Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 13. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3408 19. Wahlperiode 16.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Föst, Frank Sitta, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/3096 – Potentiale von Brachflächen für den Wohnungsbau V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Bauland ist knapp. Laut einer Studie des Pestel Instituts und Arge e. V. ist der Baulandmangel zentraler Faktor für den zu geringen Wohnungsneubau (www.impulse-fuer-den-wohnungsbau.de/fileadmin/images/Wohnungsbautag/ 2018/Das_Baujahr_2018_im_Fakten-Check_20180214.pdf). Neben der Ausweisung von neuen Bauflächen gilt es vor allem, verfügbare Brachflächen – die vor allem in Innengebieten unkompliziert bebaut werden können – zu identifizieren und zu vitalisieren. Laut dem Umweltbundesamt ist aus früheren Erhebungen bekannt, dass die untergenutzten und brachliegenden Flächen im Siedlungsbestand seit 1993 deutlich zunehmen. Bestandsaufnahmen aus der ersten Hälfte der 2010er Jahre schätzten den gesamten Bestand an bundesweit ungenutzten Flächen auf circa 150 000 bis 176 000 Hektar (www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/ flaechensparen-boeden-landschaften-erhalten/flaechenrecycling-innenentwicklung #textpart-1). Nach Angaben von über 600 Gemeinden in der Baulandumfrage 2006 des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung lag das städtebaulich relevante und ohne aufwändige Aufbereitung verfügbare Wiedernutzungspotential der Brachflächen in Deutschland hochgerechnet bei mehr als 63 000 Hektar. (Wohnungs- und Immobilienmärkte in Deutschland 2006/hrsg. vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Berichte 27, Seite 121). Bei der Identifizierung von Brachflächen und Leerständen können Leerstandskataster ein hilfreiches Instrument darstellen. So bietet beispielsweise das Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen (LGLN) den niedersächsischen Kommunen bereits seit 2011 ein Baulücken- und Leerstandskataster an. Hunderte Kommunen haben das Angebot seitdem angenommen und nutzen das Kataster, um Brachflächen und Leerstände zu identifizieren und einer Wiedernutzung zuzuführen (www.lgln.niedersachsen.de/wir_ueber_uns/presse/ immer-mehr-kommunen-nutzen-bauluecken--und-leerstandskataster-123173. html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3408 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welchen Stellenwert räumt die Bundesregierung der Revitalisierung von Brachflächen beim Wohnungsneubau ein? Die Bundesregierung sieht in der Revitalisierung von Brachflächen mittelfristig eine Möglichkeit, weiteres Bauland für den Wohnungsneubau zu gewinnen. 2. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um die Revitalisierung von Brachflächen zu fördern? 3. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um den Wohnungsneubau auf Brachflächen zu fördern? 4. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um Leerstände zu verhindern oder leerstehende Gebäude einer Wiedernutzung als Wohnraum zuzuführen? Die Fragen 2 bis 4 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung unterstützt die Länder und Kommunen schon seit vielen Jahren mit Bundesfinanzhilfen aus den Programmen der Städtebauförderung, um Brachflächen zu revitalisieren, den Wohnungsneubau zu unterstützen und Wohnungsleerstände zu verhindern sowie Gebäude wieder nutzbar zu machen. 5. Wie viele Grundstücke sind bundesweit nach Kenntnis der Bundesregierung nach aktuellem Stand mit Altlasten kontaminiert? Aktuelle Kennzahlen zur Altlastenstatistik liegen für den August 2017 (Stand 9. August 2017) vor. Danach waren bundesweit 19 672 Grundstücke als Altlasten erfasst. Details siehe: www.labo-deutschland.de/documents/Kennzahlen_der_ Altlastenstatistik_2017.pdf. 6. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um mit Altlasten kontaminierte Flächen einer Wiedernutzbarmachung als Wohnraum zuzuführen ? 7. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um Eigentümer von belasteten Flächen bei der Sanierung und der Wiederbenutzbarmachung als Wohnraum zu fördern und zu unterstützen? Die Fragen 6 und 7 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Regelungen des Bodenschutzrechts zielen darauf, Altlasten zu sanieren und damit eine Anschlussnutzung zu ermöglichen. Der Vollzug des Bodenschutzrechts und damit auch der Altlastensanierung ist Aufgabe der Länder. 8. Wie umfangreich waren die Ausgaben der Bundesregierung in den vergangenen fünf Jahren bei der Dekontaminierung bundeseigener Flächen und Immobilien von Altlasten (bitte nach Jahren und Bundesländern aufschlüsseln )? Vorbemerkung: Das Bundes-Bodenschutzgesetz definiert Dekontaminationsmaßnahmen und Sicherungsmaßnahmen als zwei verschiedene Unterfälle der Sanierung . Bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) werden indes Dekontaminations- und Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3408 Sicherungsmaßnahmen nicht getrennt erfasst. Die folgende Darstellung der Kosten beschränkt sich daher nicht nur auf Ausgaben für Dekontaminationsmaßnahmen nach § 2 Absatz 7 Nummer 1 des Bundes-Bodenschutzgesetzes. Im Altlastenprogramm der BImA wurden in den letzten fünf Jahren insgesamt 31,5 Mio. Euro aufgewendet. Diese verteilten sich auf die Bundesländer wie folgt: Ausgaben im Altlastenprogramm der BImA – Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesländern Ausgaben Altlasten Gesamt (€) Bundesland 2013 2014 2015 2016 2017 Summe Schleswig-Holstein 61.000 69.000 129.000 62.000 105.000 426.000 Hamburg 318.000 53.000 272.000 13.000 80.000 736.000 Niedersachsen 86.000 93.000 267.000 336.000 54.000 836.000 Bremen 0 0 0 380.000 719.000 1.099.000 Nordrhein-Westfalen 113.000 46.000 183.000 544.000 1.604.000 2.490.000 Hessen 195.000 301.000 520.000 782.000 981.000 2.779.000 Rheinland-Pfalz 397.000 426.000 802.000 464.000 615.000 2.704.000 Baden-Württemberg 261.000 176.000 234.000 266.000 1.855.000 2.792.000 Bayern 975.000 1.004.000 2.534.000 952.000 406.000 5.871.000 Saarland 0 0 0 0 5.000 5.000 Berlin 555.000 98.000 16.000 27.000 54.000 750.000 Brandenburg 101.000 141.000 127.000 75.000 121.000 565.000 Mecklenburg-Vorpommern 477.000 386.000 343.000 422.000 335.000 1.963.000 Sachsen 62.000 102.000 202.000 235.000 208.000 809.000 Sachsen-Anhalt 1.765.000 1.444.000 1.437.000 1.791.000 1.025.000 7.462.000 Thüringen 64.000 2.000 29.000 29.000 78.000 202.000 Summe 5.430.000 4.340.000 7.095.000 6.378.000 8.244.000 31.487.000 Die folgenden Angaben beziehen sich ausschließlich auf die von der Bundeswehr genutzten Liegenschaften. Auf diesen saniert die Bundeswehr Altlasten, schädliche Bodenveränderungen und Grundwasserverunreinigungen in eigener Zuständigkeit auf eigene Kosten. Die durch die Bundeswehr im Rahmen ihres Altlastenprogramms für Sanierungsmaßnamen auf den von ihr genutzten Liegenschaften in den Jahren 2013 bis 2017 verausgabten Haushaltsmittel sind in u. a. Tabelle nach Bundesländern und Jahren getrennt dargestellt. Insgesamt wurden in den vergangenen fünf Jahren ca. 31 Mio. Euro für Sanierungsmaßnahmen ausgegeben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3408 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Ausgaben für Sanierungsmaßnahmen im Rahmen des Altlastenprogramms der Bundeswehr auf von der Bundeswehr genutzten Liegenschaften für die Jahre 2013 bis 2017 in Euro 2013 2014 2015 2016 2017 Summe Nordrhein-Westfalen 0 191.243 217.557 177.186 158.863 744.849 Hamburg 0 0 0 0 0 0 Schleswig-Holstein 9.500 8.500 13.769 10.407 0 42.176 Mecklenburg-Vorpommern 0 0 0 0 0 0 Niedersachsen 1.421.137 1.356.794 3.294.987 2.710.261 1.646.871 10.430.050 Bremen 746.927 812.576 422.006 198.297 4.038 2.183.844 Bayern 0 2.338.711 399.117 99.653 19.900 2.857.381 Baden-Württemberg 4.970 13.008 79.993 1.327.973 205.589 1.631.533 Berlin 0 0 0 0 0 0 Brandenburg 185.740 59.420 116.724 140.557 59.296 561.737 Sachsen 0 0 0 0 6.200 6.200 Sachsen-Anhalt 984.000 1.219.153 1.223.355 848.185 710.073 4.984.766 Thüringen 0 0 0 0 0 0 Hessen 32.669 43.308 205.795 3.558.193 1.670.450 5.510.415 Rheinland-Pfalz 49.694 512.123 691.433 369.654 74.544 1.697.448 Saarland 0 0 0 0 0 0 Summe (Jahr) 3.434.637 6.554.836 6.664.736 9.440.366 4.555.824 30.650.399 9. Wie viele von Altlasten kontaminierten bundeseigene Flächen und Immobilien konnten in den vergangenen fünf Jahren nach einer Sanierung wieder einer Nutzung als Wohnraum zugeführt werden (bitte nach Jahren und Bundesländern aufschlüsseln)? Hinweise auf Altlastenrisiken bestehen auf Wohnliegenschaften der BImA in der Regel nicht. Dementsprechend mussten keine Flächen der BImA mit Wohnimmobilien saniert werden, um wieder einer Nutzung als Wohnraum zugeführt zu werden. 10. Welche Potentiale sieht die Bundesregierung in der Bereitstellung von Baulücken - und Leerstandskatastern? Baulücken- und Leerstandskataster werden bundesweit nicht betrieben. Einzelne Bundesländer und ca. 1/3 der Kommunen erfassen Baulücken- und Leerstand, jedoch nach unterschiedlicher Systematik und Aktualisierung. Voraussetzung zur Ermittlung von Baulandpotenzialen ist deren quantitative Erfassung und Ermittlung der Verfügbarkeit für Wohnen, Gewerbe und andere Nutzungen. In Ermangelung einer Bundesstatistik bilden Baulandumfragen eine Datengrundlage . Die letzte Umfrage von 2012 betrachtete Innenentwicklungspotenziale (BBSR (Hrsg.) 2014: Innenentwicklungspotenziale in Deutschland – Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage und Möglichkeiten einer automatisierten Abschätzung ). Diese umfassen Baulücken, nicht aber Leerstand. Eine Hochrechnung auf Basis von 451 antwortenden Kommunen ergab Potenziale von 120 000 bis 165 000 ha, darunter 56 Prozent Baulücken, Brachen 44 Prozent. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3408 11. Plant die Bundesregierung, die Einführung oder Bereitstellung von Leerstandskatastern wie bspw. in Niedersachsen zu fördern, und falls nein, warum nicht? Die bundesweite Einführung von Leerstandskatastern ist nicht geplant. 12. Wie will die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD als Zielmarke angegebenen 1,5 Millionen neuen Wohnungen mit dem 30-Hektar-Ziel zum Flächenverbrauch der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie in Einklang bringen? Der Koalitionsvertrag verbindet die Zielmarke von 1,5 Mio. Wohnungen mit dem klaren Bekenntnis zum 30-Hektar-Ziel der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. Die Bundesregierung sieht keinen Widerspruch zwischen der notwendigen Reduzierung des Flächenverbrauchs (30-Hektar-Ziel) auf der einen Seite und der Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem und qualitativ hochwertigem Wohnraum auf der anderen Seite. Der baurechtliche Grundsatz des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden wie auch das naturschutzrechtliche Prinzip der Vermeidung von Eingriffen in Natur und Landschaft halten die Planungsträger dazu an, die Flächeninanspruchnahme auf das notwendige Maß zu begrenzen und Ansätze der Innenentwicklung und der Wiedernutzbarmachung von Altstandorten verstärkt zu nutzen . Die Länder als Träger der Regionalentwicklung wie auch die Kommunen als Träger der Bauleitplanung setzen diese Ziele und Grundsätze in ihrer Verantwortung um. Die Situationen in städtischen und ländlichen Räumen stellen sich dabei sehr unterschiedlich dar und erfordern spezifische Lösungen. Es sind gerade nicht die Ballungszentren mit stark angespanntem Wohnungsmarkt, die einen hohen Flächenverbrauch aufweisen. Mangels verfügbarer Flächen muss dort ohnehin die auch nachhaltigkeitspolitisch gebotene Entwicklung der innerörtlichen Flächenpotenziale erfolgen. Vor diesem Hintergrund wurde in der Neuauflage 2016 der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie neben dem Indikator 11a zum Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche ein flankierender Indikator 11c zur Siedlungsdichte aufgenommen. Ziel ist die Aufrechterhaltung der bestehenden Siedlungsdichte. Dies gelingt insbesondere durch Innenentwicklungen, während zusätzlicher Flächenverbrauch ohne entsprechenden Bevölkerungszuwachs zur Absenkung der Siedlungsdichte führt. 13. Welche Position bezieht die Bundesregierung zu dem vom Umweltbundesamt vorgeschlagenen Handel mit Flächenzertifikaten? Im Auftrag des Umweltbundesamtes wurde in den Jahren 2012 bis 2017 unter Beteiligung ausgewählter Städte und Gemeinden ein bundesweiter Modellversuch zum Handel mit Flächenzertifikaten als Forschungsvorhaben durchgeführt. Auf der Grundlage des ausstehenden Abschlussberichts werden Handlungsempfehlungen abzuleiten sein, zu denen sich die Bundesregierung positionieren wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3408 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 14. Welche Potentiale sieht die Bundesregierung in der Dachaufstockung bzw. dem Dachausbau bereits bestehender Wohngebäude? Dachaufstockungen und Dachausbauten bieten grundsätzlich erhebliche quantitative Potenziale für die Ausweitung des Wohnungsangebots. Die Praxis zeigt jedoch, dass mögliche Potenziale nur in eingeschränktem Umfang genutzt werden . 15. Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um Dachaufstockungen bzw. den Dachausbau zu erleichtern und zu fördern? Die Bundesregierung plant eine steuerliche Förderung des Mietwohnungsneubaus durch eine Sonderabschreibung. Dabei sollen auch Wohnungen begünstigt werden, die durch Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden neu hergestellt werden . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333