Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 29. Juni 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3153 19. Wahlperiode 03.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/2775 – Rechte und rassistische Verdachtsfälle unter Gewalttaten seit 2016 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Medien berichten regelmäßig über Gewalttaten gegen Muslime, Migrantinnen und Migranten, Geflüchtete oder Linke. Bei vielen solcher Delikte oder mutmaßlichen Täter liegt ein extrem rechtes oder rassistisches Motiv nahe. Dennoch besteht oftmals eine Diskrepanz zwischen der Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität – rechts“ durch staatliche Behörden und den von Opferverbänden und Beratungsstellen geführten Statistiken. So gab es im Jahr 2017 laut dem Bundesministerium des Innern insgesamt 1045 solcher Gewalttaten. Demgegenüber zählte der „Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt“ allein in Ostdeutschland, Berlin und Schleswig-Holstein ca. 1 185 Fälle. Bei den Todesopfern rechter und rassistischer Gewalt fällt die Differenz noch drastischer aus. Die Behörden zählen 83 Tote seit 1990, Medien und Opferverbände sprechen von bis zu 193 Opfern und 12 weiteren Verdachtsfällen (vgl. http://faktenfinder.tagesschau.de/inland/pmkrechts -gewalttaten-101.html; www.tagesspiegel.de/berlin/rechtsextremismus-inberlin -die-liste-der-todesopfer-rechter-gewalt-wird-laenger/21249856.html; www. opferfonds-cura.de/zahlen-und-fakten/todesopfer-rechter-gewalt/). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Für die Beantwortung der Fragen 1 und 2 wurden die in den Fragen 1a bis 1w genannten Straf- und Gewalttaten in der Zentraldatei LAPOS (Lage – Abbildung politisch motivierte Straftaten) recherchiert. Dazu ist anzumerken, dass die Recherche anhand der Tatorte sowie des Tatzeitraumes erfolgte. Die Suche zum Tatzeitraum wurde hierbei um mehrere Tage vor und nach dem angegebenen Tatzeitpunkt erweitert, um etwaige fehlerhafte Eingaben zu erfassen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3153 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche der folgenden Straf- und Gewalttaten sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Kriminalpolizeilichen Meldedienst (KPMD) als Fälle „Politisch motivierter Kriminalität – rechts“ erfasst: a) Angriff mit einer Machete am 11. Februar 2016 auf Bewohner einer Geflüchtetenunterkunft in Kelheim (Bayern) durch einen 23-jährigen Haupttäter und Anstachelung dazu durch einen weiteren Täter (vgl. www. idowa.de/inhalt.regensburg-kelheim-zwei-jahre-und-vier-monate-haftwegen -macheten-angriffs.9eac919e-47d5-4ce6-a643-0c6b7983815d. html, www.br.de/nachrichten/oberpfalz/inhalt/machete-angriff-asyl-kelheimregensburg -100.html, www.br.de/nachrichten/oberpfalz/inhalt/kelheimmachete -regensburg-zweites-urteil-100.html); b) Geiselnahme am 23. Juni 2016 durch Sabino M. in einem Kino in Viernheim (Hessen, vgl. www.bild.de/regional/frankfurt/frankfurt-aktuell/diekranke -welt-des-kino-geiselnehmers-46496526.bild.html); c) Attentat am 22. Juli 2016 durch David S., der am Olympiaeinkaufszentrum in München neun Menschen erschoss und weitere fünf Opfer verletzte (vgl. www.sueddeutsche.de/muenchen/amoklauf-oez-muenchen- 1.3693124, www.sueddeutsche.de/muenchen/oez-anschlag-muenchenrechtsextremismus -1.3906216); d) Sprengstoffanschlag in der Nacht vom 7. auf den 8. November 2016 auf das linke Kulturzentrum „Lokomov“ in Chemnitz (Sachsen, vgl. https://blog. zeit.de/stoerungsmelder/2016/11/08/sprengstoffanschlag-auf-chemnitzerlokomov _22639); e) Doppelmord an dem lesbischen Paar Beate N. und Elke W. am 9. Dezember 2016 in Hirblingen (Bayern) durch deren Nachbarn Waldemar N., der sich laut Zeugenaussagen mit Verschwörungstheorien der Reichsbürgerszene beschäftigt und Homosexuelle als „scheiß Schwule“ bezeichnet habe (vgl. www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Doppelmoerder-von- Hirblingen-muss-lebenslang-ins-Gefaengnis-id43374356.html, www. augsburger-allgemeine.de/augsburg-land/Waldemar-N-ein-Doppelmoerder- Fuer-seine-Freunde-unvorstellbar-id42892771.html); f) Tod der ägyptischen Studentin Shaden M., die in der Nacht vom 14. auf den 15. April 2017 in Cottbus (Brandenburg) von einem Auto überfahren wurde und danach von dem Fahrer rassistisch beleidigt worden sein soll (vgl. www.rbb24.de/panorama/beitrag/2017/08/tod-aegyptische-studentincottbus -auto-beschleunigung.html); g) Mord an dem irakischen Flüchtling Ceetin K. am 27. April 2017 durch Marvin H. und Maxim A. auf der Insel Amrum (Schleswig-Holstein, vgl. www.bild.de/regional/hamburg/mord/news-eilmeldung-amrum-55770144. bild.html); h) Mutmaßlicher Mord an der türkischen Gastronomin Birgül D. am 3. Mai 2017 in Duisburg (Nordrhein-Westfalen, vgl. www.bz-berlin.de/berlin/ mord-an-duisburger-cafe-besitzerin-haftbefehl-gegen-berliner-dj); i) Schüsse auf einen 44-jährigen syrischen Flüchtling, der dabei am 7. Juli 2017 in Torgau (Sachsen) lebensgefährlich verletzt wurde (vgl. https:// jungle.world/artikel/2018/17/die-stille-nach-den-schuessen); j) Vorsätzliche Körperverletzung am 21. Juli 2017 in Oberasbach (Bayern) an einer 56-jährigen türkischen Eisdielenbetreiberin, die von dem Täter vor ein fahrendes Auto geschubst wurde und nur knapp überlebte (vgl. www.nordbayern.de/region/frau-in-oberasbach-vor-auto-geschubst-sechsjahre -haft-1.7176761); Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3153 k) Mutmaßlicher Tötungsversuch an dem 55-jährigen Obdachlosen Reszap W., der zu Boden geschlagen und unter Steinen begraben wurde, in der Nacht vom 8. auf den 9. November 2017 in Bochum (Nordrhein-Westfalen, vgl. www.rp-online.de/nrw/panorama/bochum-unbekannter-begraebt-mannunter -steinen-aid-1.7249150); l) Mutmaßlicher Mordversuch an 30 rumänischen Bauarbeitern durch einen Brandanschlag auf ihre Unterkunft in der Nacht vom 30. November auf den 1. Dezember 2017 in Bergkamen (Nordrhein-Westfalen, vgl. www. bild.de/regional/ruhrgebiet/mordversuch/fahndung-nach-brandstifter- 54173790.bild.html); m) Schüsse auf einen Döner-Imbiss am 27. Dezember 2017 in Halle/Saale (Sachsen-Anhalt, vgl. www.mdr.de/sachsen-anhalt/halle/schuesse-aufdoener -imbiss-halle-100.html); n) Schüsse auf die beiden türkischen Döner-Imbiss-Besitzer Osman und Metin S. am 1. Januar 2018 in Kyritz (Brandenburg, vgl. https://polizei. brandenburg.de/fahndung/auf-wagen-geschossen/876098, www.vice.com/ de/article/d3wz9j/in-deutschland-werden-wieder-donerladen-attackiert); o) Schüsse auf ein islamisches Kulturzentrum am 2. Februar 2018 in Halle/Saale, wobei ein 34-jähriger Syrer verletzt wurde (Sachsen-Anhalt, vgl. www.mz-web.de/halle-saale/mann-verletzt-moschee-in-halle-neustadtvon -umliegendem-hochhaus-beschossen-29604746); p) Sprengstoffanschlag auf einen Döner-Imbiss am 3. Februar 2018 in Zinnowitz (Mecklenburg-Vorpommern, vgl. www.taz.de/!5482195); q) Brandstiftung in der Nacht vom 23. auf den 24. Februar 2018 in Mühlhausen in einem Wohn- und Geschäftshaus, in dem sich auch ein Gebetsraum des internationalen islamischen Kulturvereins befand, wobei das Gebäude zerstört wurde und 14 Bewohnerinnen und Bewohner gerettet werden mussten (Thüringen, vgl. www.mdr.de/thueringen/nord-thueringen/ unstrut-hainich/zentralrat-geht-nach-brand-muehlhausen-von-anschlag-aus- 100.html); r) Mutmaßliche gefährliche Körperverletzung durch einen u. a. wegen extrem rechter Äußerungen polizeibekannten 25-jährigen Verdächtigen, der am 6. April 2018 in Cottbus einen 31-Jährigen und einen 21-Jährigen mit seinem Auto angefahren haben soll (Brandenburg, vgl. www.rbb24.de/ panorama/beitrag/2018/04/cottbus-gelaendewagen-in-menschenmengegefahren -alkohol.html); s) Amokfahrt am 7. April 2018 in Münster, bei der Jens R., der laut Medienberichten wohlmöglich Kontakte in die extrem rechte Szene hatte, vier Menschen tötete und mehr als 20 weitere verletzte (Nordrhein-Westfalen, vgl. www.tagesspiegel.de/weltspiegel/taeter-von-muenster-hatte-deramokfahrer -jens-r-kontakte-zu-rechtsextremisten/21152350.html); t) Angriff auf einen 21-jährigen afghanischen Flüchtling am 30. April 2018 in Hildburghausen (Thüringen, vgl. www.thueringen24.de/thueringen/article 214178393/Drei-Maenner-attackieren-Asylanten-und-werfen-Fahrradweg .html); u) Bombenattrappe am 11. Mai 2018 vor einem Döner-Imbiss in Wehr (Baden -Württemberg, vgl. www.badische-zeitung.de/wehr/zum-motiv-tapptdie -polizei-noch-im-dunkeln--152795072.html); Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3153 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode v) Mord durch Robert K. an einer 75-jährigen Nachbarin am 12. Mai 2018 in Dresden und Schusswechsel mit der Polizei zwei Tage darauf im nahegelegenen Königsbrück (Sachsen, vgl. www.tag24.de/nachrichten/dresdenkoenigsbrueck -oma-killer-robert-k-schuesse-polizei-sek-suizid-579108); w) Fahrzeugattacke auf eine antifaschistische Demonstration am 16. Mai 2018 in Salzwedel (Sachsen-Anhalt, vgl. www.neues-deutschland.de/artikel/ 1088466.angriff-auf-antifa-protest-salzwedel-mann-faehrt-mit-auto-inlinke -demo.html, www.vice.com/de/article/3k4bzw/mutmasslicher-hellsangel -rast-in-linke-demo-die-polizei-aber-ermittelt-gegen-antifaschisten)? Die in den Fragen 1a, 1d und 1o aufgeführten Straf- und Gewalttaten sind im Kriminalpolizeilichen Meldedienst als Fälle „Politisch motivierter Kriminalität – rechts“ erfasst. Es wird darauf hingewiesen, dass die Fallzahlen für das Jahr 2018 bis zum 31. Januar 2019 vorläufigen Charakter haben, es also zu Nachmeldungen kommen kann. 2. Welche der in den Fragen 1a bis 1w genannten Straf- und Gewalttaten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung zunächst nicht als Fälle „Politisch motivierter Kriminalität – rechts“ erfasst und später im KPMD nachgemeldet ? Die hier als Fälle „Politisch motivierter Kriminalität – rechts“ erfassten Straftaten wurden in der Erstmeldung als solche deklariert. 3. Wurde in allen der in 1a bis 1w genannten Straf- und Gewalttaten eine mögliche „Politisch motivierte Kriminalität – rechts“ geprüft? Wenn nein, in welchen Fällen unterblieb die Prüfung aus welchen Gründen? Die Bearbeitung der Fragen 1a bis 1w aufgeführten Sachverhalte fiel nicht in die Zuständigkeit des Bundeskriminalamtes (BKA). Insofern nimmt die Bundesregierung hier keine Bewertung vor. Die Bewertung der Straf- und Gewalttaten obliegt grundsätzlich den zuständigen Polizeien der Länder. Das BKA erlangt keine Kenntnis über die Einzelfallprüfungen. Soweit eine politische Motivation erkannt wird, wird diese über den Kriminalpolizeilichen Meldedienst – Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) gemeldet. 4. In welchen der in den Fragen 1a bis 1w genannten Straf- und Gewalttaten kann nach Kenntnis der Bundesregierung bisher nicht ausgeschlossen werden , dass es sich um Fälle „Politisch motivierter Kriminalität – rechts“ handelt ? Dazu kann keine Aussage getroffen werden. Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333