Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 6. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3366 19. Wahlperiode 10.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. Achim Kessler, Dr. André Hahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/2596 – Medizinische Versorgung von Menschen ohne Papiere V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Begriff „Menschen ohne Papiere“ bezeichnet Personen, die sich ohne legalen asyl- oder ausländerrechtlichen Aufenthaltsstatus, Aufenthaltsgestattung und ohne Duldung in Deutschland aufhalten und dementsprechend behördlich nicht gemeldet sind (www.welt.de/regionales/hamburg/article157549254/Wieleben -Menschen-ohne-gueltige-Papiere.html). In die aufenthaltsrechtliche Illegalität können Menschen aus unterschiedlichen Gründen geraten, unter anderem wenn sie untertauchen müssen, nachdem ihr Asylantrag rechtskräftig abgelehnt wurde, wenn sie keinen Asylantrag gestellt haben oder ihr Visum abgelaufen ist. Betroffen sind unter anderem Homosexuelle, die aus angeblich für Schwule und Lesben sicheren Herkunftsstaaten kommen, in denen ihr Leben doch bedroht ist oder sie eine Haftstrafe erwartet (www.queer.de/detail.php? article_id=30310), und Opfer von Menschenhandel, die aus ihren Heimatländern entführt wurden, um sie in Sklaverei zu halten oder zur Sexarbeit zu zwingen (www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Broschuere_PDF/ Krank_und_ohne_Papiere_Fallsammlung_der_BAG_Gesundheit_Illegalitaet_ April_2018_Web.pdf). Nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) besteht in Deutschland lediglich das Recht auf die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie die Versorgung bei Schwangerschaft (§ 1 Absatz 1 Nummer 5 i. V. m. §§ 1a und 4 AsylbLG). Aus dieser Beschränkung folgt, dass die Behandlung chronischer und real oder vermeintlich nicht lebensgefährlicher Krankheiten nicht vorgesehen ist. Menschen, die keinen Asylantrag gestellt haben, sondern aus unterschiedlichen Gründen in Deutschland ohne Aufenthaltsgenehmigung leben, können selbst den eingeschränkten Anspruch nach §§ 4, 6 AsylbLG nicht wahrnehmen. Denn wenn sie ihr Recht auf Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen und einen Krankenschein beim Sozialamt beantragen, sind Sozialamtsmitarbeiterinnen und Sozialamtsmitarbeiter verpflichtet, sie bei der Ausländerbehörde zu melden. Damit droht ihnen die Abschiebung (https://medibuero.de/wp-content/uploads/sites/10/ 2017/05/BAG_Gesundheit_Illegalitaet_Arbeitspapier_Gesundheitsversorgung_ fu__r_Menschen_ohne_Papiere_April_2017_Web.pdf). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3366 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die sogenannte Übermittlungspflicht im Bildungsbereich wurde bereits abgeschafft , um Kindern ohne Papiere den Schulbesuch zu ermöglichen (§ 87 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG)). Die Einschränkung der Behandlung und medizinischen Versorgung kann zu drastischen Gesundheitsschädigungen der Betroffenen führen. Die Bundesarbeitsgruppe Gesundheit/Illegalität verweist in diesem Zusammenhang auf die Chronifizierung von Entzündungen und Traumata, die bei einer rechtzeitigen Behandlung vermieden werden könnte (https://medibuero.de/wp-content/uploads/ sites/10/2016/03/2007_Bericht_BAG_InstMR.pdf). Vereinzelt gibt es sowohl staatliche als auch zivilgesellschaftliche Initiativen zur Verbesserung der medizinischen Versorgung von Menschen ohne Papiere. Auf Länderebene wurde in zwei Städten Niedersachsens und in Thüringen der sogenannte anonymisierte Krankenschein (AK) eingeführt (www.aerzteblatt.de/ nachrichten/73069/Modellprojekt), auf kommunaler Ebene gibt es seit vielen Jahren, unter anderem in Bremen und Frankfurt am Main sogenannte humanitäre Sprechstunden, in denen aber nur eingeschränkte medizinische Versorgung und eine Weitervermittlung an Fachärztinnen und Fachärzte angeboten werden (www.vielfalt-bewegt-frankfurt.de/de/angebot/internationale-humanitaeresprechstunde -0). Ehrenamtlich arbeiten seit 20 Jahren gewachsene Vermittlungsstellen , wie die sogenannten Medibüros, MediNetze, Medizinische Flüchtlingshilfe , Ärzte der Welt oder die medizinische Basisversorgung durch Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung. Alle diesen Stellen können allerdings aufgrund der beschränkten Kapazitäten, der räumlichen Verteilung und des wachsenden Bedarfs lediglich eine eingeschränkte Basisversorgung ermöglichen . Zudem ist es zumindest aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller nicht Aufgabe zivilgesellschaftlicher Organisationen, Versäumnisse des Staates bei seiner Verpflichtung zur Einrichtung einer qualitativ hochwertigen gesundheitlichen Versorgung aller in Deutschland lebenden Menschen auszugleichen . Nach Angaben der Bundesarbeitsgruppe Gesundheit/Illegalität wenden sich an diese lokalen Anlaufstellen neben Menschen ohne Papiere auch asylsuchende Personen, nichtversicherte Deutsche ohne Migrationshintergrund und EU- Bürgerinnen und EU-Bürger (https://chrismon.evangelisch.de/artikel/2017/ 36530/medizinische-hilfe-fuer-papierlose). Das Recht auf medizinische Versorgung, unabhängig vom Aufenthaltsstatus, ist als Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit im Grundgesetz verankert (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes). Die Verpflichtung des Staates, den Zugang zu einer medizinischen Versorgung auch sozialen Gruppen in besonders prekären Lebenslagen zu gewährleisten, bezieht sich auf Artikel 11 (Recht auf Schutz der Gesundheit) in der Europäischen Sozialcharta 1961. Zudem hat Deutschland den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (WSK-Pakt) von 1966 unterschrieben und 1973 ratifiziert. 1976 ist der UN-Sozialpakt in Kraft getreten und ist seitdem in Deutschland unmittelbar geltendes Recht (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Verbesserungen der gesundheitlichen Versorgung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern“ auf Bundestagsdrucksache 18/4758). Die Fragestellerinnen und Fragesteller sind besorgt, dass der eingeschränkte Zugang zur medizinischen Versorgung das darin festgehaltene Menschenrecht auf Zugang zu Gesundheitsversorgung einschränkt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3366 V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die in der Anfrage angesprochene Personengruppe (insbesondere Ausländer, deren Asylantrag rechtskräftig abgelehnt wurde und die danach untergetaucht sind) ist nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) leistungsberechtigt (§ 1 Absatz 1 Nummer 5 AsylbLG). Die geltenden Regelungen des AsylbLG zu den Gesundheitsleistungen (§§ 4 und 6 AsylbLG) erlauben eine angemessene gesundheitliche Versorgung auch dieses Personenkreises. a) Anspruch auf Gesundheitsversorgung nach dem AsylbLG Der Anspruch nach § 4 Absatz 1 AsylbLG umfasst die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung, einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen. Zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten werden Schutzimpfungen und die medizinisch gebotenen Vorsorgeuntersuchungen erbracht. Nach § 4 Absatz 2 AsylbLG sind werdenden Müttern und Wöchnerinnen ärztliche und pflegerische Hilfe und Betreuung, Hebammenhilfe , Arznei-, Verband- und Heilmittel zu gewähren. Wenn eine Leistungserbringung für die Behandlung chronischer Erkrankungen nicht unter § 4 Absatz 1 oder Absatz 2 AsylbLG fällt, kann diese nach § 6 Absatz 1 AsylbLG in Betracht kommen. Nach dieser Auffangregelung können sonstige Leistungen gewährt werden, wenn dies „im Einzelfall zur Sicherung […] der Gesundheit unerlässlich “ oder „zur Deckung der besonderen Bedürfnisse von Kindern geboten“ ist. Die Gewährung der Leistungen steht im Ermessen der zuständigen Behörde nach dem AsylbLG. Im Einzelfall kann deren Ermessen z. B. aus europarechtlichen oder verfassungsrechtlichen Gründen „auf Null“ reduziert sein. Leistungsberechtigte , die sich seit 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben, haben gemäß § 2 Absatz 1 AsylbLG grundsätzlich Anspruch auf Hilfen zur Gesundheit, die in Art und Umfang denjenigen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen. Der Leistungsanspruch auf Gesundheitsleistungen nach den §§ 4 und 6 AsylbLG ist unabhängig davon, ob ein Leistungsberechtigter im Bundesgebiet über gültige Papiere verfügt. b) Der Nothelferanspruch nach den §§ 6a und 6b AsylbLG Grundsätzlich sind die Gesundheitsleistungen nach dem AsylbLG vor Inanspruchnahme durch die Leistungsberechtigten zunächst bei der Leistungsbehörde zu beantragen. Um den Interessen der Leistungserbringer im Gesundheitsbereich (insbesondere der Ärztinnen und Ärzte, sowie der Krankenhausträger) nachzukommen und gleichzeitig die angemessene medizinische Versorgung der Leistungsberechtigten in Eilfällen sicherzustellen, wurde mit Wirkung zum 1. März 2015 durch das Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Sozialgerichtsgesetzes (BGBl. I 2014, S. 2187) der Nothelferanspruch in den §§ 6a und 6b AsylbLG geregelt. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Leistungserbringer , die in medizinischen Eilfällen Nothilfe geleistet haben, ihre Aufwendungen in gebotenem Umfang unmittelbar von der zuständigen Behörde nach dem AsylbLG verlangen können, ohne dass diese von dem Leistungsfall vorher Kenntnis hatte. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3366 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode c) Übermittlungspflichten nach dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG) Bei Personen, die sich ohne Aufenthaltstitel oder Duldung im Bundesgebiet aufhalten , bestehen aufenthaltsrechtliche Unterrichtungspflichten öffentlicher Stellen gegenüber den Ausländerbehörden (§ 87 Absatz 2 des AufenthG). Adressat dieser Unterrichtungspflichten sind auch die für Leistungen nach dem AsylbLG zuständigen Behörden. Vor diesem Hintergrund mögen Leistungsberechtigte davon absehen, die Leistungen nach dem AsylbLG in Anspruch zu nehmen. Nach § 88 Absatz 1 AufenthG unterbleibt eine Übermittlung personenbezogener Daten und sonstiger Angaben nach § 87 AufenthG, wenn besondere gesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen, etwa, wenn eine vom Anwendungsbereich des § 203 Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches (StGB; „ärztliche Schweigepflicht“) erfasste Person in dieser Eigenschaft im Rahmen der medizinischen Behandlung vom irregulären aufenthaltsrechtlichen Status Kenntnis erlangt hat. Ein „verlängerter Geheimnisschutz“ gilt nach § 88 Absatz 2 AufenthG, wenn öffentliche Stellen (etwa Sozialämter, Gesundheitsbehörden oder öffentliche Krankenhäuser ) von personenbezogenen Daten im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit , etwa zwecks Kostenabrechnung Kenntnis erhalten. In diesen Fällen besteht die Unterrichtungspflicht des § 87 Absatz 2 AufenthG für Aufgabenträger der öffentlichen Verwaltung (insbesondere Weiterübermittlung an die zuständige Ausländerbehörde lediglich in den in § 88 Absatz 2 Nummern 1 und 2 AufenthG aufgeführten Ausnahmefällen, z. B. bei Gefährdung der öffentlichen Gesundheit oder schweren Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Auch die Unterrichtung ist nur in diesen Fällen zulässig; eine Unterrichtung ebenso wie eine Übermittlung nach § 87 Absatz 1 AufenthG im Übrigen ist aber untersagt). Insbesondere sind auch Mitarbeiter der für Leistungen nach dem AsylbLG zuständigen Behörde hinsichtlich der (Weiter-) Übermittlung ärztlicher Berufsgeheimnisse an die zuständige Ausländerbehörde von diesem „verlängerten Geheimnisschutz“ erfasst. Die Pflicht zur Übermittlung ist insbesondere in den Fällen der Notfallversorgung durch Ärzte in öffentlichen Krankenhäusern ausgeschlossen, die vertraulich gewährt werden kann. In diesen Fällen beantragt der Gesundheitsdienstleister die Kostenübernahme nach erfolgter Leistung bei der für Leistungen nach dem AsylbLG zuständigen Behörde und die ärztliche Schweigepflicht wird auf diese Behörde ausgedehnt. Außer in Notfällen erfolgt in der Praxis eine medizinische Behandlung allerdings regelmäßig erst dann, wenn die Kostentragung geklärt ist. „Verlängerter Geheimnisschutz “ besteht dann nicht, wenn die betroffene Person deshalb außerhalb der Notfallversorgung zunächst beim zuständigen Leistungsträger eine Kostenübernahmeerklärung für eine künftige Behandlung beansprucht. Die Unterrichtungspflicht soll – soweit sie nicht aus den o. a. Gründen ausgeschlossen ist – den Ausländerbehörden die notwendigen Informationen zur Erfüllung ihrer Aufgaben an die Hand geben. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die in § 87 Absatz 2 AufenthG geregelte Unterrichtungspflicht für öffentliche Stellen im Hinblick auf ausländische Staatsangehörige erforderlich ist, weil sich im Bundesgebiet aufhaltende Personen ohne Aufenthaltstitel oder Duldung und ohne Kenntnis der Behörden ansonsten dem rechtsstaatlichen Verwaltungshandeln der mit der Durchführung des Aufenthaltsgesetzes betrauten Behörden entziehen könnten. Gleichwohl können gesetzliche Verwendungsregeln („ärztliche Schweigepflicht“) ausnahmsweise in Betracht kommen und finden im deutschen Recht auch Berücksichtigung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3366 1. Welche Kenntnisse oder Einschätzungen hat die Bundesregierung zu statistischen Angaben über die Anzahl von Menschen ohne Papiere in Deutschland ? a) Wie viele von ihnen sind in der Erkenntnis oder nach Einschätzung der Bundesregierung Minderjährige? b) In welchen Berufen sind Menschen ohne Papiere in der Erkenntnis oder nach Einschätzung der Bundesregierung tätig? Zu der Fragestellung liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Personen , die sich ohne Aufenthaltstitel oder Duldung und ohne Kenntnis der Behörden im Bundesgebiet aufhalten, werden in amtlichen Erhebungen und Statistiken nicht erfasst. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen . 2. Welchen medizinischen bzw. gesundheitlichen Risiken sind Menschen ohne Papiere nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung ausgesetzt? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse speziell zu Menschen ohne gültige Ausweis- oder Aufenthaltspapiere vor. Grundsätzlich sind diese Menschen den gleichen Risiken ausgesetzt wie die ansässige Bevölkerung. Aufgrund des vermehrten Vorkommens von Infektionskrankheiten in bestimmten Herkunftsländern werden Krankheiten wie zum Beispiel Tuberkulose häufiger beobachtet. Die Reiseanstrengungen, ein oft fehlender Impfschutz und/oder die räumliche Situation in den Aufnahmeeinrichtungen könnten außerdem dazu führen , dass die betroffenen Personen empfänglicher für einige Infektionskrankheiten sind. 3. Welche Maßnahmen trifft die Bundesregierung, um diesen Risiken zu begegnen ? Die geltende Rechtslage erlaubt eine angemessene gesundheitliche Versorgung des angesprochenen Personenkreises. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 4. Welche Maßnahmen trifft die Bundesregierung, damit die Betroffenen in eine gesetzliche Krankenversicherung integriert werden können? Für die Betroffenen ist in Not- oder Akutsituationen eine ausreichende Versorgung im Krankheitsfall über den zuständigen Träger der Sozialhilfe oder über das AsylbLG sichergestellt. Für eine Aufnahme in die beitragsfinanzierte gesetzliche Krankenversicherung besteht von daher schon deshalb keine Erfordernis. 5. Welche Kenntnisse oder Einschätzungen über die Anzahl von Menschen ohne Papiere, die sich 2017 an Arztpraxen, Gesundheitsämter und Gesundheitshilfsorganisationen gewendet haben, liegen der Bundesregierung vor? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3366 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Förderung von regionalen Initiativen zur medizinischen Versorgung von Menschen ohne Papiere (bitte möglichst ausführlich unter Aufschlüsselung von Regionen, Förderern und konkreten Fördersummen darlegen)? Der Bundesregierung liegen dazu keine Erkenntnisse vor. Regionale Initiativen fallen in die Zuständigkeit der Länder. 7. Welche Kenntnisse oder Einschätzungen hat die Bundesregierung über statistische Angaben zur Anzahl von Menschen ohne Papiere, die 2017 in Deutschland eine gesundheitliche Versorgung bekommen haben? a) Welche Kenntnisse oder Einschätzungen hat die Bundesregierung über die Anzahl der Menschen, die 2017 vom sogenannten anonymisierten Krankenschein Gebrauch gemacht haben? b) Welche Kenntnisse oder Einschätzungen hat die Bundesregierung über die Anzahl der Menschen, die 2017 von humanitären Sprechstunden Gebrauch gemacht haben? c) Welche Kenntnisse oder Einschätzungen hat die Bundesregierung über die Anzahl der Menschen, die 2017 von Clearingstellen Gebrauch gemacht haben? d) Welche Kenntnisse oder Einschätzungen hat die Bundesregierung über die Anzahl der Menschen, die über Hilfsorganisationen medizinische Behandlung bekommen haben? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Es wird zudem darauf hingewiesen, dass die Ausführung des AsylbLG in die Zuständigkeit der einzelnen Länder fällt. 8. Wie viele Menschen ohne umfassenden Krankenversicherungsschutz gibt es in Deutschland nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung zum aktuellen Zeitpunkt? Wie viele Menschen ohne umfassenden Krankenversicherungsschutz sind a) Nichtversicherte; Die Zahl der Personen, die angeben, ohne Absicherung im Krankheitsfall zu sein, wird alle vier Jahre im Rahmen der Befragung zur Art der Krankenversicherung im Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes erhoben. Sie ist demnach stark rückläufig. Während im Jahr 2011 noch rund 137 000 Personen angaben, über keine Absicherung im Krankheitsfall zu verfügen, waren es im Jahr 2015 rund 79 000 Personen. b) Asylsuchende, die eingeschränkte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhalten; Am 31. Dezember 2016 gab es in Deutschland rund 567 000 Empfänger von Grundleistungen nach dem AsylbLG. Neuere Zahlen liegen noch nicht vor. Zur Art der Gesundheitsleistungen für diese Personengruppe wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/3366 c) Menschen, die nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) Hilfen zur Gesundheit erhalten; Im Laufe des Jahres 2016 erhielten rund 24 000 Menschen Hilfen zur Gesundheit nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch. Neuere Zahlen liegen noch nicht vor. d) Menschen mit Beitragsschulden in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), deren Versicherung ruht; Der Bundesregierung liegen keine Daten zur Anzahl der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mit Beitragsrückständen, deren Anspruch auf Leistungen ruht, vor. e) Menschen im Notlagentarif der privaten Krankenversicherung (PKV); Ende des Jahres 2017 waren 106 000 Personen im Notlagentarif der privaten Krankenversicherung (PKV) versichert. f) Menschen im Basis- und Standardtarif der privaten Krankenversicherung; Im Standardtarif der PKV waren 50 200 Personen versichert, im Basistarif 31 400 Personen. Bei 18 300 Versicherten im Basistarif wurde der Beitrag wegen Hilfebedürftigkeit halbiert. Versicherte im Standardtarif und Basistarif der PKV erhalten mit der GKV vergleichbare Leistungen, haben also einen umfassenden Versicherungsschutz. g) EU-Bürgerinnen und EU-Bürger mit der Europäischen Krankenversicherungskarte (EHIC-Karte); EU-Bürgerinnen und EU-Bürger, die rechtmäßig über eine Europäische Krankenversicherungskarte verfügen, haben über diese Karte umfassenden Krankenversicherungsschutz . h) Erwerbslose EU-Bürgerinnen und EU-Bürger, die keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) oder nach dem SGB XII haben? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 9. Welche Studien und Berichte über die Lage von Menschen ohne Papiere liegen der Bundesregierung vor, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus? Zunächst wird auf die Antwort zu den Fragen 17 bis 20 sowie 25 verwiesen. Der Themenkomplex wird in mehreren Berichten und Studien angesprochen, die der Bundesregierung bekannt sind. Über die in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Studien und Berichte hinaus, sind dies beispielsweise: Deutsches Institut für Menschenrechte, „Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland Juli 2016 – Juni 2017“ (2017); 11. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, „Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland“ (2016); Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, „Migranten in einer irregulären Situation: Zugang zu medizinischer Versorgung in zehn Mitgliedstaaten der Europäischen Union“ (2012); Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, „Menschen ohne Papiere – Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3366 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Ihr Recht auf Gesundheit und ihr Zugang zu medizinischer Versorgung“ (2011). Die Studien- und Berichtslage wird durch die Bundesregierung laufend beobachtet . Auf die Antwort zu Frage 2 und die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 10. Welche Organisationen sind von der Bundesregierung beauftragt, weitere Studien und Berichte über die Lage von Menschen ohne Papiere vorzubereiten ? Um welche Studien bzw. Berichte handelt es sich genau? Die Bundesregierung hat im Sinne der Fragestellung keine Organisationen mit Studien oder Berichten beauftragt. 11. Sind die Krankenhäuser und Arztpraxen verpflichtet, die anonymisierten Krankenscheine zu akzeptieren? Wenn nicht, in welchen Fällen kann die Behandlung mit einem anonymisierten Krankenschein verweigert werden? Von Notfällen oder besonderen rechtlichen Verpflichtungen abgesehen, sind Ärztinnen und Ärzte frei, eine Behandlung abzulehnen. Den begründeten Wunsch der Patientin oder des Patienten, eine weitere Ärztin oder einen weiteren Arzt zuzuziehen oder einer anderen Ärztin bzw. einem anderen Arzt überwiesen zu werden, soll die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt in der Regel nicht ablehnen . Der anonymisierte Krankenschein wird in einigen Ländern ausgegeben. Der Bundesregierung liegen keine Informationen über die genauen Modalitäten, insbesondere zur Abrechnung von Leistungen, vor. 12. Welche Verantwortung tragen die medizinischen Leistungserbringer, wenn den Menschen medizinische Behandlung aufgrund der Unklarheiten bezüglich der Kostenerstattung verweigert wird? Die Verweigerung medizinischer Behandlung kann nach § 323c Absatz 1 des Strafgesetzbuchs (StGB) ‒ Unterlassene Hilfeleistung ‒ strafbar sein, wenn die konkrete Situation als Unglücksfall im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist. Dies ist dann der Fall, wenn eine gegenwärtige Gefahr für die zu behandelnde Person vorliegt, die ein sofortiges Eingreifen erfordert. Wird in diesen Fällen nicht sofort eingegriffen, kommt auch eine zivilrechtliche Haftung auf Schadensersatz gemäß § 823 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Verbindung mit § 323c Absatz 1 StGB in Betracht. Führt die unterlassene Hilfeleistung zu einer Körperverletzung , einer Gesundheitsbeschädigung, deren Verschlimmerung oder zum Tod des Betroffenen, umfasst der Schadensersatz alle hierdurch verursachten materiellen Schäden (§§ 842 ff. BGB) sowie ein Schmerzensgeld (§ 253 Absatz 2 BGB) oder ein Hinterbliebenengeld (§ 844 Absatz 3 BGB). Um den Interessen der Leistungserbringer im Gesundheitsbereich in Eilfällen, insbesondere im Hinblick auf die ungeklärte Kostenfrage, nachzukommen, wurde der Nothelferanspruch in den §§ 6a und 6b AsylbLG geregelt. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/3366 13. Wie viele Menschen ohne Papiere wurden seit 2008 von Sozialamtsmitarbeitenden und Leistungserbringern im Gesundheitswesen bei Ausländerbehörden nach Kenntnis der Bundesregierung gemeldet (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Aufnahme bislang Nichtversicherter in die gesetzliche und private Krankenversicherung – Selbständige, Obdachlose, Papierlose und andere Gruppen“ auf Bundestagsdrucksache 16/8365)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 14. Sind die medizinischen Leistungserbringer nach § 19 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) über Aufgaben des Gesundheitsamtes in besonderen Fällen verpflichtet, beim Verdacht einer ansteckenden Erkrankung Menschen ohne Papiere zu behandeln? Sind die Leistungserbringer in diesem Fall verpflichtet, Daten an Ausländerbehörden zu übermitteln? a) Sind die medizinischen Leistungserbringer nach § 19 IfSG verpflichtet, wenn sie über keine Kapazitäten verfügen, Patientinnen und Patienten ohne Papiere beim Verdacht einer ansteckenden Erkrankung zu behandeln , sie an eine medizinische Hilforganisation weiterzuleiten? b) Sind die medizinischen Leistungserbringer nach § 19 IfSG verpflichtet, wenn sie über keine Kapazitäten verfügen, Patientinnen und Patienten ohne Papiere beim Verdacht einer ansteckenden Erkrankung zu behandeln , sie über andere Optionen bzw. Alternativen wie die regionalen Hilfsinitiativen zu informieren? c) Sind die Leistungserbringer verpflichtet, Daten an Ausländerbehörden zu übermitteln, wenn die Behandlung nicht gewährleistet wurde? d) Kann die Anonymität der betroffenen Patientinnen und Patienten bei nach § 6 IfSG meldepflichtigen Krankheiten gewahrt werden? § 19 Absatz 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes verpflichtet die Gesundheitsämter , für sexuell übertragbare Krankheiten und Tuberkulose Beratung und Untersuchung entweder selbst anzubieten oder in Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Einrichtungen sicherzustellen. Die Vorschrift enthält ‒ entsprechend dem mit ihr verfolgten Zweck, die öffentliche Gesundheit zu schützen ‒ keine Ausnahmen für Menschen ohne Papiere. Zu Übermittlungspflichten nach dem Aufenthaltsgesetz und den entsprechenden Ausnahmen (§ 88 Absatz 1 und 2 AufenthG) wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Die entsprechenden Ausführungen gelten auch, wenn im Einzelfall eine nach § 6 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) meldepflichtige Krankheit vorliegen sollte. 15. Wie schätzt die Bundesregierung die Gefahr der Entstehung schwerwiegender Erkrankungen unter Menschen ohne Papiere ein? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3366 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 16. Welche NGOs beschäftigen sich nach Kenntnis der Bundesregierung damit, den Zugang zur medizinischen Behandlung für Menschen ohne Papiere zu ermöglichen? Nach Kenntnis der Bundesregierung beschäftigen sich folgende Nichtregierungsorganisationen mit dem genannten Themenkomplex: Die Nationale Armutskonferenz , der Ärzte der Welt e. V., das Aktionsbündnis gegen AIDS, der Ambulante Hilfe e. V., der Berliner Aids Hilfe e. V., die Berliner Stadtmission, der Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e. V., der Paritätische Gesamtverband, der Deutsche AIDS-Hilfe e. V., der Diakonie Deutschland e. V., der Evangelische Auslandsberatung e. V., der Familienplanungszentrum Berlin – BALANCE e. V., der Verein Stadtmission Hamburg , der Dokumentation, Bildung und Beratung e. V. sowie „Medinetz“ Vereine verschiedener Städte. 17. Inwiefern wurden die Ergebnisse der Bundesarbeitsgruppe Gesundheit/Illegalität in die Arbeit der Bundesregierung einbezogen? 18. Inwiefern wurden Berichte der Organisation „Ärzte der Welt“ in Bezug auf die Hilfe für Menschen ohne Krankenversicherung in die Arbeit der Bundesregierung einbezogen (www.aerztederwelt.org/unsere-projekte/ deutschland/deutschland/gesundheitsversorgung-fuer-alle-berichte-aus-unserenanlaufstellen )? 19. Inwiefern wurden Berichte der Diakonie Deutschland in Bezug auf die Hilfe für Menschen ohne Papiere in die Arbeit der Bundesregierung einbezogen? 20. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Initiative „Gesundheit – Ein Menschenrecht“? a) Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über die Partner und Förderer der Initiative vor? b) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Initiative „Gesundheit – Ein Menschenrecht“? Die Fragen 17 bis 20 werden gemeinsam beantwortet. Die Arbeit der genannten Organisationen ist der Bundesregierung bekannt. Sie setzt sich hiermit insbesondere im Rahmen des Prüfungsprozesses auseinander, der der Antwort auf die Rückfragen (die Themenliste – List of Issues) des Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten Nationen im Rahmen des Staatenberichtsverfahrens zum sechsten Berichts Deutschlands gemäß Artikel 16 und Artikel 17 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten Nationen vorausgeht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/3366 21. Welche Stellung nimmt die Bundesregierung in Bezug auf den Vorschlag der Bundesarbeitsgruppe Gesundheit/Illegalität, „Menschen ohne Papiere einen ungehinderten Leistungsanspruch im Umfang des das medizinisch Notwendige definierenden Leistungskatalogs der Gesetzlichen Krankenversicherung zu gewährleisten “ (vgl. § 27 SGB V; www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/ BAG_Gesundheit_Illegalitaet_Arbeitspapier_Gesundheitsversorgung_fu__r _Menschen_ohne_Papiere_April_2017_Web.pdf)? Es ist derzeit nicht vorgesehen, dem angesprochenen Personenkreis Zugang zu einem Leistungskatalog zu gewähren, der demjenigen der GKV entspricht. Die geltende Rechtslage erlaubt nach Auffassung der Bundesregierung eine angemessene gesundheitliche Versorgung des angesprochenen Personenkreises. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 22. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Kampagne von den deutschen Medibüros, Medinetzen und Medizinischen Flüchtlingshilfen für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes (http://stopasylblg.de/), und welche Stellung nimmt die Bundesregierung in Bezug auf diese? Die genannte Kampagne ist der Bundesregierung aus verschiedenen Eingaben bekannt. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass es aufgrund der besonderen Lebenssituation von ausländischen Personen, deren Aufenthalt im Bundesgebiet absehbar nur sehr kurzfristig ist, die bereits ausreisepflichtig sind oder deren Verbleib im Bundesgebiet wegen der Prüfung eines Asylgesuches nicht geklärt und deshalb voraussichtlich nur vorübergehender Natur ist, eines differenzierten Leistungsrechts bedarf. Dieses Leistungsrecht erlaubt nach Auffassung der Bundesregierung auch eine angemessene gesundheitliche Versorgung des angesprochenen Personenkreises. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen . 23. Nimmt die Bundesregierung zur Kenntnis, dass eine Versorgung, die das Leistungsniveau nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch SGB V unterschreitet , gemäß § 12 Absatz 5 SGB V das Maß des Notwendigen unterschreitet und welche Konsequenzen zieht sie daraus? Ein § 12 Absatz 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) existiert nicht. Nach § 12 Absatz 1 SGB V dürfen die Leistungen des SGB V „[…] das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“. Der Begriff des „Notwendigen“ in § 12 SGB V beschreibt kein Mindestleistungsniveau, sondern begrenzt die Ansprüche der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung im Interesse der Solidargemeinschaft der Beitragszahler „nach oben“. 24. Falls eine Versorgung unterhalb des Niveaus des SGB V das Maß des Notwendigen nach Ansicht der Bundesregierung nicht unterschreiten sollte, welche Leistungen nach dem SGB V sind nach ihrer Auffassung verzichtbar? Auf die Antwort zu Frage 23 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3366 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 25. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus Studien, wie „Effect of Restricting Access to Health Care on Health Expenditures among Asylum- Seekers and Refugees: A Quasi-Experimental Study in Germany, 1994– 2013“ von Kayvan Bozorgmehr und Oliver Razum (in PLOS ONE, 2015: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0131483), oder den empirischen Erfahrungen mit der Krankenversichertenkarte für Asylsuchende in einigen Bundesländern, mit denen gezeigt wurde, dass eine gesundheitliche Absicherung in oder näher am Niveau des SGB V keine oder kaum Mehrkosten verursacht und teils sogar kostengünstiger eine bessere Versorgung der Menschen gewährleisten kann? Aus Sicht der Bundesregierung gewährleistet das AsylbLG eine ausreichende Versorgung mit Gesundheitsleistungen. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Die zitierte Studie, welche die Kosten der Gesundheitsleistungen während der ersten 15 Monate und der Anschlusszeit vergleicht, berücksichtigt nicht hinreichend, dass es eine Reihe von systemunabhängigen Faktoren gibt, die sich in der Anfangszeit kostenerhöhend auswirken können. Dazu zählen die Strapazen der Flucht bzw. Gewalterfahrungen im Heimatland, die einen erhöhten Behandlungsbedarf auslösen können. Dazu zählen aber auch eine unzureichende Dokumentation oder Gesundheitsfürsorge im Herkunftsland, die anfänglich einen Nachholbedarf bei Behandlung und Anamnese auslösen können. Mit Wirkung vom 24. Oktober 2015 hat der Bund eine Neuregelung getroffen, die den Ländern die Übertragung der Gesundheitsversorgung auf die Krankenkasse auch während der ersten 15 Monate ermöglicht (§ 264 Absatz 1 Sätze 2 bis 7 des SGB V). Sukzessive haben daraufhin eine Reihe von Ländern entschieden, dass die Krankenkasse die Krankenbehandlung auch in der Anfangszeit übernehmen soll. Nach dem Gesetz bleibt der Vollzug der Gesundheitsleistungen jedoch Sache der Länder (vgl. § 4 Absatz 3 Satz 1 AsylbLG, Artikel 83 des Grundgesetzes ), so dass sich deren Modelle auch im Detail noch unterscheiden. Deshalb fällt ein Kostenvergleich schwer. Valide Daten zu den Kosten der einzelnen Modelle liegen dem Bund nicht vor. 26. Welche Stellung nimmt die Bundesregierung zu Vorwürfen der Bundesarbeitsgruppe Gesundheit/Illegalität, dass das Menschenrecht auf Gesundheitsversorgung von Menschen ohne Papiere durch die gesetzliche Einschränkung verletzt werde (www.presseportal.de/pm/36565/3607594)? Nach Auffassung der Bundesregierung ist das bestehende Leistungsrecht geeignet , eine angemessene Versorgung des angesprochenen Personenkreises zu gewährleisten (insoweit wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen ) und steht in Einklang mit dem für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen Völkerrecht. Die Bundesregierung sieht die Unterrichtungspflicht nach § 87 Absatz 2 Aufenth G als erforderlich an, da ausländische Staatsangehörige ohne Aufenthaltstitel oder Duldung und ohne Kenntnis der Behörden, die sich im Bundesgebiet aufhalten , ansonsten dem rechtsstaatlichen Verwaltungshandeln der mit der Durchführung des Aufenthaltsgesetzes betrauten Behörden entziehen könnten. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/3366 27. Inwieweit ist die zivilgesellschaftliche Eingabe von über 30 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Wohlfahrtsverbänden zu dem sechsten Bericht Deutschlands gemäß Artikel 16 und 17 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-WSKR-Bericht) Deutschlands in die Arbeit der Bundesregierung einbezogen (http://tbinternet.ohchr. org/Treaties/CESCR/Shared%20Documents/DEU/INT_CESCR_ICO_DEU_ 28182_E.pdf)? Die zivilgesellschaftlichen Eingaben zur Themenliste (List of Issues) im Rahmen des sechsten Berichts Deutschlands gemäß Artikel 16 und Artikel 17 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten Nationen fließen z. B. in den Prüfungsprozess ein, der der Antwort auf die Rückfragen (die Themenliste – List of Issues) des Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten Nationen im Rahmen des Staatenberichtsverfahrens vorangeht. Die Bundesregierung bezog sie zudem in die Vorbereitung des Universellen Staatenüberprüfungsverfahrens (UPR) ein, das am 8. Mai 2018 in Genf im VN-Menschenrechtsrat durchgeführt wurde. 28. Inwieweit sind neben dem federführenden Bundesministerium für Arbeit und Soziales andere Bundesministerien und der Deutsche Bundestag bei der Beantwortung der Rückfrage des UN-Ausschusses zur zivilgesellschaftlichen Eingabe zum sechsten UN-WSKR-Bericht Deutschlands einbezogen (http://tbinternet.ohchr.org/Treaties/CESCR/SharedDocuments/DEU/E_C- 12_DEU_Q_6_29256_E.docx)? Das federführende Bundesministerium für Arbeit und Soziales beteiligt das Auswärtige Amt, das Bundesministerium der Finanzen, das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, das Bundesministerium für Familie, Senioren , Frauen und Jugend, das Bundesministerium für Gesundheit, das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die Bundestagsverwaltung des Deutschen Bundestages, das Statistische Bundesamt sowie die Kultusministerkonferenz , die Konferenz der Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales und den Deutschen Städtetag, um die Rückfragen (Themenliste – List of Issues) des Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten Nationen zu beantworten. 29. Welche Studien und Berichte über Auswirkungen eines Ausschlusses aus der medizinischen Versorgung durch das bestehende Gesundheitssystem in Deutschland liegen der Bundesregierung vor, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus? Nach Auffassung der Bundesregierung ist der angesprochene Personenkreis nicht aus der medizinischen Versorgung ausgeschlossen, sondern es besteht für diesen Personenkreis Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung (insoweit wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen). Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 9, 17 bis 20 und 25 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3366 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 30. Wie schätzt die Bundesregierung das Risiko der Entstehung gesundheitlicher Schäden ein, wenn Menschen ohne Papiere aus Angst vor Abschiebung einen Arztbesuch meiden oder lange aufschieben müssen? Zunächst wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine fundierten Daten zu den spezifischen Risiken des Aufschiebens oder der Vermeidung eines Arztbesuches bei der genannten Personengruppe vor. Um einem erhöhten Risiko bei einer akuten Behandlungsbedürftigkeit Rechnung zu tragen, wurde der Nothelferanspruch in Verbindung mit dem verlängerten Geheimnisschutz geregelt, damit die Betroffenen in dieser akuten Situation einen Arztbesuch nicht aus Bedenken im Hinblick auf die aufenthaltsrechtlichen Übermittlungspflichten aufschieben. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Die Bundesregierung wird die Entwicklung jedoch weiter beobachten . 31. Welche Stellung nimmt die Bundesregierung in Bezug auf die Forderung der Bundesarbeitsgruppe Gesundheit/Illegalität, die Sozialbehörden von der Übermittlungspflicht nach § 87 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) auszunehmen (http://forum-illegalitaet.de/wordpress_01/wp-content/uploads/2017/ 05/BAG-Gesundheit_Illegalit%C3%A4t-Arbeitspapier-2017-final.pdf)? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333