtssicherheit und -klarheit erhöht. Die Bundesregierung teilt insoweit die Einschätzung in der Folgenabschätzung der Europäischen Kommission. 23. Teilt die Bundesregierung die Kritik der mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten an der Reform, die Wettbewerbsnachteile befürchten? Die Bundesregierung geht nach derzeitigem Stand davon aus, dass die mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten, deren Wirtschaft durch einen hohen Anteil an ausgehenden Entsendungen im Verhältnis zur jeweiligen Gesamtbeschäftigtenzahl geprägt ist, von der erwarteten Stärkung der Rechtsklarheit und -sicherheit profitieren werden. 24. Inwiefern hat die Bundesregierung die Kritik der mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten in ihrer Verhandlungsposition und bei ihrem Abstimmungsverhalten berücksichtigt? Die Bundesregierung hat die Anliegen der mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten dort unterstützt, wo diese Mitgliedstaaten eine höhere Rechtsklarheit und -sicherheit anstrebten. Exemplarisch seien die Klarstellungen in den Erwägungsgründen zur Berechnung der Entlohnung genannt. Auch bei den Klarstellungen zu Entsendezulagen bestand teilweise Übereinstimmung. Das Ergebnis des Trilogs – ebenso wie die damalige allgemeine Ausrichtung des Rates vom 23. Oktober 2017 – hat letztlich auch die Unterstützung vieler mittel- und osteuropäischer Staaten gefunden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2806 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 25. Teilt die Bundesregierung die Kritik insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen, die durch die Reform massive Handelshemmnisse befürchten ? Zur Beantwortung wird auf die Antwort zu Frage 22 verwiesen. Im Übrigen geht die Bundesregierung davon aus, dass die Europäische Kommission im Rahmen der vorgesehenen Überprüfung der Richtlinie (vgl. Antwort zu Frage 6) auch etwaige besondere Auswirkungen der Richtlinie auf KMU untersuchen wird. 26. Erwartet die Bundesregierung infolge der Reform wirtschaftliche Nachteile für die mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten? Die ganz überwiegende Zahl der mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten hat am 11. April 2018 in der Sitzung des Ausschusses der Ständigen Vertreter erklärt, dass sie dem Ergebnis des Trilogs von Europäischem Parlament, Rat und Europäischer Kommission zustimmen kann. Dies bestätigt aus Sicht der Bundesregierung , dass die geplante Endfassung der Revision der Entsenderichtlinie auch insoweit hinreichend ausgewogen ist. 27. Welche zusätzlichen Kosten für die Zollverwaltung durch die reformierte Entsenderichtlinie erwartet die Bundesregierung? 28. Plant die Bundesregierung, im Zuge der Reform zusätzliche Planstellen bei der Zollverwaltung einzurichten, und wenn ja, wie viele (bitte nach Tätigkeitsbereich , Standort und Zeitpunkt der geplanten Einstellung auflisten)? Die Fragen 27 und 28 werden gemeinsam beantwortet. Die Umsetzungsfrist für die reformierte Entsenderichtlinie beträgt zwei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie. Das Inkrafttreten wird für Juli 2018 erwartet. Danach beginnt die formale Umsetzungsplanung innerhalb der Bundesregierung, im Zuge derer die Auswirkungen der Gesetzgebungsvorhaben für den Bundeshaushalt betrachtet werden. Die durch die reformierte Entsenderichtlinie notwendig werdenden Planstellen und Sachausgaben bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung werden im Rahmen zukünftiger Haushaltsaufstellungsverfahren berücksichtigt werden. Dabei wird die angemessene und effiziente Umsetzung der neuen Entsenderegelungen, auch im Hinblick auf eine mögliche Stärkung der Zollverwaltung, von maßgeblicher Bedeutung sein. 29. Wie wird sich die Bundesregierung bei den bevorstehenden Verhandlungen über Entsendungen im Kraftverkehrssektor, der von der aktuellen Reform ausgenommen ist, im Rat positionieren? Die Europäische Kommission hat bereits am 31. Mai 2017 im Rahmen ihres sogenannten Mobilitätspakets im Straßengüterverkehrssektor einen Vorschlag unterbreitet , wie die Entsendebestimmungen betreffend Mindesturlaub und Mindestlohn in diesem Sektor angewendet werden sollen. Die Bundesregierung setzt sich in den Verhandlungen gemeinsam mit anderen Mitgliedstaaten für eine weitgehende Anwendung der Entsendebestimmungen im Verkehrssektor ein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333