Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 12. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3404 19. Wahlperiode 16.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Heike Hänsel, Dr. André Hahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/3062 – Technische Aufrüstung europäischer Polizeidatenbanken V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Polizeiagentur Europol hat mit einigen Monaten Verspätung eine neue Schnittstelle für die Abfrage ihrer größten Datenbank in Betrieb genommen (Bundestagsdrucksache 19/2610, Antwort auf die Schriftliche Frage 36 des Abgeordneten Alexander Ulrich). Unter dem Namen QUEST (Querying Europol Systems) können zunächst Behörden aus Estland, Finnland, Griechenland, Polen und Spanien auf das Europol-Informationssystem (EIS) zugreifen. Die fünf Staaten hatten sich an der ersten Stufe eines Pilotprojekts beteiligt. Die Schnittstellen müssen jedoch in jedem Land noch implementiert werden, es ist deshalb unklar, ob die Behörden bereits mit dem Wirkbetrieb begonnen haben. In Spanien soll das System „in den nächsten Tagen im Echtbetrieb sein“, Estland will Ende Juli nachziehen. Unter dem Stichwort „Interoperabilität“ will die EU ihre polizeilichen Datenbanken miteinander verknüpfen (http://gleft.de/2j6). Als eines der Probleme gelten die unterschiedlichen Datenformate in den Mitgliedstaaten. Europol hat deshalb das Projekt UMF 3 (Universal Message Format) gestartet, das Anfragen an nationale Polizeisysteme standardisieren soll. UMF ist ein systemunabhängiger Standard zur Übermittlung von Informationen, der bereits zwischen den Agenturen Europol und Frontex genutzt wird. Auch im Rahmen des dezentralen Prüm-Verfahrens zur Abfrage von Fingerabdrücken und DNA-Daten kann seit 2014 ein „UMF-konformes, mehrsprachiges, elektronisches Formular verwendet “ werden (Bundestagsdrucksache 18/11661, Antwort zu Frage 2). 1. Wann soll nach Kenntnis der Bundesregierung die vom Bundeskriminalamt und Europol entwickelte Schnittstelle QUEST, mit der UMF (Universal Message Format)-konforme Anfragen an das Europol Informationssystem gestellt werden können, in den Wirkbetrieb übernommen werden? QUEST ist ein Service, der von Europol entwickelt und nach diversen Tests schließlich am 10. Mai 2018 in den Echtbetrieb übernommen wurde. Damit wird es ermöglicht, dass über QUEST standardisierte Anfragen an das EIS gestellt werden können. Die Antworten erfolgen UMF-konform. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3404 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Welche Mitgliedstaaten haben bereits nationale Schnittstellen hierfür eingerichtet , und welche planen dies nach Kenntnis der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 19/159, Antwort zu Frage 15, bitte auch für Deutschland angeben)? Die erforderlichen Schnittstellen zu QUEST sind von Estland, Finnland, Griechenland , Polen und Spanien (UMF3-Pilotländer) entwickelt worden. Deutschland wird die QUEST-Schnittstelle voraussichtlich 2019 bis 2020 entwickeln, wenn Europol die nächste Generation von QUEST einsetzen wird. 3. Sofern der Wirkbetrieb bereits begann, welche EU-Mitgliedstaaten, Agenturen , europäischen Informationssysteme oder Datenbanken sind Teil von QUEST, und welche davon arbeiten bereits mit dem Standard „Universal Message Format“ (UMF3)? QUEST enthält keine Datenbanken. QUEST ist eine standardisierte Schnittstelle bei Europol für die Abfrage des Europol Informationssystems (EIS), die das Abfrageergebnis UMF-konform zurückliefert. Die Aufbereitung der Anfragedaten und die allfällige Weiterverarbeitung der UMF konformen Auskunftsdaten liegt in der Verantwortung des anfragenden Partners. Derzeit unterstützt QUEST Namensanfragen und Anfragen mit Waffendaten im EIS. Diese Anfragen können von allen EU Staaten durchgeführt werden, sobald sie bei sich die technischen Rahmenbedingungen geschaffen haben. Das ist im Moment bei den UMF3-Pilotländern (siehe Antwort zu Frage 2) der Fall. 4. Welche Unternehmen sind an der Entwicklung des UMF3-Standards, die von der Europäischen Kommission im Rahmen des Internal Security Fund finanziert und als Projekt beim Bundeskriminalamt geführt wird, involviert (Bundestagsdrucksache 18/11661, Antwort zu Frage 2)? Der UMF-Standard wird unter dem ISF-gefördertem UMF3-Projekt unter der Federführung des Bundeskriminalamts (BKA) in Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten , der EU-Kommission und deren Agenturen sowie Interpol weiterentwickelt . Es sind keine privaten Unternehmen an der Entwicklung beteiligt. 5. Was war das Ergebnis des UMF3-Pilotprojekts von Europol und den fünf EU-Mitgliedstaaten Estland, Finnland, Griechenland, Polen und Spanien bezüglich der Implementierung des Dienstes „REST“, der bei Europol den Namen QUEST trägt (Bundestagsdrucksache 18/11661, Antwort zu Frage 2)? Das UMF3-Projekt wird erst mit Ende Juli 2018 abgeschlossen sein. Endgültige Ergebnisse werden daher frühestens im Herbst 2018 vorliegen. REST ist kein Projektteil unter UMF3, nur die verwendete Schnittstellentechnik. Sehr wohl ist aber QUEST Bestandteil von UMF3 und bedeutet die Implementierung bei Europol und den entsprechenden Services bei den Pilotländern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3404 6. Inwiefern erlaubt die jüngste Version der UMF-Technologie nach Kenntnis der Bundesregierung den Austausch biometrischer Daten durch Strafverfolgungsbehörden ? Die jüngste Version des UMF-Standards erlaubt prinzipiell den Austausch von Lichtbildern und Fingerabdrücken. Nachdem die Anforderungen durch die jüngsten Entwicklungen ständig steigen, ist auch eine Standardisierung der Anfragen mit Biometriedaten erforderlich. Das ist erst für die Jahre 2019 bis 2020 zu erwarten , wonach dann höchstwahrscheinlich auch der UMF-Standard optimiert werden muss. 7. Von welchen Nicht-EU-Staaten, die bereits mit UMF3 arbeiten, hat die Bundesregierung Kenntnis? UMF ist ein Datenaustauschstandard für europäische Strafverfolgungsbehörden. Daher ist die Nutzung des Standards auch auf Europa und im Moment auf die Waffendatenbank bei Interpol begrenzt. Nach Kenntnis der Bundesregierung ist nur Norwegen im Begriff, bei der Erneuerung seiner IT Systeme auf UMF-Konformität zu achten. 8. Welchen Datenaustausch ermöglicht der Vertraulichkeitsgrad „Basis Protection Level“ in UMF3? „Basic Protection Level (BPL)“ ist eine Vertraulichkeitseinstufung bei Europol und bezieht sich nicht pauschal auf eine bestimmte Datenkategorie. Mit BPLkonformer Infrastruktur können also grundsätzlich alle Daten ausgetauscht werden , solange sie keinen höheren Vertraulichkeitsgrad als BPL haben. Höhere Vertraulichkeitsgrade als BPL sind „EU-restricted“ und „EU-confidential“. Nach einer Analyse von Europol im Oktober 2017 haben nur 3 Prozent von Personendaten und keine der Waffendaten einen höheren Vertraulichkeitsgrad als BPL. 9. Welche deutschen Behörden werden zusammen mit Strafverfolgungsbehörden aus Belgien, Spanien, Finnland, Litauen, Luxemburg, den Niederlanden, Schweden, Norwegen und möglicherweise Österreich an der nach derzeitigen Plänen noch in diesem Halbjahr beginnenden ersten Phase der „European Tracking Solution“ (ETS) von Europol teilnehmen, um Geopositionsdaten aus mobilen Peilsendern mit oder ohne SIM-Karten über ein innerhalb der ETS vereinbartes Protokoll im Standard „NMEA+“ (GPS-Positions-, Geschwindigkeits- und Zeitdatensatz mit „Präfix“, um die Strafverfolgungsbehörde , die die Trackingdaten besitzt, als auch die Quelle bzw. den Vorgang bzw. das Gerät selbst zu bestimmen) weiterzugeben (Antwort der Europäischen Kommission DE E-001596/2018 auf die Anfrage der Europaabgeordneten Cornelia Ernst vom 24. Mai 2018)? Welche Art von Ortungsdaten werden die deutschen Behörden gemäß dem Standard „NMEA+“ über eine Web-Schnittstelle oder via Europol in die ETS einspeisen? Es ist vorgesehen, allen deutschen Polizeibehörden, einschließlich BKA und Bundespolizei sowie dem Zoll im Rahmen seiner gesetzlichen Befugnisse die Möglichkeit einzuräumen, an ETS teilzunehmen. Die detaillierte Art und Weise der Umsetzung hierzu ist noch innerhalb der zuständigen Gremien abzustimmen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3404 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Was weiß die Bundesregierung über den Hintergrund eines „Kompetenzstreits “ zwischen der italienischen Polizei, die dem Innenministerium untersteht , und den Carabinieri, die vom Verteidigungsministerium befehligt werden , der dazu führt dass italienische Behörden nicht am Europol-Informationssystem SIENA teilnehmen (http://gleft.de/2jK)? a) Welche Entscheidung wurde hierzu nach Kenntnis der Bundesregierung auf EU-Ebene getroffen? b) Welche EU-Mitgliedstaaten haben dem Militär untergeordnete Behörden für die Teilnahme an SIENA benannt? Die Fragen 10, 10a und 10b werden gemeinsam beantwortet. Bei SIENA (Secure Information Exchange Network Application) handelt sich nicht um ein Informationssystem bzw. um eine Polizeidatenbank, sondern vielmehr um ein Nachrichtenaustauschsystem für die Mitgliedstaaten, Drittstaaten/ -stellen sowie Europol selbst. Italien ist an SIENA angeschlossen, es existiert für Italien u. a. ein Postfach, über die Nutzungsmodalitäten liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 11. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern die Europol-Meldestelle für Internetinhalte (EU IRU) wie angekündigt ihre Aufgabenbereiche für „andere relevante Kriminalitätsphänomene“ ausweitet, wozu das „Europol Programming Document“ für 2018 unter anderem den Handel mit Feuerwaffen und Sprengstoffen zählt (http://gleft.de/2jI)? a) Auf welche Weise beteiligt sich die Bundesregierung am EU IRU bzw. an der Ausweitung von deren Aufgabenbereichen, die zu Beginn lediglich zu islamistischem Extremismus und Terrorismus sowie später unerwünschter Migration arbeitete (http://gleft.de/2jJ)? Die Fragen 11 und 11a werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen keine weiteren Informationen zur Ausweitung der Aufgabenbereiche der EU IRU vor. Das BKA hat sich in der Vergangenheit an „Joint Action Days“ zur Reduzierung von terroristischer Internetpropaganda beteiligt (siehe Antwort der Bundesregierung zu Frage 15 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/1621). Darüber hinaus erfolgt keine weitere Beteiligung der Bundesregierung an der EU IRU bzw. an einer Ausweitung ihrer Aufgabenbereiche. b) Inwiefern sind deutsche Behörden auch an die bei der EU IRU geführte „Internet Referral Management Application“ (IRMA) angeschlossen bzw. nutzen diese? Deutsche Behörden sind bislang nicht an die bei der EU IRU geführte „Internet Referral Management Application“ (IRMA) angeschlossen. 12. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zum Vorschlag der Europäischen Kommission in einer neuen Eurodac-Verordnung, dass EU-Grenzbehörden zukünftig auch Kindern im Alter von sechs Jahren unter Zwang Fingerabdrücke und Gesichtsbilder abnehmen dürfen, und wie wird sie sich hierzu im Trilog positionieren (Ratsdokument 9848/18)? Eine abgestimmte Haltung der Bundesregierung zu dem Vorschlag liegt bisher nicht vor. Die Prüfung dauert an. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3404 13. Inwiefern sollten aus Sicht der Bundesregierung auch im Visa-Informationssystem (VIS) die biometrischen Daten von Kindern ab sechs Jahren unter Zwang abgenommen werden, und wie wird sie sich hierzu positionieren (Ratsdokument 8853/18)? a) Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, ob eine Abfrage des VIS auch durch Reiseveranstalter oder andere private Firmen erlaubt sein sollte? b) Inwiefern sollten aus Sicht der Bundesregierung im VIS auch Personen gespeichert werden, die von einem Mitgliedstaat ein auf das eigene Hoheitsgebiet beschränktes Visum erhalten haben? c) Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zu dem Vorschlag, im VIS „Risiko-Indikatoren“ einzuführen, die aus statistischen Daten „Bedrohungen “ analysieren, die dann bei der Bewertung von Visaanträgen zur Ablehnung von Anträgen aus bestimmten Ländern führen könnten? d) Inwiefern sollten die „Indikatoren“ auch Risiken der öffentlichen Gesundheit berücksichtigen, die dann bei der Bewertung von Visaanträgen berücksichtigt ebenfalls zur Ablehnung von Anträgen aus bestimmten Ländern führen könnten? Die Fragen 13, 13a bis 13d werden gemeinsam beantwortet. Die Prüfung des Ratsdokuments 8853/18 ist noch nicht abgeschlossen, so dass noch keine abgestimmte Haltung der Bundesregierung vorliegt. Zu Frage 13b wird darauf hingewiesen, dass nach der geltenden VIS-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 767/2008, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 2017/2226) die Speicherung von Schengen-Visa mit räumlich beschränkter Gültigkeit im VIS bereits vorgesehen ist. 14. Was ist der Bundesregierung über Pläne der EU-Grenzagentur Frontex bekannt , im Rahmen der als sechsmonatiges Pilotprojekt konzipierten zivil-militärischen „Kriminalitätsinformationszelle“ aufgegriffene Geflüchtete zu befragen (Bundestagsdrucksache 19/647)? Welche Informationen sollen über das bei Europol eingerichtete „Clearing House“ ausgetauscht werden (bitte so konkret wie möglich benennen)? Nach Kenntnis der Bundesregierung sind im Rahmen des Pilotprojektes der „Kriminalitätsinformationszelle “ auch Befragungen der aus Seenot geretteten Flüchtlinge und Migranten vorgesehen. Grundsätzliches Ziel des „Clearing House“ ist es, gesammelte Informationen über Schleusungskriminalität, Menschenhandel, Terrorismus und andere Formen grenz-überschreitender Kriminalität zukünftig besser zwischen den EU-Strafverfolgungs -behörden nutzbar zu machen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333