Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 22. Dezember 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/336 19. Wahlperiode 28.12.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Sebastian Münzenmaier und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/197 – Auswirkungen der Sanktionen gegen die Russische Föderation auf den Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit dem Sommer 2014 bestehen wirtschaftliche Sanktionen der Europäischen Union gegenüber der Russischen Föderation. Die Russische Föderation hat in diesem Zuge ein Einfuhrverbot für Lebensmittel verhängt. Diese Vorgänge haben zwangsläufig starke Auswirkungen auf den deutschen Außenhandel. 1. Wie entwickelte sich der Außenhandel mit Russland im Jahr 2016 und im bisherigen Jahr 2017 im Vergleich zu den Jahren 2014 und 2015 (bitte nach absoluter und relativer Entwicklung sowie nach Export und Import aufschlüsseln )? Die Entwicklung des deutschen Außenhandels mit Russland ab dem Jahr 2014 stellt sich wie folgt dar: 2014 (in Mrd. Euro) 2015 (in Mrd. Euro) 2016 (in Mrd. Euro) Jan-Sep 2017 (in Mrd. Euro) Deutsche Ausfuhren 29,3 21,8 21,5 19,5 Deutsche Einfuhren 38,4 29,8 26,5 23,3 Umsatz 67,7 51,5 48,0 42,8 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/336 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Im Jahr 2016 bzw. im bisherigen Jahr 2017 ergibt sich im Vergleich zu den Jahren 2014 bzw. 2015 die folgende absolute bzw. relative Entwicklung: 2. In welchen Branchen hat sich der Außenhandel mit der Russischen Föderation besonders positiv und besonders negativ entwickelt (bitte absteigend von höchster relativer und absoluter Abweichung aufschlüsseln)? In der folgenden Tabelle werden jeweils fünf Warengruppen (nach dem Internationalen Warenverzeichnis für den Außenhandel, SITC) aufgeführt, in denen sich der Außenhandel mit der Russischen Föderation im Jahr 2016 im Vergleich zum Jahr 2014 bzw. in den Monaten Januar bis September 2017 im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum des Jahres 2015 besonders positiv bzw. besonders negativ entwickelt hat (Quelle: Statistisches Bundesamt): Warengruppe (nach SITC) 2014 (in Tsd. Euro) 2016 (in Tsd. Euro) Veränderung (in Tsd. Euro) Veränderung (in Prozent) Deutsche Ausfuhren nach Russland: Kohle, Koks, Briketts 324 2.660 2.336 721,0% Düngemittel 3.354 3.627 273 8,1% Eisen und Stahl 299.387 166.010 -133.377 -44,6% Kork-/Holzwaren 122.654 61.709 -60.945 -49,7% Natürliche Öle, Fette, Wachse 23.285 11.170 -12.115 -52,0% Leder/-waren 22.659 10.475 -12.184 -53,8% Gas 471 208 -263 -55,8% Deutsche Einfuhren aus Russland: Mess-/Regeltechnik 39.750 95.701 55.951 140,8% Metallwaren 53.245 116.210 62.965 118,3% Sanitär, Heizung, Beleuchtung 3.245 6.184 2.939 90,6% Kautschukwaren 88.022 160.611 72.589 82,5% Kfz und -Teile 48.455 81.625 33.170 68,5% Handtaschen und Reiseartikel 113 67 -46 -40,7% Petrochemie 6.160.124 3.582.789 -2.577.335 -41,8% Erdölnebenerzeugnisse 611.463 145.764 -465.699 -76,2% Leder/-waren 2.122 303 -1.819 -85,7% Arzneimittel 11.232 1.471 -9.761 -86,9% 2016 im Vgl. zu 2014 (in Mrd. Euro) 2016 im Vgl. zu 2014 (in Prozent) Jan-Sep 2017 im Vgl. zu Jan-Sep 2015 (in Mrd. Euro) Jan-Sep 2017 im Vgl. zu Jan-Sep 2015 (in Prozent) Deutsche Ausfuhren -7,8 -26,62 3,3 20,37 Deutsche Einfuhren -11,9 -30,99 0,5 2,19 Umsatz -19,7 -29,10 3,8 9,74 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/336 Warengruppe (nach SITC) Jan-Sep 2015 Jan-Sep 2017 Veränderung (in Tsd. Euro) Veränderung (in Prozent) Deutsche Ausfuhren nach Russland: Schienen-/Luft-/Wasserfahrzeuge 158.773 1.118.746 959.973 604,6% Mess-/Regeltechnik 615.438 979.707 364.269 59,2% Schuhe 46.593 72.775 26.182 56,2% Rohstoffe 138.005 201.746 63.741 46,2% Elektronik 466.452 677.738 211.286 45,3% Möbel und -teile 123.914 105.429 -18.485 -14,9% Kohle, Koks, Briketts 170 133 -37 -21,8% Leder/-waren 10.300 7.617 -2.683 -26,0% Kork-/Holzwaren 68.544 47.004 -21.540 -31,4% natürliche Öle, Fette, Wachse 12.252 7.609 -4.643 -37,9% Deutsche Einfuhren aus Russland: Mess-/Regeltechnik 47.551 117.524 69.973 147,2% Kautschukwaren 72.397 118.810 46.413 64,1% Nichtmetallische Mineralien 22.927 37.486 14.559 63,5% Handtaschen und Reiseartikel 54 88 34 63,0% Rohstoffe 320.026 485.566 165.540 51,7% Lacke/Farben 2.561 1.673 -888 -34,7% Schuhe 248 139 -109 -44,0% natürliche Öle, Fette, Wachse 9.763 4.459 -5.304 -54,3% Erdölnebenerzeugnisse 417.813 161.931 -255.882 -61,2% Leder/-waren 470 13 -457 -97,2% 3. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung von Auswirkungen der Sanktionen gegen die Russische Föderation auf deutsche Energiepreise, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Der Bundesregierung liegen keine Kenntnisse zu den Auswirkungen der EU- Sanktionen gegen die Russische Föderation auf die Energiepreise in Deutschland vor. 4. Welche Fördermöglichkeiten oder Entschädigungen sind der Bundesregierung bekannt, die Unternehmen aufgrund von Einbußen beantragen können, und welchen Gebrauch haben betroffene Unternehmen davon gemacht? I. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bietet für Unternehmen die Förderprogramme KfW-Unternehmerkredit und ERP-Gründerkredit universell an: 1. KfW-Unternehmerkredit Über den KfW-Unternehmerkredit können gewerbliche mittelständische Unternehmen (produzierendes Gewerbe, Handwerk, Handel, Dienstleistungsgewerbe) Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/336 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode und Freiberufler Betriebsmittelfinanzierungen erhalten. Die Unternehmen müssen seit mindestens fünf Jahren am Markt sein und dürfen einen maximalen Gruppenumsatz von 500 Mio. Euro nicht überschreiten. Der Höchstbetrag kann bis zu 25 Mio. Euro betragen mit einer Laufzeit bis zu fünf Jahren bei einem Tilgungsfreijahr . Dabei handelt es um einen banküblich zu besichernden Kredit, der im Risiko der Hausbank liegt. Für Unternehmen, die bereits fünf Jahre am Markt sind und welche die KMU- Kriterien (max. 250 Beschäftigte, Jahresumsatz max. 50 Mio. Euro oder Jahresbilanzsumme höchstens 43 Mio. Euro) erfüllen, kann die Hausbank bei der KfW darüber hinaus eine Haftungsfreistellung bis zu 50 Prozent beantragen. Damit können fehlende Sicherheiten kompensiert werden. Die Laufzeit dieser Betriebsmittelkredite beträgt zwei Jahre (endfällig) – der Höchstbetrag liegt hier bei fünf Mio. Euro. Der Kreditbetrag muss zudem kleiner als 50 Prozent der letzten Bilanzsumme des Antragsstellers sein. 2. ERP-Gründerkredit Universell Unternehmen, die noch keine fünf Jahre bestehen, können Betriebsmittel aus dem ERP-Gründerkredit Universell beantragen. Die Unternehmen und Freiberufler dürfen einen maximalen Gruppenumsatz von 500 Mio. Euro nicht überschreiben. Der Höchstbetrag liegt bei 25 Mio. Euro bei maximal fünf Jahren Laufzeit und einem Tilgungsfreijahr für Betriebsmittelkredite. Der Betriebsmittelkredit ist banküblich zu besichern. Für beide Kredite gilt: es darf sich nicht um Sanierungsfälle oder Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der „Leitlinien der Europäischen Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten“ handeln. Die Mindestlaufzeit beträgt zwei Jahre. Die Kredite werden über die KfW-Bankengruppe vergeben. Anträge können über örtliche Banken und Sparkassen gestellt werden. Die Bundesregierung kann keine Aussagen zur Inanspruchnahme dieser beiden Kredite von betroffenen Unternehmen machen, da diese Kredite grundsätzlich allen Unternehmen zur Verfügung stehen und die Gründe für die Beantragung der Kredite nicht im Antragsverfahren dargelegt werden. II. Im Landwirtschaftssektor wurden finanzielle Unterstützungen in den Erzeugnisbereichen Fleisch, Milch sowie Obst und Gemüse wie folgt gewährt: 1. Fleischsektor Wegen des Einbruchs der Schweinefleischpreise infolge des Russland-Embargos wurden in den Jahren 2015 und 2016 zwei EU-Beihilfemaßnahmen zur Privaten Lagerhaltung von Schweinefleisch (PLH-Schweinfleisch) durchgeführt. Für Deutschland ergibt sich folgendes Bild: Maßnahme PLH Schwein 2016: Es wurden insgesamt 815 Bescheide erstellt und eine Gesamtsumme von 9 013 477,82 Euro inkl. USt. ausgezahlt. Empfänger: 24 Vertragspartner. Menge insgesamt: 25 807 Tonnen Vertragsmengen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/336 Maßnahme PLH Schwein 2015: Es wurden insgesamt 192 Bescheide erstellt und eine Gesamtsumme von 2 251 759,21 Euro inkl. USt. ausgezahlt. Empfänger: 12 Vertragspartner. Menge insgesamt: 7 082 Tonnen Vertragsmengen. 2. Milchsektor Ausschließlich auf das russische Einfuhrverbot von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln zurückzuführende Stützungsmaßnahmen hat es für den Milchsektor nicht gegeben. Die EU-Kommission hat die drei freiwilligen Hilfsmaßnahmen der beiden Hilfspakete vom Sommer 2015 und Sommer 2016 neben anderen Entwicklungen auch mit dem russischen Embargo begründet. Weitere wesentliche Gründe für die schlechte Situation auf dem Milchmarkt waren die anhaltend starken Mengensteigerungen in den großen Exportregionen der Welt aufgrund der sehr guten Auszahlungspreise für Rohmilch in den Jahren 2013 und 2014 sowie eine weltweite Nachfrageschwäche ab 2015, unter anderem wegen geringer Kaufkraft der erdölexportierenden Staaten. EU-Hilfsmaßnahmen: 2015: Tiersonderbeihilfe für Milcherzeuger und Schweinehalter (EU-weit Mio. 420 Euro, davon Deutschland: rd. 65 Mio. Euro) 2016: EU-Milchmengenverringerungsmaßnahme (EU-weit 111,6 Mio. Euro, davon Deutschland: 31,8 Mio. Euro) 2016: Außerordentliche Anpassungshilfe (EU-weit 350 Mio. Euro; als Milchsonderbeihilfe in Deutschland im Jahr 2017: 57,95 Mio. Euro plus 57,95 Mio. Euro nationale Kofinanzierung bei Nichtsteigerung der Milchproduktion) National hat die Bundesregierung folgende Hilfen für die Milcherzeuger bereitgestellt (siehe den Milchbericht des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft 2017, S. 22 und 23): Zusatzentlastung Landwirtschaftliche Unfallversicherung (2016: 78 Mio. Euro; 2017: 78 Mio. Euro); Bürgschaftsprogramm (150 Mio. Euro; 2017 und 2018); Steuerliche Gewinn- und Tarifglättung (50 Mio. Euro). 3. Obst- und Gemüsesektor Am 7. August 2014 verhängte die russische Regierung ein Verbot der Einfuhr bestimmter Erzeugnisse aus der Union nach Russland, das auch für Obst und Gemüse gilt. Dieses Verbot hat zu einem Risiko von Marktstörungen aufgrund von Preiseinbrüchen geführt, da ein wichtiger Exportmarkt nicht mehr zur Verfügung stand. Deshalb hat die EU 2014 befristete Sonderstützungsmaßnahmen für bestimmte Obst- und Gemüsearten ergriffen und mehrfach verlängert, zuletzt bis zum 30. Juni 2018. Die Stützungsmaßnahmen umfassen sog. Marktrücknahmen für die kostenlose Verteilung an soziale Einrichtungen und sonstige Verwendungen (z. B. Biogasanlagen) sowie Grün- und Nichternten. Die Maßnahmen wurden von der deutschen Wirtschaft wegen des hohen Verwaltungsaufwandes und der Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/336 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode relativ geringen Beihilfen allerdings nur in begrenztem Umfang angenommen (lediglich 130 t Äpfel und 450 t Kohl für die kostenlose Verteilung an soziale Einrichtungen ). Deutschland hat deshalb in Abstimmung mit den Bundesländern und der Wirtschaft von einer Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht und bietet das Programm seit Sommer 2015 nicht mehr an. 5. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, dass durch die Sanktionen in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitsplätze verloren gegangen sind? Wenn ja, wie viele? Der Bundesregierung liegen hierzu keine gesicherten Erkenntnisse vor. Die letzten Jahre waren durch eine positive Entwicklung des Arbeitsmarkts gekennzeichnet , die mit einem Abbau der Arbeitslosigkeit und einem kontinuierlichen Beschäftigungsaufbau einherging. Die Nachfrage nach neuen Beschäftigten sowie die Einstellungsbereitschaft der Betriebe sind anhaltend hoch. 6. Sind der Bundesregierung Unternehmen bekannt, die aufgrund von Einbußen Kurzarbeit oder Insolvenz angemeldet haben? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über einzelne Fälle der Kurzarbeit oder Insolvenz von bestimmten Unternehmen vor, deren Ursache belastbar nachweisbar auf die Auswirkungen der EU-Sanktionen gegen die Russische Föderation zurückzuführen wäre. 7. Wie bewertet die Bundesregierung den wirtschaftlichen und außenpolitischen Erfolg der verhängten Sanktionen? Die 2014 seitens der EU gegen Russland verhängten Sanktionsmaßnahmen wurden ergriffen, um die Gesprächsbereitschaft der politisch Verantwortlichen in Russland zu befördern, an einer politischen Lösung des Konflikts in der Ukraine mitzuwirken. Die russische Bereitschaft, an den Gesprächen im sog. Normandie- Format teilzunehmen, ist auch diesem Schritt zu verdanken. In diesem Rahmen konnte der Konflikt in der Ostukraine – trotz zahlreicher Waffenstillstandsverletzungen – zumindest deutlich beruhigt werden im Vergleich zur Lage im Sommer /Herbst 2014. Bei den Sanktionsmaßnahmen geht es nicht um eine Bestrafung Russlands oder aller russischen Bürger oder um wirtschaftspolitische Maßnahmen mit dem Primärziel , der russischen Wirtschaft Schaden zuzufügen. Gleichwohl erhöhen gerade die Finanzsanktionen den Druck auf die russische Wirtschaft, die seither größere Probleme hat, sich aus dem Ausland zu refinanzieren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333