Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3424 19. Wahlperiode 17.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Schäffler, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/3092 – Provisionsdeckel für Lebensversicherungen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das „Handelsblatt“ vermeldete, Bundesminister der Finanzen Olaf Scholz plane die Einführung eines so genannten Provisionsdeckels für Lebensversicherer. Dem Pressebericht zufolge soll das Bundesministerium der Finanzen mit der bisherigen Entwicklung der Vertriebskosten bei der Vermittlung von Lebensversicherungen nicht zufrieden sein. Die Kosten seien seit der Einführung des Lebensversicherungsreformgesetzes vor vier Jahren nur leicht gesunken, was das das Ministerium als ungenügend einstufen würde. Davor hatte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bereits einen Vorschlag für die weitere Reduktion der Provisionskosten für die Kunden von Lebensversicherungen unterbreitet. Nach Berichten des „Handelsblatts“„[…] sollen Versicherte regulär höchstens 2,5 Prozent der insgesamt vom Kunden während der Laufzeit eines Vertrags zu zahlenden Beiträge für Provisionen an Makler und Vertriebsorganisationen ausgeben. Weitere 1,5 Prozent sollen aufgrund vorher festgelegter Qualitätskriterien an besonders gute Vermittler weitergereicht werden – diese kommen damit auf maximal vier Prozent Entgelt.“ (www.handelsblatt. com/finanzen/banken-versicherungen/regulierung-bundesregierung-begrenztdie -provisionen-fuer-versicherungsvermittler/22675722.html?ticket=ST-3992 522-7dm9MSuZvzLQF4BMviwX-ap3). Die Forderungen stehen im klaren Gegensatz zu den Aussagen der Bundesregierung von 2017 in dem sie zum Thema Provisionsdeckelung angab: „Eine Deckelung von Provisionen und Vertriebsanreizen würde über die europäischen Vorgaben hinausgehen und zu einer Preisregulierung führen. Preise sollen sich im freien Wettbewerb bilden“ (vgl. Bundestagsdrucksache 18/11337). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Ein lang anhaltendes Niedrigzinsumfeld könnte sich mittel- bis langfristig auf die Fähigkeit von Lebensversicherungsunternehmen und Pensionskassen auswirken, die den Versicherten zugesagten Zinsgarantien zu erbringen. Die Bundesregierung hat deshalb bereits im Jahr 2011 die Zinszusatzreserve eingeführt und im Jahr 2014 mit dem Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) ein umfassendes Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3424 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Maßnahmenpaket initiiert, um die Regulierung an die Erfordernisse im Niedrigzinsumfeld anzupassen. Das Maßnahmenpaket adressiert auch die Senkung von Abschlusskosten einschließlich der Provisionen, um den Abfluss von Vermögen zu begrenzen, das mittel- und langfristig für die Erfüllung der Garantien der Versicherten benötigt wird. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages hat das Bundesministerium der Finanzen gebeten, die Auswirkungen des LVRG zum Stichtag 1. Januar 2018 zu evaluieren und darüber im Laufe des Jahres 2018 zu berichten. Das Bundesministerium der Finanzen hat den Evaluierungsbericht an den Finanzausschuss übersandt und am 28. Juni 2018 veröffentlicht (www.bundesfinanzministerium.de/ Content/DE/Downloads/Finanzmarktpolitik/2018-06-28_Evaluierungsberichtzum -Lebensversicherungsreformgesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=1). Der Evaluierungsbericht stellt fest, dass Anpassungsbedarf bei den Vorschriften zur Zinszusatzreserve besteht und die Vergütungen für Vermittler aufgrund der im Jahr 2017 maßgebenden Vergütungsvereinbarungen lediglich gut 5 Prozent unter dem Niveau aus der Zeit vor dem LVRG liegen. Bestandteil des Evaluierungsberichts sind die Eckpunkte zu einem Maßnahmenpaket , mit dem die Regulierung im Niedrigzinsumfeld weiterentwickelt werden soll. Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen zählen eine Änderung der Vorschriften zur Zinszusatzreserve, um die Zinsgarantien nachhaltiger abzusichern, und die Schaffung eines gesetzlichen Provisionsdeckels im Bereich der Lebens- und Restschuldversicherung , der etwaigen Fehlanreizen entgegenwirken und die weitere Senkung der Abschlusskosten unterstützen soll. Die Umsetzung der Maßnahmen wird im zweiten Halbjahr 2018 angestoßen. Über die konkrete Ausgestaltung des Provisionsdeckels, insbesondere mit Blick auf die Angemessenheit der Provisionshöhe sowie auf mögliche Fehlanreize, hat die Bundesregierung noch keine Entscheidung getroffen. 1. Wie viele laufende Lebensversicherungen existieren derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung? a) Welches Gesamtvolumen haben nach Kenntnis der Bundesregierung diese Lebensversicherungen? b) Wie haben sich die Abschlussrate und das Volumen von Lebensversicherungen seit der Einführung des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) im Jahr 2014 geändert? Ende 2017 bestanden 83,5 Mio. Lebensversicherungsverträge mit einer Versicherungssumme von 3 086 Mrd. Euro. Die Anzahl der neu eingelösten Policen und deren Versicherungssumme hat sich seit 2014 wie folgt entwickelt: 2014 2015 2016 2017 Anzahl Policen (Mio.) 5,6 5,2 5,1 5,0 Versicherungssumme (Mrd. Euro) 231 234 243 251 (Quelle: Erstversicherungsstatistik der BaFin, vorläufige Angaben für 2017) Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3424 2. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die gesamten und durchschnittlichen Abschlusskosten bei Lebensversicherungen seit der Einführung des LVRG (bitte nach Arten der Kosten aufschlüsseln)? Wie stellen sich die Abschlusskosten im Vergleich zu den sonstigen Kosten von Lebensversicherungen dar? 3. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittliche Provision der Versicherungsmakler pro Versicherungsabschluss? a) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Einkommensquellen von Versicherungsmaklern neben den Provisionen für Versicherungsabschlüsse ? b) Wonach bemisst die Bundesregierung, welche Höhe an Vertriebskosten und Provisionen angemessen bzw. nicht angemessen ist? 4. Wie hat sich die Höhe der insgesamt gezahlten Provisionen seit Einführung des LVRG nach Kenntnis der Bundesregierung entwickelt? Die Fragen 2 bis 4 werden zusammen beantwortet. Die Kosten für den Versicherungsvertrieb teilen sich wie folgt auf (Angaben in Mrd. Euro): 2014 2015 2016 2017 Vergütungen für Vermittler einschließlich anderer Bezüge 5,6 5,1 5,0 4,7 übrige Abschlusskosten 2,5 2,6 2,5 2,4 sonstige Kosten 1,4 1,4 1,4 1,4 (Quelle: BaFin, vorläufige Angaben für 2017) Die Vergütungen enthalten neben den Abschluss- und Verlängerungsprovisionen jeweils rund 0,5 Mrd. Euro andere Bezüge. Die durchschnittlichen Abschlusskosten in Prozent der verdienten Bruttobeiträge haben sich wie folgt entwickelt: 2014 2015 2016 2017 Vergütungen für Vermittler einschließlich anderer Bezüge 6,3 % 5,8 % 5,8 % 5,8 % übrige Abschlusskosten 2,8 % 3,0 % 3,0 % 2,9 % sonstige Kosten 1,6 % 1,6 % 1,6 % 1,6 % (Quelle: BaFin, vorläufige Angaben für 2017) Die angegebenen Zahlen lassen keine Rückschlüsse darauf zu, wie sich die Vergütungen für neu abgeschlossene Verträge entwickelt haben. Denn einerseits ist das Neugeschäftsvolumen pro Jahr unterschiedlich. Andererseits werden die Provisionen ggf. über mehrere Jahre verteilt gezahlt. Die Entwicklung der insgesamt gezahlten Provisionen seit Einführung des LVRG wird im Evaluierungsbericht zum LVRG dargestellt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3424 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Wie bewertet die Bundesregierung die Kostentransparenz, Kostenvergleichbarkeit , sowie Beratungsqualität für den Verbraucher beim Abschluss von Lebensversicherungen? a) Welche Verbesserungen hinsichtlich Transparenz, Vergleichbarkeit und Beratungsqualität von Lebensversicherungen wurden durch das LVRG erreicht? b) Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass das derzeitige Provisionssystem intransparent ist bzw. sich negativ auf die Beratungsqualität auswirkt? Das LVRG hat die Kostentransparenz und die Kostenvergleichbarkeit weiter verbessert , indem vor Vertragsschluss zusätzlich auch die Verwaltungskosten ausgewiesen und die Minderung der Wertentwicklung des Vertrags durch Kosten (Angabe in Prozentpunkten – Effektivkosten) beziffert werden muss. Allerdings verfahren die Unternehmen bei der Bestimmung der Effektivkosten uneinheitlich; hier besteht Handlungsbedarf. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 6. Beabsichtigt die Bundesregierung bzw. das Bundesministerium der Finanzen , ein Maßnahmenpaket vorzulegen, um die von den Lebensversicherungen zugesagten Zinsgarantien nachhaltiger abzusichern? 7. Welchen inhaltlichen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen der Zinszusatzreserve und Provisionszahlungen? 8. Plant die Bundesregierung bzw. das Bundesministerium der Finanzen, einen gesetzlichen Provisionsdeckel einzuführen? a) Wenn ja, mit welcher Begründung? b) Wenn ja, wie soll ein solcher Provisionsdeckel ausgestaltet werden? c) Wenn ja, welchen Zeitplan verfolgt die Bundesregierung bei der Einführung des Provisionsdeckels? d) Wenn ja, auf welche Produktarten soll sich der Provisionsdeckel erstrecken ? 9. Wie würden sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Kostenstruktur und -transparenz sowie die Beratungsqualität bei Lebensversicherungen durch einen gesetzlichen Provisionsdeckel ändern? Zu den Fragen 6 bis 9 wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen . 10. Falls die Provisionsdeckelung zur Kostenreduktion führen würde, würden die Versicherer dann verpflichtet werden, diese Beträge an die Versicherten weiterzugeben oder könnte diese Ersparnis der eigenen Liquidität bzw. den Aktionären zugutekommen? Die Versicherten können von der Kostenreduktion durch günstigere Tarife profitieren . Soweit sich durch die Kostenreduktion höhere Überschüsse ergeben, werden sie daran entsprechend beteiligt. Ausschüttungen an Aktionäre sind aufgrund der Ausschüttungssperre des LVRG bis zur Höhe des Sicherungsbedarfs gesperrt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3424 11. Wie bewertet die Bundesregierung ihr eigenes Bekenntnis zum Provisionssystem von 2017? Welche neuen Erkenntnisse hat die Bundesregierung erlangt, die einen möglichen Positionswandel rechtfertigen würden? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 12. Wie bewertet die Bundesregierung die Vorschläge der BaFin zu einem Provisionsdeckel ? a) Teilt die Bundesregierung die Bedenken, dass die von der BaFin vorgeschlagene Provisionsdeckelung nicht verfassungskonform ist (www. versicherungsbote.de/id/4865840/BVK-positioniert-sich-Provisionsdeckel/)? b) Teilt die Bundesregierung die Befürchtung von Verbänden der Versicherungswirtschaft , dass unabhängige Makler gegenüber angestellten Vertrieben durch den Vorschlag der BaFin überproportional geschädigt werden könnten (http://versicherungswirtschaft-heute.de/schlaglicht/verbandevereint -im-ringen-gegen-den-provisionsdeckel/)? Wenn nein, wieso nicht? 13. Wie würden sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Kostenstruktur und -transparenz sowie die Beratungsqualität bei Lebensversicherungen durch den Vorschlag der BaFin zum Provisionsdeckel ändern? Die Fragen 12 und 13 werden zusammen beantwortet. Die Bundesregierung spricht sich für einen gesetzlichen Provisionsdeckel aus und verweist dazu auf ihre Vorbemerkung. 14. Wann hat die Bundesregierung die ersten Zwischenberichte zur Evaluierung des LVRG erhalten? Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages hatte das Bundesministerium der Finanzen gebeten, das LVRG zum Stichtag 1. Januar 2018 zu evaluieren und im Laufe des Jahres 2018 einen Evaluierungsbericht vorzulegen. In den Evaluierungsbericht sind Daten eingeflossen, die die BaFin zu diesem Stichtag erhoben und ausgewertet hat. Das Bundesministerium der Finanzen hat dem Finanzausschuss am 25. Juni 2018 den finalisierten Evaluierungsbericht übermittelt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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