Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3425 19. Wahlperiode 17.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Schäffler, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/3093 – Beschwerderegister der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit November 2012 führt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) das so genannte Mitarbeiter- und Beschwerderegister. Die BaFin sammelt in dieser internen Datenbank die Beschwerden, die Anleger über ihre Anlageberater gemeldet haben. Wenn von der BaFin häufige Beschwerden über einen Berater registriert werden, kann die BaFin mit dem betroffenen Finanzinstitut Kontakt aufnehmen und den Vorwürfen nachgehen. Darüber hinaus ist die BaFin dazu berechtigt Strafen zu verhängen, die von Bußgeldern (maximal 200 000 Euro) bis hin zu dem Verbot reichen, den beschuldigten Mitarbeiter in den nächsten zwei Jahren in der Anlagenberatung weiter einzusetzen. 1. Wie viele Berater führt die BaFin nach Kenntnis der Bundesregierung im Beschwerderegister? Zum 30. Juni 2018 wurden im Mitarbeiter- und Beschwerderegister 129 034 aktiv tätige Anlageberater geführt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3425 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Wie viele Beschwerden gab es seit der Einführung des Beschwerderegisters nach Kenntnis der Bundesregierung (bitte nach Jahren, Institutsgruppe und Beschwerdekategorien aufschlüsseln)? Beschwerden Privatbanken Sparkassen/ Landesbanken Genossenschaftsbanken Finanzdienstleistungsinstitute Summe 20121 1.077 370 282 11 1.740 2013 4.019 3.234 2.246 221 9.720 2014 2.381 1.994 1.527 947 6.849 2015 1.546 1.691 1.299 104 4.640 2016 1.633 1.837 1.463 63 4.996 2017 1.298 1.701 1.283 71 4.353 20182 826 1.109 628 64 2.627 Summe 12.780 11.936 8.728 1.481 34.925 1: Beschwerden vom 1. November 2012 bis zum 31. Dezember 2012. 2: Beschwerden vom 1. Januar 2018 bis zum 30 Juni 2018. Seit Einführung des Mitarbeiter- und Beschwerderegisters wurden bis zum 30. Juni 2018 34 925 Beschwerden angezeigt. Nach § 87 Absatz 1 Satz 4 WpHG müssen die Institute der BaFin jede Beschwerde anzeigen, die Privatkunden im Zusammenhang mit einer Anlageberatung einreichen. Da Beschwerdegründe oder betroffene Finanzinstrumente nicht anzuzeigen sind, können die angezeigten Beschwerden nicht nach Beschwerdekategorien aufgeschlüsselt werden. 3. Wie viele Beschwerden sind nach Einschätzung der Bundesregierung auf individuelles Fehlverhalten des Beraters und wie viele auf betriebliche Probleme zurückzuführen? Für eine Beurteilung der Beschwerdeursachen liegen keine statistisch repräsentativen Daten vor. Wie oben ausgeführt, zeigen die Institute lediglich an, dass ein Privatkunde im Zusammenhang mit einer Anlageberatung eine Beschwerde eingereicht hat. Beschwerdeinhalte , wie etwa die Ursache der Beschwerde oder eine Bewertung, inwieweit die Beschwerde begründet ist, werden nicht angezeigt. 4. Wie wird die Plausibilität der gemeldeten Beschwerden nach Kenntnis der Bundesregierung von der BaFin geprüft? Wie viele unberechtigte Beschwerden gingen nach Kenntnis der Bundesregierung bei der BaFin ein? Die Plausibilisierung der Beschwerdeanzeigen ist grundsätzlich Bestandteil der jährlichen Prüfung nach § 89 WpHG durch einen Wirtschaftsprüfer oder Prüfungsverband . Die Prüfer erheben zu diesem Zweck Stichproben beim geprüften Institut. Bei Beschwerden, die von einem Kunden direkt bei der BaFin eingereicht werden, wird von den Instituten die Meldungs-ID der Beschwerdeanzeige erfragt, um eine Plausibilisierung zu ermöglichen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3425 Zudem erfolgt eine Plausibilisierung der Beschwerdeanzeigen, wenn die BaFin anlassbezogen Aufzeichnungen über Beschwerden und die den Beschwerden vorangegangenen Anlageberatungen anfordert. Dabei prüft die BaFin zunächst, ob sich die Beschwerde tatsächlich auf eine Anlageberatung gegenüber Privatkunden bezog und ob die Beschwerdeanzeige dem verantwortlichen Anlageberater zugeordnet wurde. Anhand der angeforderten Unterlagen überprüft die BaFin dann, ob Anhaltspunkte für Verstöße gegen den 11. Abschnitt des WpHG (Verhaltenspflichten , Organisationspflichten, Transparenzpflichten), insbesondere ungeeignete Anlageempfehlungen und interessengefährdende Vertriebsvorgaben , erkennbar sind. Bei Vorliegen solcher Anhaltspunkte klärt die BaFin den Sachverhalt auf, etwa durch Gespräche mit Mitarbeitern vor Ort. Da mit den Beschwerdeanzeigen keine Angaben über die Richtigkeit der Beschwerdevorträge verbunden sind, können jedoch keine Aussagen getroffen werden , wie viele der angezeigten Beschwerden berechtigt oder unberechtigt sind. 5. Wie viele Beschwerden gehen nach Kenntnis der Bundesregierung bei der BaFin im Mittel ein, bevor diese weitere Maßnahmen ergreift? Weitere Maßnahmen, wie etwa weitergehende Ermittlungen und Gespräche vor Ort oder formale Verwaltungsmaßnahmen, werden unabhängig von der Anzahl der Beschwerden allein aufgrund der Schwere und Zahl feststellbarer Verstöße gegen den 11. Abschnitt des WpHG ergriffen. So wurde bspw. bereits aufgrund einer Beschwerde ein Verfahren nach § 87 Absatz 6 Nummer 2 WpHG eröffnet; andererseits konnten bei Mitarbeitern, zu denen eine Vielzahl von Beschwerden angezeigt wurde, keine Anhaltspunkte für ein systematisches Fehlverhalten festgestellt werden. Die Zahl der angezeigten oder der durch die BaFin angeforderten Beschwerden kann daher nicht als Qualitätsmerkmal für einen Anlageberater oder Vertriebsbeauftragten herangezogen werden. 6. Wie viele Finanzdienstleister bzw. -institute wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von der BaFin aufgrund von Beschwerden verwarnt? Die BaFin hat ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen sechsmal aufgrund von Verstößen verwarnt. Darüber hinaus wurden zwei Anlageberater und sechs Vertriebsbeauftragte aufgrund von Verstößen verwarnt. 7. Wie viele Geldbußen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von der BaFin verhängt? a) Wie sieht die Verteilung der verhängten Geldbußen nach Kenntnis der Bundesregierung aus? b) Wie hoch war nach Kenntnis der Bundesregierung das Gesamtvolumen der Geldbußen? c) Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Mittelwert der verhängten Geldbußen? In unmittelbarem Zusammenhang mit den Daten des Mitarbeiter- und Beschwerderegisters wurden seit November 2012 sechs Geldbußen verhängt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3425 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Ordnungswidrigkeitenverfahren der BaFin wegen Verstößen gegen Verhaltensund Aufzeichnungspflichten des 11. Abschnitts des WpHG gehen nicht nur auf Erkenntnisse aus dem Mitarbeiter- und Beschwerderegister, sondern insbesondere auch auf Aufsichtsgespräche in Filialen vor Ort, die Berichte über die jährliche Prüfung nach § 89 WpHG sowie direkt bei der BaFin erhobene Beschwerden zurück. Bei diesen weiteren Verfahren besteht teilweise ein mittelbarer Zusammenhang zum Mitarbeiter- und Beschwerderegister. Die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Daten des Mitarbeiter- und Beschwerderegisters verhängten Geldbußen lagen zwischen 9 000 Euro und 30 000 Euro und beliefen sich auf insgesamt 138 000 Euro. Der Mittelwert der verhängten Geldbußen beträgt 23 000 Euro. 8. Wie viele befristete Beratungsverbote wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von der BaFin verhängt? Untersagungen der Tätigkeit von Mitarbeitern waren bisher nicht notwendig. Regelmäßig betrauen die Institute selbst die Mitarbeiter nicht mehr mit einer anzeigepflichtigen Tätigkeit, wenn diese Kunden erheblich geschädigt und schwerwiegende Verstöße gegen Ge- und Verbote des WpHG verursacht haben. Eine Untersagung durch die BaFin ist dann weder erforderlich noch möglich. 9. Hat die Bundesregierung Kenntnisse, dass sich Institute aus der Anlageberatung aufgrund des Registers zurückgezogen haben? Die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Anlageberatung, wie auch an andere Wertpapierdienstleistungen (z. B. die Finanzportfolioverwaltung), wurden nach der Finanzkrise erhöht. Anhaltspunkte, dass sich zahlreiche Institute aufgrund der Einführung des Mitarbeiter- und Beschwerderegisters aus der Anlageberatung zurückgezogen haben, liegen nicht vor. 10. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Mehrkosten, die aufgrund des Beschwerderegisters für die BaFin sowie die Finanzdienstleister anfallen? a) Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die Umstellungskosten ? Im Regierungsentwurf des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes (Bundestagsdrucksache 17/3628, S. 3) wurden die Umstellungskosten mit 2 964 000 Euro veranschlagt. Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass die tatsächlichen Kosten erheblich davon abweichen. b) Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die laufenden Kosten? Ursprünglich wurden die laufenden Kosten für die Institute mit rund 780 000 Euro veranschlagt (vgl. Bundesratsdrucksache 584/10, Anlage, S. 1). Tatsächlich dürften die laufenden Kosten seitens der Institute mittlerweile geringer sein, weil die Institute inzwischen ausreichende Anzeigeroutinen entwickelt haben. Die überwiegende Zahl der Institute nutzt zudem teil- oder vollautomatisierte Anzeigeprozesse. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3425 c) Decken sich nach Kenntnis der Bundesregierung die im Vorfeld veranschlagten Umstellungs- und laufenden Kosten mit den tatsächlichen Umstellungs - und laufenden Kosten? Auf die Antworten zu den Fragen 10a und 10b wird verwiesen. 11. Hat sich die Qualität der Anlagenberatung nach Einschätzung der Bundesregierung nach Einführung des Beschwerderegisters verbessert? Mit der Pflicht zur Anzeige zum Mitarbeiter- und Beschwerderegister geht nach Wahrnehmung der BaFin ein Disziplinierungseffekt bei den Wertpapierdienstleistungsunternehmen und ihren Mitarbeitern einher, der zur Sorgfalt, zur Einhaltung der Verhaltenspflichten sowie zur Gewährleistung der Mindestanforderungen an die kontinuierlich aufrechtzuerhaltende Sachkunde anhält. Neben der Registrierung in der Datenbank tragen hierzu auch die zahlreichen Aufsichtskontakte vor Ort bei. Das Mitarbeiter- und Beschwerderegister ermöglicht es der BaFin zudem, den Einsatz nur sachkundiger und zuverlässiger Anlageberater, Vertriebsbeauftragter und Compliance-Beauftragter auch im Falle von Unternehmenswechseln effektiv zu überwachen. Das Register dient der BaFin als Instrument zur Risikoanalyse, um risikoorientiert die Institute vor Ort beaufsichtigen zu können. Beschwerdesachverhalte können gezielt auf ihre Relevanz für den Schutz kollektiver Verbraucherinteressen analysiert werden. Sie geben der BaFin Anlass, die generellen organisatorischen Rahmenbedingungen in den Wertpapierdienstleistungsunternehmen anhand konkreter Einzelfälle und Fragestellungen zu überprüfen. Insbesondere die Einhaltung der Anforderungen an die Geeignetheit von Anlageempfehlungen sowie die Wahrung von Kundeninteressen bei der Ausgestaltung, Umsetzung und Überwachung von Vertriebsvorgaben stehen so im Fokus der Verhaltensaufsicht. Die Erkenntnisse aus der verstärkten Präsenz der BaFin in der Fläche (insbesondere in Filialen) bestätigen, dass Anlageberater intensiver auf die aufsichtsrechtlichen Anforderungen des Beratungsgeschäfts vorbereitet werden, und auch dadurch die Beratungsqualität gestiegen ist. Die Zahl der Beschwerden ist seit dem Jahr 2013 zudem rückläufig (vgl. Antwort zu Frage 2). 12. Plant die Bundesregierung eine Evaluierung des Wertpapierhandelsgesetzes, und ist im Zuge dessen auch eine Evaluierung des Beschwerderegisters geplant ? Eine Bewertung des Mitarbeiter- und Beschwerderegisters war Gegenstand der jährlichen Berichte der Bundesregierung an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages, welche diesem für die Jahre 2012 bis 2017 übersandt wurden (zuletzt im Februar 2018). Demnach hat sich das Register bewährt. Eine darüber hinausgehende Evaluierung ist momentan nicht geplant. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333