Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 19. Juni 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2907 19. Wahlperiode 21.06.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Konstantin Kuhle, Manuel Höferlin, Jimmy Schulz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/2247 – Umfang des parlamentarischen Fragerechts zu Rechtsgrundlagen und Einsatz der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/1505) V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) folgt aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 und Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) ein Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung, an dem die einzelnen Abgeordneten und die Fraktionen als Zusammenschlüsse von Abgeordneten nach Maßgabe der Ausgestaltung in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages teilhaben und mit dem grundsätzlich eine Antwortpflicht der Bundesregierung korrespondiert. Insoweit Anfragen Umstände betreffen, die aus Gründen des Staatswohls geheimhaltungsbedürftig sind, folgt aus der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, dass sie die Gründe darlegen muss, aus denen sie die erbetenen Auskünfte verweigert. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob und auf welche Weise das Staatswohl mit dem parlamentarischen Informationsanspruch in Einklang gebracht werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2009 – 2 BvE 5/06 Rn. 123 und 132). In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP zu Rechtsgrundlagen und Einsatz der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen TKÜ) verweigert die Bundesregierung in weiten Teilen die erbetenen Auskünfte (vgl. Bundestagsdrucksache 19/1505). Zur Begründung führt sie in ihrer Vorbemerkung aus, die Fragen beträfen Einzelheiten zur Arbeitsweise und Methodik des Bundesnachrichtendienstes (BND) und des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV). Darüber hinaus gefährdeten die erfragten Informationen die Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung auf dem spezifischen Gebiet der technischen Aufklärung. Sie berührten, so die Bundesregierung, in besonders hohem Maße das Staatswohl und könnten deshalb selbst in eingestufter Form nicht erteilt werden. Insofern müsse das Fragerecht der Abgeordneten gegenüber den Geheimhaltungsinteressen des BND und des BfV zurückstehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2907 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Dieses Rechtsverständnis hat zur Folge, dass das Kontroll- und Fragerecht des Parlaments ins Leere läuft, soweit Strafverfolgungsbehörden und andere Behörden des Bundes in ihrer Ermittlungsarbeit ähnliche oder dieselben technischen Mittel und Maßnahmen nutzen wie BND und BfV. Folgte man der Argumentation der Bundesregierung, so bedeutete dies, dass die Behörden des Bundes hinsichtlich solcher technischen Mittel und Maßnahmen von vornherein gar nicht mehr gegenüber dem Deutschen Bundestag rechenschaftspflichtig wären. Die Bundesregierung hätte es vielmehr in der Hand, sich durch den Einsatz bestimmter technischer Mittel einer parlamentarischen Kontrolle zu entziehen. Im Hinblick auf das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme im Verhältnis zwischen den Verfassungsorganen ist die Bundesregierung aber grundsätzlich verpflichtet , den Deutschen Bundestag in die Lage zu versetzen, seine Aufgabe der parlamentarischen Kontrolle des Regierungshandelns effektiv wahrzunehmen (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 – 2 BvF 1/04). Abgesehen von Fällen evidenter Geheimhaltungsbedürftigkeit kann das Parlament nur anhand einer der jeweiligen Problemlage angemessen ausführlichen Begründung beurteilen und entscheiden, ob es die Verweigerung der Antwort akzeptiert oder welche weiteren Schritte es unternimmt, sein Auskunftsverlangen ganz oder zumindest teilweise durchzusetzen. Der Deutsche Bundestag muss zunächst die Abwägung der betroffenen Belange, die zur Versagung von Auskünften geführt haben, auf ihre Plausibilität und Nachvollziehbarkeit hin überprüfen können. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der parlamentarische Informationsanspruch zwar auf Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit hin angelegt ist, gegebenenfalls aber Formen der Informationsvermittlung zu suchen sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung zu befriedigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2009 – 2 BvE 5/06 Rn. 132) im Stande sind. Diesbezüglich ist insbesondere eine Einstufung gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) in Betracht zu ziehen. Von dieser Möglichkeit hat die Bundesregierung in ihrer Antwort nur hinsichtlich eines Teils der Fragen und hier nur in der Einstufung „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ Gebrauch gemacht. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung beantwortet die im Rahmen des parlamentarischen Fragerechts angefragten Sachverhalte gegenüber dem Deutschen Bundestag grundsätzlich transparent und vollständig, um dem verfassungsrechtlich verbrieften Aufklärungs - und Informationsanspruch des Deutschen Bundestages zu entsprechen. Soweit Anfragen Umstände betreffen, die aus Gründen des Staatswohls geheimhaltungsbedürftig sind, hat die Bundesregierung aber zu prüfen, ob und auf welche Weise die Geheimhaltungsbedürftigkeit mit dem parlamentarischen Informationsanspruch in Einklang gebracht werden kann (BVerfGE 124, Seite 161, 189). Ergibt die im Einzelfall vorzunehmende Abwägung, dass lediglich die Veröffentlichung einer geheimhaltungsbedürftigen Information ausgeschlossen ist, wird die Antwort unter Beachtung der Schutzbedürftigkeit der Information und des daraus resultierenden Geheimhaltungsgrades eingestuft. Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt, dass eine Beantwortung der Frage 9 in offener Form nicht erfolgen kann. Die in dieser Frage erbetenen Auskünfte sind geheimhaltungsbedürftig, weil sie Informationen enthalten, die im Zusammenhang mit der Arbeitsweise und Methodik der von der Kleinen Anfrage betroffenen Dienststellen des Bundes und insbesondere deren Ermittlungsaktivitäten und Analysemethoden stehen. Die Antworten Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2907 auf die Kleine Anfrage beinhalten zum Teil detaillierte Einzelheiten zu ihren technischen Fähigkeiten und ermittlungstaktischen Verfahrensweisen. Aus ihrem Bekanntwerden könnten Rückschlüsse auf ihre Vorgehensweise, Fähigkeiten und Methoden gezogen werden. Die Kenntnisnahme dieser Informationen durch Unbefugte kann für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein. Deshalb sind einzelne Informationen gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und werden als nicht zur Veröffentlichung in einer Bundestagsdrucksache bestimmte Anlage übermittelt. 1. Wodurch und inwiefern sieht die Bundesregierung das Staatswohl bei der Angabe einer lediglich allgemeinen Information, wie der Nennung der Gesamtanzahl der laufenden Vorgänge, in denen Software zur Überwachung informationstechnischer Systeme zur Gefahrenabwehr eingesetzt wird, konkret gefährdet (vgl. Antwort zu Frage 1 auf Bundestagsdrucksache 19/1505)? 2. Wodurch und inwiefern sieht die Bundesregierung das Staatswohl durch die Angabe einer lediglich allgemeinen Information, wie der Nennung der Gesamtanzahl der laufenden Vorgänge, in denen Software zur Überwachung informationstechnischer Systeme zur Strafverfolgung eingesetzt wird, konkret gefährdet (vgl. Antwort zu Frage 2 auf Bundestagsdrucksache 19/1505)? 3. Warum kam unter Berücksichtigung der Tatsache, dass keine Auskünfte zu einzelnen, individualisierbaren Verfahren erbeten wurden, nach Auffassung der Bundesregierung eine Einstufung der Antworten hinsichtlich der Anzahl der laufenden Verfahren (vgl. Fragen 1 und 2 auf Bundestagsdrucksache 19/1505) gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) nicht in Betracht? Die Fragen 1 bis 3 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung hat die Antwort zu den Fragen 1 und 2 der Kleinen Anfrage der Fraktion FDP auf Bundestagsdrucksache 19/1505 mit dem niedrigsten Geheimhaltungsgrad VS – Nur für den Dienstgebrauch (VS-NfD), § 3 Nummer 1 VS-Anweisung, eingestuft. Diese Einstufung ist vorzunehmen, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann. Warum dies der Fall sein kann, hat die Bundesregierung in der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage der Fraktion FDP auf Bundestagsdrucksache 19/1505 ausführlich begründet. Einer nicht eingestuften Nennung der Fallzahlen zu abgeschlossenen Verfahren kann nicht entsprochen werden, da dies möglicherweise Rückschlüsse auf die quantitativen Leistungsfähigkeiten der durchführenden Stellen zulassen könnte. Aus diesen Angaben könnten Tatverdächtige Strategien ableiten, um die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen der Strafverfolgungs- und Ermittlungsbehörden ins Leere laufen zu lassen. Tatverdächtige könnten in der Folge ihr Kommunikationsverhalten auf eine Weise anpassen, so dass ein Zugriff der zuständigen Behörden unmöglich gemacht wird. Dies hätte eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Ermittlungs- und Fahndungsfähigkeit der zuständigen Behörden zur Folge. Diese Gefahr kann keinesfalls hingenommen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2907 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Folglich ist die Kenntnisnahme entsprechender Informationen durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig . Soweit die Fragesteller sich auf laufende Vorgänge sowohl der Strafverfolgung als auch der Gefahrenabwehr beziehen, gilt folgendes: Die Bundesregierung erteilt grundsätzlich im Rahmen des parlamentarischen Fragewesens keine Auskunft zu laufenden Verfahren strafrechtlicher Ermittlungen oder Gefahrenabwehrvorgängen . Das parlamentarische Fragewesen ist auf Auskünfte zu abgeschlossenen Vorgängen in der Vergangenheit gerichtet. Das in Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 und Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verankerte parlamentarische Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung unterliegt verfassungsrechtlichen Grenzen (BVerfGE 124, S. 161 [188]). Gründe, die Beantwortung parlamentarischer Fragen zu verweigern , können sich aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz ergeben. Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen parlamentarisch grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließt. Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht danach in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung bzw. der Behörden ihres Geschäftsbereichs liegen. Die Kontrollkompetenz des Parlaments erstreckt sich daher grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie umfasst nicht die Befugnis, in laufende Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen (BVerfGE 124, S. 78 [120 f.]). 4. Wie können der Deutsche Bundestag und insbesondere das Parlamentarische Kontrollgremium im Sinne von Artikel 45d Absatz 1 GG und § 1 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (PKGrG) nach Auffassung der Bundesregierung ihre verfassungsrechtliche Kontrollfunktion ausüben, wenn sie nicht überprüfen können , ob die Maßnahmen zur Überwachung informationstechnischer Systeme die Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in technischer und praktischer Hinsicht einhalten? Die Auffassung der Fragesteller, wonach der Deutsche Bundestag und insbesondere das Parlamentarische Kontrollgremium nicht überprüfen können, ob die Maßnahmen zur Überwachung informationstechnischer Systeme die Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in technischer und praktischer Hinsicht einhalten, wird von der Bundesregierung nicht geteilt. Im Gegenteil zeigt die Beantwortung der Fragen, dass die Bundesregierung klar differenziert hat zwischen dem Schutzbedürfnis der Tätigkeit unterschiedlicher Behörden . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2907 5. Ist die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit oder das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik eingeschaltet worden, um zu prüfen, ob die vom Bundeskriminalamt (BKA) eingesetzte Software nur über die gesetzlich zugelassenen Funktionen verfügt, oder soll nach Auffassung der Bundesregierung die bloße Versicherung durch das BKA ausreichen? Hinsichtlich der Befassung der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) wird auf die Antworten zu den Fragen 30 bis 32 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 19/1434 verwiesen. Das BSI wurde und wird ebenfalls nach Maßgabe der geltenden Regelungslage eingebunden. 6. Wie soll der nach § 100e der Strafprozessordnung (StPO) zuständige Richter nach Auffassung der Bundesregierung prüfen und entscheiden, ob die gesetzliche Beschränkung auf die Ausleitung der laufenden Kommunikation bei der Quellen-TKÜ eingehalten wird? Soll dem zuständigen Richter nach Auffassung der Bundesregierung die bloße Versicherung durch das BKA ausreichen? Ebenso wie bei anderen beantragten Ermittlungsmaßnahmen prüft der jeweils zuständige Richter auch im Rahmen der Beantragung des Einsatzes der Quellen – TKÜ das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Maßnahme auf Grundlage der ihm mit Antragstellung vorgelegten Unterlagen. Er kann sich dabei hinsichtlich der technischen Fragen auch der Unterstützung eines Sachverständigen bedienen. 7. Hat eine am Prüf- und Genehmigungsverfahren nicht beteiligte und unabhängige Stelle die Verwendung der eingesetzten Software lizensiert? Eine „Lizensierung“ der Software durch „eine am Prüf- und Genehmigungsverfahren nicht beteiligte und unabhängige Stelle“ ist vom Gesetz nicht vorgesehen. 8. Hat das BKA selbst den Quellcode der eingesetzten Software geprüft? Falls nicht, durch welche Stelle erfolgte die Prüfung? Gibt es hierüber einen Prüfbericht mit inhaltlichen Angaben über Verfahren und Ergebnisse? Wenn ja, wird die Bundesregierung dem Parlament diesen Prüfbericht vorlegen ? Hat ein Gericht, das eine Maßnahme angeordnet hat, den Prüfbericht angefordert oder andere verifizierbare Auskünfte zu den technischen Fähigkeiten der verwendeten Software angefordert, und wenn ja, erhalten? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 6 und 7 sowie auf den als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuften Antwortteil der Antwort zu Frage 18 auf Bundestagsdrucksache 18/13566 verwiesen. Eine Vorlage an das Parlament ist nicht vorgesehen. In abgeschlossenen Verfahren lagen Anfragen von Gerichten oder Staatsanwaltschaften im Sinne der letztgenannten Teilfrage bisher nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2907 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Haben das BKA und/oder andere Behörden des Bundes bereits vor der im Jahr 2017 in Kraft getretenen Änderung der §§ 100a Absatz 1 Satz 2 und Satz 3 sowie § 100b StPO Software zur Überwachung informationstechnischer Systeme zur Strafverfolgung eingesetzt? Wenn ja, in wie vielen Fällen, und zur Verfolgung welcher Delikte? Aufgrund welcher Rechtsgrundlage erfolgte dies? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 25 und 26 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Auskunft über Einsatz staatlicher Schadprogramme zur Computerspionage („Staatstrojaner“)“ auf Bundestagsdrucksache 17/7760 vom 17. November 2011 verwiesen. Für den Zeitraum nach der Antwort der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 17/7760 wird auf den als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuften Antwortteil dieser Antwort verwiesen . Die Bundesregierung trifft die Erwägung, ob eine Information offen oder als Verschlusssache zu bewerten ist, jeweils zum Zeitpunkt der Beantwortung der Frage. Auch wenn Informationen in der Bundestagsdrucksache 17/7760 offen übermittelt wurden, erwächst daraus keine Bindungswirkung für die Zukunft. Auf Grund der allgemeinen Lageentwicklung seit dem Jahr 2011 ist eine Einstufung der Informationen nunmehr aus Sicht der Bundesregierung nach Maßgabe der nachfolgenden Erwägungen geboten. Die erbetenen Auskünfte sind geheimhaltungsbedürftig, weil sie Informationen enthalten, die im Zusammenhang mit der Arbeitsweise und Methodik der von der Kleinen Anfrage betroffenen Dienststellen des Bundes und insbesondere deren Ermittlungsaktivitäten und Analysemethoden stehen. Bereits durch die Angabe von Fallzahlen lassen sich Rückschlüsse auf die quantitativen Leistungsmöglichkeiten der durchführenden Stellen ziehen. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung sowie den als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuften Antwortteil wird daher verwiesen.* 10. Betreffen die in der Antwort zu Frage 6 genannten Straftatbestände die in der Antwort zu Frage 1 und/oder Frage 2 genannten Verfahren (vgl. Fragen 1, 2 und 6 auf Bundestagsdrucksache 19/1505)? Die in der Antwort zu Frage 2 (VS-NfD) der Bundestagsdrucksache 19/1505 genannten Auskünfte korrespondieren mit den in der Antwort zu Frage 6 (VS-NfD) der Bundestagsdrucksache 19/1505 aufgelisteten Straftatbeständen. 11. Hinsichtlich welcher der in der Antwort zu Frage 6 genannten Straftatbestände erfolgte der Einsatz zur Gefahrenabwehr und hinsichtlich welcher zur Strafverfolgung? Den in der Antwort zu Frage 6 (VS-NfD) der Bundestagsdrucksache 19/1505 aufgelisteten Straftatbeständen lagen jeweils repressive Maßnahmen zugrunde. * Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat einen Teil der Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/2907 12. Hinsichtlich welcher der in der Antwort zu Frage 6 genannten Straftatbestände erfolgte eine Quellen-TKÜ und hinsichtlich welcher eine Online- Durchsuchung? Bei den in der Antwort zu Frage 6 (VS-NfD) der Bundestagsdrucksache 19/1505 aufgelisteten Straftatbeständen wurden Maßnahmen nach § 100a StPO in der jeweils geltenden Fassung durchgeführt. 13. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die in der Antwort zu Frage 6 genannten Straftatbestände schwere Straftaten im Sinne des § 100a Absatz 2 StPO sind? Wenn ja, welche der genannten Straftatbestände? Wenn nein, welche nicht? Soweit in der Antwort zu Frage 6 (VS – Nur für den Dienstgebrauch) der Bundestagsdrucksache 19/1505 auch Nichtkatalogtaten genannt sind, trafen diese mit Katalogtaten in tateinheitlicher Begehungsweise zusammen. Die Maßnahmen der informationstechnischen Überwachung wurden nur auf Basis der Katalogtaten richterlich genehmigt und umgesetzt. 14. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die in der Antwort zu Frage 6 genannten Straftatbestände besonders schwere Straftaten im Sinne des § 100b Absatz 2 StPO sind? Wenn ja, welche der genannten Straftatbestände? Wenn nein, welche nicht? Die von den Fragestellern in Bezug genommene Maßnahme wurde auf § 100a StPO gestützt (vgl. Antworten zu den Fragen 12 und 13). Der Straftatenkatalog von § 100b Absatz 2 StPO lässt sich dem Gesetz entnehmen. 15. Wodurch und inwiefern sieht die Bundesregierung das Staatswohl durch die Angabe einer lediglich allgemeinen Information, wie die durchschnittliche Einsatzdauer von Software zur Überwachung informationstechnischer Systeme konkret gefährdet (vgl. Antwort zu Frage 8 auf Bundestagsdrucksache 19/1505)? 16. Warum kam unter Berücksichtigung der Tatsache, dass keine Auskünfte zu einzelnen, individualisierbaren Verfahren erbeten wurden, nach Auffassung der Bundesregierung eine Einstufung der Antworten hinsichtlich der durchschnittlichen Einsatzdauer von Software zur Überwachung informationstechnischer Systeme (vgl. Frage 8 auf Bundestagsdrucksache 19/1505) gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) nicht in Betracht? Die Fragen 15 und 16 werden gemeinsam beantwortet. Nach erneuter Prüfung sieht sich die Bundesregierung in der Lage, die von den Fragestellern angeforderten Auskünfte zu Frage 8 der Bundestagsdrucksache 19/1505 zu erteilen. Die Einsatzdauer von Software zur Durchführung von Maßnahmen der informationstechnischen Überwachung durch das BKA betrug durchschnittlich ca. 94 Tage. Im Übrigen wird auf die Ausführungen in den Antworten zu den Fragen 1, 2 und 3 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2907 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 17. Verstehen die Fragesteller die Antwort zu den Fragen 16 bis 18 (vgl. 19/1505) richtig, wenn sie davon ausgehen, dass die Nutzung „verschiedener Softwareprodukte, um die operative Bedarfslage abzudecken“, nicht meint, dass für die Quellen-TKÜ einerseits und für die Online-Durchsuchung andererseits zwei unterschiedliche, voneinander abgrenzbare Softwareprodukte genutzt werden? Das BKA nutzt zur Durchführung von Maßnahmen der informationstechnischen Überwachung jeweils Softwareprodukte, die nach Maßgabe der geltenden Regelungslage und der Vorgaben des jeweils geltenden richterlichen Beschlusses eingesetzt werden. 18. Verstehen die Fragesteller die Antwort zu den Fragen 19 und 20 richtig, wenn sie davon ausgehen, dass § 100a Absatz 1 Satz 3 StPO nach Auffassung der Bundesregierung auch den Zugriff auf Kommunikationsinhalte erlaubt , die vor der Anordnung der Maßnahme übermittelt worden sind (bitte begründen; Verweis auf Bundestagsdrucksache 18/12785 bitte erläutern)? Nein. Eine Erhebung von auf dem informationstechnischen System des Betroffenen gespeicherten Inhalten und Umständen der Kommunikation darf auf Basis von § 100a StPO nur erfolgen, soweit diese ab dem Anordnungszeitpunkt abgesendet oder empfangen wurden (§ 100a Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 StPO). Es wird – erneut – auf die Ausführungen in der Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (Bundestagsdrucksache 18/12785, S. 47 ff., dort insbesondere S. 50, letzter Absatz) verwiesen. 19. Inwiefern lässt sich der Bundestagsdrucksache 18/12785 entnehmen, wie technisch zwischen gespeicherten Kommunikationsinhalten, die einerseits verschlüsselt und andererseits unverschlüsselt übermittelt worden sind, unterschieden wird (vgl. Antwort zu Frage 20 auf Bundestagsdrucksache 19/1505) (bitte erläutern)? Die vom Bundeskriminalamt zur Durchführung von Maßnahmen der informationstechnischen Überwachung eingesetzten Softwareprodukte sind entsprechend der geltenden Regelungslage ausgestaltet. Aus dem Wortlaut und der Systematik der Rechtsgrundlagen der § 100a Absatz 1 Sätze 1, 2 und 3 StPO, die in der Bundestagsdrucksache 18/12785, S. 47 ff. erläutert ist, ergibt sich, dass § 100a Absatz 1 Satz 3 StPO nur die Übertragung verschlüsselter Kommunikationsinhalte betrifft. Nicht verschlüsselte Kommunikationsinhalte können auch während des laufenden Übertragungsvorgangs im öffentlichen Telekommunikationsnetz nach § 100a Absatz 1 Satz 1 StPO ausgeleitet werden; ein Zugriff auf das informationstechnische System wäre in diesen Fällen nicht notwendig. 20. Wie kann nach Ansicht der Bundesregierung zwischen Kommunikationsinhalten unterschieden werden, die vor der gerichtlichen Anordnung der Überwachungsmaßnahme übermittelt worden sind, und solchen, die erst danach übermittelt worden sind (bitte erläutern)? Die zur Durchführung von Maßnahmen der Quellen-TKÜ genutzten Softwareprodukte sind nach Maßgabe der geltenden Regelungslage und der jeweiligen Vorgaben des richterlichen Beschlusses ausgestaltet. Auf die Ausführungen in der Beschlussempfehlung und im Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (Bundestagsdrucksache 18/12785, dort insbesondere S. 50, vorletzter Absatz), wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/2907 21. Wie ist nach Ansicht der Bundesregierung der Inhalt einer Kommunikation von anderen auf einem Gerät gespeicherten Inhalten technisch und rechtlich abzugrenzen? Bleiben Daten, die über das Telekommunikationsnetz übermittelt worden sind, dauerhaft Kommunikationsinhalte i. S. d. § 100a Absatz 1 Satz 3 StPO (z. B. übersendete Dateien, Abrufe von Cloud-Computing-Anwendungen; bitte mit Beispielen erläutern)? Zur Frage der technischen Abgrenzung wird auf die Antwort zu Frage 20 verwiesen . Von § 100a Absatz 1 Satz 3 StPO sind nur solche Kommunikationsinhalte betroffen, die während des laufenden Übertragungsvorgangs im öffentlichen Telekommunikationsnetz nach der herkömmlichen TKÜ lediglich in verschlüsselter Form überwacht und aufgezeichnet hätten werden können. Dies bedeutet jedoch nicht, dass auf sämtliche Inhalte, die zu einem beliebigen Zeitpunkt einmal über das öffentliche Telekommunikationsnetz übermittelt und sodann auf einem Gerät gespeichert wurden, zeitlich unbegrenzt über § 100a StPO zugegriffen werden könnte. Vielmehr ist dies nur in den in der Antwort zu Frage 18 aufgezeigten engen zeitlichen Grenzen zulässig. 22. Erlauben § 100a Absatz 1 Satz 3 sowie § 100b StPO nach Ansicht der Bundesregierung auch den Zugriff auf informationstechnische Systeme, die sich im Ausland befinden? Hielte die Bundesregierung einen Zugriff auf ein informationstechnisches System, das sich im Ausland befindet, nach deutschem und internationalem Recht für zulässig? 23. Wie können sich die Behörden nach Ansicht der Bundesregierung über den Standort eines informationstechnischen Systems vor dem Zugriff informieren ? Ist nach Ansicht der Bundesregierung ein Eingriff zulässig, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich das informationstechnische System im Ausland befindet? Die Fragen 22 und 23 werden gemeinsam beantwortet. Bei der Durchführung von Maßnahmen der informationstechnischen Überwachung kann nachvollzogen werden, ob das Zielgerät sich im Ausland einloggt/befindet . Die Entscheidung über die Durchführung bzw. Fortsetzung derartiger Zugriffe ist von den zuständigen Behörden nach Maßgabe des jeweiligen Einzelfalls unter Berücksichtigung der nationalen Befugnisnormen und der anwendbaren völkerrechtlichen Verträge zu treffen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333