Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3423 19. Wahlperiode 17.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Schäffler, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/3091 – Pensionsrückstellungen in der Niedrigzinsphase V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Pensionsrückstellungen sind Rückstellungen für Verbindlichkeiten, die aufgrund der Zusage des Arbeitgebers bei Eintritt des Versorgungsfalles des Arbeitnehmers zur Verfügung stehen müssen. Die Höhe des Rechnungszinses für Pensionsrückstellungen ist gesetzlich nicht einheitlich geregelt: Steuerrechtlich wird seit 1982 mit einem festen Zinssatz von 6 Prozent gerechnet. Der handelsrechtliche Rechnungszinssatz orientiert sich am aktuellen Zinsniveau und liegt somit derzeit deutlich unter dem steuerrechtlichen Zinssatz. Die Folgen der beschriebenen Gesetzeslage beschreibt der Wissenschaftliche Beirat des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) wie folgt: „Die Differenz zwischen handelsrechtlichem und steuerrechtlichem Diskontierungssatz führt in der jetzigen Niedrigzinsphase dazu, dass Unternehmen gegenwärtig erheblich mehr Steuern abführen, als das handelsrechtlich und damit nach dem über den Berechnungszeitraum zu ermittelnden durchschnittlichen Marktzinssatz geboten wäre. … Die steuerliche Behandlung der Pensionsrückstellungen entspricht damit der ökonomischen Realität der anhaltenden Niedrigzinsphase immer weniger und es ergeben sich negative Effekte für die Liquidität aufgrund höherer Steuerzahlungen. (www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/ Ministerium/Geschaeftsbereich/Wissenschaftlicher_Beirat/Gutachten_und_ Stellungnahmen/Ausgewaehlte_Texte/2017-06-28-gutachten-niedrigzinsphaseanlage .pdf?__blob=publicationFile&v=4). 1. Wie hoch war nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand der Pensionsrückstellungen in Deutschland über die letzten zehn Jahre (bitte nach Handelsbilanz , Steuerbilanz, Jahren und Durchführungswegen aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegt keine umfassende Darstellung der handels- und steuerrechtlichen Pensionsrückstellungen in Deutschland über die letzten zehn Jahre vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3423 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über die zu erwartende Entwicklung der künftigen Pensionsrückstellungen (bitte nach Handelsbilanz, Steuerbilanz , Jahren und Durchführungswegen aufschlüsseln)? Über die Entwicklung des Volumens der Pensionsrückstellungen in der Zukunft hat die Bundesregierung keine Kenntnisse. 3. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die erforderlichen Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen durch die Änderung des handelsrechtlichen Rechnungszinses im Jahr 2016 verändert? a) Wie hoch ist der Entlastungsbetrag beim Pensionsrückstellungsaufwand für deutsche Unternehmen jährlich ausgefallen? Die Fragen 3 und 3a werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen dazu keine belastbaren Informationen vor. b) Plant die Bundesregierung, am Verbot der Ausschüttung des Entlastungsbetrags beim Pensionsrückstellungsaufwand festzuhalten? Die Bundesregierung erwägt aktuell keine Änderung am Verbot der Ausschüttung des Entlastungsbetrages beim Pensionsrückstellungsaufwand. 4. Plant die Bundesregierung, weitere Änderungen beim handelsrechtlichen Zinssatz vorzunehmen? Die Bundesregierung erwägt derzeit keine weiteren Änderungen beim handelsrechtlichen Zinssatz. 5. Plant die Bundesregierung, den Rechnungszinsfuß i. H. v. 6 Prozent für die steuerrechtliche Diskontierung von Pensionsverpflichtungen auf Angemessenheit zu überprüfen? Wenn ja, wann? Falls nicht, mit welcher Begründung? 6. Plant die Bundesregierung, den Rechnungszinsfuß i. H. v. 6 Prozent für die steuerrechtliche Diskontierung von Pensionsverpflichtungen an das derzeitige Zinsniveau anzupassen? Wenn ja, wann? Falls nicht, mit welcher Begründung? Die Fragen 5 und 6 werden gemeinsam beantwortet. Bei der bilanzsteuerlichen Bewertung von Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG beträgt der steuerliche Rückstellungszins unabhängig von der jeweiligen Zinsentwicklung 6 Prozent. Ein gesetzlich eindeutig festgeschriebener Zinssatz verhindert, dass in Phasen steigender Kreditzinsen die Unternehmen steuerlich zusätzlich belastet würden. Als ertragsteuerliche Größe orientiert er sich an der Eigenkapitalverzinsung und nicht am Fremdkapitalzins. Der derzeitige Rechnungszinssatz ist insoweit nicht unrealistisch hoch. Abweichungen zwischen steuerlicher und handelsrechtlicher Rückstellung führen dazu, dass steuerliche Aufwendungen aus den Pensionsverpflichtungen vor deren Fälligkeit nur in geringerem Umfang geltend gemacht werden können als in der Handelsbilanz ausgewiesen . Wird der Pensionsanspruch fällig, ist sichergestellt, dass die Aufwendungen auch steuerlich geltend gemacht werden können. Eine Absenkung des Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3423 Rechnungszinsfußes würde in einem solchen Fall zu einem Einmaleffekt führen und würde die Unternehmen nur während der Rückstellungsphase entlasten. In späteren Jahren müssten sie jedoch entsprechend mehr Steuern zahlen. 7. Wie hoch beziffert die Bundesregierung die fiskalischen Auswirkungen bei einer Senkung des Zinssatzes um einen Prozentpunkt? Wie hoch beziffert die Bundesregierung die fiskalischen Auswirkungen bei einer Senkung des Zinssatzes um zwei bzw. drei Prozentpunkte? Eine Absenkung des maßgeblichen Zinssatzes für Pensionsrückstellungen gemäß § 6a Absatz 3 Satz 3 EStG von derzeit 6 Prozent um die genannten Prozentpunkte hätte ab dem Veranlagungszeitraum 2018 im Einführungsjahr folgende finanzielle Auswirkungen: Senkung des Abzinsungssatzes auf Mindereinnahmen in Mrd. € 5 % 11,4 4 % 24,6 3 % 40,0 In den Folgejahren würden durch die geringeren Zuführungen zu den Rückstellungen jährliche Mehreinnahmen im dreistelligen Millionenbereich eintreten. 8. Wie bewertet die Bundesregierung die deutlichen Unterschiede zur handelsbilanziellen Behandlung von Pensionsrückstellungen? Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Wissenschaftlichen Beirats des BMF, dass die Diskrepanz zwischen handelsrechtlichem und steuerrechtlichem Diskontierungssatz realitätsfremd ist und sich negative Effekte für die Liquidität ergeben? Handels- und Steuerbilanz verfolgen grundsätzlich unterschiedliche Ziele, die die abweichenden Wertansätze rechtfertigen. Die Handelsbilanz dient vorrangig dem Gläubigerschutz und ist Bemessungsgrundlage für die Ausschüttung von Gewinnanteilen an die Gesellschafter, für das Entnahmepotenzial der Einzelunternehmer und soll Dritten eine Einschätzung der Lage des Unternehmens sichern. Im Unterschied dazu ist die Steuerbilanz das Instrument für die Ermittlung des steuerlichen Gewinns. Dieser hat sich vorrangig am steuerlichen Leistungsfähigkeits - und Nettoprinzip zu orientieren. Die Steuerbilanz bildet den Gewinn für das abgelaufene Wirtschaftsjahr ab und ist Grundlage für die jährliche Steuerfestsetzung (sog. Abschnittbesteuerung). Vor diesem Hintergrund muss die Auffassung des Wissenschaftlichen Beirats des BMF, dass die steuerbilanzielle Bewertung von Pensionsverpflichtungen realitätsfremd ist, differenziert betrachtet werden. Negative Effekte für die Liquidität der Unternehmen können zwar im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden. Bei der betrieblichen Altersvorsorge ist die Direktzusage – bei der diese Problematik zum Tragen kommt – aber nur einer von mehreren Durchführungswegen. Dass die unterschiedlichen Rechnungszinsfüße die Unternehmen in ihrer Liquidität beeinträchtigen , lässt sich anhand von empirischen Daten nicht belegen. Ein Rückgang der Liquidität seit dem Beginn der Niedrigzinsphase ist derzeit nicht festzustellen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3423 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Entscheidung des Finanzgerichts Köln vom 12. Oktober 2017 (FG Köln, 12. Oktober 2017, 10 K 977/17, BVerfG 2 BvL 22/17), das Bundesverfassungsgericht bzgl. der Vereinbarkeit von § 6a Absatz 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes mit dem Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes anzurufen ? Teilt die Bundesregierung die Position des Finanzgerichts Köln, dass im heutigen Niedrigzinsumfeld sich der für Pensionsrückstellungen gesetzlich vorgeschriebene Zinsfuß so weit von der Realität entfernt, dass er zu einer Ungleichbehandlung von wesentlich gleichem, nämlich anderem Aufwand, im Bilanzsteuerrecht führe? 10. Wie wird sich die Bundesregierung in dem seit 2017 beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren positionieren? Die Fragen 9 und 10 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung hält den Rechnungszinsfuß für Pensionsrückstellungen gemäß § 6a Absatz 3 Satz 3 EStG für verfassungsgemäß. 11. Wie bewertet die Bundesregierung einen möglichen Wegfall des Schriftformerfordernisses beim Abschluss der Pensionszusage zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber? Die Bundesregierung hält an dem Erfordernis der Schriftform in § 6a Absatz 1 Nummer 3 EStG fest. Zweck ist, das Besteuerungsverfahren von Beweisschwierigkeiten und Streit über den Umfang der Pensionsverpflichtung freizuhalten und die Nachprüfbarkeit der Pensionszusage, insbesondere durch die Finanzbehörden , zu erleichtern. Die Schriftform dient in erster Linie der Beweissicherung über den Umfang der Pensionszusage (Bundestagsdrucksache 7/1281, S. 38). Diese Zwecke müssen auch zukünftig gewahrt bleiben. Das Schriftformerfordernis kann daher nicht wegfallen. 12. Wie bewertet die Bundesregierung eine mögliche Abschaffung des Nachholverbots bei Pensionsrückstellungen? Aus Sicht der Bundesregierung sind hinreichende Gründe für den Wegfall des sog. Nachholverbotes nach § 6a Absatz 4 EStG bei der gegenwärtigen steuerbilanziellen Bewertung von Pensionsrückstellungen nicht erkennbar. 13. Welche Auswirkungen ergaben sich nach Einschätzung der Bundesregierung seit Änderung der Bewertung von Altersversorgungsverpflichtungen nach § 253 Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs auf die Eigenkapitalstärke der Unternehmen (bitte wenn möglich die Ergebnisse getrennt nach Kapital- und Personengesellschaften darstellen)? 14. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie viele Unternehmen , alleine durch die geänderte handelsrechtliche Bewertung der Rückstellungen von Altersversorgungsverpflichtungen, als bilanziell überschuldet gelten? Die Fragen 13 und 14 werden wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet . Der Bundesregierung liegen keine belastbaren Informationen zu den Auswirkungen der Änderung des § 253 Absatz 2 HGB vor. Ergänzend ist darauf hinzuweisen , dass es bei Unternehmen, die von der Neuregelung des § 253 Absatz 2 HGB Gebrauch gemacht haben, zu einer Reduzierung des jährlichen Aufwands für Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3423 Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen gekommen sein kann. Je nach Einzelfall kann sich das bilanzielle Eigenkapital mit der Änderung ggf. erhöht haben. 15. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, auf wie viel Prozent sich, im Verhältnis zu den gebildeten Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen , die Summe der Rückdeckungen in den Bilanzen der Unternehmen seit Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernierungsgesetzes beläuft, und wie dieses Verhältnis in den 5 Jahren zuvor war (bitte wenn möglich einzeln nach Jahren aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen keine entsprechenden Erkenntnisse vor. 16. In welchem Umfang wurden in den vergangenen fünf (wenn Datenmaterial vorhanden auch zehn) Jahren Lohnzuflüsse bei Pensionsberechtigten beim (teilweisen) Verzicht auf Pensionszusagen versteuert, ohne dass aufgrund des Verzichts entsprechender Lohn zugeflossen ist, und sieht die Bundesregierung Möglichkeiten sowie Notwendigkeiten, diese Rechtsfolgen gesetzlich neu zu regeln? Zum Umfang der Lohnzuflüsse durch Verzicht auf Pensionszusagen liegen der Bundesregierung keine Angaben vor. Eine gesetzliche Neuregelung der Rechtsfolgen ist nicht geplant. 17. Teilt die Bundesregierung die Sicht, dass die derzeitige Rechtslage die Suche von Nachfolgern (Erbe, Vorweggenommene Erbfolge, Verkauf) vor allem bei mittelständischen Kapitalgesellschaften durch die Höhe der Pensionszusagen und die Regelungen zur Versteuerung beim Pensionsberechtigten auch bei (teilweisem) Verzicht auf die Pensionszusagen erschwert? Der Bundesregierung liegen diesbezügliche keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333