Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 18. Juni 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2944 19. Wahlperiode 21.06.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Klaus Ernst, Fabio De Masi, Jörg Cezanne, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/2366 – Freihandelsabkommen EU-Japan (JEFTA) V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nachdem am 8. Dezember 2017 der Abschluss der Verhandlungen zwischen der EU und Japan über das seit März 2013 verhandelte JEFTA (= Japan-EU Free Trade Agreement) verkündet wurde, soll das Abkommen nach dem Willen der Vertragspartner so schnell wie möglich in Kraft treten. Die Abstimmung im Rat wird voraussichtlich am 20. Juni 2018 stattfinden, die Unterzeichnung auf dem EU-Japan-Gipfel am 11. Juli 2018. Zusammen decken die EU und Japan als viertgrößte globale Wirtschaftsmacht und zweitgrößter EU-Handelspartner in Asien mehr als ein Drittel der gesamten Weltwirtschaft ab. JEFTA ist somit ähnlich bedeutend wie das abgeschlossene EU-Kanada-Abkommen (CETA) oder das aktuell gestoppte EU-US-Abkommen (TTIP). Es ist außerdem das erste von der EU verhandelte Freihandelsabkommen , das als sogenanntes EU-only-Abkommen ohne die Ratifizierung der nationalen Parlamente auskommt. Nach der massiven Kritik an der Intransparenz der Verhandlungen und der weitreichenden Inhalte der aktuellen Freihandelsabkommen der EU stellt sich die Frage, inwiefern diese im Freihandelsabkommen EU-Japan berücksichtigt wurde. 1. Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung gewährleistet, dass angesichts des ausgeprägten Zeitdrucks bei der Ratifizierung des Japan-EU-Abkommens , das ausschließlich auf EU-Ebene und ohne nachgelagerte Mitwirkungsmöglichkeiten vom Deutschen Bundestag und Bundesrat ratifiziert werden soll, im Deutschen Bundestag und Bundesrat eine sorgfältige, ausreichende und angemessene Prüfung des über 2 000 Seiten umfassenden Vertragstextes erfolgen kann und die Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestages gemäß Artikel 23 Absatz 2 des Grundgesetzes (GG) und des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union eingehalten werden? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2944 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Inwiefern unterschieden sich die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen EU-Japan in Bezug auf Transparenz von den Verhandlungen zu einem Handelsabkommen mit den USA (TTIP) bzw. mit Kanada (CETA), und genügt dies den Transparenzansprüchen der Bundesregierung (bitte begründen )? Aufgrund ihres Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und gemeinsam beantwortet . Die EU-Kommission und die Bundesregierung haben seit dem Beginn der Verhandlungen zu Freihandelsabkommen mit den USA bzw. mit Kanada eine Reihe von Maßnahmen zur Stärkung der Transparenz ergriffen. Dementsprechend hatte die EU-Kommission die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten während der gesamten Verhandlungen regelmäßig über den Stand der Verhandlungen zu einem EU-Japan Freihandelsabkommen unterrichtet. Unmittelbar nach der politischen Einigung am 6. Juli 2017 zu dem Abkommen wurden alle von der politischen Einigung umfassten Kapitel auf der Webseite der EU-Kommission allgemein zugänglich veröffentlicht. Dies gilt auch für die Entwürfe der Ratsbeschlüsse vom 18. April 2018 zu dem Abkommen einschließlich der Vertragstexte. Zusätzlich hatte die EU-Kommission weitergehende Informationen auf ihrer Webseite veröffentlicht . Darüber hinaus informiert die Bundesregierung den Deutschen Bundestag fortlaufend und detailliert (nach Artikel 23 Grundgesetz i. V. m. dem Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG)) in Form von Berichten der Sitzungen des Handelspolitischen Ausschusses in Brüssel, durch Berichte zur Vor- und Nachbereitung der Handelsministerräte, gesonderte Berichte zum aktuellen Stand wichtiger Freihandelsverhandlungen sowie durch die Beantwortung von Fragen des Deutschen Bundestages über den Stand der Verhandlungen zu dem Freihandelsabkommen . Alle Dokumente, die die Bundesregierung erhalten hat, werden automatisch an den Deutschen Bundestag weitergeleitet. Auch auf der Homepage des BMWi wurden zudem ausführliche Informationen zum Abkommen bereitgestellt . Der Deutsche Bundestag wurde auf dieser Grundlage stets frühzeitig, fortlaufend und umfassend unterrichtet. Die Inhalte der nunmehr vorgelegten Vertragstexte waren dem Bundestag daher bereits länger bekannt. Er hat damit von Beginn an die Option erhalten, die Inhalte des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und Japan zu prüfen und jederzeit die verfassungsrechtlich abgesicherte Möglichkeit, Stellung zu nehmen. Die Bundesregierung bewertet daher das eingehaltene Transparenzniveau als sehr hoch. 3. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Fragestellerinnen und Fragesteller , dass bei den aktuell stattfindenden Verhandlungen zu einem Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und Japan noch weniger Transparenz herrscht (bitte begründen)? Nein. Die EU-Kommission informiert die Öffentlichkeit regelmäßig über den Fortschritt der Verhandlungen auf ihrer Webseite, zuletzt mit Pressemitteilung vom 26. April 2018 (http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=1837). Danach hat Japan bisher noch nicht dem von der EU vorgeschlagenen transparenten Investitionsgerichtshof zugestimmt. Die EU-Kommission hat außerdem die Verhandlungsleitlinien veröffentlicht: http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/ 2017/september/tradoc_156051.en12.pdf. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2944 4. Können durch die vorgesehene Rendezvous-Klausel in Kapitel 8.81 des JEFTA-Abkommens zu Datenflüssen Bestimmungen des Abkommens nach Ratifizierung verändert werden, und falls ja, werden dem Europäischen Parlament und/oder den nationalen Parlamenten die Änderungen zur Abstimmung vorgelegt werden (bitte begründen)? Die Parteien können das Abkommen einvernehmlich ändern, vgl. Artikel 23.2. Eine Überprüfungsklausel, wie die von den Fragestellern genannte, kann Anlass einer solchen Änderung sein, ist dafür jedoch nicht erforderlich. Eine Änderung tritt erst nach Abschluss der dafür vorgesehenen internen Verfahren in Kraft, vgl. Artikel 23.2. Grundsätzlich ist die Zustimmung des Europäischen Parlaments erforderlich . Eine Zustimmung der nationalen Parlamente ist nicht erforderlich, sofern die Mitgliedstaaten durch die betreffende Änderung oder Ergänzung nicht Vertragspartei werden. Dem Deutschen Bundestag sind vorbereitende Dokumente und Beschlussentwürfe gemäß Artikel 23 GG, EuZBBG unverzüglich zu übermitteln und die Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. 5. Welche Gremien gibt es zusätzlich im Vergleich zum CETA-Abkommen? Grundsätzlich decken die in dem Abkommen mit Japan vorgesehenen Gremien die Themenfelder ab, die auch in den nach CETA vorgesehenen Gremien behandelt werden. Dies zeigt auch ein Vergleich von Kapitel 22 des Abkommens mit Japan mit Kapitel 26 des CETA-Abkommens. Da in beiden Abkommen eine unterschiedliche Terminologie und Struktur für die Gremien verwendet wird, ist ein direkter, abschließender Vergleich nicht möglich. Beispiel für ein zusätzliches Gremium im Abkommen mit Japan im Vergleich zum CETA-Abkommen ist die Facharbeitsgruppe Tierschutz gemäß Artikel 22.4 Absatz 2 lit. d). 6. Bei welchen bindenden Beschlüssen des Gemischten Ausschusses (Artikel 22.2), der Sonderausschüsse (Artikel 22.3), der Arbeitsgruppen (Artikel 22.4), des Gemeinsamen Finanzregulierungsforums Europäische Union/Japan (Artikel 13, Anhang 8-A) erhält das Europäische Parlament nach Kenntnis der Bundesregierung eine Beteiligungsmöglichkeit (gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere Artikel 218, Absatz 9 und 10), und wie wird diese konkret ausgestaltet sein? Bei welchen erhält es keine Beteiligungsmöglichkeit? Gemäß Artikel 218 Absatz 9 AEUV wird bei allen rechtswirksamen Akten auf Vorschlag der Kommission vom Rat ein Beschluss zur Festlegung des Standpunktes erlassen, der im Namen der Union in dem Gremium zu vertreten ist. Gleichzeitig ist das Europäische Parlament „in allen Phasen des Verfahrens unverzüglich und umfassend“ zu unterrichten (Artikel 218 Absatz 10 AEUV). Konkret bedeutet dies im vorliegenden Falle, dass alle Beschlussvorschläge nach Artikel 218 Absatz 9 AEUV gleichzeitig auch dem Europäischen Parlament zugeleitet werden und dem Europäischen Parlament zugleich die Möglichkeit eingeräumt wird, hierzu Stellung zu nehmen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2944 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Inwiefern unterscheidet sich das „Gemeinsame Finanzregulierungsforum Europäische Union/Japan“ (Artikel 13, Anhang 8-A) von den nach Artikel 22.3 vom Gemischten Ausschuss eingesetzten Sonderausschüssen, sodass dieses Gremium in Artikel 22.3 nicht genannt wird, und welche unterschiedlichen Befugnisse ergeben sich aus dieser Nichterwähnung des Finanzregulierungsforums im Vergleich zu den Sonderausschüssen? Die Sonderausschüsse, die in Artikel 22.3 vorgesehen sind, sind für die wirksame Umsetzung und Anwendung der einzelnen Kapitel des Abkommens zuständig. Das Gemeinsame Finanzregulierungsforum Europäische Union/Japan hingegen ist für die Steuerung der Regulierungszusammenarbeit im Bereich der Finanzdienstleistungen zwischen Japan und der EU zuständig ist und ersetzt das derzeitige hochrangige Treffen zu Finanzfragen („High Level Meeting on Financial Issues“), welches bisher einmal jährlich stattgefunden hat (zuletzt am 3. Oktober 2017, vgl. https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/171003-eu-japan-joint-statement _en.pdf). In dem Forum werden sich Japan und die EU u. a. gegenseitig über geplante Regulierungsinitiativen informieren, die in internationalen Gremien zu erörternden Standpunkte – soweit möglich und angemessen – diskutieren und sich über die Finanzregelungen und die Aufsicht der anderen Vertragspartei austauschen . 8. Wird bei der Arbeit der oben genannten Ausschüsse die Rückkopplung der Parlamente der Mitgliedstaaten sichergestellt werden (bitte begründen), und falls ja, in welcher Form ist diese Beteiligung geplant? Die demokratische Legitimation und Rückanbindung der Ausschüsse wird sichergestellt . Denn die Position, die die Europäische Union in den nach dem Abkommen mit Japan vorgesehenen Gremien einnimmt, wird durch den Rat festgelegt. Die Mitgliedstaaten stellen ihrerseits nach ihren jeweiligen internen Vorschriften die Einbindung ihrer Parlamente sicher. Der Bundestag wird – nach Maßgabe des EUZBBG und auf Grundlage der etablierten Mechanismen – vorab umfassend über allfällige Beschlussgegenstände in den Gremien unterrichtet. Dies verschafft ihm die Möglichkeit, sich mit allen Beschlussgegenständen zu befassen und ggf. vor Beschlussfassung des jeweiligen Gremiums eine Stellungnahme abzugeben. Zudem wird das Europäische Parlament gemäß Artikel 218 Absatz 10 AEUV in allen Phasen des Verfahrens informiert und hat ebenfalls die Möglichkeit zur Abgabe von Stellungnahmen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2944 9. Durch welche konkreten Textstellen im Abkommen wird – abgesehen von der Public Utilities-Klausel – das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gemäß Artikel 28 Absatz 2 GG geschützt? Das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen wird insbesondere durch die folgenden Textstellen geschützt: - Artikel 8.1 Absatz 2, der das Recht der Vertragsparteien bekräftigt, in ihrem jeweiligen Gebiet Regulierungsmaßnahmen zu treffen, die zur Erreichung legitimer politischer Ziele notwendig sind. - Artikel 8.12 Absatz 1 a) i) D) und b) enthält eine Ausnahme vom Abschnitt über die Liberalisierung von Investitionen für die Fortführung oder Erneuerung einer bestehenden nichtkonformen Maßnahme auf Ebene einer lokalen Regierung . - Artikel 8.12 Absatz 2 verweist auf die Liste in Anhang II von Anhang 8-B, die zahlreiche Vorbehalte für sensible Bereiche wie zum Beispiel die Daseinsvorsorge , Wasser, Gesundheit, soziale Dienste, Kultur und Bildung (nicht abschließende Aufzählung) enthält. Diese Vorbehalte unterliegen nicht der sog. Sperrklinken-Klausel, d. h. die EU oder ihre Mitgliedstaaten können in diesen Bereichen Liberalisierungen vornehmen und jederzeit wieder zurücknehmen. Insofern wird der volle Politikspielraum für die Zukunft gewahrt. - Artikel 8.18 Absatz 1 a) i) D) und b) enthält eine Ausnahme vom Abschnitt über den grenzüberschreitenden Dienstleistungshandel für die Fortführung oder Erneuerung einer bestehenden nichtkonformen Maßnahme auf Ebene einer lokalen Regierung. - Artikel 8.18 Absatz 2 verweist ebenfalls auf die Liste in Anhang II von Anhang 8-B. - Im Kapitel für Interne Regulierung verweist Artikel 8.29 ebenfalls auf die Anhänge I und II (vgl. ausführliche Antwort zu Frage 12). Darüber hinaus hat die Bundesregierung auch bei der Ausgestaltung der übrigen Abkommensteile darauf geachtet, dass keine Bestimmungen aufgenommen werden , die das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gemäß Artikel 28 Absatz 2 GG in Frage stellen könnten. 10. Welche weiteren Vorbehalte für Dienstleistungen der Daseinsvorsorge (wie Bildung, Gesundheit, soziale Dienste, Wasser, Kultur) sind – neben dem fehlenden Vorbehalt Deutschlands bei der Abfallentsorgung und bei der Liberalisierung von Investitionen – im Abkommen mit Japan gegenüber CETA entfallen, und aus welchem Grund? Der Regelungsgehalt der Vorbehalte für die EU und Deutschland in den von den Fragestellern genannten Bereichen entspricht den Vorbehalten in CETA. Dies gilt auch für den Bereich der Abfallentsorgung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2944 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Durch welche Bestimmungen des Abkommens wird verhindert, dass die Spielräume in der EU und in Deutschland verloren gehen, die Entnahme von Wasser aus der Natur zu organisieren und zu regulieren, vor dem Hintergrund , dass der CETA-Artikel zu Rechten und Pflichten in Bezug auf Wasser (Artikel 1.9 CETA), auf den sich die Bundesregierung diesbezüglich bei CETA berufen hatte (Bundestagsdrucksache 18/7168, Antwort zu Frage 31), soweit ersichtlich, im Japanabkommen entsprechend fehlt? Das Abkommen mit Japan enthält keine Regeln, die den Spielraum, die Entnahme von Wasser aus der Natur zu organisieren und zu regulieren, einschränken. Auf die Antwort zu Frage 9 wird verwiesen. Der Annex II zu den Investitions- und Dienstleistungsabschnitten des Abkommens enthält wichtige Vorbehalte für mögliche künftige Maßnahmen der EU und/oder ihrer Mitgliedstaaten, für die die Verpflichtung zum Marktzugang und zur Inländerbehandlung nicht gelten sollen. In dieser Liste finden sich der Daseinsvorsorgevorbehalt („Public Utilities“) sowie weitere Vorbehalte zu besonders sensiblen Bereichen wie Wasser, Gesundheit , soziale Dienste, Kultur und Bildung (nicht abschließende Aufzählung). Der spezielle Vorbehalt für den Wasserbereich umfasst die Wasserentnahme, -aufbereitung und -verteilung und gilt für Tätigkeiten einschließlich Dienstleistungen auf dem Gebiet der Wasserentnahme, -aufbereitung und -versorgung von Privathaushalten, industriellen, gewerblichen oder anderen Nutzern, einschließlich der Bereitstellung von Trinkwasser und Wasserbewirtschaftung. Damit ist der Bereich des Wassers umfassend abgesichert. 12. Wo konkret findet sich im JEFTA-Abkommen eine vergleichbare Ausnahme für die Wasserversorgung wie im CETA-Abkommen in Artikel 12.2. Absatz 2 Buchstabe b (ii) CETA? Die Wasserversorgung unterfällt – wie in CETA – nicht dem Kapitel für Interne Regulierung. Der Anwendungsbereich dieses Kapitels ergibt sich aus Artikel 8.29 des Abkommens mit Japan. In Artikel 8.29 Absatz 2 Ziff. a) und b) werden die Ausnahmen aufgeführt. Dabei wird auch auf Artikel 8.12 Absatz 2 und 8.18 Absatz 2 verwiesen. Artikel 8.12 Absatz 2 und 8.18 Absatz 2 wiederum nennen Annex II zu den Marktöffnungsverpflichtungen für Investitionen und Dienstleistungen, in dem Vorbehalte für sensible Bereiche vorgesehen sind. Annex II enthält in Vorbehalt Nr. 21 unter c) den üblichen EU-Vorbehalt für Wasserentnahme , -aufbereitung und -verteilung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/2944 13. Durch welche konkreten Textstellen im Abkommen ist es gelungen, „beim Freihandelsabkommen zwischen der EU und Japan unsere hohen Schutzstandards in den Bereichen Arbeit, Soziales und Umwelt sowie die Wahrung der Regulierungshoheit abzusichern“ (s. Bundestagsdrucksache 18/13035, Antwort zu Frage 2; bitte genaue Textstellen im Abkommen angeben)? Im Kapitel 16 „Handel und nachhaltige Entwicklung“ des Freihandelsabkommens mit Japan werden hohe Standards in den Bereichen Arbeit, Soziales und Umwelt festgeschrieben. So bekräftigt beispielsweise Artikel 16.3 Absatz 2 ausdrücklich die Verpflichtungen der Vertragsparteien aus ihrer Mitgliedschaft in der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Hierzu gehören insbesondere die Kernarbeitsnormen wie die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen , die Abschaffung der Zwangsarbeit, die Beseitigung von Kinderarbeit und das Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf. Darüber hinaus bestätigt das Abkommen ausdrücklich die Verpflichtungen der Vertragsparteien aus den multilateralen Umweltabkommen (Artikel 16.4 Absatz 1). Das Freihandelsabkommen mit Japan gehört dabei zu den ersten Abkommen der EU, in welchen die Parteien ihre Verpflichtung auf die effektive Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens bekräftigen (Artikel 16.4 Absatz 4). Schließlich stellt Artikel 16.2 „Regelungsrecht und Schutzniveau“ ausdrücklich das Regulierungsrecht der Vertragsparteien mit Blick auf ihre Nachhaltigkeitsziele und politiken dar. Dabei ist ein hohes Schutzniveau beizubehalten und dieses möglichst weiter und fortlaufend zu verbessern. Hierzu ist außerdem begleitend dem Stand der Wissenschaft und dem Vorsorgeprinzip Rechnung zu tragen (Artikel 16.9); die Auswirkungen der Durchführung des Abkommens auf die Nachhaltigkeit sollen von beiden Seiten überprüft und überwacht werden (Artikel 16.11). 14. Durch welche konkreten Textstellen im JEFTA-Abkommen wird die für CETA diskutierte perspektivische Erweiterung um Sanktionsmöglichkeiten zur Durchsetzung der im Nachhaltigkeitskapitel verankerten Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards (vgl. www.spd.de/presse/pressemitteilungen/ detail/news/beschluss-des-spd-parteikonvents-globaler-handel-brauchtfortschrittliche -regeln/19/09/2016/) umgesetzt? Artikel 16.19 „Überprüfung“ eröffnet die Möglichkeit von Änderungen der Artikel 16.13 „Ausschuss ‚Handel und nachhaltige Entwicklung‘“, Artikel 16.17 „Konsultationen auf Regierungsebene“ und Artikel 16.18 „Sachverständigengruppe “. Voraussetzung sind entsprechende Erörterungen und Vorschläge des Ausschusses „Handel und nachhaltige Entwicklung“. In diesem Sinne lässt das Abkommen auch eine Diskussion über eine mögliche Sanktionsbewehrung von Nachhaltigkeitsstandards und eine entsprechende Anpassung des Abkommens zu. Davon zu trennen ist die politische Bewertung derartiger Änderungsvorschläge . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2944 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 15. Und wie bewertet die Bundesregierung die Sicherstellung von Arbeitsstandards vor dem Hintergrund, dass Japan zwei der acht ILO-Kernarbeitsnormen nicht ratifiziert hat? Japan hat bislang die grundlegenden Übereinkommen 105 (Abschaffung der Zwangsarbeit) und 111 (Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf) der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) noch nicht ratifiziert. In Artikel 16.3 „Internationale Arbeitsnormen und Arbeitsübereinkommen“ des Freihandelsabkommens mit Japan bekräftigen die Parteien jedoch ihre Verpflichtungen, in ihren Gesetzen, Vorschriften und Verfahren alle den acht grundlegenden Übereinkommen zugrunde liegenden ILO-Kernarbeitsnormen (zu Vereinigungsfreiheit, Kollektivverhandlungen , Zwangs- und Pflichtarbeit, Kinderarbeit, Diskriminierung) zu achten, zu fördern und zu verwirklichen. In diesem Sinne verpflichtet sich Japan , den materiellen Regelungsgehalt der ILO-Übereinkommen 105 und 111 – unabhängig von einer Ratifizierung der Übereinkommen – zu beachten. Zusätzlich aber werden die Parteien nachhaltig u. a. auf die Ratifizierung der grundlegenden ILO-Übereinkommen hinarbeiten (Artikel 16.3 Absatz 3). Dabei ist eine Zusammenarbeit der Parteien mit der ILO möglich, um diese Ziele aus dem Abkommen zu erreichen (Artikel 16.12 Absatz 1 a). 16. Durch welche konkreten Textstellen im Abkommen wird das europäische Vorsorgeprinzip in JEFTA abgesichert, insbesondere mit Blick darauf, dass die wichtigen Kapitel „Technische Handelshemmnisse“ und „Gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen“ auf die jeweiligen WTO-Abkommen verweisen, welche das europäische Vorsorgeprinzip nicht abdecken? Das Vorsorgeprinzip ist in Artikel 16.9 „Wissenschaftliche Information“ des Kapitels 16 „Handel und nachhaltige Entwicklung“ des geplanten Freihandelsabkommens der EU mit Japan mit Blick auf Umwelt- und Arbeitsschutzmaßnahmen , die Einfluss auf Handel oder Investitionen haben, explizit verankert. Zudem verweist Artikel 6.4 „Verhältnis zum WTO-Übereinkommen“ des Kapitels 6 „Gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen“ des geplanten Freihandelsabkommens auf die Verpflichtungen aus dem WTO-Übereinkommen über die Anwendung von gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen (SPS-Abkommen), wo das Vorsorgeprinzip völkerrechtlich bindend und im Einklang mit dem europäischen Vorsorgeprinzip im Bereich der Lebensmittelsicherheit und SPS-Maßnahmen verankert ist. Im Übrigen ist das Vorsorgeprinzip im EU-Primärrecht (Artikel 191 AEUV) verankert und kann durch einen völkerrechtlichen Vertrag wie das Freihandelsabkommen mit Japan nicht abgeschafft werden. 17. Auf wessen Bestreben hin und mit welcher Begründung hat sich in JEFTA im Dienstleistungskapitel wieder der sogenannte Negativlistenansatz gegen den Positivlistenansatz durchgesetzt? Das Abkommen EU-Japan wird – wie in Freihandelsabkommen der EU üblich und im Einklang mit dem Verhandlungsmandat – Kapitel mit Verpflichtungen zu grenzüberschreitenden Dienstleistungen und Investitionen enthalten. Diese werden um Listen im Anhang ergänzt werden, in denen die Vorbehalte zu diesen Verpflichtungen ausdrücklich genannt werden. Die Listenarchitektur ist das Ergebnis der Verhandlungen zwischen der EU und Japan. Es handelt sich dabei allerdings um eine regelungstechnische Frage. Die Reichweite der Verpflichtungen ist unabhängig von der verwendeten Listenarchitektur. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/2944 18. Inwiefern kann die Bundesregierung ausschließen, dass der Wegfall von Zöllen im Landwirtschaftssektor die Existenz tausender bäuerlicher Kleinbetriebe in Japan bedroht angesichts der konkurrenzfähigeren, weil größer strukturierten Exporteure aus Europa? Die Bundesregierung hat keinen Zweifel daran, dass die japanische Regierung die Interessen ihrer Bevölkerung, auch der japanischen Kleinbauern, angemessen in den Verhandlungen vertreten und ausreichend geschützt hat. Für den Agrarsektor hat Japan sich zahlreiche Ausnahmen vorbehalten. Aus Sicht der Bundesregierung ist dies bedauerlich. 19. Inwiefern lässt sich die einseitige Liberalisierung von Datenflüssen mit der neuen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vereinbaren? Das Abkommen EU-Japan sieht keine einseitige Liberalisierung von Datenflüssen vor. Die Verordnung EU 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung) trägt den Grundrechten auf Schutz der Privatsphäre und der personenbezogenen Daten Rechnung, wie sie in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind. Alle Handelsabkommen der EU müssen den Schutz dieser Grundrechte gewährleisten. 20. Wie bewertet die Bundesregierung, dass das Kapitel Geistiges Eigentum eine Meistbegünstigungsklausel enthält (Artikel 14.5), die Zugeständnisse aus anderen vergangenen oder zukünftigen Abkommen „importiert“, wie zum Beispiel Artikel 236 (4) des EU-Ukraine-Assoziierungsabkommens, das die Möglichkeit einstweiliger Maßnahmen ohne Anhörung der anderen Partei beinhaltet? Das Meistbegünstigungsprinzip, eines der Grundprinzipien der WTO, findet sich auch bereits im Übereinkommen der Welthandelsorganisation (WTO) über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS), vgl. dort Artikel 4. Dies hat für die EU und für Deutschland nicht zu Problemen geführt. Die EU achtet bei ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen bzgl. des Schutzes geistigen Eigentums auf Kohärenz und stellt sicher, dass ihre Zugeständnisse dem EU- Acquis und den Vorschriften der Mitgliedstaaten Rechnung tragen. Gleichzeitig kann die EU über die Meistbegünstigungsklausel auch einen diskriminierungsfreien Schutz der Rechte von EU-Unternehmen in Drittstaaten einfordern. Die Bundesregierung begrüßt dies. Einstweilige Maßnahmen ohne Anhörung der anderen Partei, mit der Möglichkeit der nachträglichen Prüfung, sind als Mittel des Eilrechtsschutzes seit Langem im deutschen Recht vorgesehen. Die Bundesregierung begrüßt entsprechende völkerrechtliche Verpflichtungen. Auch Artikel 50 Absatz 2 des TRIPS-Übereinkommens sieht dies für alle WTO-Mitglieder vor. 21. Wie bewertet die Bundesregierung mit Blick auf die Bedeutung von „Public Domain“, dass mit Artikel 14.14 JEFTA nur sehr begrenzt Einschränkungen oder Ausnahmen bei Urheberrechten erlaubt sind? Die nach internationalem, europäischem und deutschem Recht bestehenden Möglichkeiten , urheberrechtliche Schranken vorzusehen, werden durch Artikel 14.14 des Abkommens nicht begrenzt. Auch eine Weiterentwicklung der diesbezüglichen Regelungen, wie sie derzeit auf EU-Ebene diskutiert wird, bleibt möglich. Ergänzend verweist die Bundesregierung zur Absicherung bestehender Gemeinfreiheit auf die Regelung in Artikel 14.17 Absatz 2. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2944 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 22. Teilt die Bundesregierung die Erkenntnis, dass es im Hinblick auf die Regulierung gentechnisch veränderter Organismen (GVO) sowie beim Pestizideinsatz zwischen der EU und Japan große Unterschiede gibt, etwa in der Art, dass in Japan die Verwendung von Düngemitteln und Pestiziden per Quadratkilometer Anbaufläche laut Sustainability Impact Assessment der EU- Kommission deutlich über dem OECD-Durchschnitt liegt und dass es in der der EU über 60 GVO-Zulassungen gibt, während in Japan derzeit 105 GVO für den wissenschaftlichen Anbau, 172 als Lebensmittel, 162 als Futtermittel und 11 als Zierpflanzen zugelassen sind (vgl. Foodwatch/Power Shift Report 2018: Handel um jeden Preis, S. 28 f)? Die Bundesregierung stellt fest, dass es zwischen allen Staaten Unterschiede in der Gesetzgebung gibt. Die Regelungsfreiheit der Parlamente über die Lebensumstände im eigenen Land wird auch durch Freihandelsabkommen nicht eingeschränkt . Da beim Export in die Europäische Union sichergestellt werden muss, dass die Erzeugnisse europäischen Vorgaben im Hinblick auf die Produktsicherheit oder Kennzeichnung entsprechen, ergeben sich aus den gesetzlichen Unterschieden keine Auswirkungen für die Verbraucher. So gelten z. B. im Hinblick auf Rückstände von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in Lebens- und Futtermitteln aus Japan auch die festgelegten Rückstandshöchstgehalte der EU und gentechnisch veränderte Organismen, insbes. gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel bedürfen einer europäischen Zulassung, bevor sie hier in den Handel dürfen. 23. Wie kann die Bundesregierung ausschließen, dass über die avisierte regulatorische Kooperation bei JEFTA diesbezüglich die bisherigen Schutzstandards nivelliert werden? Die regulatorische Kooperation soll insbesondere die Transparenz über Zulassungsverfahren , geltende Regelungen und zuständige Stellen verbessern, zu einem Austausch über Forschungsergebnisse beitragen und technische Anforderungen z. B. in der Zulassung harmonisieren. Materielles Recht kann in den zuständigen Ausschüssen nicht geschaffen oder geändert werden. Hierzu wäre eine Anpassung des EU-Rechts mit den notwendigen rechtlichen Verfahren erforderlich. 24. Wie wird die unterschiedliche Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel in Bezug auf GVO in der EU und Japan gehandhabt (ebd.)? Auch bei der Kennzeichnung müssen die aus Japan eingeführten gentechnisch veränderten Lebensmittel die europäischen Regeln, vor allem die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 über gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel, einhalten. 25. Wie bewertet die Bundesregierung den Verlauf der Verhandlungen für ein Investitionsschutzabkommen inklusive Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren (ISDS oder ICS) mit Japan? Japan hat nach Auskunft der EU-Kommission bisher noch nicht dem von der EU vorgeschlagenen Investitionsgerichtsystem mit von den Vertragsparteien zu benennenden Richtern und Berufungsinstanz zugestimmt. Eine Rückkehr zum alten Schiedsverfahrenssystem kommt für die Bundesregierung nicht in Frage. 26. In welchem Zeitraum wird der Abschluss dieser Verhandlungen erwartet? Es gibt bisher keinen Zeitplan für den Abschluss der Verhandlungen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/2944 27. Wie bewertet die Bundesrepublik Deutschland die Vereinbarkeit von Investor -Staat-Schiedsgerichtsverfahren zwischen der EU und Japan mit dem EU- Recht vor dem Hintergrund, dass der Europäische Gerichtshof am 6. März 2018 im Fall Slowakische Republik vs. Achmea geurteilt hat, dass diese Investor -Staat-Schiedsklauseln zwischen EU-Mitgliedstaaten nicht mit dem EU-Recht vereinbar sind, und welche Konsequenzen hat dieses Urteil für den weiteren Verlauf der Verhandlungen mit Japan? Das Urteil des EuGH in der Rechtssache Achmea betrifft nur Investitionsschiedsverfahren zwischen EU-Mitgliedstaaten und ist daher auf das geplante Investitionsschutzabkommen mit Japan nicht anwendbar. Das von der EU vorgeschlagene Investitionsgericht soll nur zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten auf der einen Seite und Japan auf der anderen Seite tätig werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333