Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 3. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3250 19. Wahlperiode 05.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Christian Wirth und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/2854 – Überwachungsmaßnahmen, Kosten und asylrechtliche Folgen nach Selbstbezichtigung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im April 2018 berichteten mehrere deutsche Zeitungen, dass eine zunehmende Zahl von Asylbewerbern in Deutschland plötzlich gegenüber den Behörden behauptet , dass sie in terroristische Aktivitäten in ihren Heimatländern verwickelt waren. Vermutet wird hinter vielen dieser Selbstbezichtigungen der Versuch, sich einen längeren oder dauerhaften Aufenthalt in Deutschland zu erschleichen, wenn der Eindruck entsteht, dass im Heimatland Folter oder die Todesstrafe droht (www.welt.de/politik/article166675821/Zahlreiche-Fluechtlinge-zeigen-sichwegen -Terror-selbst-an.html, siehe auch www.spiegel.de/politik/deutschland/ fluechtlinge-tausende-afghanische-fluechtlinge-bezichtigen-sich-selbst-alstaliban -a-1144254.html). Hieraus ergeben sich nach Auffassung der Fragesteller mehrere Probleme. Sollte es sich hier tatsächlich um eine Täuschung handeln, so werden die entsprechenden Behörden über Gebühr belastet und der deutsche Steuerzahler zahlt. Gleichzeitig dürfen solche Selbstbezichtigungen natürlich nicht ignoriert werden, woraus sich ebenfalls enormer Ermittlungs- und Überwachungsaufwand ergibt. Schließlich besteht, in Fällen in denen die Bezichtigung sich als korrekt herausstellt, das Problem, dass die Täter in Deutschland Asyl erhalten können, während ihre vorherigen Opfer wieder in die Heimat sollen . 1. Wie viele Asylbewerber haben sich seit Januar 2015 selbst terroristischer Aktivitäten bezichtigt (bitte nach Bundesland, Herkunftsland und Jahr aufschlüsseln )? Eine Statistik über Selbstbezichtigungsfälle wird nicht geführt, daher können hier keine Zahlenangaben gemacht werden. Allgemein ist jedoch festzustellen, dass sich die Anzahl von Flüchtlingen aus Afghanistan , Pakistan und dem afrikanischen Raum, bei denen sich im Rahmen ihrer Asylantragstellung und Anhörung Bezüge zu den dort aktiven terroristischen Organisationen – vor allem den TALEBAN, AL-SHABAB oder diversen pakistanischen Gruppierungen – ergeben, seit Januar 2015 signifikant erhöht hat. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3250 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Darunter befinden sich Personen, die angeben, sich entweder freiwillig den Organisationen angeschlossen zu haben oder zwangsrekrutiert worden zu sein. In beiden Fällen sollen sich die Personen oftmals unterschiedlich lange in Ausbildungslagern befunden haben und zum Teil an Waffen ausgebildet sowie ideologisch indoktriniert worden sein. Darüber hinaus geben einige Personen an, zusätzlich spezifische Aufgaben innerhalb der Organisation übertragen bekommen und sich aktiv an Kampfhandlungen beteiligt zu haben. 2. Bei wie vielen Asylbewerbern hat sich herausgestellt, dass die Selbstbezichtigung auf tatsächlichen terroristischen Aktivitäten beruhte (bitte ebenfalls nach Bundesland, Herkunftsland und Jahr aufschlüsseln)? Asylbewerber begründen in der Regel ihre Verfolgung im Heimatland mit der – meist „unabsichtlichen“ – Teilnahme an Veranstaltungen oder einer „unbewussten Unterstützung“ von Organisationen, die auch hier verboten und/oder gelistet sind. Ob es sich um hochrangige Organisationsmitglieder oder einfache Mitläufer handelt, dürfte im Einzelfall kaum belegbar sein. Liegen den Sicherheitsbehörden Erkenntnisse zu terroristischen Aktivitäten von Asylsuchenden vor, werden diese dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in geeigneter Form übermittelt , eine Statistik wird nicht geführt. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hat seit 2015 in fünf Verfahren Verurteilungen gegen fünf Angeklagte wegen einer Strafbarkeit wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland nach §§ 129a, 129b des Strafgesetzbuchs (StGB) u. a. im Zusammenhang mit sogenannten Selbstbezichtigern erwirkt. Zwei Verurteilungen erfolgten im Jahr 2017, drei im Jahr 2018. Im Einzelnen gab es folgende Verurteilungen aufgeschlüsselt nach Jahr, Bundesland und Herkunftsland: Jahr des Urteils Rechtskraft Bundesland Herkunftsland des Verurteilten 2017 nein Berlin Afghanistan 2017 ja Rheinland-Pfalz Afghanistan 2018 nein Bayern Afghanistan 2018 ja Bayern Afghanistan 2018 ja Nordrhein-Westfalen Syrien Zu Strafverfahren der Justizbehörden in den einzelnen Bundesländern liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. a) Welche strafrechtlichen Maßnahmen wurden gegen diese Asylbewerber ergriffen? Die Sachverhalte/Hinweise ziehen die Prüfung der Einleitung von Ermittlungsverfahren durch die Strafverfolgungsbehörden sowie in Einzelfällen die Einstufung zum Gefährder beziehungsweise zur Relevanten Person nach sich. Ob und welche strafprozessualen oder polizeirechtlichen Maßnahmen zur Anwendung kommen, richtet sich nach dem konkreten Einzelfall. Die Verifizierung der Angaben von Asylantragstellern mit Terrorismusbezug erfolgt grundsätzlich durch die Polizeien der jeweils zuständigen Länder. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3250 Gegen die Beschuldigten in der Tabelle der Antwort zu Frage 2 benannten Verfahren wurde im Ermittlungsverfahren auf Anordnung des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshof Untersuchungshaft verhängt, die Wohnungen wurden durchsucht und sichergestellte elektronische Datenträger wurden ausgewertet; in einem Fall wurde darüber hinaus auf Anordnung des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs die Telekommunikation des Beschuldigten überwacht und aufgezeichnet . b) Welche asylrechtlichen Folgen hatte dies für diese Asylbewerber? Im Asylverfahren prüft das BAMF u. a., ob Anhaltspunkte für das Vorliegen von Ausschlussgründen gegeben sind, die einer Schutzgewährung entgegenstehen. Im Falle einer Beteiligung an Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie an schweren nichtpolitischen Straftaten außerhalb des Bundesgebiets oder bei Zuwiderhandlungen gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen ist dies gegeben. In solchen Fällen ist der Betroffene von der Zuerkennung internationalen Schutzes ausgeschlossen. c) Welche strafrechtlichen Folgen hatte die fälschliche Selbstbezichtigung für sich selbst bezichtigende Asylbewerber? Bei bewusst wahrheitswidriger Selbstbezichtigung durch Asylbewerber kommen eine Strafbarkeit wegen Vortäuschens einer Straftat nach § 145d StGB sowie eine Strafbarkeit nach dem Aufenthaltsgesetz wegen unrichtiger Angaben in Betracht. Die Strafverfolgung obliegt den jeweils zuständigen Landesstaatsanwaltschaften. d) Welche asylrechtlichen Folgen hatte die fälschliche Selbstbezichtigung für sich selbst bezichtigende Asylbewerber? Gemäß § 30a Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes (AsylG) kann das BAMF das Asylverfahren beschleunigt durchführen, wenn der Asylbewerber die Behörden durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder Staatsangehörigkeit offensichtlich getäuscht hat. Ein nachweislich falscher Vortrag erschüttert außerdem grundsätzlich die Glaubwürdigkeit des Asylbewerbers im Rahmen der Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung eines Schutzstatus vorliegen. 3. Inwiefern werden Asylbewerber bis zur Klärung ihrer Selbstbezichtigung überwacht oder inhaftiert, um mögliche terroristische Aktivitäten zu verhindern ? a) Welche Kosten sind seit 2015 durch diese Maßnahmen entstanden? b) Wie viel Personal wurde seit 2015 in diesen Maßnahmen gebunden? Die Fragen 3 bis 3b werden gemeinsam beantwortet. Die Entscheidung über die Durchführung operativer Maßnahmen wird einzelfallabhängig durch die zuständigen Behörden getroffen. Statistiken zu entstandenen Kosten oder eingesetztem Personal bei der Bearbeitung von Selbstbezichtigungsfällen werden nicht geführt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3250 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Wenn keine Maßnahmen im Sinne von Frage 3 stattfinden, warum nicht? Maßnahmen im Sinne der Fragestellung werden dann nicht durchgeführt, wenn die Erkenntnislage hierfür nicht ausreicht, entsprechende Maßnahmen nicht erforderlich erscheinen lassen bzw. die rechtlichen und/oder tatsächlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. 5. Welche Möglichkeiten stehen nach Kenntnis der Bundesregierung den zuständigen Behörden zur Verfügung, um Selbstbezichtigungen dieser Art zu verifizieren? Den Strafverfolgungsbehörden stehen zur Überprüfung der Angaben von Selbstbezichtigern grundsätzlich dieselben Möglichkeiten zur Verfügung, die im Strafverfahren zur Überprüfung der Angaben eines Beschuldigten eröffnet sind. Die zuständigen Behörden haben die Möglichkeit, die Selbstbezichtigungen mit Hilfe der ihnen tatsächlich und rechtlich zur Verfügung stehenden Mittel zu verifizieren . Hierunter fallen u. a. Befragungen, Erhebungen in behördlichen Datensystemen , Internetrecherchen, strafprozessuale und polizeirechtliche Maßnahmen . Zudem können auf Grundlage der rechtlichen Voraussetzungen auch Anfragen an ausländische Stellen gerichtet werden. Um Selbstbezichtigungen von Asylbewerbern hinsichtlich terroristischer Aktivitäten auf deren Wahrheitsgehalt überprüfen zu können, stehen die zuständigen Stellen im Austausch miteinander. 6. Sind der Bundesregierung Gruppen (zum Beispiel Nichtregierungsorganisationen ) oder Einzelpersonen bekannt, die bei Asylbewerbern Selbstbezichtigungen als Hilfsmittel zur Verlängerung des Aufenthaltes beworben haben? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333