Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 27. Juni 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3147 19. Wahlperiode 03.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/2154 – Pläne zur Einstufung von Armenien und Georgien als sichere Herkunftsstaaten V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Auf Vorschlag des Bundesministers des Innern, für Bau und Heimat Horst Seehofer soll die Liste der sicheren Herkunftsländer um Georgien und Armenien erweitert werden. Auf diese Weise soll die Bearbeitung von Asylanträgen aus diesen sogenannten sicheren Herkunftsländern bundesweit beschleunigt werden . (www.tagesspiegel.de/politik/plaene-des-bundesinnenministeriums-seehoferplant -pass-entzug-fuer-dschihadisten/21153848.html). Als Begründung für eine entsprechende Einstufung wird vom Parlamentarischen Staatssekretär Stephan Mayer angeführt, dass die Schutzquote bei Asylbewerbern aus Georgien und Armenien „verschwindend gering“ sei (www.dw.com/de/bundesinnenministeriumgeorgien -soll-sicheres-herkunftsland-werden/a-43199231). Allerdings lag die Gesamtschutzquote für Asylbewerberinnen und Asylbewerber aus Armenien nach Angaben der Bundesregierung für das Jahr 2017 bei 8,5 Prozent, die bereinigte Schutzquote betrug sogar 10,7 Prozent. Armenien liegt (vgl. Bundestagsdrucksache 19/1371) daher weit über der im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD als Kriterium für die Einstufung eines sicheren Herkunftslandes angeführten regelmäßigen Schutzquote von weniger als 5 Prozent. Nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller handelt es sich bei Georgien und Armenien keineswegs um „Länder, von denen sich aufgrund des demokratischen Systems und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell keine staatliche Verfolgung zu befürchten ist und dass der jeweilige Staat grundsätzlich vor nichtstaatlicher Verfolgung schützen kann“ (www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/Sonderverfahren/SichereHerkunftsstaaten/ sichere-herkunftsstaaten-node.html). Laut dem Bericht des Europarates, der 2015 veröffentlicht wurde, ist die Zahl der Drohungen und Angriffe auf Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle (LSBTI) und insbesondere auf LSBTI-Aktivistinnen und -Aktivisten in Georgien gestiegen. Diese Fälle werden von der Polizei gewöhnlich entweder nicht ermittelt oder die Täter werden nicht zur Verantwortung gebracht (www.coe. int/t/dghl/monitoring/ecri/Country-by-country/Georgia/GEO-CbC-V-2016-002- ENG.pdf). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3147 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode In den von Georgien abtrünnigen De-facto-Republiken Abchasien und Südossetien sind Reiseverkehr und wirtschaftliche Aktivitäten untersagt. Das Auswärtige Amt nennt diese Republiken eine Konfliktregion, in der sich die jeweils stabile Situation jederzeit ändern kann (www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/ laender/georgien-node/georgiensicherheit/201918#content_0). In Armenien leiden viele LSBTI-Vertreterinnen und -Vertreter unter Entlassungsdrohungen und sind gezwungen, ihr Privatleben zu verheimlichen. LSBTI mit HIV haben in Armenien keine Chance auf normale medizinische Behandlung (www.queeramnesty.de/aktionen/artikel/jahr/2011/view/armenien-schuetzensie -LSBTI-menschen.html). Bei regierungskritischen Protesten Ende April 2018 in Armenien kam es nach Angaben von Medien zu Dutzenden Verletzten und über 100 Festnahmen. Gegen Protestierende wurde seitens der Polizei Gewalt angewendet (www.taz.de/ !t5217142/). In der zwischen Armenien und Aserbaidschan umstrittenen Region Bergkarabach kam es 2016 wieder zu heftigen militärischen Auseinandersetzungen, was angesichts der Möglichkeit eines neuen Krieges Besorgnis hervorrief (www.zeit. de/politik/ausland/2016-04/berg-karabach-armenien-aserbaidschan-kampfmilitaer -gewalt). Nach Angaben der Rosa-Luxemburg-Stiftung sind die Lebensbedingungen der Menschen, die in Zonen der eingefrorenen Konflikte im postsowjetischen Raum leben, alarmierend schlecht. Sie leiden unter Blockaden und Gefahr einer neuen Kampfphase des jeweiligen Konfliktes (www.rosalux.de/news/id/37660/ krankenhaeuser-und-fussballfelder/). Aus dem oben Gesagten lässt sich aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller schlussfolgern, dass Georgien und Armenien die Kriterien der sicheren Herkunftsländer kaum erfüllen. Die Fragestellerinnen und Fragesteller sind besorgt , dass eine Einstufung von Herkunftsstaaten als vermeintlich „sichere“ das Asylverfahren für Asylsuchende aus beiden Ländern nicht beschleunigt, sondern sinnlos macht, weil die Asylanträge der Bewerber aus den „sicheren“ Herkunftsländern von Anfang an als unbegründete gelten. Demgemäß sollen sie „Tatsachen oder Beweismittel vorbringen“ (www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/Sonderverfahren/ SichereHerkunftsstaaten/sichere-herkunftsstaaten-node.html). In diesem Fall ist aus Sicht der Fragesteller und Fragestellerinnen von einem eingeschränkten Asylverfahrensrecht zu sprechen. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Gemäß dem Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode sollen Algerien, Marokko und Tunesien sowie weitere Staaten mit einer regelmäßigen Anerkennungsquote für Asylantragsteller unter fünf Prozent zu sicheren Herkunftsstaaten bestimmt werden. In Umsetzung des Koalitionsvertrages wird derzeit ein Gesetzentwurf zur Einstufung von Algerien, Marokko, Tunesien und Georgien als sichere Herkunftsstaaten vorbereitet. Die Bundesregierung wird darüber hinaus prüfen, ob gegebenenfalls weitere Staaten für eine Einstufung als sichere Herkunftsstaaten in Frage kommen. Für Armenien ist eine solche Prüfung im Hinblick auf die aktuellen politischen Ereignisse derzeit nicht vorgesehen. Die weitere Entwicklung der Lage in Armenien bleibt abzuwarten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3147 1. Wie begründet die Bundesregierung den Vorschlag von Bundesinnenminister Horst Seehofer, Georgien und Armenien als sichere Herkunftsstaaten einzustufen ? Georgien hat in den vergangenen Jahren kontinuierliche Reformen des Rechtssystems und der Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte verfolgt, die den Standards des Europarats entsprechen. Seit dem Regierungswechsel 2012/ 2013 ist eine weitere Stärkung und Festigung demokratischer Strukturen und Prozesse , insbesondere Gewaltenteilung, Unabhängigkeit der Justiz, Transparenz und zivilgesellschaftliche Kontrolle, inklusive freier Presse, zu erkennen. Diese Entwicklung der Menschenrechtssituation wird insgesamt positiv beurteilt. Details werden dem entsprechenden Gesetzentwurf zu entnehmen sein. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 2. Inwiefern kann nach Ansicht der Bundesregierung Armenien zum sicheren Herkunftsland erklärt werden, insbesondere angesichts einer bereinigten Schutzquote von 10,7 Prozent (vgl. Bundestagsdrucksache 19/1371)? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 3. Aus welchen Gründen im Einzelnen wird nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit die Mehrheit der Asylanträge von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern aus Georgien und Armenien abgelehnt (Bundestagsdrucksache 19/1371)? Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnt die Asylanträge ab, wenn die Voraussetzungen für eine Schutzgewährung nicht vorliegen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 4. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Einhaltung demokratischer Prinzipien in Georgien und Armenien und die Fähigkeit bzw. Bereitschaft der Sicherheitskräfte, die Bürger zu schützen? Georgien hat sich seit 2004 politisch und gesellschaftlich für eine eindeutige euroatlantische Ausrichtung entschieden, an der die 2012 neu gewählte und 2016 im Amt bestätigte Regierung des „Georgischen Traums“ uneingeschränkt festhält. Seit dem Regierungswechsel 2012 wurden demokratische Strukturen und Verfahren , insbesondere Gewaltenteilung, Unabhängigkeit der Justiz, Einhaltung von Menschenrechten und zivilgesellschaftliche Kontrolle, inkl. freier Medien, wiederhergestellt bzw. weiter gestärkt. Die politischen Freiheiten sind verfassungsrechtlich verankert und werden staatlicherseits gewährleistet. Die politische Opposition kann ungehindert tätig werden. Demonstrationen werden von Polizeikräften regelmäßig eng begleitet und geschützt, so zuletzt während der friedlichen Proteste gegen die harsche georgische Drogenpolitik am 12. und 13. Mai 2018, die zeitweise von Gegendemonstranten bedroht wurden. Dank des bereits erreichten Fortschritts im Reformprozess gilt Georgien unter den sechs Partnerländern der Östlichen Partnerschaft als Spitzenreiter. Das Assoziierungsabkommen mit der EU von 2014 und vor allem die Ende März 2017 in Kraft getretene Visaliberalisierung belegen den erreichten Stand der Reformbemühungen . Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3147 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung mit Rücksicht auf den Konflikt im Jahre 2008 in den von Georgien nicht anerkannten Republiken Abchasien und Südossetien bezüglich der möglichen Einstufung Georgiens als sicherer Herkunftsstaat? Über die Konflikte mit den abtrünnigen Gebieten Abchasien und Südossetien wird in Genf unter dem Ko-Vorsitz von der Europäischen Union (EU), der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und den Vereinten Nationen (VN) verhandelt; militärische Gewalt wird nicht angewandt. Abgesehen von den unmittelbar an der Verwaltungslinie gelegenen Gebieten, jenseits derer es in Abchasien und Südossetien u. a. zu illegalen Festnahmen kommen kann, wirkt sich der Konflikt nicht auf die Sicherheitslage aus. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem Grundsatzurteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 zur Erforderlichkeit der landesweiten Verfolgungsfreiheit werden von der Bundesregierung auch mit Rücksicht auf den benannten Konflikt beachtet. Die Einwohner der abtrünnigen Regionen nutzen mehrheitlich russische Pässe, sofern sie nicht ethnische Georgier sind. Im Übrigen bleibt der Individualanspruch auf Einzelfallprüfung von Asylgesuchen von der Einstufung eines Landes als sicherer Herkunftsstaat unberührt. 6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Verfolgung von LSBTI in Georgien und Armenien (bitte benennen, ob eine mögliche Diskriminierung oder Verfolgung von staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren ausgeht und welche Schritte gegebenenfalls von staatlicher Seite zum Schutz von LSBTI bzw. zur justiziellen Verfolgung von möglichen Angreifern eingeleitet wurden)? Das 2014 verabschiedete, fortschrittliche georgische Anti-Diskriminierungsgesetz verbietet alle Formen von Diskriminierung, darunter auch aus Gründen des Geschlechts, der sexuellen Orientierung oder der Gender-Identität. Gewisse Unzulänglichkeiten lassen sich bei dessen Umsetzung feststellen, staatliche oder systemische Diskriminierung oder Verfolgung von Lesben, Schwulen, Bi- Transund Intersexuellen (LSBTI) ist in Georgien jedoch nicht vorhanden. Konservative Einstellungen und Intoleranz gegenüber sexuellen Minderheiten sind in der Bevölkerung allerdings weit verbreitet; die georgisch-orthodoxe Kirche beeinflusst die politische Debatte bei Fragen von sexueller Orientierung und Familienrecht stark. Deutlich werden diese Vorbehalte regelmäßig durch Demonstrationen gegen LSBTI-Kundgebungen am Internationalen Tag gegen Homophobie und Transphobie (IDAHOT) am 17. Mai. Am 17. Mai 2013 kam es zu von Kirchenvertretern angeführten, z. T. gewalttätigen Ausschreitungen tausender Georgier gegen eine kleine LSBTI-Kundgebung. In der Folge erklärte Patriarch Ilia II. den 17. Mai in Georgien zum Tag der familiären Werte. 2015 befand der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dass die georgischen Behörden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der IDAHOT-Demonstration am 17. Mai 2012 nicht ausreichend geschützt hätten. Ein Urteil des EGMR zu den Ereignissen von 2013 steht noch aus. Ein georgisches Gericht sprach 2015 vier Angeklagte frei, denen eine Beteiligung an den Ausschreitungen 2013 vorgeworfen wurde. Die Sicherheitsbehörden haben den Schutz der LSBTI-Kundgebungen am IDAHOT seither deutlich verstärkt, die Demonstrationen finden jedoch weitgehend abgeschottet statt. 2018 war bereits eine Übereinkunft zwischen LSBTI-Organisationen und dem georgischen Innenministerium bezüglich der Sicherung der Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3147 Kundgebung erzielt worden; die Organisatoren sagten die Kundgebung jedoch aufgrund von Provokationen ultranationalistischer Gruppen im Vorfeld ab, um Zusammenstöße zu vermeiden. Im Januar 2018 wurde beim georgischen Innenministerium eine Menschenrechtsabteilung gegründet, deren Aufgaben u. a. in der Sensibilisierung der Polizeibeamten und der Vertreter der Staatsanwaltschaft hinsichtlich häuslicher Gewalt und Gewalt gegen Frauen sowie mit Blick auf „hate crimes“ liegen. Die Staatsanwaltschaft hatte 2017 keinen der von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) erfassten ca. 70 Fälle von „hate crimes“ als eine von Vorurteilen motivierte Tat eingestuft. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 7. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Hintergründe und den Verlauf der im April 2018 in Armenien ausgebrochenen regierungsfeindlichen Proteste? Aus Protest gegen die sich abzeichnende Wahl des bisherigen Staatspräsidenten Serzh Sargsyan zum Ministerpräsidenten als Abschluss des Übergangs von einem semipräsidialen zu einem parlamentarischen System hatte sich ab Ende März eine Protestbewegung gebildet, die von der Partei „Civil Contract“ unter ihrem Vorsitzenden Nikol Pashinyan ausging, der sich aber andere Gruppierungen, u. a. „Absage an Serzh“, anschlossen. Nach einem von Gyumri über Vanadsor nach Eriwan führenden vierzehntägigen Protestmarsch mit einigen hundert Demonstranten kam es ab dem 13. April 2018 zu Demonstrationen in der Hauptstadt und der sich über mehrere Tage hinziehenden Besetzung des Platzes vor der Oper. Am 14. April 2018 stürmten etwa 50 Demonstranten eine staatliche Radiostation. Nach Freigabe des Platzes vor der Oper verlagerten sich die Protestaktionen auf Demonstrationszüge und eine Großkundgebung auf dem Republikplatz mit zuletzt mehreren Zehntausend Demonstranten. Der am 17. April 2018 zum Ministerpräsident gewählte Serzh Sargsyan trat am 23. April 2018 von seinem Amt zurück. Da die Wahl von Nikol Pashinyan zum neuen Ministerpräsident am 1. Mai 2018 nicht gelang, kam es am 2. Mai 2018 u. a. zu einer flächendeckenden Blockade der Hauptstadt Eriwan durch die Demonstranten und zur Ausrufung eines Generalstreiks. Am 8. Mai 2018 wurde Nikol Pashinyan schließlich im zweiten Anlauf vom Parlament zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. a) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Umgang staatlicher Stellen mit diesen Protesten? Die staatlichen Stellen haben insgesamt Zurückhaltung gegenüber den Demonstranten gezeigt. Beim Zusammentreffen von Demonstranten und Sicherheitskräften gab es einzelne Fälle, in denen es auf beiden Seiten Verletzte gab. b) Wie viele Menschen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Zusammenhang mit den Protesten festgenommen, und wie viele von ihnen wurden freigelassen? Genaue Zahlen liegen der Bundesregierung nicht vor. Es sollen nach im wesentlichen übereinstimmenden Informationen der armenischen Polizei und der Zivilgesellschaft vom Beginn der Proteste in Eriwan am 13. April bis zum 23. April Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3147 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2018, als der damalige Ministerpräsident Serzh Sargsyan zurücktrat, täglich zwischen einigen Dutzend und etwa 200 Personen zeitweilig in Polizeigewahrsam genommen worden sein. Davon wurden die allermeisten Personen kurze Zeit später wieder auf freien Fuß gesetzt. In einigen Fällen, etwa in Zusammenhang mit der Besetzung einer Radiostation durch Demonstranten, wurden die in Polizeigewahrsam genommenen Personen spätestens nach 72 Stunden, wie gesetzlich vorgesehen , wieder freigelassen. Nach Angaben von Nichtregierungsorganisation soll in einzelnen Fällen diese Frist nicht immer genau beachtet worden sein. 8. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den derzeitigen Stand des militärischen Konflikts bezüglich Bergkarabach? 9. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die bisherigen zivilen Opfer im Konflikt um Bergkarabach sowie Flucht und Vertreibung der Menschen aus der Region (www.tagesschau.de/ausland/kaukasus-armenienaserbaidschan -konflikt-berg-karabach-101.html)? Die Fragen 8 und 9 werden gemeinsam beantwortet. Da sich die Fragen dieser Kleinen Anfrage ausschließlich auf Pläne zur Einstufung von Armenien und Georgien als sichere Herkunftsstaaten bezieht, weist die Bundesregierung ausdrücklich darauf hin, dass die Region Bergkarabach und die sieben umliegenden Provinzen , die sich unter der Kontrolle armenischer Streitkräfte befinden, nach Auffassung der Bundesregierung Teil der Republik Aserbaidschan sind. Die Bundesregierung erkennt eine sogenannte „Republik Bergkarabach“ nicht an. Es wird insofern auf die Vorbemerkung der Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion der AfD „Deutsch-armenische Beziehungen“ auf Bundestagsdrucksache 19/2097 verwiesen. Darüber hinaus weist die Bundesregierung darauf hin, dass sie in Bezug auf die in den Fragen 8 und 9 angesprochenen Sachverhalte über keine eigenen Erkenntnisse verfügt. Nach den der Bundesregierung vorliegenden Berichten des Persönlichen Beauftragten des OSZE-Vorsitzes für den in der OSZE-Minsk-Konferenz behandelten Konflikt ist die Lage an der Kontaktlinie trotz vereinzelter Waffenstillstandsverletzungen stabil. Der Persönliche Beauftragte des Vorsitzes für den in der OSZE- Minsk-Konferenz behandelten Konflikt erhebt kumulative Daten weder zu zivilen Opfern noch zu Flucht und Vertreibung. 10. Aus welchen Gründen ist die bereinigte Gesamtschutzquote aus Sicht der Bundesregierung nicht aussagekräftig, wenn sich die Begründung für die Einstufung Armeniens und Georgiens als sichere Herkunftsländer gerade auf die niedrige Schutzquote bezieht (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Zusatzfrage der Abgeordneten Martina Renner zu der Mündlichen Frage 3 in der 25. Sitzung des Deutschen Bundestages am 18. April 2018 in Plenarprotokoll 19/25, S. 2249 (A))? Für die Einstufung als sicherer Herkunftsstaat ist die bereinigte Gesamtschutzquote von vornherein ungeeignet. Denn dann blieben etwa die Fälle unberücksichtigt, in denen ein Asylantrag wegen Aussichtslosigkeit zurückgenommen wird. Im Übrigen umfasst die Gesamtschutzquote auch Fälle, in denen aufgrund von Defiziten in der medizinischen Versorgung ein Abschiebungsverbot festgestellt wird. Die medizinische Versorgung kann jedoch kein Aspekt bei der Beurteilung sein, ob ein Herkunftsstaat als sicher einzustufen ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/3147 Die regelmäßige Anerkennungsquote hingegen erfasst Asyl, Flüchtlingsschutz und subsidiären Schutz. Aber auch sie liefert nur einen Anhaltspunkt, ob ein Herkunfts -staat als sicherer Herkunftsstaat bestimmt werden kann. Maßgeblich für die Einstufung eines Landes als sicherer Herkunftsstaat ist die Beachtung der durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) konkretisierten Re-gelungen des nationalen Verfassungsrechts und des Unionsrechts. 11. Welche Tatsachen oder Beweismittel von Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsländern werden für die Berechtigung eines Asylantrags anerkannt? Ausreichend ist der glaubhafte Vortrag oder soweit verfügbar der Beleg, dass entgegen der Regelvermutung Verfolgung oder ein ernsthafter Schaden im Herkunftsstaat drohen. Es erfolgen Einzelfallprüfungen unter Berücksichtigung obligatorisch vorzunehmender Anhörungen. 12. Welche Ergebnisse hat die Bundesregierung aus den Berichten vom Auswärtigen Amt über die Lage in Georgien und Armenien gezogen (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Zusatzfrage der Abgeordneten Filiz Polat zu der Mündlichen Frage 3 in der 25. Sitzung des Deutschen Bundetages am 18. April 2018 in Plenarprotokoll 19/25, S. 2248 (C))? Nach der Prüfung des Berichts des Auswärtigen Amts über die Lage in Georgien vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass einer Einstufung Georgiens als sicherer Herkunftsstaat trotz noch vorhandener Defizite nichts entgegensteht. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 13. Welche Berichte der internationalen Menschenrechtsorganisationen beziehungsweise NGOs über die Lage in Georgien und Armenien wurden von der Bundesregierung mit Rücksicht auf die mögliche Einstufung Georgiens und Armeniens als sichere Herkunftsländer zur Kenntnis genommen, und plant die Bundesregierung in einem etwaigen Verfahren der Einstufung von sicheren Herkunftsländern, Informationen von NGOs einzuholen oder Gespräche mit diesen zu führen, falls ja mit welchen? Zur Vorbereitung eines Gesetzentwurfs zur Einstufung sicherer Herkunftsstaaten hat das Auswärtige Amt einen Bericht u. a. zur Lage in Georgien erstellt. Dieser Lagebericht beruht vor allem auf Erkenntnissen der Deutschen Botschaft Tiflis, die sie im Rahmen ihrer Arbeit und Kontakte vor Ort erworben hat. Hierzu gehören auch Berichte und Gespräche mit Vertretern von vor Ort vertretenen Nichtregierungsorganisationen , von lokalen Menschenrechtsgruppen sowie internationaler Organisationen. Im Rahmen der im Gesetzgebungsverfahren vorgesehenen Verbändebeteiligung wird darüber hinaus auch Nichtregierungsorganisationen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333