Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 4. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3338 19. Wahlperiode 06.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ingrid Nestle, Oliver Krischer, Dr. Julia Verlinden, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/2843 – Engpassmanagement im Stromnetz – Auswirkungen auf Verbraucher und Klimaschutz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland verzögert sich, Netzengpässe werden als Argument angeführt, den weiteren Ausbau zu verzögern. Die Kosten für Netzengpassmanagement werden den erneuerbaren Energien zugeschrieben – auch da, wo die Kosten tatsächlich zum Beispiel am Festhalten an der einheitlichen Preiszone liegen. Am 30. November 2016 hat die EU-Kommission das Legislativpaket „Saubere Energien für alle Europäer“ vorgestellt. Bestandteil des Pakets ist die Strommarktverordnung , in welcher im dritten Kapitel der Netzzugang und das Engpassmanagement behandelt werden. Am 18. Dezember 2017 wurde im Rahmen eines Gesamtkompromisses eine Verständigung erzielt. Das Strommarkt-Dossier (Strommarkt-Richtlinie, Strommarkt-Verordnung, Risikovorsorge-Verordnung und ACER-Verordnung – ACER= Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden) soll nun im zweiten Halbjahr unter der österreichischen Präsidentschaft verhandelt werden. Die Strommarkt-Verordnung ist nach Abschluss direkt geltendes Recht (vgl. Bundestagsdrucksache 19/1602, Antwort der Bundesregierung zu Frage 16.). Parallel hat eine europäische Expertengruppe zur Verbesserung der Interkonnektivität im Stromsektor im November 2017 festgestellt, dass erstens der europäische Strommarkt besser verbunden werden muss und bestehende Strukturen besser genutzt werden sollen, und zweitens neue Interkonnektoren gebaut werden sollen, nachdem diese einer sozial-ökonomischen und ökologischen Kostennutzenanalyse unterzogen wurden (vgl. https://ec.europa.eu/energy/sites/ ener/files/documents/report_of_the_commission_expert_group_on_electricity_ interconnection_targets.pdf). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3338 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie viel Prozent der gesamten Stromkosten für Endverbraucher abzgl. der Mehrwertsteuer und der Stromsteuer (oder einem anderen sinnvoll erscheinenden Indikator für Endverbraucherkosten) sind Redispatchkosten und Abregelkosten nach § 13 des Energiewirtschaftsgesetzes – EnWG? Gemäß der Studie „Langfristszenarien für die Transformation des Energiesystems in Deutschland“ im Auftrag des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie betragen die Stromsystemkosten, welche letztlich über die Stromverbraucher refinanziert werden, rund 60 Mrd. Euro pro Jahr. Die Kosten für Redispatch im Jahr 2017 beliefen sich laut Quartalsbericht zu Netz- und Systemsicherheitsmaßnahmen (Gesamtjahr und 4. Quartal 2017) auf ca. 837 Mio. Euro, für Einspeisemanagement auf ca. 610 Mio. Euro. Damit würden die Redispatch- und Einspeisemanagementkosten gut 2 Prozent der Stromsystemkosten betragen. 2. Liegen der Bundesregierungen Informationen vor, wie viel zusätzliche CO2- Emissionen durch Redispatchmaßnahmen und Einsmannschaltungen (§ 13.1 und § 13.2 EnWG) verursacht werden? Durch Redispatchmaßnahmen entstehen je nach Kraftwerkstyp auf der einen Seite CO2-Emissionen, wenn fossil befeuerte Kraftwerke ihre Leistung erhöhen. Auf der anderen Seite erfolgt durch Redispatchmaßnahmen eine CO2-Minderung, wenn entsprechende Kraftwerke heruntergefahren werden. Für inländische Kraftwerke liegen Daten für diese durchgeführten Redispatchmaßnahmen energieträgerscharf vor. Jedoch ist eine vollständige CO2-Bilanz nicht möglich, da die Daten für ausländische Kraftwerkseinsätze nicht energieträgerscharf darstellbar sind. Es liegen zudem keine konkreten Informationen darüber vor, welche Energieträger im Zuge des energetisch-bilanziellen Ausgleichs anstelle der abgeregelten EEG-Anlagen einspeisen. Dieser Ausgleich wird derzeit faktisch über die Bilanzkreisverantwortlichen selbst über kurzfristige Intraday-Handelsgeschäfte oder Ausgleichsenergie vorgenommen. In der Summe verbessern zusätzliche Erneuerbare-Energien-Anlagen die CO2-Bilanz jedoch selbst dann, wenn sie gelegentlich für Einseisemanagement eingesetzt werden. 3. Liegen der Bundesregierung Informationen vor, ob, wie in der EU-Strommarkt -Verordnung vorgesehen, bei der Öffnung der Interkonnektoren importierter Strom aus fossilen Kraftwerken oder aus speicherbaren erneuerbaren Energien Strom aus fluktuierenden erneuerbaren Energien in Deutschland verdrängen kann, oder bezieht sich die Öffnung der Interkonnektoren im Falle von drohenden Abregelungen fluktuierender Erneuerbarer nur auf Strom, der ebenfalls aus fluktuierenden erneuerbaren Energien stammt? 4. Stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass der Einspeisevorrang von fluktuierenden erneuerbaren Energien vor dem Import von Graustrom bestehen bleiben sollte, und wie setzt sie sich auf europäischer Ebene dafür ein? Die Fragen 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet. Die Ratsposition vom 18. Dezember 2017 zur Öffnung der Interkonnektoren für den grenzüberschreitenden Handel ist das Ergebnis intensiver politischer Verhandlungen . Den deutschen Übertragungsnetzbetreibern wurde vorgeworfen, interne Engpässe an die Grenze zu verlagern und die Handelskapazitäten zu reduzieren . Aus Sicht vieler Akteure wird damit Importstrom diskriminiert, weil ihm der Zugang zum Markt versagt wird. Die im Ratskompromiss gefundene Lösung zur Öffnung von Interkonnektoren bezieht sich auf den gesamten Import- und Exportstrommix. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3338 Es ist aber festzuhalten, dass mehr Handelskapazitäten regelmäßig die Integration der erneuerbaren Energien in den Binnenmarkt verbessern. In Zeiten von viel Wind und Sonne exportiert Deutschland regelmäßig. Importsituationen treten dagegen regelmäßig mit den Ländern auf, die zeitgleich ebenfalls viel Wind- und Photovoltaik-Strom im Netz haben oder wenn der Strombedarf in Deutschland so hoch ist, dass er mit dem Wind- und Photovoltaik-Strom in Deutschland nicht gedeckt werden kann. Der Einspeisevorrang für erneuerbare Energien bleibt grundsätzlich erhalten. Er soll sicherstellen, dass notwendige Abregelungen nicht zu Lasten der erneuerbaren Energien gehen. Deshalb sollen vorrangig konventionelle Kraftwerke abgeregelt werden. Für eine Beibehaltung des Einspeisevorrangs hat sich die Bundesregierung in den Verhandlungen eingesetzt. Gleichzeitig geht die Regelung zur Öffnung der Interkonnektoren Hand in Hand mit einer Verbesserung des grenzüberschreitenden Redispatchs. Dies stellt sicher, dass zukünftig ausländische Kraftwerke besser für Redispatch eingesetzt werden können. Dann können vermehrt ausländische konventionelle Kraftwerke abgeregelt werden, um eine Erneuerbare-Energien-Abregelung zu vermeiden. 5. Liegen der Bundesregierung Informationen vor, wie hoch der durchschnittliche Effektivitätsfaktor von abgeregelter Windleistung auf die entsprechenden Netzengpässe im Jahr 2016 und 2017 war, und hält die Bundesregierung es für realistisch, dass in Einzelfällen das Zehnfache an Windleistung abgeregelt wird bezogen auf notwendige Reduktionsleistung am Engpass? Es liegen keine Informationen zu einem durchschnittlichen Effektivitätsfaktor von abgeregelter Windleistung auf die entsprechenden Netzengpässe vor. Die Effektivität ist jeweils von der Lage der Anlagen, der Netztopologie und der konkreten Lastflusssituation abhängig. 6. Wird nach Kenntnis der Bundesregierung der Verbundgrad des deutschen Netzes in der Zukunft erhöht werden müssen, und werden auf Basis der Ergebnisse zusätzliche, bisher nicht im Bau befindliche oder im Gesetz zum Ausbau von Energieleitungen oder Gesetz über den Bundesbedarfsplan festgestellte , neue Interkonnektoren in Deutschland geplant werden? Der Netzausbaubedarf für das aktuelle Zieljahr 2030 (Szenariorahmen 2019 bis 2030) wird im Rahmen des anstehenden Netzentwicklungsplans 2019 bis 2030 durch die Bundesnetzagentur evaluiert. Interkonnektoren, die bisher weder im Bundesbedarfsplangesetz noch im Energieleitungsausbaugesetz verbindlich festgelegt sind, werden im Rahmen der Netzentwicklungspläne geprüft, sofern die Übertragungsnetzbetreiber in ihren Entwürfen diese zusätzlichen Interkonnektoren als angemessen erachten. Mit Veröffentlichung des Szenariorahmens 2019 bis 2030 sind die Übertragungsnetzbetreiber durch die Bundesnetzagentur dazu aufgefordert , Informationen vorzulegen, die eine Bewertung des Bedarfs an zukünftigen Interkonnektoren ermöglichen. Derzeit gehen die Bundesnetzagentur und die Bundesregierung davon aus, dass mit den Netzentwicklungsplänen ein angemessener Verbundgrad bis zum Jahr 2030 erreicht werden kann. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3338 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Hat die Bundesregierung eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt, bevor sie sich in den Verhandlungen zur EU-Strommarkt-Verordnung auf die Position einer auf jeden Fall einheitlichen Strompreiszone festgelegt hat? 8. Liegt der Bundesregierung eine qualitative Einschätzung vor, ob die Kosten für die Aufrechterhaltung der einheitlichen Preiszone durch die Öffnung der Grenzkuppelstellen, nach Inkrafttreten der EU-Strommarkt-Verordnung steigen? Die Fragen 7 und 8 werden gemeinsam beantwortet. Der Vorschlag zur EU-Strommarktverordnung der EU-Kommission sah vor, dass die EU-Kommission darüber entscheiden darf, ob ein Mitgliedstaat im Fall von Engpässen in mehrere Gebotszonen aufgeteilt werden soll. Gegen diesen Vorschlag hat sich die Bundesregierung intensiv eingesetzt. Im Rat und im Parlament konnte folgender Kompromiss erzielt werden: Als zentrales Verhandlungsergebnis konnte erreicht werden, dass die Mitgliedstaaten selbst entscheiden können, wie sie interne Engpässe lösen wollen: entweder , indem sie ihre Gebotszonen neu zuschneiden, oder, indem sie einen konkreten Aktionsplan mit Maßnahmen zur Reduzierung von Netzengpässen beschließen . Der Kompromiss in Rat und Parlament begrenzt die Entscheidungskompetenz der EU-Kommission zu Gebotszonen: Nur wenn ein Mitgliedstaat die Vorgaben für die Interkonnektor Kapazität für den grenzüberschreitenden Stromhandel von 75 Prozent nicht einhält, kann die Kommission Maßnahmen vorschlagen und als letzte Konsequenz die Gebotszonen neu zuschneiden. Die Bundesregierung hält die einheitliche deutsche Gebotszone für ein hohes Gut. Sie ist wichtig für die Integration von erneuerbaren Energien, die kosteneffiziente Gewährleistung der Versorgungssicherheit und für den Wettbewerb. Ihre Teilung könnte für den Wirtschaftsstandort Deutschland und für das Vorankommen der Energiewende erhebliche Auswirkungen haben. Die erste unmittelbare Folge von kleineren Gebotszonen wären neue innerstaatliche Handelshemmnisse und unterschiedliche Preise. Sie führen auch dazu, dass der Windstrom aus dem Norden nur noch begrenzt in den Süden gehandelt werden könnte. Die Bundesregierung hat erhebliche Zweifel, dass durch einen Gebotszonensplit schneller mehr Netzausbauvorhaben realisiert würden, weil die wesentlichen Gründe für den verzögerten Netzausbau nicht in den fehlenden ökonomischen Anreizen liegen. Außerdem sendet ein Gebotszonensplit keine eindeutigen ökonomischen Anreize für den Netzausbau. Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Redispatchkosten nur einen sehr kleinen Anteil der Gesamtkosten des Stromsystems ausmachen (hierzu wird auf Antwort zu Frage 1 verwiesen). 9. Stimmt die Bundesregierung der Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie Uwe Beckmeyer zu, dass die Höhe der Redispatchkosten kein Argument gegen den Ausbau der erneuerbaren Energien sei (vgl. Kurzprotokoll Ausschuss für Wirtschaft und Energie vom 21. Februar 2018, S. 14)? Der Parlamentarische Staatssekretär a. D. Uwe Beckmeyer betonte, dass alles dafür getan werden müsse, Redispatch möglichst gering zu halten; dennoch sei dies kein Argument gegen erneuerbare Energien, sondern eher Ansporn, die Netze Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3338 auszubauen und den Ausbau der Netzkapazitäten zu forcieren. Die Bundesregierung sieht ebenfalls u. a. das Erfordernis einer besseren Synchronisierung von erneuerbaren Energien und Netzkapazitäten als eine weitere Herausforderung einer erfolgreichen Energiewende. 10. Liegt der Bundesregierung eine Abschätzung oder Simulation vor, wie sich die Redispatchkosten (§ 13.1 EnWG) durch den grenzüberschreitenden Handel nach Inkrafttreten der EU-Strommarkt-Verordnung verändern werden und falls nein, warum nicht? 11. Liegt der Bundesregierung eine Abschätzung oder Simulation vor, wie sich die Einspeisemanagementkosten (§ 13.2 EnWG, §§ 14, 15 des Erneuerbare- Energien-Gesetzes) durch den grenzüberschreitenden Handel nach Inkrafttreten der EU-Strommarkt-Verordnung verändern werden, und falls nein, warum nicht? 12. Ist der Bundesregierung bekannt wie sich in Bezug auf die Fragen 10 und 11 die Netzentgelte verändern werden? Die Fragen 10 bis 12 werden gemeinsam beantwortet. Die Kosten für Redispatch und Einspeisemanagement und die resultierenden Netzentgelte, die zur Erreichung der Vorgaben aus der EU-Strommarktverordnung entstehen, hängen von einer Vielzahl von Faktoren im europäischen Stromsystem ab. Insbesondere hängen sie entscheidend von den Maßnahmen ab, die ergriffen werden. Die Bundesregierung wird jetzt einen Aktionsplan erstellen, der darstellt, mit welchen Maßnahmen die vorgegebenen 75 Prozent der Interkonnektor Kapazität für den grenzüberschreitenden Stromhandel gewährleistet und dabei zugleich die Redispatch- und Einspeisemanagementkosten möglichst gering gehalten werden. Die wichtigste und effektivste Maßnahme ist weiterhin der Ausbau der Stromnetze. Daneben kann beispielsweise eine Optimierung der Bestandsnetze einen zusätzlichen Beitrag zur Senkung der Redispatch- und Einspeisemanagementkosten leisten. 13. Liegt der Bundesregierung eine Abschätzung vor, wie sich die Redispatchkosten (§ 13.1 EnWG) durch den zusätzlichen grenzüberschreitenden Handel an der deutsch-dänischen Grenze nach Inkrafttreten der EU-Strommarkt- Verordnung verändern werden, und falls nein, warum nicht? 14. Liegt der Bundesregierung eine Abschätzung vor, wie sich die Einspeisemanagementmengen in Schleswig-Holstein durch den zusätzlichen grenzüberschreitenden Handel an der deutsch-dänischen Grenze nach Inkrafttreten der EU-Strommarkt-Verordnung verändern werden, und falls nein, warum nicht? Die Fragen 13 und 14 werden gemeinsam beantwortet. Es liegen keine gesonderten Schätzungen für den Handel an einzelnen Grenzen vor. Die Effekte der Grenzöffnung sind komplex und können kaum dem Handel an einer Grenze „zugerechnet“ werden. Die Einspeisemanagementmengen und die Redispatchkosten hängen von vielen verschiedenen Parametern ab, u. a. davon, durch welche Maßnahmen die Engpässe gelöst werden. Derzeit werden die Engpässe in Schleswig-Holstein, die durch den höheren Handel mit Dänemark entstehen, durch Countertrading-Maßnahmen (d. h. Gegengeschäften entgegen der Handelsrichtung) gelöst. In diesem Fall kann vollständig auf Einspeisemanagement verzichtet werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3338 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 15. Liegt der Bundesregierung eine Abschätzung vor, wie sich bei Inbetriebnahme des Lückenschlusses der Westküstenleitung nach Endrup, Dänemark, die Öffnung der Grenzkuppelstelle nach Inkrafttreten der EU-Strommarkt- Verordnung auf den Betrieb der Westküstenleitung in Schleswig-Holstein auswirken wird, insbesondere in Bezug auf die Einspeisemanagementschaltungen in Nordfriesland, und falls nein, warum nicht? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. Eine Abschätzung, wie sich die Inbetriebnahme auf Einspeisemanagementmaßnahmen in Nordfriesland auswirkt, wurde nicht vorgenommen. Die Entscheidung zum Bau dieser Leitung wurde vor Aufnahme der Verhandlung über die EU-Strommarkt-Verordnung getroffen. 16. Sind der Bundesregierung die zusätzlichen Kosten nach § 13 EnWG bekannt , die durch den gleichzeitigen Import und Export von Strom (Transit), sprich einer Folge des künstlich einheitlich gehaltenen Marktgebietes, entstehen ? Transite sind ein normales Phänomen des Strommarktes, das unabhängig von der Größe der Gebotszone regelmäßig auftreten. Sie treten immer dann auf, wenn ein Land zwischen einem Marktgebiet mit niedrigerem Strompreis und einem Marktgebiet mit höherem Strompreis liegt. Maßnahmen nach § 13 des Energiewirtschaftsgesetzes haben in der Regel viele verschiedene Ursachen und können nicht eindeutig dem Handel zugeordnet werden . Daher liegen der Bundesregierung zu dieser Frage keine Zahlen vor. 17. Um wie viel würden sich Redispatchmengen und Abregelmengen reduzieren , wenn es gelänge, ein Drittel der heute wegen der n-1-Sicherheit nicht genutzten Leitungen zu nutzen? Eine Abkehr oder Umstellung des n-1-Prinzips stellt einen „Prämissenwechsel in der Netzführung“ dar und ist nicht Stand der Technik. Die Übertragungsnetzbetreiber sind mit der Genehmigung des Szenariorahmens für den Netzentwicklungsplan 2019 bis 2030 aber verpflichtet worden, bei Erstellung des Netzentwicklungsplans neue und innovative technische Ansätze für Netzbetriebsmittel sowie deren Betrieb darzustellen. Deren Eignung zur Erhöhung der Transportkapazität und die bestmögliche Nutzung des Bestandsnetzes sind zudem von den Übertragungsnetzbetreibern zu bewerten. Unabhängig von den notwendigen Änderungen zur Umstellung des n-1-Prinzips ist es nicht pauschal möglich, Änderungen im Redispatch und in den Abregelmengen deutschlandweit zu bestimmen. Der notwendige Einsatz von Redispatch und Einspeisemanagement zur Einhaltung der Systemsicherheit ist abhängig von der zeitlichen Situation der Einspeisung und Lasten sowie den sich daraus ergebenden regionalen Unterschieden der Leitungsauslastungen. Zur Berechnung wären umfangreiche Netz- und Redispatchberechnungen eine notwendige Bedingung . Zusätzlich wäre es von zentraler Bedeutung, den genauen Mechanismus zu kennen, mit dem das n-1-Prinzip umgestellt würde. Da sich dieser Mechanismus derzeit noch nicht absehen lässt, wären alle derzeitigen Berechnungsergebnisse rein spekulativ. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/3338 18. Welche weiteren Maßnahmen hat die Bundesregierung geplant, um die Redispatchmengen und Abregelmengen in Zukunft zu reduzieren? Eine zentrale Maßnahme zur Integration der erneuerbaren Energien, zur Reduzierung des Redispatch und der Abregelmengen ist der Netzausbau. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, wird die Bundesregierung einen ambitionierten Maßnahmenplan zur Optimierung der Bestandsnetze und zum schnelleren Ausbau der Stromnetze erarbeiten sowie einen Vorschlag für die Novellierung des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes vorlegen. 19. Wird die Bundesregierung sich dafür einsetzen, dass, wie durch die Digitalisierung möglich geworden, für die Bereitstellung von Systemdienstleistungen wie Regelenergie und Blindleistungsbereitstellung künftig mehr Akteure für eine günstigere Bereitstellung gewonnen werden? Die Bundesregierung hat sich zur Aufgabe gemacht, die Systemdienstleistungen kontinuierlich weiterzuentwickeln. Dadurch soll die Systemstabilität auch bei hohen Anteilen erneuerbarer Energien gewährleistet werden. Systemdienstleistungen sollen technisch und volkswirtschaftlich effizient erbracht werden. Dafür sollen verschiedene Alternativen für die Erbringung von Systemdienstleistungen mit ihren Vor- und Nachteilen sowie ihren technischen und wirtschaftlichen Eigenschaften geprüft werden. Vor diesem Hintergrund wird derzeit auch die Beschaffung von Blindleistung überprüft. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat eine Kommission zur zukünftigen Beschaffung von Blindleistung berufen, die ihre Arbeit im September 2018 aufnimmt. Die Kommission ist beauftragt, verschiedene Modelle zur Beschaffung von Blindleistung vorzuschlagen. Diese sollen anschließend weiter wissenschaftlich untersucht werden. In diesem Rahmen wird auch darüber zu diskutieren sein, ob und wie weitere Akteure (z. B. Verbrauchsanlagen) zur Bereitstellung von Blindleistung beitragen können. Im Bereich Regelenergie hat die Bundesnetzagentur vor einem Jahr neue Festlegungen zur Sekundärregelleistung und Minutenreserve getroffen. Mit diesen Festlegungen wurde der Zugang zu den Regelenergiemärkten erleichtert, unter anderem durch kürzere Vorlaufzeiten bei der Beschaffung. 20. Wird die Bundesregierung sich dafür einsetzen, dass auch regionale Märkte für Systemdienstleistungen möglich werden, um zum Beispiel die vor dem Netzengpass laufenden Kohlekraftwerke temporär abzuschalten? Die Erbringung von Systemdienstleistungen erfolgt bisher im Wesentlichen aus konventionellen Kraftwerken. Aktuell ist für den sicheren Systembetrieb situationsabhängig ein Mindestumfang an Kraftwerken (Mindesterzeugung) mit bestimmten Eigenschaften zur Erbringung von Systemdienstleistungen erforderlich (3 bis 5 GW), der wiederum einen technisch notwendigen konventionellen Kraftwerksbetrieb bedingt. Dieser Bedarf kann zukünftig auch von anderen Quellen erbracht werden (z. B. erneuerbaren Energien, Lasten oder Netzbetriebsmittel). Für jede der Systemdienstleistungen muss geprüft werden, wie eine möglichst kosteneffektive Beschaffung organisiert werden kann. Der aktuelle Entwurf der Strommarktrichtlinie sieht vor, dass Systemdienstleistungen zukünftig transparent , nicht-diskriminierend und auf marktlicher Basis beschafft werden müssen, wenn nicht eine Kosten-Nutzen-Analyse dagegen spricht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3338 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Im Rahmen von SINTEG untersuchen verschiedene Vorhaben die technische und organisatorische Machbarkeit einer regionalen Beschaffung von Systemdienstleistungen (insb. regionale Märkte für den stabilen Netzbetrieb bei hohem Aufkommen an erneuerbarer Erzeugung) vor bzw. hinter einem Netzengpass. Die Vorhaben sind noch im Anfangsstadium, so dass sich derzeit keine Aussage dazu treffen lässt, ob eine solche Option umgesetzt werden kann oder volkswirtschaftlich sinnvoll ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333