Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 18. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3468 19. Wahlperiode 19.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer, Margit Stumpp, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/3229 – Wirksame Bekämpfung von Mobbing an Schulen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mobbing an Schulen ist bei Weitem keine Randerscheinung mehr. So wird laut der PISA-Studie (Pisa= Programm zur internationalen Schülerbewertung) der OECD (=Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) jede bzw. jeder sechste 15-Jährige in Deutschland zum Mobbing-Opfer in der Schule („Wohlbefinden“, 2017, www.oecd.org/berlin/publikationen/pisa-2015- results-volume-iii-students-well-being.htm). Auch Gewalt gegen Lehrkräfte ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Eine Befragung des Verbands Bildung und Erziehung e. V. (VBE), deren Ergebnisse im Mai 2018 veröffentlicht wurden, zeigt, dass an 48 Prozent der Schulen, in den letzten fünf Jahren, Fälle von psychischer Gewalt gegen Lehrkräfte vorkamen (www.vbe.de/service/ meinungsumfragen/gewalt-gegen-lehrkraefte-2018/?L=0). 26 Prozent der Lehrkräfte berichten sogar von körperlichen Übergriffen. Darüber hinaus sind Kinder und Jugendliche sowie pädagogische Fachkräfte zunehmend mit Erscheinungen wie Cybermobbing, religiösem Mobbing oder Menschenfeindlichkeit konfrontiert. So geben beispielweise fast 13 Prozent der Schülerinnen und Schüler an, bereits von Cybermobbing betroffen gewesen zu sein (Bündnis gegen Cybermobbing „Cyberlife II“ 2017, www.buendnis-gegencybermobbing .de/fileadmin/pdf/studien/2016_05_02_Cybermobbing_2017End.pdf). Die Psychologie-Forschung zeigt, dass es keine charakterlichen Persönlichkeitseigenschaften oder Verhaltensweisen gibt, die eine Schülerin oder einen Schüler als leichtes Opfer von Mobbingattacken prädestinieren. Oft werden jedoch insbesondere psychisch und/oder physisch Schwächere gezielt attackiert und ausgegrenzt (Ludwig-Maximilians-Universität München, Fakultät für Psychologie und Pädagogik, www.psy.lmu.de/mobbing/mobbing/index.html). Die Folgen von Mobbing können fatal sein. Viele Opfer leiden unter psychosomatischen Erkrankungen, Depressionen und geringem Selbstbewusstsein oder haben sogar Selbstmordgedanken. Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht der Fragesteller eine dringliche Aufgabe der Bundesregierung, Mobbing ernst zu nehmen und dieses Problem effektiv und bestenfalls präventiv zu bekämpfen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3468 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) möchte mit dem Projekt „Anti-Mobbing-Profis“ verstärkt gegen Mobbing an Schulen vorgehen. Insgesamt sollen 170 „Profis“ bundesweit ausgebildet und eingesetzt werden. Im laufenden Jahr sind dafür 20 Mio. Euro vorgesehen. Die vom Bundesfamilienministerium geförderten Jugendmigrationsdienste sollen das Vorhaben vor Ort umsetzen. Angesichts der Komplexität und der Reichweite des Problems stellt sich die Frage, wie nachhaltig und wirksam das angekündigte Projekt tatsächlich ist. 1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Gesamtzahl der Schulen in Deutschland (bitte nach Bundesländern und Schultypen, inklusive Förderschulen aufschlüsseln)? In Auswertung der amtlichen Schulstatistik (Statistisches Bundesamt (Destatis) (2017): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen. Schuljahr 2016/2017. Fachserie 11 Reihe 1) lassen sich folgende Angaben zur Zahl der Schulen in Deutschland im Jahr 2016/2017 mitteilen: Schulart Anzahl Schulen Vorklassen 290 Schulkindergärten 970 Grundschulen 15.465 Schulartunabhängige Orientierungsstufe 1.053 Hauptschulen 2.625 Schularten mit mehreren Bildungsgängen 1.849 Realschulen 2.070 Gymnasien 3.110 Integrierte Gesamtschulen 2.058 Freie Waldorfschulen 223 Förderschulen 2.913 Abendhauptschulen 21 Abendrealschulen 121 Abendgymnasien 104 Kollegs 67 Keine Zuordnung zu einer Schulart möglich 554 Insgesamt 33.493 Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis) (2017): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen. Schuljahr 2016/2017. Fachserie 11 Reihe 1, S. 14-17 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3468 Differenziert nach Bundesländern lassen sich folgende Angaben zur Gesamtzahl der Schulen in Deutschland im Jahr 2016/2017 mitteilen: Schulart BW BY BE BB HB HH HE MV NI NW RP SL SN ST SH TH Vorklassen - - - - 1 227 62 - - - - - - - - - Schulkindergärten 435 - - - - - 262 - 232 25 13 3 - - - - Grundschulen 2.241 2 403 427 504 107 221 1.155 321 1.709 2.813 964 162 829 500 666 443 Schulartunabhängige Orientierungsstufe 1 1 422 495 - 5 129 - - - - - - - - - Hauptschulen 726 1.000 - - - - 215 - 276 404 4 - - - - - Schularten mit mehreren Bildungsgängen - - - 152 1 - 19 191 419 125 190 1 347 139 64 201 Realschulen 510 451 - - - - 248 - 312 538 9 2 - - - - Gymnasien 459 429 113 103 13 74 289 75 294 626 151 35 160 85 105 99 Integrierte Gesamtschulen 1 548 2 175 35 62 81 118 21 101 332 55 61 - 46 352 69 Freie Waldorfschulen 58 23 11 5 3 7 10 5 20 43 8 4 6 3 12 5 Förderschulen 562 355 76 106 11 31 242 90 288 533 131 38 155 101 114 80 Abendhauptschulen - - 10 - 2 - 9 - - - - - - - - - Abendrealschulen2 33 3 9 17 2 2 16 - - 31 - 2 3 3 - - Abendgymnasien 23 5 2 12 2 3 11 4 5 28 - 1 3 2 3 - Kollegs3 5 6 5 3 - 1 4 - 4 26 4 1 4 2 2 Keine Zuordnung zu einer Schulart möglich - - - - - - 554 - - - - - - - Insgesamt 5.601 4.678 1.250 1.432 204 652 3.343 707 3.660 5.524 1.529 310 1.507 881 1.316 899 Quelle: nach Statistisches Bundesamt (Destatis) (2017): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen. Schuljahr 2016/2017. Fachserie 11 Reihe 1, S. 14-17, eigene Darstellung. 1 In SL einschl. Schularten mit mehreren Bildungsgängen. 2 In HH mit Abendhauptschule. 3 In RP mit Abendgymnasien. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3468 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler in Deutschland (bitte nach Bundesländern und Schultypen , inklusive Förderschulen aufschlüsseln)? In Auswertung der amtlichen Schulstatistik (Statistisches Bundesamt (Destatis) (2017): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen. Schuljahr 2016/2017. Fachserie 11 Reihe 1) lassen sich folgende Angaben zur Zahl der Schülerinnen und Schüler in Deutschland im Jahr 2016/2017 mitteilen: Schulart Anzahl Schülerinnen und Schüler Vorklassen 11.089 Schulkindergärten 16.503 Grundschulen 2.768.899 Schulartunabhängige Orientierungsstufe 103.574 Hauptschulen 427.674 Schularten mit mehreren Bildungsgängen 520.145 Realschulen 852.514 Gymnasien 2.252.968 Integrierte Gesamtschulen 952.986 Freie Waldorfschulen 84.492 Förderschulen 317.610 Abendhauptschulen 809 Abendrealschulen 17.542 Abendgymnasien 13.929 Kollegs 15.077 Keine Zuordnung zu einer Schulart möglich 13.702 Insgesamt 8.369.513 Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis) (2017): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen. Schuljahr 2016/2017. Fachserie 11 Reihe 1, S. 45-47. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3468 Differenziert nach Bundesländern lassen sich folgende Angaben zur Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler in Deutschland im Jahr 2016/2017 mitteilen: Zahl der Schülerinnen und Schüler nach Schulart BW BY BE BB HB HH HE MV NI NW RP SL SN ST SH TH Vorklassen - - - - 17 8.710 2.362 - - - - - - - - - Schulkindergärten 8.076 - - - - - 3.573 - 2 756 1.888 148 62 - - - - Grundschulen 329.602 432.189 117.287 85.160 22.505 57.143 209.217 53.556 282 483 632.796 137.727 30.998 136.790 71.544 103.199 66.703 Schulartunabhängige Orientierungsstufe 376 601 50.598 37.074 - 406 14.519 - - - - - - - - - Hauptschulen 83.728 202.975 - - - - 19.527 - 33.006 87.998 440 - - - - - Schularten mit mehreren Bildungsgängen - - - 32.735 187 - 6.174 42 682 93.705 54.664 82.892 49 106.975 45.601 9.576 44.905 Realschulen 219.116 243.151 - - - - 66.231 - 83.869 235.524 3.613 1.010 - - - - Gymnasien 304.599 323.457 77.060 53.562 11.707 54.631 192.268 33 408 241.771 527.499 128.725 24.898 96.227 53.455 78.004 51.697 Integrierte Gesamtschulen 4 104.974 1.841 88.481 17.521 29.257 61.516 72.886 7 317 75.971 296.399 44.014 29.269 - 9.387 95.383 18.770 Freie Waldorfschulen 23.304 8.530 4.593 1.558 1.066 3.290 5.115 1 022 7 021 16 001 2.500 1.236 1.889 1.026 4.828 1.513 Förderschulen 49.339 54.479 8.199 8.587 542 4.649 22.160 8 171 25 317 77 238 14 547 3 359 18 678 10 148 5 443 6.754 Abendhauptschulen - - 335 - 177 - 297 - - - - - - - - - Abendrealschulen 5 1.201 340 841 1.124 322 775 1.851 - - 9.984 - 249 931 102 - - Abendgymnasien 2.131 912 314 363 400 - 1 262 437 815 5.566 - 126 392 50 318 - Kollegs6 347 1.298 1.953 247 - 178 520 - 905 7.572 663 121 869 288 - 116 Keine Zuordnung zu einer Schulart möglich - - - - - - 13 702 - - - - - - - - - Insgesamt 1.126.793 1.269.773 349.661 237.931 66.180 191.963 631.664 146.593 847.619 1.953.129 415.269 91.377 362.751 191.601 296.751 190.458 Quelle: nach Statistisches Bundesamt (Destatis) (2017): Bildung und Kultur. Allgemeinbildende Schulen. Schuljahr 2016/2017. Fachserie 11 Reihe 1, S. 45-47, eigene Darstellung. 4 Im SL einschl. Schularten mit mehreren Bildungsgängen. 5 In HH mit Abendhauptschule. Zahlen zu Abendgymnasien sind an dieser Stelle nicht gesondert ausgewiesen. 6 In RP mit Abendgymnasien. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3468 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Wie viele Personen im schulpflichtigen Alter wurden nach Erkenntnis der Bundesregierung in den letzten fünf Jahren Opfer von Mobbing und Gewalt an Schulen (bitte gesamt und aufgeschlüsselt nach einzelnen Bundesländern darstellen)? a) Wie erheben die Länder nach Erkenntnis der Bundesregierung diese Daten ? b) Welche Maßnahmen sind nach Auffassung der Bundesregierung erforderlich , um die tatsächliche Zahl von Mobbingopfern an Schulen zu erfassen, insbesondere angesichts der Tatsache, dass es keine Meldepflicht für Mobbingvorfälle gibt und die wirkliche Situation in Schulen statistisch nicht abgebildet ist? 4. Wie viele Schulen benötigen nach Kenntnis der Bundesregierung Unterstützung bei der Bekämpfung von Mobbing? Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet . Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Die Fragen betreffen die Zuständigkeit der Länder für das Schulwesen. 5. Auf welcher Rechtsgrundlage kann der Bund zur Bekämpfung von Mobbing an Schulen beitragen? Aufgrund der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes liegt die Zuständigkeit für das Schulwesen bei den Ländern. Der Bund kann die Länder im Rahmen seiner Anregungsfunktion nach § 83 des Achten Buches Sozialgesetzbuch unterstützen. 6. Welche Maßnahmen ergreifen nach Kenntnis der Bundesregierung die Länder gegen Mobbing an Schulen? Nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es zum Thema „Mobbing an Schulen“ eine Vielzahl von präventiven Projekten und Programmen. So existieren sowohl unspezifische Angebote (z. B. Schulsozialarbeit, Konfliktlotsenprogramme) als auch spezifische Vorhaben, die auf ein Thema oder eine bestimmte Zielgruppe zugeschnitten sind, z. B. „fit for life“, Sozial- und Coolness-Training, Peer- Mediation. Viele Schulen haben schulweite Konzepte (z. B. Streitschlichtung), es gibt auch Konzepte über die Schule hinaus (z. B. Netzwerke gegen Gewalt), Angebote für einzelne Klassen sind häufig. Manche Projekte beziehen die Lehrkräfte mit ein, manche die Eltern (starke Eltern-starke Kinder). Sehr viele Schulen und Jugendeinrichtungen setzen sich bereits mit Gewalt und Mobbing im Schulalltag auseinander und bieten Schülerinnen und Schülern eine Vielfalt von Mediations- und Konfliktlösungsansätzen. Unterstützung und Hilfestellung finden sie bei Jugend- und Schulämtern, Kinder- und Jugendschutzeinrichtungen und vielen freien Trägern. Im Bereich des religiös motivierten Mobbings gibt es inzwischen in fast allen Ländern Anlaufstellen und Präventionsnetzwerke , die Schulen Unterstützung anbieten. Zudem gibt es in einigen Bundesländern insbesondere für Schülerinnen und Schüler Peer-Education-Konzepte, die den sicheren Umgang mit Internet und Social Media zum Thema haben. Eine bundesweit geführte Statistik gibt es nicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/3468 7. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu Gewalt und Mobbing gegen Lehrkräfte? Aktuelle Studien, wie die im November 2016 veröffentlichte Forsa-Erhebung unter 1.200 Schulleitungen an allgemeinbildenden Schulen zeigen, dass Gewalt gegenüber Lehrerinnen und Lehrern keine Ausnahmeerscheinung ist. In den vergangenen fünf Jahren gab es an der Hälfte der Einrichtungen direkte psychische Gewalt und an jeder vierten körperliche Gewalt gegen Lehrkräfte. Cybermobbing gab es an jeder fünften Einrichtung. 8. Welche Bedarfe sieht die Bundesregierung, Lehrkräfte gegen Gewalt und Mobbing zu unterstützen, und was tut sie zu deren Unterstützung? Für die Bundesregierung ist das gewaltfreie Aufwachsen von Kindern eine wesentliche Voraussetzung, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland dauerhaft zu gewährleisten. Ein Teilaspekt des gesellschaftlichen Zusammenhalts ist auch der soziale Umgang miteinander. Dies zeigt sich besonders in der Schule. Denn ständiges Ärgern, Angreifen, Schikanieren oder Sekkieren hemmt die freie Entfaltung der Persönlichkeit der betroffenen Schülerinnen und Schüler und kann weitreichende negative Folgen für die Gesundheit sowie für die private und schulische Situation der Opfer und deren Verhaltensmuster im Erwachsenenalter nach sich ziehen. Schule muss ein Ort sein, an dem Kinder und Jugendliche angstfrei lernen, leben und aufwachsen können, und an dem keine Minderheiten ausgeschlossen werden. Die Länder ermitteln die jeweiligen Bedarfe eigenständig und treffen entsprechende Maßnahmen in eigener Verantwortung . Die Bundesregierung unterstützt die Länder im Rahmen ihrer Kompetenzen . Speziell zur Prävention und dem Umgang mit dem Thema Cyber-Mobbing bieten der Elternratgeber „Schau Hin! Was dein Kind mit Medien macht“ und jugendschutz.net Informationen für Eltern und Fachkräfte. 9. Wie steht die Bundesregierung zur den Forderungen des Verbands Bildung und Erziehung e. V. (www.vbe.de/fileadmin/user_upload/VBE/Service/ Meinungsumfragen/2_VBE_PD_32_-_Politik_muss_mit_Maerchen_vom_ Einzelfall_aufhoeren.pdf), wonach a) die Kultusministerien Statistiken zu Gewalt gegen Lehrkräfte führen und regelmäßig veröffentlichen sollten, b) multiprofessionelle Teams mit Schulpsychologen, Schulsozialarbeitern und weiteren Fachkräften ausgebaut werden müssen, um dem Ressourcenmangel entgegenzuwirken und individuelle Förderung zu gewährleisten , c) Lehrkräfte mithilfe eines passgenauen Fortbildungsangebots besser auf den Umgang mit Heterogenität und das Verhalten in Konfliktsituationen vorbereitet werden müssen? Der Umgang mit den Forderungen des Verbandes Bildung und Erziehung e. V. obliegt den für den schulischen Bildungsbereich zuständigen Ländern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3468 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Inwieweit sind im Rahmen des in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Projekts Kooperationen zwischen den „Anti-Mobbing-Profis“ und den bestehenden Strukturen der Schulsozialarbeit vorgesehen? Soweit an den Kooperationsschulen Angebote der Schulsozialarbeit umgesetzt werden, ist eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit vorgesehen. Dabei ersetzt das Vorhaben der Respekt Coaches/Anti-Mobbing-Profis nicht die Schulsozialarbeit , sondern stellt eine Ergänzung dar. 11. Welche Definition von „Mobbing“ verwendet die Bundesregierung bzw. das BMFSFJ bei der Planung und Umsetzung des Anti-Mobbing-Projekts? Das Vorhaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend „Respekt Coaches/Anti Mobbing Profis“ ist Teil des Nationalen Präventionsprogramms gegen islamistischen Extremismus. Es richtet sich daher nicht in erster Linie gegen allgemeine Formen des Mobbings an Schulen, sondern primär gegen die Entstehung religiös begründeten Extremismus in all seinen Erscheinungsformen , wie (Israel-bezogener) Antisemitismus, Sexismus, Homosexuellenfeindlichkeit , Gewaltverherrlichung etc. in der Schule. Da es sich um ein Angebot der Primärprävention handelt, das neben demokratischer Erziehung den respektvollen Umgang miteinander fördert und sich an alle Schülerinnen und Schüler richtet , ist insgesamt mit einer Verbesserung des Klassenklimas zu rechnen. Dadurch wird auch dem Problem des Mobbings präventiv begegnet. 12. Was sind nach Auffassung der Bundesregierung die generellen Ursachen von Mobbing, und welche konkreten Ursachen sollen mit dem angekündigten Projekt bekämpft werden? Im Rahmen der schulbezogenen Gewaltforschung wird seit den 2000er-Jahren auch das Thema Mobbing berücksichtigt. Ausmaß, Erscheinungsformen und Ursachen von Gewalt im schulischen Kontext sind ganz unterschiedlich. Insbesondere die Hemmschwelle beim Cybermobbing ist niedrig, weil die Täter nicht mit der unmittelbaren Reaktion des Opfers konfrontiert werden und oft versteckt im vermeintlichen Schutz der Anonymität handeln, wodurch Betroffene nicht immer wissen, wer hinter den Attacken steckt. Online- und Offline-Verhalten sind zumeist eng miteinander verbunden: Die sozialen Erfahrungen im Schulalltag und die Aktivitäten der Jugendlichen im Internet sind häufig nicht voneinander zu trennen, sondern wirken sich aufeinander aus. Mit dem neuen Vorhaben Respekt Coaches/Anti-Mobbing-Profis unterstützt die Bundesregierung die Schulen im Rahmen der Primärprävention dabei, Schülerinnen und Schüler gegenüber religiös begründetem Extremismus widerstandsfähig zu machen. Religiös begründeter Extremismus gewinnt in Deutschland zunehmend an Bedeutung. Er ist mit seinem Angebot einer Jugendkultur insbesondere anziehend für junge orientierungslose Menschen und gibt vermeintlich einfache Antworten auf Entwicklungsfragen des Jugendalters. Gerade bei kritischen Lebensereignissen wie Tod und Krankheit in der Familie, Drogenkonsum, Gewaltund Diskriminierungserfahrung, erlebter Benachteiligung und Ausgrenzung bietet er einen gefährlichen alternativen Lebensweg. Um junge Menschen vor einer Radikalisierung zu schützen, müssen präventive Maßnahmen für junge Menschen an ihrem Lebensort angeboten werden. Dabei spielt nicht nur die Stärkung junger Menschen als mündige, demokratisch gebildete Bürgerinnen und Bürger bei der Prävention eine wichtige Rolle. Auch das Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/3468 Aufzeigen von Lebensperspektiven durch eine pädagogische Begleitung in der Schule und am Übergang von der Schule in den Beruf stabilisiert junge Menschen und ist damit ein wichtiger Schutz vor Radikalisierung. Eine ganzheitliche Präventionsstrategie vor Ort kann nur in Zusammenarbeit von Schule, Jugendhilfe, Vereinen, Kommunen und weiterer Akteure vor Ort erfolgreich sein. Die Schule ist dabei ein wesentlicher Ort für Prävention. Präventionsarbeit braucht allerdings auch personelle Ressourcen in geeigneten, verlässlichen Strukturen. Die jungen Menschen sollen dabei auch lernen, sich selbst in der Diskussion mit anderen zu positionieren, unterschiedliche Meinungen auszuhalten sowie andere Religionen bzw. Andersgläubige zu tolerieren. 13. Aus welchem Grund ist das in der Vorbemerkung der Fragesteller genannte Projekt an die Jugendmigrationsdienste angebunden? Die Bundesregierung hat sich entschieden, das Vorhaben an die Jugendmigrationsdienste anzubinden, damit keine neue Infrastruktur aufgebaut und finanziert werden muss. Die Jugendmigrationsdienste verfügten bereits vor Start des Vorhabens über verschiedene Kooperationsformen zu etwa 2.000 Schulen. Zudem arbeiten die Standorte der Jugendmigrationsdienste in zahlreichen lokalen Netzwerken und verfügen über langjährige Expertise in der individuellen sozialpädagogischen Beratung junger Menschen. Diese Arbeit soll nach Auffassung der Bundesregierung in einem größeren Umfang finanziell unterstützt und auch strukturell auf eine solidere Basis gestellt werden. 14. Nach welchem Verfahren werden die ca. 170 „Anti-Mobbing-Personen“ ausgewählt? Die Respekt Coaches/Anti-Mobbing-Profis werden von den Trägern der Jugendmigrationsdienste , die am Vorhaben teilnehmen, ausgesucht. Die Qualitäts-anforderungen richten sich nach dem Rahmenkonzept „Qualitätsentwicklung und Fortbildung “ der Jugendmigrationsdienste. 15. Wie genau verläuft die Abstimmung mit den Ländern? Wer sind die Ansprechpartner der Bundesregierung bei der Planung und Durchführung des Projekts in den Ländern? Die Beteiligung der Länder wird im Rahmen von Bund-Länder-Treffen bzw. in bilateralen Abstimmungen zwischen Bund und Land sichergestellt. Neben den Kultusbehörden sind – je nach Zuordnung – die Integrations-, Sozialbzw . Innenministerien der Länder beteiligt. Für den landesinternen Kommunikationsprozess sind die Länder verantwortlich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3468 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 16. Nach welchen Kriterien wählen Länder nach Kenntnis der Bundesregierung die Schulen aus, die am in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Projekt teilnehmen, insbesondere angesichts der Tatsache, dass es keine Meldepflicht für Mobbingvorfälle gibt und die tatsächliche Situation in Schulen statistisch nicht abgebildet ist? Wie in der Antwort zu Frage 13 dargelegt, dient das Vorhaben der Primärprävention und ist daher für alle Schulen und Schulformen geeignet, es bedarf nicht der Meldung konkreter Vorfälle. Für die Auswahl gibt es unterschiedliche Zugangswege : Entweder erfolgt die Auswahl geeigneter Schulen auf Vorschlag des Landes oder der Jugendmigrationsdienst geht auf Schulen zu, mit denen bereits Kontakt oder Kooperationen bestehen. Die Schulen bzw. der Schulträger schließen eine Kooperationsvereinbarung mit dem Jugendmigrationsdienst, in der Form und Inhalt der Zusammenarbeit festgelegt werden. 17. Haben interessierte Schulen nach Kenntnis der Bundesregierung die Möglichkeit , ihren Bedarf eigenständig zu melden? Wenn ja, wie ist das Verfahren dazu? Ja, die Schulen können sich an das Land bzw. den Träger des Jugendmigrationsdienstes wenden. 18. Welche Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten für Mobbingopfer sind im Rahmen des in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Projekts vorgesehen? Sind sie aus Sicht der Bundesregierung ausreichend? Wenn nein, welche zusätzlichen Angebote und Ressourcen sind nach Auffassung der Bundesregierung nötig, um bedarfsorientierte Unterstützung für Mobbingopfer zu gewährleisten? Der Aufbau von Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten für Mobbing-Opfer ist im Rahmen dieses Programms nicht vorgesehen. Bei Respekt Coaches/Anti-Mobbing-Profis handelt sich um ein Programm der Primärprävention, d. h. es dient der Verhinderung von Vorfällen aus dem Kontext religiös begründetem Extremismus an der Schule. Sollte es im Kontext des Programms zu einem Vorfall oder Verdachtsfall an einer Schule kommen, werden die Fälle an geeignete Stellen im jeweiligen Land weiter verwiesen, insbesondere an Träger der Sekundärprävention, wie z. B. das „Wegweiser“ Programm in Nordrhein-Westfalen. 19. Wie möchte die Bundesregierung sicherstellen, dass Schulen die Mobbingvorfälle tatsächlich melden, ohne Angst stigmatisiert zu werden? Welche Maßnahmen sind nach Auffassung der Bundesregierung nötig, um eine mögliche Stigmatisierung von teilnehmenden Schulen zu vermeiden? Der Aufbau eines Meldesystems zu Mobbing-Vorfällen an Schulen ist nicht Gegenstand des Vorhabens. Die Bundesregierung ist davon überzeugt, dass das Thema „religiöses Mobbing“ in unterschiedlicher Ausprägung an vielen Schulen eine Rolle spielt. Insofern übernehmen die Schulen eine Vorreiterrolle, die sich des Themas proaktiv annehmen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/3468 Das Vorhaben Respekt Coaches/Anti-Mobbing-Profis unterstützt interessierte Schulen mit zusätzlichem Personal dabei, im Klassenverband junge Menschen für religiös motivierte Übergriffe zu sensibilisieren. In welchen Klassen oder Jahrgangstufen das besonders notwendig erscheint, wird in Abstimmung mit der Schulleitung entschieden. 20. Wie möchte die Bundesregierung sicherstellen, dass das Anti-Mobbing-Projekt nachhaltige Ergebnisse erzielt? Sind auch Schulungen und andere Maßnahmen für pädagogische Fachkräfte in Schulen vorgesehen, die (Fachkräfte) Anti-Mobbing-Maßnahmen mittragen und dauerhaft etablieren, nachdem Anti-Mobbing-Profis die Schule verlassen ? Wenn ja, mit welchen Ressourcen sollen diese Maßnahmen ermöglicht werden ? Es werden verpflichtende Schulungen für das eingestellte Personal bei den Jugendmigrationsdiensten und Themenworkshops zu den Projektfortschritten durchgeführt. Die Respekt Coaches/Anti-Mobbing-Profis sollen während der Laufzeit des Programms den Schulen dauerhaft als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Andere pädagogische Fachkräfte, wie Lehrkräfte, werden im Rahmen des Programms nicht geschult. Zeitlich begrenzt sind die ergänzenden Maßnahmen und Aktivitäten für die Schülerinnen und Schüler. 21. Für welchen Zeitraum ist das in der Vorbemerkung der Fragesteller genannte Projekt geplant? Die Finanzierung des Vorhabens ist zunächst für 2018 und 2019 sichergestellt. Eine Verlängerung ist angestrebt; vorbehaltlich der Zustimmung des Haushaltsgesetzgebers . 22. Plant die Bundesregierung, die Zahl der Anti-Mobbing-Profis perspektivisch zu erhöhen? 23. Bleibt die Finanzierung des in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Projekts bei 20 Mio. Euro jährlich oder wird sie später erhöht? Die Fragen 22 und 23 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet . Vorbehaltlich der Zustimmung des Haushaltsgesetzgebers sind eine Erhöhung des Budgets und eine Aufstockung der Stellen für die Respekt Coaches/Anti- Mobbing-Profi vorgesehen, sobald erste Ergebnisse zeigen, dass das Vorhaben in der vorgesehenen Konstruktion erfolgreich ist. 24. Wie genau, von wem und in welchem Zeitraum wird das in der Vorbemerkung der Fragesteller genannte Projekt evaluiert? Wann ist nach Auffassung der Bundesregierung auf Basis des Programms mit messbaren Ergebnissen zu rechnen? Eine Evaluation des Vorhabens ist geplant. Das Vergabeverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Weitere Angaben sind daher zurzeit nicht möglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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