Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 20. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3544 19. Wahlperiode 24.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Brandner und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/3262 – Zivile Seenotrettung durch Organisationen mit Sitz in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In den letzten Wochen haben vermehrt zivile Organisationen von sich reden gemacht , die die Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer zum Ziel haben (z. B. www.tagesspiegel.de/politik/streit-um-die-lifeline-seenotretter-kritisierenhartes -vorgehen-von-eu-staaten/22758846.html). Nach eigenen Angaben haben „seit Anfang 2015 […] Sea-Watch e. V. und viele weitere zivile Seenotrettungsorganisationen tausende Menschenleben auf dem Mittelmeer gerettet“ (http:// arbeitsstelle-weitblick.de/flucht/themen/asylpolitik/zivile-seenotrettung/). Weiter sei „die Anzahl ziviler Rettungsmissionen […] auf aktuell neun gestiegen“ (Ebd.). 1. Welche Organisationen mit Sitz in Deutschland sind der Bundesregierung bekannt, die zivile Seenotrettung auf dem Mittelmeer betreiben, und wie sind diese rechtlich jeweils organisiert? Haben diese Organisationen seit dem Jahr 2010 staatliche Fördermittel erhalten (falls diese Frage bejaht wird, bitte nach Jahresscheiben und Höhe und Grund der staatlichen Zuwendung auflisten)? Der Bundesregierung sind folgende Nichtregierungsorganisationen bekannt. Nichtregierungsorganisation (NGO) Rechtlicher Status SOS Mediterranée e. V. Save the Children e. V. Sea Eye e. V. Sea-watch.org e. V. Jugend Rettet e. V. Mission Lifeline e. V. Lifeboat GmbH Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3544 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Nach Kenntnis der Bundesregierung hat nur Save the Children als Nichtregierungsorganisation projektgebundene Förderungen erhalten, die aber mit Seenotrettung in keinem Zusammenhang stehen. Save the Children e. V. hat den Betrieb seines Seenotrettungsschiffes 2017 eingestellt. 2. Welche Gründe gibt es nach Auffassung der Bundesregierung gegebenenfalls für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit der Vereine, die zivile Seenotrettung betreiben? Wird Vereinen, die zivile Seenotrettung betreiben, der Status der Gemeinnützigkeit zuerkannt, ist die Anerkennung darin begründet, dass der jeweilige Verein die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 51 ff. der Abgabenordnung erfüllt. 3. Wie viele Personen wurden durch die zivilen Seenotrettungsorganisationen nach Kenntnis der Bundesregierung seit jeweiligem Bestehen der Organisation gerettet (bitte nach Jahresscheiben auflisten)? Wie viele der geretteten Personen haben im Anschluss an ihre Rettung Asyl in Deutschland beantragt? Wie viele der Personen leben derzeit in Deutschland? Wie vielen Personen wurde in Deutschland Asyl erteilt? Wie viele der Personen wurden aus Deutschland abgeschoben? Die italienische Küstenwache führt eine Übersicht über die Anzahl der von der italienischen Seenotrettungsleitstelle I.M.R.C.C. geretteten Menschen in der zentralen Mittelmeerregion (www.guardiacostiera.gov.it/en/Pages/search-and-rescue. aspx). Danach wurden in den ersten Monaten des Jahres 2018 bis einschließlich Mai insgesamt 12 785 Personen gerettet. Von NGOs wurden 4 968 Personen gerettet . Im Jahr 2017 wurden laut italienischer Küstenwache 46 601 Personen von NGOs gerettet, im Jahr 2016 46 796 Personen. Eine Aufschlüsselung nach einzelnen NGOs sowie Angaben zu den weiteren Fragen liegen der Bundesregierung nicht vor. 4. In wie vielen Fällen wurde wegen des Verdachts des Einschleusens von Ausländern gemäß § 96 des Aufenthaltsgesetzes nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2010 Strafanzeige gegen zivile Seenotrettungsorganisationen erstattet? In wie vielen Fällen kam es zu Ermittlungen und in wie vielen Fällen zu einer Verurteilung von Personen, die an der zivilen Seenotrettung im Mittelmeer beteiligt sind? Nach den Erkenntnissen der Bundesregierung wurden im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei im Jahr 2017 zwei Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit NGOs geführt. Angaben zu den Ermittlungssachständen obliegen den zuständigen Justizbehörden der Länder. 5. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um die sogenannte Schleuserkriminalität einzudämmen? Wie grenzt die Bundesregierung diese von der „humanitären“ oder auch „zivilen “ Seenotrettung ab? Die Bundesregierung ergreift im Rahmen der Europäischen Union (EU), mit internationalen Partnern sowie national umfassende Maßnahmen, um gegen Schleuser vorzugehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3544 Im Rahmen der EU hat die Bundesregierung die Einrichtung der gemeinsamen europäischen Krisenmanagementoperation EUNAVFOR MED Operation SOPHIA zur Bekämpfung der Schleusernetzwerke im südlichen und zentralen Mittelmeer unterstützt und beteiligt sich seit Beginn der Operation im Juni 2015 durchgehend mit seegehenden Einheiten. Die Bundesregierung unterstützt ferner Maßnahmen der Europäischen Union, geeignete Fähigkeiten der libyschen Küstenwache weiter auszubauen (damit diese eigenverantwortlich gegen das Geschäftsmodell des Menschenschmuggels vorgehen kann) libysche Küstenkommunen in der sozio-ökonomischen Entwicklung zu stärken sowie die libyschen Behörden bei der Sicherung der Landgrenzen zu unterstützen und die Lage von Flüchtlingen und Migranten in Libyen zu verbessern . Darüber hinaus hat sich die Bundesregierung im Rahmen der Vereinten Nationen beharrlich und erfolgreich dafür eingesetzt, dass gegen Schleuser in Libyen Sanktionen des Sicherheitsrates verhängt werden (u. a. Einreisesperren und Vermögenseinfrierungen ). Am 8. Juni 2018 hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auch auf Initiative der Bundesregierung entschieden, erstmalig Sanktionen gegen sechs Personen zu verhängen, denen Beteiligung an Menschenhandel und Schleusungen vorgeworfen wird. Des Weiteren geht die Bundesregierung gegen Gerüchte vor, die von Schleusern gestreut werden. Dies geschieht im Rahmen der aufklärenden Auslandskommunikation des Auswärtigen Amts im Bereich Flucht und Migration. Unter der Maßgabe „Aufklärung statt Abschreckung“ korrigiert die Bundesregierung Gerüchte und falsche Vorstellungen und liefert aufklärende Informationen für potenzielle irreguläre Migrantinnen und Migranten sowie deren familiäres und soziales Umfeld . Dies erfolgt vor allem über Kommunikation auf den Kanälen des Auswärtigen Dienstes und die eigens hierfür gegründete Website „Rumours about Germany – facts for migrants“, die seit Oktober 2017 ca. 320 000 Besuche verzeichnet hat. So stellt die Bundesregierung den Gerüchten der Schleuser aufklärende Informationen entgegen und klärt über die Realitäten unterwegs sowie in Europa auf. Im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei werden Strukturermittlungsverfahren zur Identifizierung und Zerschlagung international agierender Schleusernetzwerke in enger Zusammenarbeit mit EU- und Drittstaaten und unter Einbindung von Europol und Interpol geführt. Die Bundespolizei beteiligt sich zudem an der Außengrenzüberwachung im Rahmen von Frontex-koordinierten Einsätzen, um Einschleusungen bereits an den EU-Außengrenzen zu verhindern. Im Rahmen der bundespolizeilichen Vorverlagerungsstrategie zur Bekämpfung der illegalen Migration und damit einhergehender Kriminalitätsphänomene engagiert sich die Bundespolizei mit dem Instrument der Polizeilichen Aufbauhilfe und Kooperation in Herkunfts- und Transitstaaten . Schiffskapitäne und -kapitäninnen sind nach Völkerrecht und den jeweiligen nationalen Ausführungsvorschriften verpflichtet, jeder Person, die auf See in Lebensgefahr angetroffen wird, Hilfe zu leisten. Die Verpflichtung zur Seenotrettung besteht unabhängig davon, wie die Gefahr im Einzelfall entstanden ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3544 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Ferner wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/11102 sowie auf den italienischen Verhaltenskodex für private Seenotretter im Mittelmeer, der in einer Sachstandsdarstellung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages erläutert wird (WD 2 – 3000-068/17), verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333