Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 5. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3286 19. Wahlperiode 06.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Brandner und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/2917 – Nachforderung der Kirchensteuer von Bürgern der ehemaligen DDR V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Immer wieder werden Bürger der ehemaligen DDR mit staatlichen Nachforderungen der Kirchensteuer konfrontiert, obwohl sie nie in Kontakt mit der Kirche standen, beziehungsweise selbst gar nicht von ihrer Taufe wussten (vgl. www.rbbonline .de/klartext/ueber_den_tag_hinaus/wirtschaft/kirchensteuer-fuer-gottlose. html). Da es in der ehemaligen DDR nicht zwingend üblich war, beim Austritt aus der Kirche eine Bestätigung zu erhalten, haben diese Personen heute kaum eine Möglichkeit, ihren Kirchenaustritt zu beweisen (www.kirchensteuern.de/ Texte/RasterfahndungInBerlinSuperIllu2003.htm). 1. Wie haben sich die Einnahmen der katholischen und der evangelischen Kirche aus Kirchensteuer seit dem Jahr 1990 nach Kenntnis der Bundesregierung entwickelt (bitte nach Jahresscheiben auflisten)? Die Erhebung von Kirchensteuern fällt nicht in die Zuständigkeit des Bundes. Die Bundesregierung hat demzufolge keine über die öffentlich zugänglichen Informationen hinausgehende Kenntnis über die Einnahmen der katholischen und der evangelischen Kirche. Die Höhe der Einnahmen aus der Kirchensteuer wird von der evangelischen und katholischen Kirche regelmäßig veröffentlicht. 2. Wie hat sich der Anteil der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland, der jeweils Mitglied der evangelischen und der katholischen Kirche ist, nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 1990 entwickelt? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor (siehe Antwort auf Frage 1). Die Mitgliederzahlen werden von der evangelischen und katholischen Kirche regelmäßig veröffentlicht. Darüber hinaus veröffentlicht das Statistische Bundesamt Daten zur Bevölkerung nach Religionszugehörigkeit (Mitgliederzahlen der evangelischen Kirche, katholischen Kirche, jüdischen Gemeinschaft). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3286 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Welche Möglichkeiten hatten nach Kenntnis der Bundesregierung Bürger der DDR, ihren Austritt aus der evangelischen und der katholischen Kirche zu erklären? Für die Beantwortung dieser Frage ist die Bundesregierung nicht zuständig. Nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben erfolgt die Erhebung von Kirchensteuern nach Maßgabe landesrechtlicher Bestimmungen (Artikel 140 Grundgesetz i. V. m. Artikel 137 Absatz 6 Weimarer Reichsverfassung). Im Übrigen galt gemäß Artikel 9 Absatz 5 des Einigungsvertrags vom 29. September 1990 (BGBl II S. 889) das gemäß Anlage II von der DDR erlassene Kirchensteuerrecht in den in Artikel 1 Absatz 1 genannten Ländern als Landesrecht fort. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es zu den Regelungen zum Kirchenaustritt in der DDR umfangreiche Rechtsprechung gibt. Nach den Feststellungen der Verwaltungsgerichte (vgl. Verwaltungsgericht Cottbus, Urteil vom 18. März 2009 – 1 K 1277/07, Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. September 2006 – OVG 9 B 25.05) war auch nach dem Recht der DDR der Kirchenaustritt streng formalisiert. Artikel 47 der Verfassung der DDR vom 7. Oktober 1949 (GBl 1949 S. 5) i. V. m. § 1 der Verordnung über den Austritt aus Religionsgemeinschaften öffentlichen Rechts vom 13. Juli 1950 (GBl 1950 S. 660) schrieb vor, dass derjenige, der aus einer Religionsgemeinschaft öffentlichen Rechts mit bürgerlich-rechtlicher Wirkung austreten wollte, den Austritt bei dem für den Wohnsitz des Betreffenden zuständigen Gericht zu erklären oder dort als Einzelerklärung in öffentlich beglaubigter Form einzureichen hatte. Seit 1952 waren für die Entgegennahme und Behandlung von Erklärungen über den Austritt aus einer Religionsgemeinschaft die Staatlichen Notariate zuständig (§ 3 Absatz 1 Nummer 13 der Verordnung über die Übertragung der Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 15. Oktober 1952, GBl 1952, 1057, die 1957 durch die gleichlautende Vorschrift des § 2 Nummer 10 der Notariatsverfahrensordnung vom 16. November 1956, GBl 1956, 1288, – im Folgenden: NVerfO – abgelöst wurde). Näheres bestimmte § 68 NVerfO. Diese Vorschrift lautet wörtlich: „Zur Entgegennahme der Erklärung über den Austritt aus einer Religionsgemeinschaft ist jedes Staatliche Notariat zuständig. Die Austrittserklärung kann auch von einem Beauftragten für das Personenstandswesen entgegengenommen werden, der sie zu beglaubigen und unverzüglich an das Staatliche Notariat seines Kreises weiterzuleiten hat. Dieses hat dem betreffenden Bürger den Eingang seiner Erklärung zu bestätigen.“ 4. Welche Möglichkeiten haben nach Kenntnis der Bundesregierung Bürger der ehemaligen DDR, ihren Austritt aus der katholischen oder der evangelischen Kirche glaubhaft zu machen, wenn sie den Austritt aus der Kirche nicht durch Dokumente beweisen können? Für die Beantwortung dieser Frage ist die Bundesregierung nicht zuständig (siehe Antwort zu Frage 3). Im Übrigen ist die Glaubhaftmachung in § 294 ZPO geregelt , der im Verwaltungsverfahren sinngemäße Anwendung findet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/xxxx 5. Welche Gründe gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung dafür, dass im Falle der Erhebung der Kirchensteuer die Amtsermittlungspflicht nicht angewandt wird (www.kirchensteuern.de/Texte/RasterfahndungInBerlinSuperIllu 2003.htm; www.freitag.de/autoren/der-freitag/rasterfahndung-fur-diekassegottes )? Die Anwendung der Vorschriften der Abgabenordnung (AO) ist in den Kirchensteuergesetzen der Länder geregelt. Insoweit die AO bei der Erhebung der Kirchensteuer als Landesrecht entsprechende Anwendung findet, umfasst dies auch die Amtsermittlungspflicht gemäß § 88 AO. Die Amtsermittlungspflicht der Finanzbehörden wird dabei allerdings durch die Mitwirkungspflicht der Beteiligten nach § 90 AO begrenzt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gilt daher im Regelfall, dass die Finanzbehörde die Feststellungslast für die Tatsachen trägt, die vorliegen müssen, um einen Steueranspruch geltend machen zu können, der in Anspruch genommene Steuerpflichtige dagegen für Tatsachen, die Steuerbefreiungen und -ermäßigungen begründen oder einen Steueranspruch aufheben oder einschränken. 6. Wie wurden die Bürger der ehemaligen DDR nach der Wiedervereinigung der Bundesrepublik Deutschland nach Kenntnis der Bundesregierung darüber informiert, dass a) in der Bundesrepublik Deutschland die Kirchensteuerpflicht zum tragen kommt, b) sie eine schriftliche Bestätigung über den Austritt aus der Kirche benötigen , um diesen zukünftig nachweisen zu können? Gemäß Artikel 43 der Verfassung der DDR vom 7. Oktober 1949 (GBl 1949 S. 5) waren auch in der ehemaligen DDR öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften berechtigt, von ihren Mitgliedern Steuern auf Grund der staatlichen Steuerlisten nach Maßgabe der allgemeinen Bestimmungen zu erheben. Zu den Regelungen zum Kirchenaustritt wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Die Gesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland stellte insoweit keine Änderung dar. 7. In wie vielen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 1990 eine Kirchensteuernachforderung durch die evangelische beziehungsweise die katholische Kirche ausgesprochen (bitte nach Jahresscheiben und Konfession aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor (siehe Antwort zu Frage 1). 8. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, Personen zu unterstützen, die ihren Kirchenaustritt nicht glaubhaft machen können, beziehungsweise selbst nicht von ihrer Taufe wussten und daher von hohen Steuernachzahlungen betroffen sind? Handlungsbedarf besteht seitens der Bundesregierung nicht. Darüber hinaus werden gezahlte Kirchensteuern bereits in vollem Umfang als Sonderausgaben anerkannt (§ 10 Absatz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333