Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 20. Dezember 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/352 19. Wahlperiode 29.12.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Dr. André Hahn, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/167 – Auswertung von Asservaten aus straf- oder polizeirechtlichen Maßnahmen durch den Verfassungsschutz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nachdem das Bundesministerium des Innern die Internetplattform „linksunten. indymedia.“ mit einem Vereinsverbot belegt hatte, kam es am 25. August 2017 zu mehreren Durchsuchungsmaßnahmen in Baden-Württemberg, um das Verbot des vermeintlichen Vereins durchzusetzen (www.taz.de/!5442202/). Inzwischen wurde bekannt, dass die dabei beschlagnahmten Gegenstände wie Datenträger , Computer, Unterlagen, Schriftverkehr u. Ä. sowohl seitens der Polizei als auch durch Verfassungsschutzbehörden ausgewertet werden sollen, um das angeordnete Vereinsverbot möglichst beweiskräftig stützen zu können (https://rdl.de/beitrag/verfassungsschutz-hat-schon-die-gr-ndung-von-indymedialinksunten -berwacht). Die Auswertung der sichergestellten Asservate soll nach Angaben der in dem vorgenannten Beitrag interviewten Rechtsanwältin zwischen Polizei- und Verfassungsschutzbehörden aufgeteilt worden sein. Dabei bewegen sich die beteiligten Behörden möglicherweise in einem Graubereich, da der Rahmen der Zusammenarbeit der beteiligten Behörden soweit ersichtlich öffentlich nicht bekannt ist. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Bei dem in der Vorbemerkung der Fragesteller dargestellten Sachverhalt handelt es sich um ein vereinsrechtliches Verbotsverfahren. Das in der Vorbemerkung erwähnte Vereinsverbot sowie die damit einhergegangenen Exekutivmaßnahmen sind Gegenstand laufender Verwaltungsstreitverfahren, zu denen die Bundesregierung nicht detailliert Stellung bezieht. Die Bundesregierung legt ihren Antworten daher allgemein die auf Vereinsverbotsverfahren zielende Fragerichtung zugrunde. Im Rahmen eines Vereinsverbotsverfahrens kann das Bundesministerium des Innern als Verbotsbehörde gemäß § 4 Absatz 1 Vereinsgesetz für seine Ermittlungen die Hilfe der für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zuständigen Behörden und Dienststellen in Anspruch nehmen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/352 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode In diesem Rahmen und unter Berücksichtigung der bereichsspezifischen Befugnisse und Aufgaben nach dem Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) kann die Verbotsbehörde auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) mit der Auswertung von Asservaten beauftragen, die im Rahmen des Verbotsvollzugs aufgrund besonderer richterlicher Anordnung polizeilich beschlagnahmt worden sind. 1. Unter welchen Voraussetzungen erhält das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) durch die Polizeien des Bundes und der Länder sichergestellte oder beschlagnahmte Asservate wie Unterlagen, schriftliche Aufzeichnungen , Briefe, Bücher, Datenträger, Computer u. Ä. zur Auswertung? Wie in der Vorbemerkung dargestellt, erfolgt die Beteiligung des BfV im vereinsrechtlichen Verbotsverfahren auf der Grundlage des § 4 Absatz 1 Vereinsgesetz. Im Übrigen richtet sich die Übermittlung von Informationen an das BfV nach den Übermittlungsvorschriften des § 18 Absatz 1 bis 6 BVerfSchG, die nach der übermittelnden Behörde differenzieren. Die Übermittlungsmaßgaben hinsichtlich Übermittlungen an das BfV von Polizeien regelt § 18 Absatz 1b BVerfSchG unter den dort normierten Voraussetzungen. Liegt einem Vereinsverbot zugrunde, dass der Verein sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet, liegen diese Übermittlungsvoraussetzungen typischerweise vor. 2. Welche Stellen des Bundes und der Länder sind bei der Entscheidung über die Übergabe an und Auswertung durch das BfV zu beteiligen? Da das BfV eine Behörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern ist, sind andere „Stellen des Bundes und der Länder“ bei einer Beauftragung des BfV im Sinne der Fragestellung nicht zu beteiligen. 3. Wer bzw. welche Stellen sind wann über die Auswertung der ursprünglich von der Polizei sichergestellten oder beschlagnahmten Asservate durch das BfV und die Verarbeitung darin befindlicher personenbezogener Daten zu informieren? Das Bundesministerium des Innern ist als Verbotsbehörde in vereinsrechtlichen Verfahren über die Ergebnisse der Asservatenauswertung zu informieren. Im Übrigen hängt von den gewonnenen Erkenntnissen ab, welche Stellen, wann über die Verarbeitung darin befindlicher personenbezogener Daten zu informieren sind. So hat das BfV tatsächliche Anhaltspunkte zu Staatsschutzdelikten nach § 20 Absatz 1 BVerfSchG den zuständigen Polizeibehörden bzw. Staatsanwaltschaften zu übermitteln. 4. Unter welchen Voraussetzungen dürfen die bei Auswertung der ursprünglich von durch die Polizei sichergestellten oder beschlagnahmten Asservate erhobenen personenbezogenen Daten vom BfV selbst verarbeitet und gespeichert oder gelöscht werden? Nach § 8 Absatz 1 BVerfSchG darf das BfV die zur Erfüllung seiner Aufgaben - hier: nach § 3 Absatz 1 BVerfSchG – erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen, soweit nicht die anzuwendenden Bestimmungen des BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) oder besondere Regelungen des BVerfSchG entgegenstehen. Nach § 25 BVerfSchG hat das Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/352 BfV die ihm nach den Vorschriften des BVerfSchG übermittelten, personenbezogene Daten enthaltenden Unterlagen, die für die Erfüllung seiner Aufgaben nicht erforderlich sind, zu vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Trennung von anderen Informationen, die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist; in diesem Fall sind die Daten zu sperren. Das BfV darf unter den Voraussetzungen der §§ 10 Absatz 1, 11 Absatz 1 BVerfSchG personenbezogene Daten in Dateien speichern, verändern und nutzen ; die Voraussetzungen für die Löschung der vom BfV in Dateien gespeicherten Daten ergeben sich aus § 12 Absatz 2, 3 BVerfSchG bzw. in Bezug auf Minderjährige aus § 11 Absatz 2 BVerfSchG. Rechtsgrundlage für die Speicherung in Akten ist der o. a. § 8 Absatz 1 Satz 1 BVerfSchG; die Voraussetzungen für die Vernichtung einer Akte ergeben sich aus § 13 Absatz 3 BVerfSchG. 5. Welche Stellen oder Behörden sind für die Kontrolle, der vom BfV bei der Auswertung erhobenen, aber zu löschenden Daten und Informationen zuständig ? Neben der fachaufsichtlichen Zuständigkeit des Bundesministerium des Innern und der internen Datenschutzkontrolle im BfV nach § 4f BDSG übt die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und Informationssicherheit die unabhängige Datenschutzkontrolle über den Umgang mit personenbezogenen Daten durch das BfV gemäß § 24 BDSG aus. Die parlamentarische Kontrolle der Bundesregierung hinsichtlich der Tätigkeit des BfV übt das Parlamentarische Kontrollgremium aus. 6. Unter welchen Voraussetzungen dürfen die bei der Auswertung der ursprünglich von der Polizei sichergestellten oder beschlagnahmten Asservaten erhobenen personenbezogenen Daten vom BfV an welche anderen Behörden übermittelt werden? Wenn zur Auswertung – etwa aus technischen Gründen – weitere Behörden beteiligt werden müssen, entscheidet das Bundesministerium des Innern gemäß § 4 Absatz 1 Vereinsgesetz. Im Übrigen übermittelt das BfV gem. § 6 Absatz 1 Satz 1 BVerfSchG den Landesbehörden für Verfassungsschutz unverzüglich die für ihre Aufgaben relevanten Informationen, einschließlich der Erkenntnisse ihrer Auswertungen . Gemäß § 3 Absatz 3 Satz 1 MADG (Gesetz über den militärischen Abschirmdienst ) unterrichtet das BfV den Militärischen Abschirmdienst über alle Angelegenheiten , deren Kenntnis für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Im Übrigen ergeben sich die betreffenden Stellen und die diesbezüglichen Voraussetzungen für eine Übermittlung aus den §§ 19f und 23 f. BVerfSchG. 7. Ist im Zusammenhang mit der Übermittlung auf die Herkunft der übermittelten Daten hinzuweisen, und wenn ja, in welcher Weise? Eine gesetzliche Verpflichtung, auf die Herkunft der übermittelten Daten hinzuweisen , besteht nicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/352 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Kann das BfV für die Auswertung elektronisch gespeicherter Daten auf Datenträgern auf eigene Fähigkeiten zurückgreifen, oder ist es dabei auch auf Unterstützung anderer Behörden wie der Bundesnachrichtendienst (BND), das Bundeskriminalamt (BKA) oder die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS) beispielsweise angewiesen? Auf die Antwort zu technischer Unterstützung in Frage 6 wird verwiesen. Im Übrigen nutzt das BfV die eigenen Fähigkeiten zur Auswertung von elektronischen Daten, ist jedoch – unabhängig von einzelnen Vereinsverbotsverfahren beziehungsweise der Auswertung diesbezüglicher Asservate – allgemein im Austausch mit anderen Sicherheitsbehörden zu Kenntnissen und Fähigkeiten, die für seine Aufgaben erforderlich sind. 9. In welcher Weise werden die bei Auswertung der ursprünglich von der Polizei sichergestellten oder beschlagnahmten Asservate erhobenen personenbezogenen Daten und sonstige Erkenntnisse bzw. Informationen von den beteiligten Behörden zusammengeführt und gemeinsam weitergenutzt? Das hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 10. In welcher Form und Weise wird für die Verfahrensbeteiligten eines Strafoder Verwaltungsverfahrens die Beteiligung des BfV an der Auswertung von verfahrensgegenständlichen Asservaten nachvollziehbar dokumentiert? Das BfV dokumentiert seine Aufgabenwahrnehmung auch bei der Asservatenauswertung . Betroffene erhalten vom BfV über zu ihrer Person gespeicherte Daten Auskunft nach § 15 BVerfSchG. Besonderheiten zu Daten, die im Zusammenhang von Vereinsverbotsverfahren gewonnen worden sind, bestehen nicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333