Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vom 15. Juni 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2870 19. Wahlperiode 19.06.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Protschka, Dr. Anton Friesen und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/2260 – Entwicklung der Arbeit des Kulturreferenten für die böhmischen Länder V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Aus dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD geht hervor, dass in der laufenden Legislaturperiode die kulturstiftenden Vereine der deutschen Vertriebenen gestärkt werden sollen (Abschnitt: XIII). Der Bund hat nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes (BVertrG) neben Wissenschaft und Forschung die Weiterentwicklung der Kulturleistungen der Vertriebenen und Flüchtlinge zu fördern . Das Kulturreferat für die böhmischen Länder ist eine von neun bundesfinanzierten Stellen, aufgegliedert nach Landsmannschaften, die Fördermittel zu diesem Zweck vergeben (www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Bundesregierung/ BeauftragtefuerKulturundMedien/aufarbeitung/deutscheKultur/kulturfoerderung Bund/_node.html). Neben dem Kulturreferenten für die böhmischen Länder existieren zahlreiche öffentliche Förderstellen, die jeweils nach eigenen Kriterien Mittel für die kultur- und grenzüberschreitende Heimatarbeit zur Verfügung stellen. Dies sind z. B. die Europaregionen (Euregios), der Europäische Fonds für regionale Entwicklung: „Investition in Ihre Zukunft (Ziel 3)“, insbesondere für die Heimatvertriebenen aus den böhmischen Ländern die Sudetendeutsche Stiftung, das Haus des Ostens, die Häuser der Heimat in verschiedenen Bundesländern sowie kommunale und andere öffentliche Stellen. Die Unübersichtlichkeit der Förderlandschaft und die Anforderungen an Buchhaltung und Projektabwicklung halten nicht nur nach Auffassung der Fragesteller viele Kulturschaffende und Einrichtungen, zum Beispiel kulturstiftende Vereine , davon ab, Förderanträge zu stellen. Der aufwendige Projektvorlauf führt auch zu Verzögerungen bei der Projektrealisierung. Die Kulturleistungen der Vertriebenen und Flüchtlinge aus den böhmischen Ländern können nach Auffassung der Fragesteller durch das Betreiben eigener heimatlicher Rundfunksender weiterentwickelt werden. Lediglich die Heimatverbliebenen im Hultschiner Ländchen betreiben einen Radiosender (www. halloradiohultschin.cz/), nicht jedoch die Heimatvertriebenen und ihre Nachfahren . Rundfunk und Video-Internet (z. B. Youtube-Kanäle) dienen angesichts des fehlenden geschlossenen Siedlungsgebietes in besonderem Maße der Pflege und dem Erhalt der Mundarten der Heimatvertriebenen aus den böhmischen Ländern und ihrer Nachfahren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2870 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Eine institutionelle Förderung, ähnlich der für die Minderheit der Sorben in Deutschland, ist nach Auffassung der Fragesteller notwendig, um das Überleben der Volksgruppen der deutschsprachigen Vertriebenen und ihrer Nachfahren zu sichern (www.mdr.de/sorbisches-programm/rundfunk/index.html). 1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der jährliche Etat des Kulturreferenten für die böhmischen Länder (seit 2002 in Euro)? 2. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Verwaltungskostenanteil des Etats des Kulturreferenten für die böhmischen Länder, und wie hoch sind die Fördermittel, die von ihm nach § 96 BVertrG an Kulturschaffende und Einrichtungen ausgeschüttet werden (bitte jährlich in absoluten Zahlen und prozentual aufschlüsseln)? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. In der kurzen Bearbeitungszeit können die Fragen 1 und 2 nicht vollumfänglich beantwortet werden, da für die Zusammenstellung der Daten vor 2009 eine manuelle Recherche in inzwischen archivierten Unterlagen erforderlich wäre, deren Aufwand nicht im vertretbaren Verhältnis zur Aussagekraft steht. So erklären sich einzelne offen gelassene Zellen in der Übersicht. An den genannten Daten sind nach Auffassung der Bundesregierung die wesentlichen Erkenntnisse ablesbar. Der Kulturreferent für die böhmischen Länder am Adalbert Stifter Verein erhält von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gemäß § 96 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) nachstehend aufgelistete Bundeszuwendung : Haushalts jahr Förderhöhe in € Verwaltungskostenanteil Anteil der Fördermittel in € in % am Etat in € in % am Etat 2002 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. 2003 k.A. 8.706,36 k.A. k.A. k.A. 2004 k.A. 8.148,72 k.A. k.A. k.A. 2005 k.A. 7.928,39 k.A. k.A. k.A. 2006 k.A. 7.050,67 k.A. k.A. k.A. 2007 k.A. 7.194,58 k.A. 24.800,00 k.A. 2008 k.A. 9.270,08 k.A. 18.400,00 k.A. 2009 125.000 6.698,91 5,36 34.272,00 27,42 2010 125.000 7.376,81 5,90 23.620,00 18,90 2011 125.000 7.179,08 5,74 25.800,00 20,64 2012 125.000 8.095,23 6,48 24.750,00 19,80 2013 129.000 8.342,60 6,47 28.596,00 22,17 2014 130.000 7.865,35 6,05 27.400,00 21,08 2015 134.000 9.225,98 6,89 27.610,00 20,60 2016 135.000 7.555,60 5,60 18.100,00 13,41 2017 135.000 7.735,01 5,73 16.080,00 11,91 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2870 Der übrige Etat des Kulturreferenten setzt sich aus den Anteilen für Personalkosten des Kulturreferenten und für eigene Projekte des Kulturreferenten zusammen Die Verwaltungskostenanteile der Etats der Kulturreferenten (KR) beruhen auf Einzelvereinbarungen mit den Träger-Museen. Die jeweilige Höhe ist abhängig vom konkret vereinbarten Umfang der Leistungen des Museums für das Kulturreferat . Schwankungen in der Höhe der Etats der Kulturreferate sind begründet durch Unterschiede bei der Stellenbesetzung sowie durch Anpassungen entsprechend dem Antragseingang für externe Förderungen. 3. Wie viele Finanzierungs- und/oder Fördermittel für Kulturschaffende und Einrichtungen erhält nach Kenntnis der Bundesregierung der Kulturreferent für die böhmischen Länder aufgrund anderer Rechtsgrundlagen (bitte jährlich in absoluten Zahlen und prozentual aufschlüsseln)? Der Kulturreferent für die böhmischen Länder erhält über die Bundesförderung nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes hinaus keine weiteren Finanzierungsund /oder Fördermittel. 4. In welcher Höhe werden Finanzierungs- und Fördermittel von staatlichen und öffentlichen Stellen nach Kenntnis der Bundesregierung jährlich aufgewendet für wissenschaftliche Institute und Einrichtungen, die sich mit historischen Fragestellungen zu den deutschen Vertriebenen aus den böhmischen Ländern befassen (bitte ab 2002 aufschlüsseln)? Nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes haben Bund und Länder den gesetzlichen Auftrag, das Kulturgut der historischen deutschen Ostgebiete und der deutschen Siedlungsgebiete im östlichen Europa „im Bewusstsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten“. Hierzu gehört die Förderung von Archiven, Museen und Bibliotheken, Wissenschaft und Forschung sowie von Projekten der kulturellen Vermittlung. 2017 standen dafür insgesamt 18,5 Mio. Euro regelmäßiger Förderung zur Verfügung. Hinzu kamen umfangreiche Baumittel. Einen guten Überblick im Detail bietet der im Juni 2017 von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) vorgelegte Bericht der Bundesregierung über die Kulturförderung nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) in den Jahren 2015 und 2016, der 2019 erneut herausgegeben wird. Eine statistische Erfassung der Fördermittel getrennt nach historischen Siedlungsgebieten erfolgt nicht. Eine Übersicht der von Ländern und Kommunen verausgabten Mittel für diesen Förderbereich liegt der Bundesregierung nicht vor. 5. Wie viele Mitarbeiter hat das Büro des Kulturreferenten nach Kenntnis der Bundesregierung, und über welche Räumlichkeiten und Ausstattung verfügt es? Der Kulturreferent für die böhmischen Länder ist beim Adalbert Stifter Verein angegliedert. Er verfügt über kein eigenes Personal und hat eine den Anforderungen seines Arbeitsplatzes entsprechende Büroausstattung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2870 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Wird die Bundesregierung Stellen für Fördermittelberater schaffen, die den Vertriebenen aus den böhmischen Ländern und ihren Nachkommen zur Verfügung stehen und ihnen bei Projekten dabei helfen, die lokalen, regionalen, bundesweiten und europäischen Förderprogramme auszuwählen, zusammenzustellen und abzuwickeln? 7. Wird die Bundesregierung eine Fördermittelberatung beim Kulturreferenten für die böhmischen Länder einrichten, um den Kulturschaffenden und kulturstiftenden Vereinen die Antragstellung und Projektabwicklung zu erleichtern ? Die Fragen 6 und 7 werden aufgrund des Zusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Kulturreferent für die böhmischen Länder berät selbst Kulturschaffende und kulturstiftende Vereine sowohl im Rahmen der Antragstellung als auch bei der Projektabwicklung. Die Einrichtung einer weitergehenden Fördermittelberatung ist nicht vorgesehen. 8. Wie unterstützt die Bundesregierung den Erhalt der deutschen Volksgruppe aus den böhmischen Ländern durch Pflege sowie Weiterentwicklung von Mundart, Musik, Tanz, Film, Kunst und neue Medien? Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien fördert auf der Grundlage des § 96 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) Projekte, die sich auf die Kultur und Geschichte der ehemaligen deutschen Ost- und Siedlungsgebiete im östlichen Europa beziehen. Die Förderung richtet sich auf eine Betrachtung des deutschen Kulturerbes als Teil der Kulturgeschichte der betreffenden Regionen Europas, die nach Möglichkeit in Kooperation mit dortigen Einrichtungen und Akteuren durchgeführt wird. Im Rahmen der Förderung sind Projektanträge zu Mundarten, Musik, Tanz, Film, Kunst und zu neuen Medien möglich. 9. Wie könnte nach Ansicht der Bundesregierung das Überleben der deutschsprachigen Volksgruppe aus den böhmischen Ländern in Deutschland von dem Kulturreferenten unterstützt werden? Über die Förderung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gemäß der Antwort zu Frage 8 hinaus unterstützt der Kulturreferent für die böhmischen Länder insbesondere kulturelle Projekte von Landsmannschaften und anderen Organisationen der Heimatvertriebenen und trägt damit zur Erhaltung und Weiterentwicklung der Kulturleistungen der deutschen Vertriebenen aus den böhmischen Ländern bei. 10. Plant die Bundesregierung im Sinne der Weiterentwicklung der Kulturleistungen der Vertriebenen und Flüchtlinge aus den böhmischen Ländern und ihren Nachkommen, deren Know-how über neue Formen der Finanzierung, wie z. B. Crowdfunding, zu fördern? Die Bundesregierung plant keine Änderung der auf dem gesetzlichen Auftrag nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes aufbauenden Förderung der Erhaltung , Erforschung und Vermittlung deutscher Kultur und Geschichte im östlichen Europa. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2870 11. Plant die Bundesregierung im Sinne der Weiterentwicklung der Kulturleistungen der Vertriebenen und Flüchtlinge aus den böhmischen Ländern und ihren Nachkommen, deren Know-how über Produktion audiovisueller Medien und Betrieb von Rundfunkredaktionen zu fördern? Nein. 12. Unterstützt die Bundesregierung ein Radio- und Fernsehprogramm für die Heimatvertriebenen aus den böhmischen Ländern und ihre Nachkommen, um die Mundart und gesprochene Sprache lebendig zu halten? 13. Unterstützt die Bundesregierung ein Radio- und Fernsehprogramm für die Heimatvertriebenen aus den böhmischen Ländern und ihre Nachkommen zum Erhalt ihrer Mundarten als Weiterentwicklung der Kulturleistungen der Vertriebenen und Flüchtlinge? Die Fragen 12 und 13 werden aufgrund des Zusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die in Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes geschützte Rundfunkfreiheit umfasst sowohl die Staatsferne des Rundfunks (d. h. Radio und Fernsehen) als auch dessen Programm-autonomie. Staatlichen Stellen ist eine Einflussnahme auf die Programmgestaltung verwehrt. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass das inländische Rundfunkwesen nach der grundgesetzlich verankerten Kompetenzverteilung in der ausschließlichen Zuständigkeit und Gesetzgebungskompetenz der Länder liegt. 14. Wird die Bundesregierung ein grenzüberschreitendes deutsch-tschechisches Rundfunkprogramm im Rahmen des europäischen Kulturkanals (Sender ARTE) unterstützen, welches die Heimatvertriebenen aus den böhmischen Ländern und ihre Nachkommen in die Programmgestaltung einbezieht? Da auch der Sender ARTE staatsfern ausgestaltet ist und in der Zuständigkeit der Länder liegt, wird auf die Antwort zu den Fragen 12 und 13 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333