Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 9. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3386 19. Wahlperiode 12.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Christoph Hoffmann, Dr. Lukas Köhler, Judith Skudelny, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/2823 – Organische CO2-Speicherung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Wälder, Moore und andere natürliche Senken können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den CO2-Anteil in der Atmosphäre zu verringern. Nach Auffassung der Fragesteller ist es unerlässlich, dieses Potenzial der organischen Speicherung zusätzlich zu allen notwendigen und technisch umsetzbaren Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen sowie zur Nutzung und technischen Speicherung von CO2 zu nutzen, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. 1. Welche biologischen Verfahren sind nach Kenntnis der Bundesregierung geeignet , Treibhausgase der Atmosphäre zu entziehen und zu speichern? Bei ihrem Wachstum entziehen Pflanzen der Atmosphäre CO2 und lagern Kohlenstoff ein. Diese Kohlenstoffvorräte – insbesondere in Wald, Holz, Mooren und Böden – sollen geschützt werden, die Einlagerungsprozesse sollen, wo im Einklang mit den bestehenden Biodiversitäts- und Nachhaltigkeitszielen möglich, verstärkt werden, und einer Freisetzung soll entgegengewirkt werden. Auch die Holzverwendung (z. B. durch langlebige Holzprodukte im Holzbau) und die damit gegebenenfalls verbundene Substitution ist damit zu berücksichtigen . 2. Welche Notwendigkeit und welches Potenzial sieht die Bundesregierung für Programme zur Walderhaltung in Ländern mit negativer Waldflächenbilanz? Die Bundesregierung sieht ein hohes Potential für Programme zur Walderhaltung ungeachtet der Tatsache, wie sich der Trend der Waldflächenbilanz in den jeweiligen Ländern darstellt. Die Notwendigkeit leitet sich aus dem global signifikanten Potential für Emissionsminderung und Kohlenstoffspeicherung im Wald und durch den Wiederaufbau von Wäldern ab. Aktuelle Studien zeigen, dass das Ziel des Übereinkommens von Paris, den globalen Temperaturanstieg auf 2 °C bzw. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3386 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1.5 °C zu begrenzen, nur erreicht werden können, wenn die weltweite Entwaldung zeitnah gestoppt wird und der großflächige Wiederaufbau von Wäldern gelingt . Die Erhaltung und nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder sowie der Wiederaufbau degradierter und zerstörter Wälder sind wichtige globale Ziele und daher eine zentrale Herausforderung für die internationale Staatengemeinschaft. Die Bundesregierung setzt sich auf allen Ebenen für diese Ziele ein. Deutschland gehört zu den aktiven Unterstützern oder Initiatoren aller wichtigen aktuellen Prozesse auf internationaler Ebene. Dies umfasst auch Prozesse zur Erhaltung von Wäldern z. B. durch REDD+, zum Wiederaufbau von Wäldern, der Förderung von guter Regierungsführung in den Partnerländern, zur Bekämpfung des illegalen Holzeinschlages und Holzhandels oder der internationalen Standardisierung der Grundanforderungen an eine nachhaltige Waldbewirtschaftung. Ebenso ist die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft in Zertifizierungsinitiativen und Partnerschaften zur Beendigung der Naturwaldzerstörungen, die durch die weltweite Nachfrage nach einigen Agrarprodukten (z. B. Soja, Palmöl, Kakao) ausgelöst werden, wichtiger Bestandteil der internationalen Waldpolitik der Bundesregierung . Die Aktivitäten werden u. a. im Waldaktionsplan des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) beschrieben. 3. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung in Art und Umfang für Aufforstungsprogramme in Deutschland, Europa und der Welt? Gemäß den Daten der 3. Bundeswaldinventur hat sich die Waldfläche in Deutschland zwischen 2002 und 2012 um insgesamt 50 000 Hektar vergrößert, also um ca. 5 000 ha pro Jahr. Die geförderte Erstaufforstung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz hatte daran einen sehr geringen Anteil. Seit 1990 hat sich die Waldfläche in Deutschland um mehr als 200 000 ha vergrößert. Eine weitere Vergrößerung der Waldfläche muss mit den möglichen Nachteilen einer Verminderung von Grünland- und Ackerflächen abgewogen werden. Aufforstungsprogramme in Deutschland können lediglich einen ergänzenden Beitrag liefern. Bund und Länder stellen Förderprogramme zur Erstaufforstung landwirtschaftlicher Flächen bereit. Der Wald und die aus der nachhaltigen Bewirtschaftung resultierende Verwendung von Holzprodukten können auch in Europa erheblich zur Verringerung der Kohlendioxidemissionen beitragen. Der Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft verfügt über das Potential, „für langfristige Klimaschutzvorteile zu sorgen und so zur Verwirklichung der von der Union angestrebten Reduzierung der Treibhausgasemissionen sowie zum Erreichen der langfristigen Klimaschutzziele des Übereinkommens von Paris beizutragen“, so die am 19. Juni 2018 veröffentlichte Verordnung über die Einbeziehung der Emissionen und des Abbaus von Treibhausgasen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft im Zeitraum von 2021 bis 2030 in den Rahmen für die Klimaund Energiepolitik bis 2030. Bei der Bilanzierung des Klimaschutzbeitrages der Forstwirtschaft ist zu berücksichtigen , dass die vermiedenen Emissionen durch die stoffliche und energetische Verwendung von Holz, die in direktem Zusammenhang mit der Bereitstellung des Rohstoffs durch die Forstwirtschaft stehen, nicht in dieser Quellgruppe bilanziert werden. Vielmehr fließen sie durch reduzierte Emissionen in die Sektoren bzw. Quellgruppen Energiewirtschaft, Bauen und Wohnen, Verkehr sowie Industrie und Wirtschaft ein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3386 Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unterstützt Konzepte, das Management der Waldressourcen in den Partnerländern nachhaltig und effizienter zu gestalten , die dafür notwendigen rechtlichen, organisatorischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen zu schaffen und Konflikte zwischen unterschiedlichen Landnutzungsinteressen und Landnutzungspolitiken auszugleichen. Thematische Handlungsfelder und Handlungsansätze der Entwicklungspolitik im Waldsektor, im Bereich internationaler Waldschutz und Waldentwicklung und zur Förderung der internationalen nachhaltigen Waldbewirtschaftung finden sich im Kapitel 5.4 des Waldberichts der Bundesregierung 2017. Deutschland ist Mitinitiator der Bonn Challenge zum Wiederaufbau von Wäldern , einer freiwilligen Initiative mit dem Ziel bis zum Jahr 2020 insgesamt 150 Millionen Hektar Wald global wiederherzustellen. Aktuell liegen 47 Zusagen von Ländern, Regionen und der Privatwirtschaft zum Wiederaufbau von etwas mehr als 160 Millionen Hektar vor. Weiterhin unterstützt Deutschland die beim Sonderklimagipfel des UN Generalsekretärs 2014 ins Leben gerufenen New York Declaration on Forests, die das Ziel der Bonn Challenge für den Zeitraum bis 2030 um 200 Millionen Hektar auf dann insgesamt 350 Millionen Hektar erweitert . Zur Umsetzung dieser Ziele fördert die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) umfangreiche Maßnahmen zum Wiederaufbau von Wäldern und Waldlandschaften (FLR = Forest Landscape Restoration). Insgesamt wurden über die IKI bereits Projekte zum Wiederaufbau von Wäldern im Wert von über 100 Mio. Euro unterstützt. Weitere Maßnahmen unterstützen Entwicklungsländer dabei, die konkreten Gebiete hierfür zu bestimmen sowie umwelt- und sozialverträgliche Umsetzungs- und Finanzierungsstrategien zu entwickeln. Das BMZ engagiert sich in der African Forest Restoration – Initiative (AFR100), die auf der UNFCCC COP21 in Paris unter Beteiligung von BMZ, New Partnership for Africa’s Development (NEPAD), World Resources Institute (WRI) und weiteren Partnern vorgestellt wurde. Ziel ist der Wiederaufbau von bis zu 100 Mio. Hektar Wald und produktiven, baumreichen Landschaften in Afrika bis 2030. Das BMZ unterstützt vier Partnerländer (Äthiopien, Kamerun, Madagaskar und Togo), die sich verpflichten, insgesamt 32,4 Mio. Hektar degradierter Landschaften im Rahmen dieser Initiative zu restaurieren. Maßnahmen des internationalen forstlichen Wissensaustauschs werden seit 2016 durch eine spezielle Förderrichtlinie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert. 4. Welche Auswirkungen wird die bisher absehbare Klimaerwärmung bis 2030 auf den Waldanteil in Deutschland, Europa und der Welt nach Einschätzung der Bundesregierung in Deutschland haben? Für den Zeitraum bis zum Jahr 2030 können keine Aussagen zur Entwicklung des Waldflächenanteils gemacht werden. Die Auswirkungen des absehbaren Klimawandels beeinflussen allerdings sehr wohl die Baumartenzusammensetzung und die vertikale und horizontale Struktur der Wälder in Deutschland, Europa und der Welt. Die globale Abnahme der Waldflächen ergibt sich eher aus der demographischen Entwicklung und der dadurch verursachte Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Die Bundesregierung setzt in ihrem weltweiten klima- und entwicklungspolitischen Engagement nicht nur auf die Unterstützung der Bekämpfung Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3386 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode von Folgen der Klimaerwärmung (wie beispielsweise Waldbränden), sondern sie fördert auch gezielt Projekte zur ökosystembasierten Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Zudem werden Maßnahmen zur Adressierung der Ursachen von Waldbränden, Entwaldung und Walddegradierung unterstützt. 5. Welche Auswirkungen wird die bisher absehbare Klimaerwärmung bis 2030 auf die deutsche Landwirtschaft haben? Die Klimaerwärmung hat Veränderungen von Temperatur, Niederschlag (Niederschlagsmenge und -verteilung), CO2-Konzentration und der Häufigkeit von Extremwetterereignissen zur Folge. Durch den bisherigen Anstieg der Jahresdurchschnittstemperatur sowie durch die zu erwartende Erwärmung in Deutschland werden sich agrophänologische Phasen und die Wachstumsperiode weiter verschieben . Für einige Regionen Deutschlands können sich aus den mittelfristig moderaten Veränderungen des Klimas daher auch Chancen mit positiven Effekten auf die Pflanzenproduktion ergeben. So können verlängerte Vegetationsperioden zu Produktionssteigerungen in der Landwirtschaft führen und Chancen für den Anbau von neuen Sorten ermöglichen. Andererseits können Risiken durch vermehrte Schaderreger sowie durch die Zunahme von Extremwetterereignissen (Starkregen und längere Trockenheit) entstehen, die Ertrag und Qualität der Ernteprodukte negativ beeinflussen. Insgesamt sind die Folgen der Klimaerwärmung auf die deutsche Landwirtschaft sehr vielschichtig und bedürfen deshalb weiterer tiefgehender Untersuchungen. 6. Gibt es seitens der Bundesregierungen unterstützte bzw. geförderte Projekte zur CO2-Speicherung durch Lebenszyklus-Speicherung (z. B. Algenzucht beantworten)? Es wird verwiesen auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Geoengineering und Klimakrise“ auf Bundestagsdrucksache 19/3149. 7. Inwiefern wird bei der Erarbeitung organischer Speicherstrategien die Resilienz der vorliegenden oder auszubauenden Ökosysteme mitgedacht (bitte mit Erläuterungen und Beispielen beantworten)? Bei der Erarbeitung von Strategien zur Kohlenstoffspeicherung wird die Resilienz unter dem Kriterium der Permanenz mitberücksichtigt. Anforderungen an die Permanenz von Kohlenstoffspeicherung finden sich z. B. in Programmen zur Reduzierung der Emissionen aus Entwaldung und Walddegradierung (REDD+) und auch bei Erst- und Wiederaufforstungsprogrammen verschiedener Anbieter von Treibhausgaszertifikaten. Ob eine ausreichende Berücksichtigung der Permanenz vorliegt, muss jedoch für verschiedene Programme und Maßnahmen jeweils einzeln bewertet werden. Die Internationale Klimaschutzinitiative des BMU unterstützt Regierungen bei der Erarbeitung und Umsetzung von organischen Speicherstrategien, wie dem Projekt „Katalytische Wald- und Landschaftssanierung für Klimaresilienz und Biodiversitätsschutz in Ostafrika“. Das Projekt kartiert landesweit degradierte Flächen, die wiederhergestellt werden können. In direkter Zusammenarbeit mit Kommunen werden beispielhaft skalierbare Ansätze zur Wiederherstellung von Landschaften erprobt, die die Lebensgrundlage für die lokale Bevölkerung verbessern und zum Schutz der biologischen Vielfalt beitragen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3386 Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Geoengineering und Klimakrise“ auf Bundestagsdrucksache 19/3149 verwiesen . 8. Wie schätzt die Bundesregierung das organische Potenzial zur CO2-Bindung in Deutschland kurz-, mittel- und langfristig ein? Im Jahr 2016 wurden im Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft in der Netto-Bilanz 14,5 Mio. t CO2-Äquivalente gebunden (Nationaler Inventarbericht 2018). In den Kategorien Ackernutzung, Grünlandnutzung, Siedlungen und Feuchtgebiete entstanden Netto-Emissionen in Höhe von 45,1 Mio. t CO2-Äquivalenten. Der größte Teil stammt aus entwässerten landwirtschaftlich genutzten organischen Böden. Emissionen entstehen aber auch aus Siedlungsflächen auf Moorböden, aus dem Torfabbau und aus der Umwandlung von Grünland in Ackerland. Innerhalb dieser Flächennutzungen wird in geringem Umfang auch Kohlenstoff gebunden, z. B. durch Umwandlung von Ackerland in Grünland und den Aufwuchs von Gehölzen auf Acker- und Grünlandflächen. In Wäldern und Holzprodukten werden derzeit zusammen 60 Mio. t CO2-Aq pro Jahr an Kohlenstoffvorräten aufgebaut (in Wäldern 57,7 Mio. t, in Holzprodukten 2,3 Mio. t). Mittelfristig reduziert sich voraussichtlich die Senkenwirkung der Wälder durch Verschiebung des Altersklassenverhältnisses und daraus abgeleiteter veränderter Holznutzung bis zum Jahr 2020 auf jährlich ca. 11,5 Mio t CO2- Äquivalente und steigt anschließend bis zum Jahr 2035 auf jährlich 21,5 Mio t CO2-Äquivalente wieder an. (Projektionsbericht 2017). Der größte Kohlenstoffvorrat der deutschen Wälder befindet sich im Boden (53 Prozent). Kohlenstoffvorräte im Waldboden haben seit 1990 um 0,4 t Kohlenstoff pro Hektar und Jahr zugenommen. Insbesondere kohlenstoffarme, sandige Böden besitzen ein hohes Speicherpotential. Durch den Umbau von Nadelzu Laubwäldern wird der Kohlenstoff aus der Streu leichter verfügbar und durch Bodenorganismen in den Mineralboden verlagert, wo es fester gebunden ist. Dieser Trend wird einige Jahre anhalten. Zusätzliche organische Potentiale für den Klimaschutz können durch veränderte Waldbewirtschaftungsformen und die langfristig wirksame Wiedervernässung von Moorböden erschlossen werden, Zu welchen Einsparpotentialen diese Maßnahmen realistischer Weise führen können, bewertet die Bundesregierung derzeit im Rahmen der Erstellung des ersten Maßnahmenprogramms zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050. 9. Welche Rolle spielen emissionsarme landwirtschaftliche Anbaumethoden, Walderhaltung, nachhaltige Waldwirtschaft und Aufforstung für diese Einschätzung (bitte begründen)? Zur Rolle von Walderhaltung, nachhaltiger Waldwirtschaft und Aufforstung wird auf die Antworten zu den Fragen 2 bis 4 sowie 8 verwiesen. Für die Emission von Treibhausgasen aus landwirtschaftlich genutzten Böden, spielt die Art der Bewirtschaftung eine wichtige Rolle, insbesondere dann, wenn sie auf kohlenstoffreichen, organischen Böden (insb. Moorböden) erfolgt. In entwässerten organischen Böden kommt es zu einem Verlust von organischer Bodensubstanz und zur Emission der Treibhausgase CO2 und N2O. Die aktuelle landwirtschaftliche Nutzung von Moorböden ist die größte Treibhausgaseinzelquelle in den Sektoren Landwirtschaft und Landnutzung. Etwa 38,5 Mio. Tonnen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3386 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode CO2-Äquivalente. wurden im Jahr 2015 aus landwirtschaftlich genutzten Moorböden freigesetzt. Das waren ca. vier Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland. Hier besteht erhebliches Minderungspotential. In der Landwirtschaft treten Verluste an organischer Bodensubstanz auch durch den Umbruch von Dauergrünland auf. Zu den zentralen Aktionsfeldern der Verringerung der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft zählen daher der Erhalt von Dauergrünland und die Vermeidung des umwelt- und klimabelastenden Umbruchs dieser Flächen, sowie die Verringerung der derzeit hohen CO2- und N2O-Emissionen aus landwirtschaftlich genutzten, entwässerten Moorböden durch ein angepasstes Wassermanagement. Auch im Wald kommt es durch Entwässerung von organischen Böden zu Verlusten an organischer Bodensubstanz, denen ebenfalls durch ein geändertes Wassermanagement entgegengewirkt werden kann. Auch der industrielle Torfabbau und die Verwendung von Torf als Pflanz- und Kultursubstrat führen zu Treibhausgasemissionen. Die Einschränkung des Torfeinsatzes als Pflanz- und Kultursubstrat bietet aus Sicht des Klimaschutzes ebenfalls ein erhebliches Potential, Emissionen zu reduzieren. Auch auf mineralischen Böden hat die Art der Bewirtschaftung Auswirkungen auf die Kohlenstoffspeicherung, bzw. auf den Humusaufbau. Eine vielgliedrige, auf Humusmehrung eingestellte Fruchtfolge, eine standortgerechte Düngung, der Anbau von Zwischenfrüchten und Leguminosen können zu einer Anreicherung von organischer Substanz und damit zur Speicherung von Kohlenstoff beitragen. 10. Wie schätzt die Bundesregierung das organische Potenzial zur CO2-Bindung in Europa kurz-, mittel- und langfristig ein? In Europa sind in etwa die Hälfte der organischen Böden für Land- und Forstwirtschaft entwässert. Hier besteht ein erhebliches Minderungspotential. Die Mineralböden Mittel- und Nordeuropas werden mittelfristig Kohlenstoffsenken bleiben . Davon ausgenommen sind Böden der Höhenlagen, diese haben schon jetzt deutlich an Kohlenstoff verloren. Sie sind stark vom Klimawandel betroffen. Im Rahmen des EU-Projektes ClimWood2030 wurden für die EU-28 zukünftige Potentiale für die Emission/Sequestrierung von CO2 Äquivalenten des Waldspeichers , des Holzproduktespeichers und auftretender Substitutionseffekte ermittelt. Für das EU-Referenzszenario (EU-Mitgliedstaaten erreichen ihre Bioenergieziele für das Jahr 2020 und der Anteil an erneuerbarer Energie steigt bis zum Jahr 2030 auf 24 Prozent) ergeben sich für den Zeitraum von 2021 bis 2030 eine durchschnittliche Netto-C-Festlegung von ca. 134 Mio. t CO2-Äquivalente pro Jahr für den Waldspeicher und 17 Mio. t CO2-Äquivalente pro Jahr für den Holzproduktespeicher . 11. Welche Rolle spielen emissionsarme landwirtschaftliche Anbaumethoden, Walderhaltung, nachhaltige Waldwirtschaft und Aufforstung für diese Einschätzung (bitte begründen)? Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/3386 12. Wie schätzt die Bundesregierung das organische Potenzial zur CO2-Bindung weltweit kurz-, mittel- und langfristig ein? Weltweit beruht das organische Potential für den Klimaschutz insbesondere auf den Potentialen der Treibhausgasbindung in Wäldern, dem Humusaufbau in mineralischen Böden sowie auf dem Schutz der Kohlenstoffspeicher in organischen Böden. Schätzungen gehen davon aus, dass weltweit potenziell mindestens eine Milliarde Hektar grundsätzlich für den Wiederaufbau von Wäldern oder land- und forstwirtschaftlichen Mischstrukturen geeignet sind. Nach Schätzungen der FAO sind weltweit 26 Mio. ha der 330 Mio. ha. Moore entwässert und emittieren erhebliche Mengen an Treibhausgasen, insbesondere CO2. Die Minderung dieser Emissionen und nicht zuletzt der Schutz der noch erhaltenen (bewaldeten und nicht bewaldeten) und somit aktiv CO2 bindenden Moore spielen eine erhebliche Rolle im Bereich Landnutzung. Die Global Soil Partnership hat eine Kohlenstoff-Vorratskarte erstellt, um langfristig Maßnahmen abzuleiten. Das Thünen-Institut hat dafür auf Grundlage der Bodenzustandserhebungen Wald und Landwirtschaft die Daten und Kartenteile für Deutschland bereitgestellt. Weitere Informationen sind hier zu finden: www. fao.org/3/a-i8195e.pdf. 13. Welche Rolle spielen emissionsarme landwirtschaftliche Anbaumethoden, Walderhaltung, nachhaltige Waldwirtschaft und Aufforstung für diese Einschätzung (bitte begründen)? Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 14. Wie schätzt die Bundesregierung Maßnahmen der organischen Speicherung von CO2 hinsichtlich ihrer CO2-Vermeidungskosten ein? In Bezug auf Waldwirtschaft und Holznutzung sind vorliegende Vermeidungskostenschätzungen sehr uneinheitlich, weil sie von unterschiedlichen Systemgrenzen ausgehen. Bereits die Einschätzung der physischen Wirksamkeit von Maßnahmen hängt davon ab, (a) ob nur kurz- oder auch langfristige Wirkungen betrachtet werden, und (b) ob die Betrachtung lediglich auf Speicheränderungen im Wald und in Holzprodukten begrenzt wird oder ob auch dadurch induzierte Substitutionseffekte berücksichtigt werden; Substitutionseffekte wirken i. d. R. gegenläufig zu Speicheränderungen im Wald. Für Vermeidungskostenschätzungen kommt hinzu, (c) ob betriebliche oder volkswirtschaftliche Kosten betrachtet werden, und (d) ob letztere Umweltkosten einschließen oder nicht. Wird die Betrachtung nur auf Speicheränderungen im Wald und in Holzprodukten begrenzt, ist mittelfristig (d. h. bis ca. 2050) für verschiedene Extensivierungsoptionen der Waldwirtschaft in Deutschland mit marktbasierten Kosten von ca. 250 bis über 1 000 Euro/t CO2 für die deutsche Volkswirtschaft zu rechnen, die aufgrund der Altersstruktur des Waldes über die Jahre stark schwanken können ; bei zusätzlicher Berücksichtigung von Umweltkosten bzw. -nutzen sind es 0 – ca. 300 Euro/t CO2. Die zusätzliche Berücksichtigung von Substitutionseffekten sowie eine Verlängerung des Betrachtungshorizontes können dieses Bild weiter relativieren. Darüber hinaus gibt es waldwirtschaftliche Optionen, welche zusätzliche Kohlenstoffspeicherungen zu geringen oder sogar negativen Kosten für die Betriebe erlauben, wie z. B. Erstaufforstungen. Sie sind derzeit aber quantitativ nicht bedeutsam (vgl. Antwort zu Frage 3). Je nach agrarökonomischen und naturräumlichen Rahmenbedingungen liegen die CO2-Vermeidungskosten bei der naturschutzorientierten Wiedervernässung von Mooren bei 15 – 135 Euro/t Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3386 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode CO2eq. Für Maßnahmen zur Erhöhung der Kohlenstoffspeicherung in Ackerböden z. B. durch Zwischenfruchtanbau können sich bei kurz- und mittelfristiger Betrachtung ebenfalls geringe Vermeidungskosten von unter 100 Euro/t CO2 ergeben , insbesondere, wenn weiterer Nutzen für die Bodenfruchtbarkeit, den Erosionsschutz und den Wasserschutz berücksichtigt werden. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der so aufgebaute Humus auch leicht wieder verloren gehen kann. Die Maßnahmen müssen zur Aufrechterhaltung eines hohen Bodenhumusgehalts dauerhaft umgesetzt werden, auch wenn der Kohlenstoffaufbau langfristig abnimmt . 15. Welchen Beitrag leisten Maßnahmen zur Erschließung des organischen Potenzials zur CO2-Bindung nach Ansicht der Bundesregierung zur Anpassung an den Klimawandel? Diese Frage kann nicht für alle Maßnahmen zur Erschließung von organischem Potential beantwortet werden. Die Aufrechterhaltung und – wo dies möglich und sinnvoll ist – die Erhöhung des Humusgehalts in landwirtschaftlich genutzten Böden stellt eine wichtige Maßnahme zur Sicherung der Bodenfruchtbarkeit, Wasserspeicherkapazität und der Widerstandsfähigkeit der Böden im Klimawandel dar. Moore übernehmen durch ihre Pufferfunktion eine wichtige Rolle bei der Anpassung an den Klimawandel. Im Zuge der zunehmend zu erwartenden Trocken - und Hitzeperioden kommt der Sicherung und Wiedervernässung von Mooren eine hohe Bedeutung zu. Neben dem atmosphärischen Gasaustausch und der damit verbundenen Kohlenstoffeinlagerung spielt der Wald bei der Regulierung des Wasserhaushaltes eine entscheidende Rolle und erbringt so wertvolle Ökosystemleistungen für den Menschen . Insbesondere in Flusseinzugsgebieten trägt ein Wald durch sein enormes Speichervermögen zur Sicherung der Wasserversorgung in Trockenzeiten bei. Die Waldbewirtschaftung mit diverseren Strukturen, wie in Deutschland überwiegend praktiziert, führt zu mehr Robustheit unter anderem gegenüber Sturm, Erosion und Trockenheit und erhöht somit schlussendlich auch den Ertrag und sichert die Wälder als CO2-Senken. 16. Welche ökonomischen, sozialen und politischen Rahmenbedingungen beeinflussen nach Ansicht der Bundesregierung die Erschließung des organischen Potenzials zur CO2-Bindung? Grundlage der Erhöhung natürlicher Kohlenstoffvorräte ist der Erhalt vorhandener Vorräte durch den Schutz des Waldes, seine nachhaltige Bewirtschaftung, den Schutz natürlicher Moore vor Entwässerung und der Erhalt des Bodenhumus durch nachhaltiges Bodenmanagement. Eine weitere Erhöhung natürlicher Kohlenstoffvorräte wird nur möglich sein, wenn dies im Interesse der jeweiligen Landnutzer erfolgt. Langfristig gesicherte Nutzungs- und Eigentumsrechte und stabile ökonomische Rahmenbedingungen stärken das Interesse der jeweiligen Landnutzer an nachhaltigen Landbewirtschaftungsformen. Durch Förderung von Forschung und Entwicklung, Bildung und Beratung kann die Politik die Entwicklung und Verbreitung solcher nachhaltigen Landnutzungskonzepte unterstützen. In Deutschland gilt das Walderhaltungsgebot (§ 9 BWaldG); es schützt effektiv den bestehenden Wald (und den Kohlenstoffspeicher). Eine Vergrößerung der Waldfläche resultiert daraus nicht. Weitere regulative Instrumente, wie die Ausweisung zusätzlicher Schutzgebiete, spielen in der internationalen Diskussion eine große Rolle, sind jedoch bereits bezüglich ihrer physischen Wirksamkeit unter deutschen Verhältnissen umstritten (vgl. Antwort zu Frage 14). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/3386 Finanzielle Anreizinstrumente bestehen über die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz und auch über separate Förderinstrumente der Bundesländer . Den internationalen Instrumenten, die eine verstärkte Kohlenstoffspeicherung und Holzverwendung begünstigen (u. a. Holzhandelssicherungsgesetz, EUTR, FLEGT, REDD+), stehen insbesondere in Entwicklungsländern hemmende Rahmenbedingungen und Effekte gegenüber (wie z. B. Korruption, Leakage-Effekte, mangelnde Rechtsdurchsetzung, illegaler Holzeinschlag). Ökonomisch sind hohe Opportunitätskosten durch alternative Flächennutzungsmöglichkeiten v. a. dort von Belang, wo effektive Waldschutzgesetze (vergleichbar § 9 BWaldG) fehlen oder nicht hinreichend durchgesetzt werden, oder wo Eigentumsrechte nicht hinreichend etabliert sind, um Eigeninteresse an Walderhalt zu gewährleisten. Diese Faktoren können durch soziale Ungleichheit weiter verschärft werden (etwa dort, wo Wälder zur Subsistenz armer Bevölkerungsschichten notwendig sind). 17. Welche Aktivitäten plant die Bundesregierung, diese Rahmenbedingungen zu verbessern? Auf nationaler Ebene werden derzeit die Maßnahmen zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050 von den zuständigen Ressorts erarbeitet. Dort hat die Bundesregierung festgestellt, dass der Sektor Landnutzung und Forstwirtschaft derzeit eine Netto-Senke ist, die mit weiteren Maßnahmen gesichert werden soll. Um das erreichen zu können, werden auch die Rahmenbedingungen überprüft, die derzeit den Erhalt und Ausbau natürlicher Senken beschränken . Änderungsbedarf kann sich z. B. hinsichtlich finanzieller Ausgleichsund Anreizsysteme einschließlich der EU-Regelungen zur Agrarpolitik als auch zu den Rahmenbedingungen zur Wiedervernässung von Moorböden ergeben, um die erheblichen Kohlenstoffspeicher in diesen Böden zu schützen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333