Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 18. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3486 19. Wahlperiode 20.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Konstantin Kuhle, Alexander Graf Lambsdorff, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/3090 – Zur aktuellen Situation Schengens V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Schengen-Raum ist eine der größten Errungenschaften in der Geschichte der Europäischen Union. Er stellt in seinem Kernstück sicher, dass Menschen innerhalb der Binnengrenzen des Schengen-Raums ohne Grenzkontrollen reisen können und ist dadurch Mitgarant für die unionale Grundfreiheit der Personenfreizügigkeit . Doch seit einiger Zeit steht Schengen unter Druck. Große Migrationsströme offenbarten Schwachstellen an der Schengen-Außengrenze, woraufhin einzelne Mitgliedstaaten von ihrem Ausnahmerecht aus Artikel 25 ff. VO (EU) 2016/399 Gebrauch machten und wie Deutschland im Jahr 2015 vorübergehende Binnengrenzkontrollen einführten. Dieser durch die Mitgliedstaaten erklärte Ausnahmezustand hält bis heute an. Währenddessen wird auf europäischer Ebene über die zukünftige Ausgestaltung des Schengener Grenzkodex und damit des Schengen-Raums diskutiert. Als ein großer Mitgliedstaat ist die Position Deutschlands hierbei von besonderer Bedeutung. Vor diesem und vor dem Hintergrund der andauernden Grenzkontrollen, beispielsweise an der deutsch-österreichischen Grenze, muss sich die Bundesregierung positionieren. 1. Nach welchen Vorschriften der Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) oder der alten Verordnung (EG) Nr. 562/2006 vom 15. März 2006 führte die Bundesregierung am 13. September 2015 Grenzkontrollen an den Binnengrenzen des Schengen-Raums wieder ein? Die vorübergehende Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen am 13. September 2015 erfolgte auf Grundlage von Artikel 25 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 (Schengener Grenzkodex), geändert durch die (Änderungs-)Verordnung (EU) Nr. 1051/2013. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3486 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. In welchen situativen Merkmalen sah die damalige Bundesregierung eine Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit gemäß Artikel 25 Absatz 1 Satz 1 VO (EU) 2016/399, und wie kam es nach Einschätzung der Bundesregierung zu dieser Situation? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/7311 wird verwiesen . 3. Welche sonstigen Maßnahmen gemäß Artikel 29 Absatz 2 Satz 1 VO (EU) 2016/399 wurden im Vorfeld durch die Bundesregierung ergriffen, um die Wiedereinführung von Grenzkontrollen nach dem Ultima-Ratio-Prinzip aus Artikel 25 Absatz 1 Satz 1 i. V. m. Absatz 2 Satz 1 VO (EU) 2016/399 zu rechtfertigen? Seit Jahren werden seitens der Bundesregierung zahlreiche Aktivitäten und Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene initiiert, um den Schutz der EUund Schengen-Außengrenzen stetig weiter zu verbessern. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/883 verwiesen. 4. Wann verlängerte die Bundesregierung aus welchen Gründen die Kontrollen an den Binnengrenzen nach welchen Vorschriften der VO (EU) 2016/399 (bitte nach Datum, Vorschrift und Grund aufschlüsseln)? Die am 13. September 2015 vorübergehend wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen an allen deutschen Binnengrenzen mit dem Schwerpunkt an der deutschösterreichischen Landgrenze sind über den 13. November 2015 hinaus auf Grundlage von Artikel 23 und 24 der (Änderungs-)Verordnung (EU) Nr. 1051/2013 im Wesentlichen aus den zur vorübergehenden Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen führenden Gründen verlängert worden. Vom 12. Mai 2016 bis zum 11. November 2017 erfolgten die Binnengrenzkontrollen auf Grundlage von insgesamt vier zeitlich aufeinanderfolgenden Durchführungsbeschlüssen des Rates auf vorherige Vorschläge der Europäischen Kommission nach Artikel 29 der Verordnung (EU) 2016/399. Ursächlich waren die im Rahmen einer Schengen-Evaluierung von Griechenland festgestellten schwerwiegenden Defizite beim Schutz der Außengrenzen. Vom 12. November 2017 bis zum 11. Mai 2018 sind die Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze und bei Flugverbindungen aus Griechenland aus migrations- und sicherheitspolitischen Gründen auf Grundlage von Artikel 25 und 27 der Verordnung (EU) 2016/399 vorübergehend wieder eingeführt worden. Die mit Wirkung zum 12. Mai 2018 neu angeordneten vorübergehenden Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze erfolgen auf Grundlage von Artikel 25 und 27 der Verordnung (EU) 2016/399 aus migrations- und sicherheitspolitischen Gründen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3486 5. Welche Anstrengungen und Maßnahmen hat die Bundesregierung zwischen den jeweiligen Verlängerungen unternommen, um das Ultima-Ratio-Prinzip aus Artikel 25 Absatz 1 Satz 1 i. V. m. Absatz 2 Satz 1 VO (EU) 2016/399 zu wahren (bitte aufschlüsseln)? Seit Jahren werden seitens der Bundesregierung zahlreiche Aktivitäten und Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene initiiert, um den Schutz der EUund Schengen-Außengrenzen stetig weiter zu verbessern. Zudem setzt sich die Bundesregierung seit Jahren für eine Intensivierung (grenz-)polizeilicher Maßnahmen innerhalb des Schengenraums – unterhalb der Schwelle der vorübergehenden Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen – nach Maßgabe des jeweiligen nationalen Rechts im Rahmen der schengenrechtlichen Bestimmungen nach Artikel 23 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/399 ein, um illegale Sekundärmigration zu unterbinden und grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen . 6. Auf Grundlage welcher Vorschrift verlängerte die Bundesregierung die Grenzkontrollen trotz des Erreichens der Maximaldauer von insgesamt zwei Jahren am 11. Mai 2018 aus Artikel 29 Absatz 1 Satz 2 VO (EU) 2016/399? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 7. Welche Evaluationen hat die Bundesregierung über die Wiedereinführung der Binnengrenzkontrollen durchgeführt, und zu welchen Ergebnissen kamen diese (bitte nach Datum und vollständigem Bericht aufschlüsseln)? Die Bundesregierung verfolgt die Lageentwicklung in den Herkunfts- und Transitstaaten von unerlaubt eingereisten Drittstaatsangehörigen sowie an den Schengen -, Außen- und Binnengrenzen sorgfältig. Auch die Lageentwicklung an der deutsch-österreichischen Landgrenze wird durch die zuständige Grenzbehörde fortlaufend analysiert. Über das Ergebnis der Lagebewertung ist die Europäische Kommission regelmäßig informiert worden. 8. Wie bewertet die Bundesregierung die Pläne des Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, Rumänien und Bulgarien in den sogenannten Schengen -Raum aufzunehmen (vgl. www.tagesspiegel.de/politik/europaeischeunion -junckers-masterplan/20324710.html, letztes Abrufdatum 14. Juni 2018)? Bulgarien und Rumänien sind bereits seit 2007 Schengen-Mitglieder, wenden jedoch noch nicht alle Regelungen voll an. Voraussetzung für eine Schengenvollanwendung ist eine einheitliche Entscheidung des Rates der Europäischen Union (EU). Für diese bedarf es einer Gesamtbetrachtung. Dabei spielen die nach wie vor bestehenden Defizite in beiden Ländern bei der Reform des Justizwesens und insbesondere bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität eine wesentliche Rolle. Die Europäische Kommission führt hierzu seit dem Beitritt von Bulgarien und Rumänien zur EU im Jahr 2007 ein Kooperations- und Kontrollverfahren durch (CVM – Cooperation and Verification Mechanism). Die Europäische Kommission sieht die CVM-Kriterien für beide Länder weiterhin als nicht erfüllt an. Die Bundesregierung ermutigt beide Länder, weiter engagiert an Reformen im Bereich Rechtstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung zu arbeiten und steht weiterhin bereit, Rumänien und Bulgarien im Reformprozess partnerschaftlich zu unterstützen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3486 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Sieht die Bundesregierung einen Konnex zwischen Sicherheit an den Außengrenzen des Schengen-Raums und einem funktionierenden Schengen-System im Inneren? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, inwiefern nicht? Ein funktionierender Außengrenzschutz ist ein wichtiges Element für einen sicheren Schengen-Raum ohne Binnengrenzkontrollen. 10. Wenn ja, welche Maßnahmen hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2015 angestrengt, um die Sicherheit an der Außengrenze des Schengen-Raums zu gewährleisten? Der Schutz der Außengrenzen ist primär Aufgabe des jeweiligen Mitgliedstaates im Rahmen seiner nationalen Souveränität. Besonders betroffene Mitgliedstaaten werden hierbei durch die Europäische Grenz- und Küstenwache (FRONTEX) unterstützt . Deutschland beteiligt sich ständig mit über 100 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten des Bundes und der Länder an den Unterstützungsmaßnahmen von FRONTEX. Schwerpunkt sind dabei Griechenland, Italien und Bulgarien. Darüber hinaus leistet die Bundesregierung im Einzelfall grenzpolizeiliche Ausbildungs - bzw. Ausstattungshilfe, soweit erforderliche Unterstützungsmaßnahmen nicht aus Mitteln der EU gewährt werden können. Diese Maßnahmen kommen ggf. auch dem Außengrenzschutz zugute. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5 und auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/883 verwiesen. 11. Hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2015 Evaluationen hinsichtlich etwaiger Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit an der Außengrenze des Schengen-Raums durchgeführt? Zu welchen Ergebnissen kamen diese (bitte nach Datum und vollständigem Bericht aufschlüsseln)? Die Überwachung der Einhaltung der europäischen Rechtsnormen obliegt der Europäischen Kommission als „Hüterin der Verträge“. Dies erfolgt u. a. durch den Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands auf europäischer Ebene durch die Europäische Kommission unter Einbeziehung der EU-/Schengenstaaten. 12. Wie bewertet die Bundesregierung den Bau physischer Grenzsicherungsmaßnahmen wie beispielsweise Grenzzäune zwischen zwei Staaten des Schengen-Raums (vgl. www.n-tv.de/politik/Ungarn-baut-Grenzzaun-zu- Slowenien-article16006711.html, letztes Abrufdatum 11. Juni 2018)? Die Bundesregierung bewertet grundsätzlich nicht das Vorgehen anderer EU-/Schengenstaaten. 13. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage des Präsidenten der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker „Ohne Schengen macht auch der Euro keinen Sinn“ (vgl. www.welt.de/wirtschaft/article152533703/Bei- Grenzschliessungen-drohen-extreme-Staus.html, letzter Abruf 11. Juni 2018)? Sowohl die Aufhebung dauerhafter, systematischer Grenzkontrollen an den Binnengrenzen als auch die Einführung des Euros sind bedeutende Integrationsschritte . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3486 Die Aufhebung von Personenkontrollen an den Binnengrenzen ist keine rechtliche Voraussetzung für die Einführung des Euros als Währung. 14. Wie teuer wäre laut Schätzung der Bundesregierung die Kontrolle der europäischen Außengrenze alleinig durch Beamte der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) pro Jahr, und wie hoch wäre der geschätzte Personalaufwand? Der Bundesregierung ist bekannt, dass die Europäische Kommission in einer Mitteilung an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den Rat vom 14. Februar 2018 dazu wie folgt Stellung bezieht: „Für ein vollständiges EU- Grenzmanagementsystem bräuchte es 100 000 EU-Bedienstete sowie erhebliche Ausrüstung, die mit derjenigen der USA oder Kanadas vergleichbar ist. Dafür wären einschließlich aller nationalen Ausgaben für den Grenzschutz über einen Zeitraum von sieben Jahren rund 150 Mrd. EUR erforderlich.“ Weitere Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. 15. Welche Auswirkungen haben die Pläne des Bundesministers des Innern, für Bau und Heimat Horst Seehofer, Asylbewerber, die schon in einem anderen EU-Land registriert wurden, künftig zurückzuweisen, nach Einschätzung der Bundesregierung auf das Schengen-System (vgl. www.spiegel. de/politik/deutschland/streit-mit-merkel-seehofer-sagt-praesentation-vonmasterplan -migration-ab-a-1212343.html, letzter Abruf 11. Juni 2018)? Auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 28. Juni 2018 wird verwiesen. Danach hat der Europäische Rat das Nachstehende festgestellt. „Was die Lage innerhalb der EU betrifft, so droht die Sekundärmigration von Asylbewerbern zwischen Mitgliedstaaten die Integrität des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und des Schengen-Besitzstands zu gefährden. Die Mitgliedstaaten sollten alle erforderlichen internen Rechtsetzungs- und Verwaltungsmaßnahmen gegen diese Migrationsbewegungen treffen und dabei eng zusammenzuarbeiten .“ Als solche ist auch die angekündigte Zurückweisungspraxis einzuordnen . 16. Wie bewertet die Bundesregierung die Auffassung des Europäischen Parlaments , dass „die Beibehaltung von Kontrollen an den Binnengrenzen der Union oder die Wiedereinführung solcher Kontrollen im Schengen-Raum den Alltag der europäischen Bürger und all jener Menschen, denen der Grundsatz des freien Personenverkehrs innerhalb der EU zugutekommt, erheblich beeinträchtigt und ihr Vertrauen in die europäischen Organe und die europäische Integration deutlich schwächt“ (vgl. Bericht über den Jahresbericht über das Funktionieren des Schengen-Raums (2017/2256(INI))? Sieht die Bundesregierung diesbezüglich konkreten Handlungsbedarf? Wenn ja, welchen? Wenn nein, warum und inwiefern nicht? Die Bundesregierung ist bestrebt, zu grenzkontrollfreien Schengen-Binnengrenzen zurückzukehren. Maßgeblich ist, insbesondere den Schutz der Außengrenzen weiter zu verbessern und illegale Sekundärmigration zu verhindern. Die vorübergehend wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze erfolgen lageangepasst, in enger Abstimmung mit den in- und Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3486 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode ausländischen Sicherheitspartnern und gehen nicht über das für die Sicherheit erforderliche Maß hinaus. Dadurch sollen etwaige Beeinträchtigungen für den grenzüberschreitenden Verkehr soweit wie möglich verhindert bzw. begrenzt werden. 17. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den volkswirtschaftlichen Schaden, der durch die Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen seit 2015 bis heute entstanden ist (vgl. www.deutschlandfunk.de/grenzkontrollen-derwirtschaft -droht-ein-immenser-schaden.769.de.html, letztes Abrufdatum 11. Juni 2018)? Die Simulation langfristiger Handelswirkungen sowie transitorischer Effekte von Binnengrenzkontrollen ist mit hohen Unsicherheiten behaftet, die insbesondere in der Notwendigkeit mehrerer kritischer Annahmen begründet sind. Nach einer Simulationen des ifo Instituts aus dem Jahr 2016 (www.cesifo-group. de/DocDL/ifo_Forschungsberichte_73_2016_Felbermayr_etal_Handelseffekte_ Grenzkontrollen.pdf) hätten temporäre Binnengrenzkontrollen entlang der Flüchtlingsrouten Balkan/ Italien/ deutsch-österreichische Grenze BIP-Effekte in Höhe von 1 Mrd. bis maximal 5 Mrd. Euro. Die Studie zeigt dabei auch, dass die Schaffung eines europäischen Binnenmarkts insgesamt selbst weit höhere positive Handelseffekte hat als Schengen allein. Hinsichtlich etwaiger Auswirkungen von Grenzkontrollen für die deutsche Wirtschaft wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Mündliche Frage 34 der Abgeordneten Kerstin Andreae verwiesen (Plenarprotokoll 19/41, Seite 4059). 18. Wie hoch ist der Personalaufwand bei Sicherheitsbehörden zur Durchführung der Binnengrenzkontrollen nach Kenntnis der Bundesregierung von 2015 bis heute, und wie teuer waren diese Maßnahmen (bitte nach Jahr, Personalstärke und Kosten aufschlüsseln)? Die Personalstärke der für die Durchführung der Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze entsandten zusätzlichen Einsatzkräfte der Bundesbereitschaftspolizei ist nachstehend dargestellt. 13.09.2015- 31.12.2015 01.01.2016- 01.05.2016 01.05.2016- 31.12.2016 01.01.2017- 31.12.2017 01.01.2018- 30.06.2018 Anzahl PVB pro Tag im Durchschnitt -833- -551- -305- -265- -245- Zusätzlich dazu wurden von den Bundespolizeidirektionen, der Bundespolizeiakademie und dem Bundespolizeipräsidium weitere Kräfte zur Bundespolizeidirektion München abgeordnet: Zum Stichtag: 01.01. 2016 01.05. 2016 01.01. 2017 01.01. 2018 01.06. 2018 Anzahl AO-Kräfte -391- -459- -432- -293- -201- Die hier aufgeführten Kräfte wurden allerdings im Rahmen der integrativen Aufgabenwahrnehmung und nicht speziell für die Aufgaben der Grenzüberwachung eingesetzt. Eine detaillierte Benennung des Personalaufwands für die Binnengrenzkontrollen ist daher nicht möglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/3486 Aufwendungen der Bundespolizei im originären Aufgabenbereich werden aus den vorhandenen Haushaltsansätzen getragen. Ein gesonderter Nachweis der ausschließlich durch die Grenzüberwachung entstehenden Ausgaben erfolgt nicht. 19. Wie viele Überstunden wurden durch die Bundespolizei zur Durchführung der Binnengrenzkontrollen von 2015 bis heute geleistet (bitte nach Jahr und Anzahl der Überstunden aufschlüsseln)? Eine Statistik bezüglich der Überstunden im unmittelbaren Zusammenhang mit Binnengrenzkontrollen wird nicht geführt. 20. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorschlag der Europäischen Kommission , die maximale Dauer von Grenzkontrollen im Falle anhaltender Terrorgefahr auf bis zu drei Jahre zu verlängern, und wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Haltung der übrigen Mitgliedstaaten und der aktuelle Stand der Verhandlungen? Die Bundesregierung begrüßt grundsätzlich die Initiative der Kommission, die das Ziel verfolgt, den Mitgliedstaaten erweiterte Möglichkeiten in Bezug auf die Dauer von vorübergehenden Grenzkontrollen an den Binnengrenzen zur Abwehr ernsthafter, länger andauernder Bedrohungslagen einzuräumen, dabei aber den Ultima-Ratio-Charakter von vorübergehenden Binnengrenzkontrollen zu wahren. Erstrebenswerter Zustand muss der binnengrenzkontrollfreie Schengenraum bleiben . Entscheidungen, die an die innerstaatliche Sicherheitslage des jeweiligen Staates anknüpfen, müssen in Anlehnung an Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU grundsätzlich durch die einzelnen Mitgliedstaaten getroffen werden können. Die Positionen der EU-/Schengenstaaten zum Vorschlag der Europäischen Kommission sind heterogen. Im Juni 2018 konnte jedoch im Rat Einigung über den aktuellen Kompromissvorschlag dahingehend erzielt werden, dass gemäß Artikel 25 des Schengener Grenzkodexes die Dauer für eine Anordnung von vorübergehenden Binnengrenzkontrollen ein Jahr nicht überschreiten soll. Die Beratungen im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene dauern an. 21. Ist die Verlängerung der Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze um sechs Monate vom 12. Mai 2018 nach Auffassung der Bundesregierung mit der VO (EU) 2016/399 vereinbar? Wenn ja, nach welchen Normen leitet sich dies ab? Wenn nein, nach welchen Normen leitet sich dies ab (vgl. www.sueddeutsche. de/politik/schengen-verlaengerung-ausgeschlossen-1.4026725, letzter Abruf 25. Juni 2018)? Ja. Im Übrigen wird auf die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, Herrn Marco Wanderwitz, auf die Mündliche Frage 93 der Abgeordneten Britta Haßelmann (Plenarprotokoll 19/41, Seite 4103) verwiesen. 22. Teilt die Bundesregierung die Aussage, wonach „die am 12. Mai 2018 vorgenommene sechsmonatige Verlängerung dieser Kontrollen durch Deutschland und andere EU-Staaten gegen den Schengener Grenzkodex verstößt“ (vgl. www.sueddeutsche.de/politik/schengen-verlaengerung-ausgeschlossen- 1.4026725, letzter Abruf 25. Juni 2018)? Nein. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 21 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3486 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 23. Wie bewertet die Bundesregierung die Auffassung der EU-Kommission, wonach Zurückweisungen von Migranten, die in anderen EU-Staaten schon registriert waren, EU-rechtlich nur dann zulässig sind, wenn die Bundesregierung regelkonforme Grenzkontrollen durchführen würde (vgl. www.sueddeutsche. de/politik/schengen-verlaengerung-ausgeschlossen-1.4026725, letzter Abruf 25. Juni 2018)? Könnten diese Zurückweisungen von Migranten, die in anderen EU-Staaten schon registriert waren, dadurch infrage gestellt werden? Nach Auffassung der Bundesregierung steht die Anordnung vorübergehender Wiedereinführung von Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/399 und den damit einhergehenden Regelungen zur Zurückweisung. 24. Welche praktischen Handlungsmöglichkeiten bestehen nach Auffassung der Bundesregierung zum Schutz der deutschen Binnengrenze, wenn die Verlängerung der Binnengrenzkontrollen nicht aufrechtzuerhalten ist? Die Ausübung polizeilicher Befugnisse durch die Bundespolizei und die Polizeien der Länder richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls und dem jeweiligen Polizeirecht im Rahmen der schengenrechtlichen Bestimmungen. Unterhalb der Schwelle der vorübergehenden Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen sind lageabhängige Kontrollen nach Maßgabe des Bundespolizeigesetzes zulässig. Derartige lageabhängige Fahndungsmaßnahmen nimmt die Bundespolizei bereits seit Jahren vor. 25. Welche Verbindung besteht bei einer Überprüfung der Fingerabdrücke im Rahmen der grenzpolizeilichen Kontrolle durch die Bundespolizei zur Datenbank EURODAC, und welcher Datenbestand kann über diese Verbindung eingesehen bzw. abgerufen werden? Auf die Antwort auf die Schriftliche Frage 14 des Abgeordneten Konstantin Kuhle auf Bundestagsdrucksache 19/3288 wird verwiesen. 26. Welche Grenzübergänge an der deutsch-österreichischen Grenze werden derzeit von der Bundesrepublik Deutschland im Zuge der wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen kontrolliert? Welche werden nicht kontrolliert (bitte auflisten)? Im Rahmen der vorübergehend wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze ist auf eine Festlegung von Grenzübergangsstellen zum Zwecke der Kanalisierung des grenzüberschreitenden Verkehrs verzichtet worden. An der deutsch-österreichischen Landgrenze kann daher der grenzüberschreitende Verkehr an jeder Stelle kontrolliert werden. Aktuell werden auf den grenzüberschreitenden Bundesautobahnen 3, 8 und 93 stationäre Kontrollstellen betrieben sowie auf dem Bahnhof in Salzburg/Österreich eine vorgelagerte Grenzkontrolle im Einvernehmen mit den österreichischen Behörden durchgeführt. Ergänzend hierzu finden im Rahmen der Schwerpunktsetzung temporäre Kontrollen und eine Überwachung anderer relevanter Verkehrswege statt. 27. Gab es vom 11. auf den 12. Mai 2018 Veränderungen in der Personalstärke zur Grenzkontrolle an der deutsch-österreichischen Grenze? Nein. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333