Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 29. Juni 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3157 19. Wahlperiode 03.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Schäffler, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/2839 – Die Entwicklung europäischer Finanzpolitik nach dem Brexit V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Zuge der wirtschaftlichen Harmonisierung wurden innerhalb der EU eine Reihe von finanzpolitischen Institutionen, wie die Europäische Zentralbank (EZB) und die Europäische Investitionsbank (EIB), geschaffen. Durch den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union („Brexit“) wird eine Debatte über die Umstrukturierungen der europäischen Finanzpolitik notwendig . 1. Wie hoch ist der von der Bank of England an der EZB gehaltene Kapitalanteil (in Prozent und Euro)? Der Anteil der Bank of England am gezeichneten Kapital der EZB beträgt 13,67 Prozent. Hiervon zu unterscheiden ist das tatsächlich eingezahlte Kapital, denn nur die Zentralbanken des Euroraums zahlen ihren Kapitalanteil bei der EZB voll ein. Die anderen Zentralbanken zahlen lediglich 3,75 Prozent ihres Anteils ein, um sich an den Betriebskosten der EZB zu beteiligen. Im Falle der Bank of England ergibt dies rechnerisch einen Betrag von 55 509 147,81 Euro. 2. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass es nach dem Brexit zu Auszahlungen an die Bank of England bzw. das Vereinigte Königreich durch die EZB kommen kann? Ist der Bundesregierung bekannt, welche Position hierzu von der EZB und den übrigen nationalen Zentralbanken vertreten wird? Wenn ja, wie sehen diese aus? Die Bundesregierung verweist auf Artikel 142 des Entwurfs des Austrittsabkommens (abrufbar unter: https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/ draft_agree-ment_coloured.pdf). Dort ist niedergelegt, dass der eingezahlte Kapitalanteil an die Bank of England zurückerstattet werden soll. Die Positionen der EZB und der übrigen nationalen Zentralbanken hierzu sind der Bundesregierung nicht bekannt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3157 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Bestehen nach dem Brexit auch für das Vereinigte Königreich noch fortdauernde Verpflichtungen im Hinblick auf die Zahlungsbilanzfazilität? Die anteiligen Verpflichtungen des Vereinigten Königreichs mit Blick auf die Darlehensinstrumente sollen im Austrittsabkommen geregelt werden (vgl. Artikel 136 des Entwurfs des Austrittsabkommens). Zu den Darlehensinstrumenten zählt auch die Zahlungsbilanzfazilität. Diese Verpflichtungen stellen dabei sog. Eventualverbindlichkeiten dar, d. h. dass daraus für das Vereinigte Königreich und andere beteiligte EU-Mitgliedstaaten erst dann eine tatsächliche Zahlungsverpflichtung entsteht, wenn ein von der Europäischen Union auf Basis der Zahlungsbilanzfazilität gewährtes Darlehen vom Darlehensnehmer nicht entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen zurückgezahlt wird. a) Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage bestehen diese Verpflichtungen? Die Zahlungsbilanzfazilität vergibt finanzielle Unterstützung an Drittländer auf Grundlage des Artikel 143 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union und der Zahlungsbilanzverordnung (Verordnung (EG) Nr. 332/2002). Die daraus bestehenden, anteiligen Verpflichtungen für das Vereinigte Königreich sollen im Austrittsabkommen geregelt werden (siehe dazu Artikel 136 Absatz 1 (a) des Entwurfs des Austrittsabkommens, der auf die nach der Zahlungsbilanzverordnung vergebenen Darlehen verweist). b) Wenn ja, in welcher Höhe stehen gemeinschaftlich garantierte Darlehen an welche Mitgliedstaaten noch aus? Zum Stichtag 5. Juni 2018 stehen gemeinschaftlich garantierte Darlehen im Rahmen der Zahlungsbilanzfazilität in Höhe von insgesamt 1,85 Mrd. Euro aus, davon 1,15 Mrd. Euro für Rumänien und 0,7 Mrd. Euro für Lettland. 4. Wie hoch ist das diesjährige Kapital und Fördervolumen der Europäischen Investitionsbank (EIB)? Das gezeichnete Kapital der EIB beträgt EUR 243 Mrd. Euro. Die EIB plant für das Gesamtjahr 2018 ein Kreditvolumen von 63 Mrd. Euro. 5. Wie hoch ist der gezeichnete Anteil des Vereinigten Königreichs am Kapital der EIB (in Prozent und Euro)? Der prozentuale Anteil des Vereinigten Königreichs an der EIB beträgt 16,11 Prozent , das entspricht 39 195 022,00 Euro.“ 6. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass das Vereinigte Königreich nach einem Brexit gemäß Artikel 308 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und gemäß Artikel 3 der Satzung der EIB nicht mehr Mitglied der EIB sein kann? Gemäß Artikel 308 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sind Mitglieder der EIB die Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Das Vereinigte Königreich kann nach seinem Austritt aus der EU nicht mehr Anteilseigner der EIB sein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3157 7. Wie bewertet die Bundesregierung, ob nach dem Brexit dem Vereinigten Königreich der eingezahlte Anteil bei der EIB wieder auszuzahlen sei? Welcher Geldbetrag würde an das Vereinigte Königreich auszuzahlen sein? Artikel 143 Absatz 4 des Entwurfs des Austrittsabkommens sieht vor, dass die EIB das eingezahlte Kapital des Vereinigten Königreichs in Höhe von 3,5 Mrd. Euro von 2019 bis 2030 in zwölf jährlichen Raten zurückerstatten wird. 8. In welcher Höhe hat das Vereinigte Königreich Garantien gegenüber der EIB angegeben, und von welcher rechtlichen Natur sind diese? Die Verpflichtung des Vereinigten Königreichs als Mitglied der EIB in Bezug auf seinen Anteil am abrufbaren Kapital beträgt 35,6 Mrd. Euro. Sie wird als Eventualverbindlichkeit im Haushalt des Vereinigten Königreichs geführt. 9. Wie viele Kredite mit welchen ausstehenden Volumina und mit welchen Laufzeiten hat die EIB über den avisierten Zeitpunkt des Brexits hinaus vergeben (bitte je gesondert nach Krediten, Volumina sowie nach Laufzeiten auflisten)? Das aktive Portfolio der ausgezahlten Darlehen der EIB an private und öffentliche Kreditnehmer im Vereinigten Königreich beträgt ca. 39,8 Mrd. Euro. Es hat derzeit eine durchschnittliche gewichtete Fälligkeit von rund elf Jahren. Seit 2007 wurden 399 Kreditverträge der EIB im Vereinigten Königreich unterzeichnet. 10. Werden nach Kenntnis der Bundesregierung innerhalb der EIB Diskussionen zu einer Revisionsklausel geführt? Wenn ja, wie ist der derzeitige Stand hierzu? Die Rechtsabteilung der EIB ist der Auffassung, dass der Brexit gegenüber Kreditnehmern im Vereinigten Königreich kein Kreditereignis darstellt, das die EIB zur Fälligstellung von Darlehen berechtigen würde. 11. Inwieweit wird sich durch den Brexit die Eigenkapitalbasis der EIB verändern ? Das Eigenkapital der EIB verringert sich durch den Wegfall des Vereinigten Königreichs als Anteilseigner um 39,3 Mrd. Euro, wenn dieses nicht von anderen Anteilseignern übernommen wird. a) Hätte dies Auswirkungen auf das Neugeschäft der EIB? Auf die Antwort zu Frage 11c wird verwiesen. Die Höhe des neu zu vergebenden Kreditvolumens der EIB bemisst sich nach dem verfügbaren Rahmen, der durch die Gearing Ratio definiert wird. b) Inwiefern wäre nach Kenntnis der Bundesregierung die Bonität der EIB (AAA-Rating) durch den Brexit bzw. einen Verlust eines Teils der Eigenkapitalbasis betroffen? Zur Einstufung der EIB durch die Ratingagenturen äußert sich die Bundesregierung nicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3157 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode c) Welche Rolle spielt dabei die sog. Gearing Ratio (Verschuldungsgrad) von 250 Prozent? Die jeweils ausstehenden Darlehen und Bürgschaften der Bank dürfen insgesamt 250 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Rücklagen, der nicht zugeteilten Provisionen und des Überschusses der Gewinn- und Verlustrechnung nicht überschreiten . d) Besteht innerhalb der Bundesregierung eine abgestimmte Position, ob nach dem Brexit Veränderungen bei der EIB vorgenommen werden sollen ? Die Bundesregierung, unter Federführung des Bundesministeriums der Finanzen und im Einvernehmen mit den beteiligten Ressorts, beobachtet und diskutiert gemeinsam mit den anderen Anteilseignern und dem Management der EIB die Situation sehr eingehend. Über etwa notwendig werdende Veränderungen würde im Verwaltungsrat und im Gouverneursrat der EIB zu entscheiden sein. 12. Wie groß ist das aktuelle Volumen des Europäischen Entwicklungsfonds (EEF)? Welchen Anteil trägt bislang das Vereinigte Königreich dazu bei? Der 11. EEF umfasst einen Betrag von 30,506 Mrd. Euro. Der Anteil des Vereinigten Königreichs liegt bei 14,67862 Prozent (4,477859817 Mrd. Euro). 13. Wie bewertet die Bundesregierung, ob es mit dem Wegfall des Vereinigten Königreichs (derzeit rund 14,7 Prozent) als Beitragszahler für den Europäischen Entwicklungsfonds zu einem Anstieg des durch Deutschland zu leistenden Beitrages (derzeit rund 20,7 Prozent) kommen könnte? Gibt es Bemühungen seitens der Bundesregierung, dies zu verhindern? Der Entwurf des Austrittsabkommens zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich sieht vor, dass das Vereinigte Königreich auch nach seinem Austritt aus der EU bis zum Ende der Übergangsphase am 31. Dezember 2020 seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Union nachkommt. Dies schließt in Artikel 145 des Entwurfs auch die britischen EEF- Beiträge ein. Die EU-Kommission rechnet damit, dass bis zum Ende der Übergangsphase alle Mittel aus dem 11. EEF zugesagt werden. Die Zusage der Mittel verpflichtet die Mitgliedstaaten und das Vereinigte Königreich zu Bereitstellung der Mittel auch nach 2020. Insoweit wird es nach derzeitigem Stand also nicht zu einem Wegfall der britischen Beiträge kommen. 14. Erwägt die Bundesregierung eine Kürzung der dem EEF zur Verfügung gestellten Mittel? Wenn nein, hat die Bundesregierung schon in Szenarien unterlegt, mit welchen ansteigenden Beitragszahlungen zu rechnen sein könnte? Nach dem Entwurf des Austrittsabkommens wird das Vereinigte Königreich verpflichtet , seinen finanziellen Verpflichtungen auch nach dem Austritt bis zum Ende der Übergangsphase weiterhin nachzukommen. Insoweit ist derzeit weder mit einer Kürzung der EEF Beiträge noch mit ansteigenden Beitragszahlungen für die anderen Mitgliedstaaten zu rechnen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3157 15. Wie sieht der derzeitige Stand zu der Frage der Fortführung des aktuellen 11. EEF bis 2020 mit seinem Gesamtvolumen von 30,5 Mrd. Euro im Hinblick auf den bevorstehenden Brexit aus? Der Entwurf des Austrittsabkommens verpflichtet das Vereinigte Königreich, seinen finanziellen Verpflichtungen bis zum Ende der Übergangsphase am 31. Dezember 2020 vollumfänglich nachzukommen. Der 11. EEF läuft ebenfalls am 31. Dezember 2020 aus. Bis zu diesem Datum wird der EEF also nach derzeitigem Stand regulär weitergeführt und vom Brexit nicht beeinflusst werden. 16. Sind bereits Verhandlungen zu einem 12. EEF aufgenommen worden? Und wenn ja, wie ist der derzeitige Stand? Der am 14. Juni 2018 veröffentlichte Vorschlag der EU-Kommission für ein neues einheitliches Außenfinanzierungsinstrument der Europäischen Union (Neighbourhood , Development and International Cooperation Instrument, NDICI) sieht die Überführung des EEF in den Haushalt der EU und die Zusammenlegung mit weiteren Außenfinanzierungsinstrumenten vor. Derzeit finden keine Verhandlungen über einen 12. EEF statt. 17. Stellt der EEF nach der Auffassung der Bundesregierung ein Sondervermögen dar? a) Wenn ja, welche Schritte müsste das Vereinigte Königreich unternehmen, um die Verpflichtung zu seiner Einzahlung zu beenden? b) Bliebe im Falle einer ausbleibenden Kündigung durch das Vereinigte Königreich die Verpflichtung zur Zahlung auch ohne Übergangsregelungen bestehen? c) Welche (rechtlichen) Änderungen ergäben sich, wenn der EEF kein Sondervermögen darstellen würde? Der EEF stellt ein Sondervermögen dar. Nach dem Entwurf des Austrittsabkommens bleibt das Vereinigte Königreich bis zum Ende der Übergangsphase zur Einzahlung in den EEF verpflichtet. Die Verpflichtung aus dem Austrittsabkommen würde auch gelten, wenn es sich beim EEF nicht um ein Sondervermögen handeln würde. 18. Setzt sich die Bundesregierung für die Überführung des EEF in den EU- Haushalt ein? Ja. 19. Würde sich im Falle einer Überführung des EEF in den EU-Haushalt der von Deutschland zu tragende Anteil von 20,58 Prozent erhöhen? Wenn ja, auf wie viel Prozent würde er sich erhöhen? Der deutsche Finanzierungsanteil am EU-Haushalt ist unabhängig von der Frage, ob der EEF in den EU-Haushalt überführt wird. Er hängt von der Anzahl der Mitgliedstaaten und den Regeln des Eigenmittelbeschlusses ab. Dieser wird gerade neu verhandelt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333