Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 2. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3219 19. Wahlperiode 04.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Keul, Agnieszka Brugger, Dr. Tobias Lindner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/2816 – Regulierung von Autonomen Waffensystemen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit 2013 befasst sich die CCW (VN-Konvention über bestimmte konventionelle Waffen) mit den Entwicklungen im Bereich sogenannter Letaler Autonomer Waffensysteme (LAWS). Nach anfänglich informellen Gesprächsformaten hat sich die CCW darauf verständigt, eine Gruppe offizieller Expertinnen und Experten einzurichten (Group of Governmental Experts – GGE). Diese existiert seit 2017 und traf sich letztmalig im April 2018. Die Debatten seit 2013 drehen sich um die Frage des Grades der Autonomie von Waffensystemen, aber auch dem Einfluss des Menschen über diese Systeme. Letzteres spielt umso mehr eine Rolle, je weiter die Entwicklung im Bereich Künstliche Intelligenz voranschreitet . Es stellt sich die Frage, wie eine sinnvolle Einhegung der technologischen Entwicklung im Bereich autonom agierender Waffensysteme noch stattfinden kann. Von vielen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren wird das Ziel formuliert, dass es keine Waffensysteme geben dürfe, die eigenständig die Entscheidung über Leben und Tod treffen. Die Internationale Kampagne „Stop Killer Robots“, ein Zusammenschluss namhafter Nichtregierungsorganisationen mehrerer Länder, angeführt von Human Rights Watch (in Deutschland koordiniert von Facing Finance), ist in dieser Hinsicht sehr klar und setzt sich für ein vollständiges Verbot Letaler Autonomer Waffensysteme ein. Gleiches gilt für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz und 3000 Forscherinnen und Forschern sowie 116 Gründerinnen und Gründern bedeutender Firmen im Bereich Künstliche Intelligenz und Robotik, die 2015 bzw. 2017 Regierungen aufforderten, unverzüglich eine Ächtung solcher Systeme anzustreben (vgl.: ICRC, u. a.: www.icrc.org/en/publication/4283- autonomous-weapons-systems#, offene Briefe: https://futureoflife.org/open-letterautonomous -weapons/; https://futureoflife.org/autonomous-weapons-open-letter- 2017/). Vorbild ist das präventive Verbot von Blendlaserwaffen in einem Zusatzprotokoll zur CCW im Jahre 1996. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3219 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Koalition aus CDU, CSU und SPD bekennt sich sowohl im Koalitionsvertrag von 2013 als auch 2018 zu einer weltweiten Ächtung Autonomer Waffensysteme . Zum Treffen der GGE im November 2017 reichte Deutschland zusammen mit Frankreich ein Konzeptpapier ein, in dem die beiden Länder unter anderem für mehr Transparenz und einen Verhaltenskodex werben. Gleichzeitig sind im Koalitionsvertrag von 2018 verschiedene Aktivitäten im Bereich „Künstliche Intelligenz“ angekündigt, ohne dass auf die gleichzeitig stattfindenden Bemühungen zur Einhegung im Bereich der Sicherheitspolitik explizit eingegangen wird. In der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 19/1525 wurde erfragt, welche Ziele und Vorhaben die Bundesregierung im Bereich Künstlicher Intelligenz erreichen möchte. In der Antwort der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 19/1982 ist der gesamte Bereich der Sicherheitspolitik ausgenommen. Ausgerechnet hier plant aber Frankreich , das ein enger Partner der Bundesregierung in diesen Fragen ist, nach Medienangaben ein großes Investitionsvorhaben im Bereich der Rüstungsforschung (www.defensenews.com/intel-geoint/2018/03/16/france-to-increaseinvestment -in-ai-for-future-weapon-systems/). Und die Trilog-Verhandlungen auf europäischer Ebene haben die Finanzierung von Autonomen Waffensystemen durch den Europäischen Verteidigungsfonds Ende Mai 2018 für grundsätzlich möglich erklärt (https://euobserver.com/science/141885). Bei diesen Ankündigungen ist es fraglich, ob die Gespräche zur Regulierung von Autonomie in Waffensystemen und ihrem Einsatz in eben diesen Schritt halten können mit der Geschwindigkeit, mit der deren Weiterentwicklung finanziell und politisch vorangetrieben wird. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die folgenden Antworten beziehen sich ausschließlich auf zukünftig denkbare letale autonome Waffensysteme (LAWS) die der Entscheidungsgewalt des Menschen über Leben und Tod gänzlich entzogen sind. Der im Rahmen des VN-Waffenübereinkommens (CCW) verwendete Begriff „Autonome Waffensysteme“ berücksichtigt nach dem Verständnis der Bundesregierung keine Waffensysteme, die auf autonomen Teil-Funktionalitäten basieren, wie z. B. Waffensysteme zur Kampfmittelbeseitigung, zum Minenräumen oder militärische Schutzsysteme. 1. Inwieweit folgt die Bundesregierung der Bewertung des Internationalen Roten Kreuzes, dass es nach internationalem humanitären Völkerrecht rechtliche Begrenzungen für Autonome Waffensysteme geben muss und Waffen ohne menschliche Kontrolle grundsätzlich rechtswidrig sind? Die Bundesregierung setzt sich aktiv für die Ächtung letaler autonomer Waffensysteme ein, die dem Menschen die Entscheidungsgewalt über Leben und Tod entziehen. Oberste Leitlinie in allen Fragen des Einsatzes von Kriegswaffen sind die Vorgaben des internationalen Rechts, insbesondere des humanitären Völkerrechts , das unter anderem den Einsatz von Waffen verbietet, wenn nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterschieden werden kann und gegen das Gebot zur Verhinderung übermäßiger Leiden verstoßen wird. Insbesondere muss bei Entscheidungen über Leben und Tod immer der Mensch die letzte Verantwortung tragen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3219 2. Unterstützt die Bundesregierung die in einer Resolution des Europäischen Parlaments (P7_TA(2014)0172) formulierten Ziele, die Entwicklung, Produktion und Verwendung von vollkommen autonom funktionierenden Waffen , mit denen Militärangriffe ohne Mitwirkung des Menschen möglich sind, zu verbieten? a) Falls ja, was unternimmt die Bundesregierung, um die in der Resolution 2014 und der seitdem jährlich (sowie aktuell: A8-2018-0037 Artikel 6a (legislativ), 2017/2122(INI) Paragraph 43, 2016/2219(INI) Paragraphen 177 und 178, 2016/2020(INI) Paragraphen J und X, 2015/3035(RSP) Paragraph 54, 2015/229(INI) Paragraph 74 und 2015/2572(RSP) Paragraph 52) wieder formulierte Zielsetzung auf nationaler, europäischer wie internationaler Ebene konkret umzusetzen? b) Falls nein, warum nicht? Auf die Antwort zu den Fragen 1 und 3 wird verwiesen. 3. Welche Maßnahmen wurden und werden von der vorherigen und jetzigen, aus den gleichen Koalitionspartnern bestehenden Bundesregierung unternommen , um dem seit 2013 formulierten Ziel der jeweiligen Koalitionsverträge zwischen CDU, CSU und SPD vollautonome Waffensysteme ächten zu wollen, konkret unternommen (bitte nach konkreten Maßnahmen auf nationaler , europäischer wie internationaler Ebene auflisten)? Der internationale Dialog über Optionen für eine Regulierung letaler autonomer Waffensysteme wird im Rahmen des Waffenübereinkommens der Vereinten Nationen (Konvention über bestimmte konventionelle Waffen, CCW) in Genf geführt . Maßgeblich auf Initiative der Bundesregierung wurde 2014 eine informelle Arbeitsgruppe der CCW gebildet, in deren Arbeit sich Deutschland als thematischer Koordinator eingebracht hat. 2015 und 2016 führte Deutschland den Vorsitz der Arbeitsgruppe und konnte in dieser Zeit den inhaltlichen Rahmen der Diskussion entscheidend mitdefinieren. Die inhaltlichen Fortschritte der Arbeitsgruppe ermöglichten 2016 eine Einigung über die Erteilung eines Mandats für eine Gruppe der Regierungsexperten (GGE) innerhalb der CCW mit dem Auftrag, konkrete Optionen für die Regulierung letaler autonomer Waffensysteme zu entwickeln . Gemeinsam mit Frankreich hat Deutschland den Beratungen der GGE zentrale inhaltliche Impulse gegeben, unter anderem mit der Vorlage eines Arbeitspapiers (www.undocs.org/ccw/gge.1/2017/WP.4) mit konkreten Handlungsoptionen . Dazu zählen eine politische Erklärung der Vertragsstaaten, die das Prinzip wirksamer menschlicher Kontrolle über alle künftigen letalen autonomen Waffensysteme festschreibt sowie darauf aufbauend Transparenzmaßnahmen, die Schaffung eines wissenschaftlichen Beratergremiums innerhalb der CCW zum Informationsaustausch über aktuelle technologische Entwicklungen sowie, in einem weiteren Schritt, ein militärischer Verhaltenskodex. Zur Vertiefung der Diskussion über konkrete Handlungsoptionen haben Frankreich und Deutschland 2017 und 2018 Vertreter aller Vertragsstaaten sowie der Zivilgesellschaft zu thematischen Workshops eingeladen. Parallel zu den diplomatischen Initiativen hat die Bundesregierung über die Förderung der Arbeit des Expertengremiums „International Panel on the Regulation of Autonomous Weapons“ (iPraw) unter Leitung der Stiftung Wissenschaft und Politik einen wichtigen Beitrag zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Thematik geleistet. iPraw erhielt jeweils die Möglichkeit , seine Forschungsergebnisse am Rande der Sitzungen der GGE zu präsentieren und konnte damit jeweils direkten wissenschaftlichen Input für die Verhandlungen der Vertragsstaaten leisten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3219 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Wie bewertet die Bundesregierung die Entwicklungen bei der CCW seit 2013 bezüglich des erreichten Diskussionsstandes der teilnehmenden Mitgliedstaaten mit Blick auf eine Regulierung autonomer Waffensysteme? Trotz zunehmender Substanz bleiben die Diskussionen innerhalb der CCW bislang hinter der politischen Zielsetzung der Bundesregierung, konkrete Fortschritte im Hinblick auf eine Ächtung letaler autonomer Systeme zu erreichen, zurück. 5. Welchen Stellenwert hat das von Deutschland zusammen mit Frankreich im November 2017 eingereichte Arbeitspapier (CCW/GGE.1/2017/WP.4)? Das gemeinsame deutsch-französische Arbeitspapier kann angesichts der sehr unterschiedlichen Interessenlage der Vertragsstaaten eine Brückenfunktion erfüllen und damit eine auf verhärteten Positionen beruhende Stagnation der komplexen Verhandlungen vermeiden. Das Arbeitspapier hat bereits wichtige Impulse für eine ergebnisorientierte Diskussionsführung innerhalb der Gruppe der Regierungsexperten gegeben. 6. Wie war die Reaktion der anderen teilnehmenden Staaten auf die dort von Frankreich und Deutschland gemachten Vorschläge? Das gemeinsame deutsch-französische Arbeitspapier wurde von den Vertragsstaaten des VN-Waffenübereinkommens mit Interesse aufgenommen, insbesondere im Hinblick auf die darin enthaltenden konkreten Handlungsoptionen. Die von Deutschland und Frankreich unterbreiteten Optionen sind die bisher einzigen konkreten Anregungen für weitere Befassungen im Rahmen einer in das Jahr 2019 verlängerten Regierungsexpertengruppe, die zunächst durch die Vertragsstaatenkonferenz des VN-Waffenübereinkommens im November 2018 zu mandatieren sein wird. 7. Mit welchen Ländern außer Frankreich stimmt sich die Bundesregierung bezüglich der Positionierung zum Thema LAWS in der CCW ab? Die Bundesregierung stimmt sich mit allen für die Positionierung der verschiedenen Staatengruppen maßgeblichen Vertragsstaaten ab. 8. Hält die Bundesregierung die Ankündigung Frankreichs, jährlich 100 Mio. Euro in die Entwicklung Künstlicher Intelligenz für Waffensysteme zu investieren , für konform mit dem gemeinsam eingereichten Papier bei der CCW im November 2017? Frankreich hat sich mit dem gemeinsamen deutsch-französischen Arbeitspapier gegen die Entwicklung letaler autonomer Waffensysteme positioniert, was gleichwohl die Erforschung künstlicher Intelligenz zur Nutzung in Waffensystemen mit autonomen (Teil-) Funktionen nicht ausschließt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3219 9. Teilt die Bundesregierung die Position des Europäischen Parlaments, wie im Legislativbericht A8-0037/2018 (vgl.: www.europarl.europa.eu/sides/getDoc. do?type=REPORT&reference=A8-2018-0037&language=DE) über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Europäischen Programms zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich zwecks Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und der Innovation in der Verteidigungsindustrie der EU der Berichterstatterin Françoise Grossetête unter Artikel 6 (4a) formuliert, dass autonome Waffensysteme nicht unter der neuen Verordnung förderungswürdig sind? Die Bundesregierung teilt die Auffassung der in Artikel 6 (4a) des Verordnungsentwurfs zum Europäischen Programm zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich (EDIDP) getroffenen Regelung, die Förderung von Projekten auszuschließen, die der Entwicklung oder Nutzung von Produkten/Technologien dienen, die nach internationalem Recht verboten sind. Auf die Antwort zu Frage 19 wird verwiesen. 10. Wird die Bundesregierung eigene Forschungsprojekte zu Autonomen Waffensystemen verfolgen, die aus dem Europäischen Verteidigungsfonds gefördert werden sollen? a) Falls ja, welche Vorhaben gibt es konkret? b) Falls nein, laufen bereits andere Forschungsprojekte oder sind derzeit in Planung? Im Europäischen Verteidigungsfonds werden derzeit keine Forschungsprojekte zu letalen autonomen Waffensystemen gefördert, es gibt auch keine diesbezüglichen Planungen. Auch im Rahmen der nationalen wehrtechnischen Forschung und Technik werden Projekte zu letalen autonomen Waffensystemen weder durchgeführt noch sind solche geplant. 11. Wie bewertet die Bundesregierung die Gefahr eines Wettrüstens im Bereich Autonomer Waffensysteme im Allgemeinen und im Besonderen, wenn hierfür Fördergelder bereitgestellt werden? Nach Einschätzung der Bundesregierung kann die Entwicklung autonomer Funktionen zur Nutzung in Waffensystemen die bereits bestehenden Aufrüstungstrends weiter verstärken. 12. Trifft es tatsächlich zu, dass wie in Antwort zu Frage 14 der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/1982 von der Bundesregierung ausgeführt, dass das Bundesministerium der Verteidigung sich in keiner Weise mit Fragen der Künstlichen Intelligenz befasst? a) Falls nein, warum nicht? b) Falls ja, mit welchen Fragen der Künstlichen Intelligenz befasst sich das Bundesministerium der Verteidigung im Konkreten? Im Bundesministerium der Verteidigung befassen sich verschiedene Abteilungen mit den Möglichkeiten zur Umsetzung von Techniken der Künstlichen Intelligenz . Dabei werden die konzeptionellen Grundlagen zum grundsätzlichen Einsatz der Künstlichen Intelligenz im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung erarbeitet und die politischen Aspekte der Thematik Künstlicher Intelligenz beleuchtet. Aspekte der technischen Umsetzung mit Anwendungsschwerpunkt fortschrittlicher Analysemethoden werden untersucht und es wird Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3219 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode im Rahmen einer Studie an einer software-basierten Unterstützung der Krisenfrüherkennung unter Nutzung von maschinellem Lernen, einem Teilbereich der Künstlichen Intelligenz, gearbeitet. 13. Inwieweit befassen sich die von der Bundesregierung ins Leben gerufenen oder derzeit in Planung befindlichen Diskussionsformate und Kommissionen zum Thema Künstliche Intelligenz (vgl. Bundestagsdrucksache 19/1982) auch mit Fragen der Sicherheitspolitik, oder ist dieser Themenbereich nach heutigem Stand explizit als Beratungsgegenstand ausgenommen? Die bisher eingerichteten Diskussionsformate oder Kommissionen zur Künstlichen Intelligenz, wie das Hightech-Fachforum Autonome Systeme und die Plattform Lernende Systeme, behandeln derzeit keine Fragen der Sicherheitspolitik. 14. Inwieweit sind Fragen der Sicherheitspolitik im Allgemeinen und Fragen zu Autonomen Waffensystemen im Besonderen Gegenstand des im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD in Aussicht gestellten „Masterplan Künstliche Intelligenz“, und wann wird dieser vorgelegt? Die Bundesregierung beabsichtigt, den Masterplan im vierten Quartal 2018 zu verabschieden und öffentlich vorzustellen. 15. Welche Gefahren sieht die Bundesregierung bei einer weiteren Abgabe von Entscheidungsfindung an maschinelle Systeme für die Wahrscheinlichkeit eines Atomkrieges, wie es etwa die Interparlamentarische Union (IPU) im Jahr 2015 in ihrer Resolution „Cyber Warfare: a serious threat to peace and global security“ anmahnt? Auf die Antwort zu Frage 19 wird verwiesen. 16. Wie bewertet die Bundesregierung die Risiken durch Fehlprogrammierung, Hacking, Systemstörungen und Defekte beim Einsatz von Autonomen Waffensystemen ? Jedem technischen System sind, unabhängig vom Grad seiner Automatisation, Fehler und mögliche Defekte immanent. Darüber hinaus kann auch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass Waffensysteme durch Dritte gestört oder übernommen werden können. Dies träfe auch auf Systeme mit autonomen Funktionalitäten zu. Dies bedeutet, dass (wie bereits bei heutigen Waffensystemen üblich ) auch zukünftig gegebenenfalls autonome Systeme bzw. Systeme mit autonomen Funktionalitäten vor ihrer Einführung umfangreichen Tests und Prüfungen unterzogen werden müssen, um Fehlerwahrscheinlichkeiten einschätzen und Fehlermöglichkeiten weitgehend ausschalten bzw. die Resilienz entsprechender Systeme gegen Störungen von außen entsprechend erhöhen zu können. Da die Bundeswehr gegenwärtig über keine autonomen Waffensysteme und somit auch nicht über Informationen über mögliche Störanfälligkeit in Bezug auf ein konkretes System verfügt, ist eine qualitative oder quantitative Bewertung des Risikos oder der Eintrittswahrscheinlichkeit nicht möglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/3219 17. Wie bewertet die Bundesregierung das Risiko einer unkontrollierten Verbreitung von Autonomen Waffensystemen, bzw. ihrer Vorgängertechnologien , an nichtstaatliche Akteure vor dem Hintergrund des Schutzes eigener Soldatinnen und Soldaten sowie der öffentlichen Sicherheit, und welche Schritte unternimmt sie hier? Die Bundesregierung sieht mit Blick auf die grundsätzlich breite Verfügbarkeit von Technologien (zum Beispiel Software) das Risiko deren unkontrollierter Verbreitung als wesentlich größer an, als entsprechende Risiken einer unkontrollierten Verbreitung fertiger Waffensysteme. 18. Welche im Bestand der Bundeswehr befindlichen Waffensysteme lassen sich nach Meinung der Bundesregierung als autonom oder teilautonom agierend bezeichnen (bitte genaue Auflistung der Waffensysteme vornehmen)? Die Bundeswehr verfügt über keine autonomen bzw. teilautonomen Waffensysteme . Die Bundeswehr verfügt über Waffensysteme, die entweder ferngesteuert betrieben oder automatisiert sind (im Sinne des Folgens vorprogrammierter Algorithmen ) und damit nicht eigenständig Entscheidungen über Leben und Tod treffen (siehe Antwort zu Frage 19). 19. Hat die Bundesregierung eigene, für sich geltende „Leitlinien“, bis zu welchem Grad von Autonomie sie eigene Waffensysteme anschaffen möchte, oder orientiert man sich an Leitlinien anderer? a) Falls ja, welche bzw. an welchen? b) Falls nein, sind diese in Planung, gegebenenfalls auch mit Partnern? Die Bundesregierung ist davon überzeugt, dass der Mensch die Entscheidungsgewalt über Leben und Tod behalten muss und lehnt daher Waffensysteme, die dem Menschen die Entscheidung über den Waffeneinsatz gegen Personen entziehen, ab. 20. Plant die Bundesregierung unabhängig vom Vorgang auf internationaler Ebene nationale gesetzliche Schritte, Autonome Waffensysteme zu ächten, um dem Ziel des Koalitionsvertrags zwischen CDU, CSU und SPD zu entsprechen ? Die Bundesregierung ist national an die Vorgaben des Internationalen Humanitären Völkerrechts und internationaler Abkommen zur Rüstungskontrolle gebunden . Zusätzliche nationale gesetzliche Schritte zur Umsetzung der Vorgaben des Koalitionsvertrages sind daher nicht vorgesehen. 21. Was hält die Bundesregierung von dem Vorschlag, den Grad der menschlichen Einflussnahme über Waffensysteme zu definieren, anstatt wie bisher eine Definition über den Grad von Autonomie herbeizuführen, wie es beispielsweise in der Studie „Autonomy in Weapon Systems“ angeregt wird (s. www.boell.de/de/2018/05/23/autonomy-weapon-systems)? Für die Bundesregierung ist eine Einigung über Mindeststandards wirksamer menschlicher Kontrolle zentrales Element in der Diskussion über Handlungsoptionen der CCW-Vertragsstaaten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3219 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 22. Führten nach Kenntnis der Bundesregierung in der Vergangenheit bei der Überprüfung neuer Waffensysteme (im Rahmen des Artikels 36 des Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte – Protokoll II) Verpflichtungen Deutschlands autonome Fähigkeiten bei als kritisch beschriebenen Funktionen (Ziererkennung, Zielerfassung, Zielbewertung und Zielbekämpfung ) zur Einstellung von Waffenprogrammen? Zur Umsetzung des in der Frage genannten Artikels 36 und damit zur Durchführung von Waffenprüfungen ist im Bundesministerium der Verteidigung der „Steuerkreis Prüfung neuer Waffen und Methoden der Kriegführung“ (Steuerkreis ) eingerichtet. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 18 verwiesen. 23. Mit welchen Positionen wird die Bundesregierung, eventuell im Verbund mit Frankreich, zum nächsten Treffen der Group of Governmental Experts im August 2018 nach Genf fahren? Die Bundesregierung wird sich aktiv dafür einsetzen, dass autonome letale Waffensysteme , die dem Menschen die Entscheidungsgewalt über Leben und Tod entziehen, verhindert werden (siehe Antwort zu Frage 19). Da eine internationale Ächtung entsprechender Waffensysteme aufgrund der unterschiedlichen Positionierung der Vertragsstaaten der CCW aktuell nicht durchsetzbar erscheint, wird die Bundesregierung weiterhin Optionen entwickeln, die alle Vertragsstaaten zu Schritten ermutigen, die dem Ziel der Verhinderung solcher Waffensysteme dienen . Als ersten Schritt wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, der Gruppe der Regierungsexperten ein Mandat zur Verhandlung einer politischen Erklärung zu erteilen, die das Prinzip wirksamer menschlicher Kontrolle über alle künftigen Waffensysteme festschreibt. Darauf aufbauend soll Einigung über Transparenzmaßnahmen und einen militärischen Verhaltenskodex erzielt werden. Ziel der Bundesregierung ist die Ächtung letaler autonomer Waffensysteme, die dem Menschen die Entscheidungsgewalt über Leben und Tod entziehen. 24. Wird die Bundesregierung sich aktiv dafür einsetzen, dass im Rahmen der Europäischen Union sich die 28 Mitgliedstaaten, mithilfe der Hohen Repräsentantin und ihres Auswärtigen Dienstes, auf eine gemeinsame Position vor der nächsten Verhandlungsrunde der Group of Governmental Experts einigen ? Die Bundesregierung stimmt sich mit ihren EU-Partnern laufend ab, um eine geschlossene Haltung aller EU-Staaten zu erreichen. 25. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die VN-Waffenkonvention (CCW) ab 2019 ein offizielles Verhandlungsmandat über eine Verbotskonvention für Autonome Waffensysteme beschließt? Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333