Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 19. Juni 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2927 19. Wahlperiode 21.06.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Doris Achelwilm, Dr. Petra Sitte, Simone Barrientos, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/2503 – Zustellungsbevollmächtigte gemäß Netzwerkdurchsetzungsgesetz bei Twitter V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) sieht in § 5 Absatz 1 vor: „Anbieter sozialer Netzwerke haben im Inland einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen und auf ihrer Plattform in leicht erkennbarer und unmittelbar erreichbarer Weise auf ihn aufmerksam zu machen“. Während das Netzwerkdurchsetzungsgesetz als Ganzes weiterhin umstritten bleibt – insbesondere wegen der Privatisierung strafrechtlicher Bewertungen und wegen Fällen von offensichtlichem Overblocking wie im Fall der Satirezeitschrift Titanic (www.heise.de/newsticker/meldung/Twitter-sperrt-Accountder -Titanic-und-provoziert-Kritik-3932392.html) –, wurde die Benennung einer zustellungsbevollmächtigten Person im Gesetzgebungsverfahren einhellig befürwortet. Allerdings lassen sich auf den Seiten von Twitter nicht ohne weiteres eine Zustellungsbevollmächtigte oder ein Zustellungsbevollmächtigter bzw. Kontaktdaten zu einer solchen Stelle auffinden. Vielmehr spiegeln die „Richtlinien für Strafverfolgungsbehörden“ und die weiteren gesetzlichen Ausführungen auf der Twitter-Webseite (https://help.twitter.com/de/rules-and-policies/twitter-lawenforcement -support#17) die US-amerikanische Rechtspraxis wieder. Sie sind zudem sehr unkonkret und erklären trotz Firmensitz in Hamburg und Berlin: „Wenn Sie sich außerhalb der USA befinden, senden Sie Ihren Antrag bitte per Post an Twitter International Company in Irland.“ Das NetzDG und die bzw. der unmittelbar erreichbare Zustellungsbevollmächtigte im Inland wird auch in den allgemeinen Geschäftsbedingungen und weiteren Stellen nicht erwähnt. Laut der Bundesregierung hat Twitter die „T. I. Kontakt GmbH“ als Zustellungsbeauftragten nach § 5 NetzDG bevollmächtigt (http://webschauder.de/ netzdg-fehler-bei-den-zustelladressen/). Dieses Unternehmen war über Monate nicht auf den Webseiten von Twitter zu finden, mittlerweile ist das Unternehmen in einem Impressum genannt, welches nicht ohne weiteres auffindbar ist (https://legal.twitter.com/imprint).Von „T. I. Kontakt GmbH“ sind öffentlich keine eigene Webseite, Telefonnummer oder Mailadresse auffindbar. In den Bekanntmachungen des Registergerichtes wird Sean Edgett, amtierender Leiter der Rechtsabteilung des Twitter-Konzerns mit Wohnsitz in Kalifornien, als Geschäftsführer angegeben, sowie eine Postadresse in Hamburg genannt (www. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2927 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode northdata.de/T.+I.+Kontakt+GmbH,+Hamburg/HRB+147674). Im Impressum von Twitter wird wiederum eine Kanzlei in München als Sitz von T. I. Kontakt GmbH angegeben. Nach Angaben beim Registergericht hat die „T. I. Kontakt GmbH“ den folgenden Geschäftszweck: „Gegenstand des Unternehmens ist die Erbringung von Dienstleistungen zur Unterstützung von Benutzern des Microbloggingdienstes und sozialen Netzwerks Twitter.“ Es handelt sich offenbar um eine Tochterfirma von Twitter. 1. Handelt es sich nach Auffassung der Bundesregierung bei Twitter um ein soziales Netzwerk im Sinne von § 1 NetzDG? 2. Ist die „T. I. Kontakt GmbH“ nach Kenntnis der Bundesregierung weiterhin der bzw. die aktuelle Zustellungsbevollmächtigte gemäß § 5 Absatz 1 NetzDG des Telekommunikationsdienste-Anbieters Twitter? Wenn nein, wer ist gegenwärtig stattdessen von Twitter hierzu bevollmächtigt ? 3. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Zustellungsbevollmächtigte des Kommunikationsdienste-Anbieters Twitter nach § 5 Absatz 1 NetzDG gleichzeitig die empfangsberechtigte Person für die Strafverfolgungsbehörden gemäß § 5 Absatz 2 NetzDG? 4. Wird nach Einschätzung der Bundesregierung auf den Webseiten von Twitter auf diesen Zustellungsbevollmächtigten in leicht erkennbarer Weise hingewiesen ? Wenn nein, welche Konsequenzen folgen für die Bundesregierung hieraus? Die Fragen 1 bis 4 werden gemeinsam beantwortet. Soziale Netzwerke sind Telemediendiensteanbieter, die mit Gewinnerzielungsabsicht Plattformen im Internet betreiben, die dazu bestimmt sind, dass Nutzer beliebige Inhalte mit anderen Nutzern teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich machen . Ob ein bestimmtes Unternehmen diese gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt , wird im Rahmen etwaiger Ermittlungen des für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) zuständigen Bundesamts für Justiz (BfJ) geprüft. Im Übrigen kann die Bundesregierung etwaigen Ermittlungen nicht vorgreifen. Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 4 auf Bundestagsdrucksache 19/355 wird zudem verwiesen. 5. Ist der Zustellungsbevollmächtigte der Firma Twitter – offenbar die T. I. Kontakt GmbH – nach Einschätzung der Bundesregierung unmittelbar erreichbar ? Wenn ja, unter welcher Mailadresse und Telefonnummer, und wo sind diese Kontaktdaten für die Öffentlichkeit ersichtlich (bitte URL angeben)? Wenn nein, welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung hieraus? § 5 Absatz 1 NetzDG verpflichtet Anbieter sozialer Netzwerke, einen Zustellbevollmächtigten mit inländischer Zustelladresse zu benennen und auf ihrer Plattform in leicht erkennbarer und unmittelbar erreichbarer Weise auf ihn aufmerksam zu machen. Gesetzlich nicht gefordert ist, dass der Zustellungsbevollmächtigte durch Angabe von Mailadresse und Telefonnummer erreichbar ist. Die Vorschrift dient dazu, Hemmnisse bei der Rechtsdurchsetzung in den in § 5 Absatz 1 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2927 NetzDG genannten Verfahren, die sich daraus ergeben, dass der Anbieter seinen Sitz im Ausland hat, zu vermeiden. Für diesen Zweck reicht die Bekanntgabe einer zustellfähigen inländischen Anschrift aus. 6. Sind den Behörden des Bundes im Umgang mit dem bzw. der Zustellungsbevollmächtigten der Twitter Inc. Probleme bekannt, oder sind nach Kenntnis der Bundesregierung von Seiten der Behörden der Länder und anerkannten Einrichtungen der regulierten Selbstregulierung Probleme bekannt gemacht worden? Wenn ja, welche? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis von Problemen mit der Zustellungsbevollmächtigten der Firma Twitter. 7. Wie viele Beschäftigte arbeiten nach Kenntnis der Bundesregierung in den Firmensitzen von Twitter in Hamburg und Berlin und bei der T. I. Kontakt GmbH und ggf. weiteren Tochterunternehmen an der Umsetzung des NetzDG und entsprechender Vorschriften etwa aus dem Bereich des Jugendmedienschutzstaatsvertrages ? Darüber liegen der Bundesregierung keine Kenntnisse vor. 8. Wie bewertet die Bundesregierung vor dem Hintergrund des § 5 NetzDG die Aufforderung auf den Seiten von Twitter: „Wenn Sie sich außerhalb der USA befinden, senden Sie Ihren Antrag bitte per Post an Twitter International Company in Irland.“? Die zitierte Aufforderung aus den Twitter Richtlinien gilt für Meldungen von illegalen Inhalten durch Regierungs- und Strafverfolgungsbehörden. § 5 NetzDG betrifft hingegen ausschließlich Auskunftsersuchen und bleibt von dieser Aufforderung unberührt. 9. Schicken deutsche Ermittlungsbehörden nach Kenntnis der Bundesregierung Anträge gemäß der „Richtlinien für Strafverfolgungsbehörden“ der Twitter Inc. (https://help.twitter.com/de/rules-and-policies/twitter-law-enforcementsupport #17) postalisch an die Firmenzentrale in Dublin? Das Bundeskriminalamt übermittelt keine Anfragen postalisch an die Firma Twitter . 10. Entsprächen solche Verfahrenswege nach Auffassung der Bundesregierung den Regelungen im NetzDG? § 5 Absatz 2 NetzDG schließt einen Kontakt zwischen deutschen Ermittlungsbehörden und den Anbietern der sozialen Netzwerke nicht aus, sondern eröffnet lediglich eine zusätzliche Option für Ersuchen von Strafverfolgungsbehörden. 11. Verstößt Twitter nach Einschätzung der Bundesregierung dem Grunde nach gegen die Bußgeldvorschriften aus § 4 NetzDG? Wenn ja, wurden entsprechende Bußgelder bereits verhängt oder sind in diesem Fall Bußgelder geplant? Die Bundesregierung möchte den Ergebnissen etwaiger Ermittlungen des BfJ nicht vorgreifen und sieht daher von einer Bewertung ab. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2927 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 12. Können nach Auffassung der Bundesregierung Bußgelder nach § 4 Absatz 1 Nummer 7 NetzDG („Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 5 einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten oder einen inländischen Empfangsberechtigten nicht benennt“) bereits dadurch umgangen werden, dass formal eine juristische Person bevollmächtigt wird, auch wenn die Anforderungen aus § 5 Absatz 1 („leicht erkennbar“, „unmittelbar erreichbar“) offensichtlich nicht erfüllt werden? Unter welchen Voraussetzungen der Bußgeldtatbestand des § 4 Absatz 1 Nummer 7 NetzDG verwirklicht sein kann, wird in Abschnitt B. VI. der NetzDG-Bußgeldleitlinien vom 22. März 2018 dargestellt (abrufbar unter: www.bmjv.de/ SharedDocs/Downloads/DE/Themen/Fokusthemen/NetzDG_Bu%C3%9F geldleitlinien.pdf?__blob=publicationFile&v=3). Dort wird auch klargestellt, dass als Zustellungsbevollmächtigter oder als empfangsberechtigte Person grundsätzlich auch eine juristische Person benannt werden kann. 13. Inwiefern sieht die Bundesregierung gesetzgeberischen Änderungsbedarf bei der Angabe natürlicher (oder juristischer) Personen, die als Zustellungsbevollmächtigte nach § 5 NetzDG weder leicht erkennbar noch unmittelbar erreichbar sind? Die Bundesregierung sieht keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. 14. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorschlag von jugendschutz.net, die Zustellungsbevollmächtigten bzw. die empfangsberechtigte Person nach § 5 NetzDG auch für Verfahren gemäß Jugendmedienschutzstaatsvertrag (www. bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Stellungnahmen/2017/ Downloads/03282017_Stellungnahme_jugendschutz.net_2_RefE_NetzDG. pdf;jsessionid=E62CC9C4D189087C3A76F66676209AB3.2_cid297?__blob= publicationFile&v=2) für die Landesmedienanstalten sowie anerkannte Einrichtungen der regulierten Selbstregulierung verbindlich ansprechbar zu machen ? 15. Inwiefern steht die Bundesregierung über diese Frage im Austausch mit der zuständigen Kommission für Jugendmedienschutz und der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, die im April 2018 erneut gefordert hat, einen erreichbaren inländischen Zustellungsbevollmächtigten auch für Verfahren in ihrem Zuständigkeitsbereich gesetzlich vorzuschreiben (www.diemedienanstalten .de/fileadmin/user_upload/die_medienanstalten/Ueber_uns/ Positionen/2018_04_19_Regulierungsbedarf_von_Informationsintermediaeren. pdf)? Die Fragen 14 und 15 werden zusammen beantwortet. Die Bundesregierung steht mit allen relevanten Akteuren des gesetzlichen Kinder - und Jugendmedienschutzes im gebotenen Austausch. Sie wird innerhalb des jeweiligen Kompetenzrahmens von Bund und Ländern gemeinsam mit diesen einen zukunftsfähigen und kohärenten Rechtsrahmen für den Kinder- und Jugendmedienschutz im Jugendschutzgesetz und Jugendmedienschutzstaatsvertrag schaffen. Eines der Ziele ist die wirkungsvolle Durchsetzung des Kinder- und Jugendmedienschutzes auch gegenüber nicht in Deutschland ansässigen Anbietern . Die Empfehlungen von jugendschutz.net als gemeinsames Kompetenzzentrum von Bund und Ländern für den Jugendschutz im Internet werden in die Abstimmungen einbezogen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2927 16. Inwiefern sind der Bundesregierung ähnliche Probleme bei der Umsetzung des § 5 NetzDG auch bei anderen Kommunikationsdienste-Anbietern im Regelungsbereich des NetzDG bekannt? Die Bundesregierung möchte den Ergebnissen etwaiger Ermittlungen des BfJ nicht vorgreifen. 17. In welcher Höhe wurden nach Kenntnis der Bundesregierung wegen welcher Verstöße gegen welche Plattformbetreiber Bußgelder nach dem NetzDG verhängt ? Es wurden bis zum jetzigen Zeitpunkt auf der Grundlage des NetzDG keine Bußgelder durch das BfJ verhängt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333