Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 20. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3547 19. Wahlperiode 24.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/3293 – Kroatische Nationalisten und Neofaschisten in der Bundesrepublik Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In den letzten Jahren kam es in Deutschland wiederholt zu Veranstaltungen, die sich laut Medienberichten positiv auf die extreme Rechte in Kroatien beziehen. So wurde am 8. Mai 2016 in den kroatisch-katholischen Gemeinden in Frankfurt a. M., Darmstadt und Offenbach der Film „Jasenovac – Die Wahrheit“ gezeigt . Dieser soll gefälschte Zahlen bzgl. der Ermordung von 82 000 bis 100 000 Menschen verbreiten, die zwischen 1941 und 1945 im Konzentrationslager Jasenovac von der faschistischen Ustascha-Bewegung umgebracht wurden . Der Film wurde vom damaligen kroatischen Kulturminister Zlatko Hasanbegović gelobt, der als Rechsextremist gilt und bspw. den Sturmbannführer der 13. Division der nationalsozialistischen Waffen-SS glorifizierte (vgl. https:// jungle.world/artikel/2016/19/im-namen-der-ustascha, https://jungle.world/artikel/ 2016/15/zlatko-sucht-die-wahrheit). Immer wieder tritt in Deutschland außerdem die kroatische Rechtsrock-Band „Thompson“ auf, u. a. am 4. Juni 2017 in Wuppertal. Deren Sänger Marko Perkovic gilt als Nationalist und hat in den 1990er-Jahren im Kroatienkrieg gekämpft . In seinen Liedern werden bspw. das mit den deutschen Nationalsozialisten verbündete Ustascha-Regime und der Massenmord an Jüdinnen und Juden und Serbinnen und Serben in den damaligen Konzentrationslagern Jasenovac und Stara Gradiška verherrlicht. Zahlreiche Konzerte der Band wurden deswegen bereits weltweit verboten (vgl. www.wz.de/lokales/wuppertal/faschismusvorwurf -gegen-kroatische-band-vor-konzert-in-wuppertal-1.2441985, www.taz.de/ !5161291). Die kroatisch-katholischen Gemeinde in Offenbach, bei der ebenfalls der Film „Jasenovac – Die Wahrheit“ gezeigt wurde, organisierte mehrfach Auftritte extrem rechter Politiker und außerparlamentarischer Aktivisten. So trat dort im Juni 2015 der ehemalige kroatische Außenminister Zvonimir Šeparovic auf, um das sogenannte Nationale Ethik-Gericht vorzustellen, das regelmäßig symbolische Anklagen gegen politische Widersacher erhebe. Im Oktober 2017 war der extrem rechte TV-Moderator Velimir Bujanec, der in der Vergangenheit mit einer Hakenkreuzbinde posiert haben soll, in Offenbach und Mainz zu Gast; zu- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3547 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode letzt trat er am 3. Februar 2018 bei einem kroatischen Fest in Heusenstamm (Hessen) auf. Dort sprach im November 2017 auch der Ex-Admiral der kroatischen Armee, Davor Domazet-Lošo, der durch antisemitische Verschwörungstheorien sowie rassistische und antiserbische Äußerungen aufgefallen ist. An den Vortagen hatte der ehemalige Militär Auftritte in Stuttgart und München. Der Leiter der kroatisch-katholischen Gemeinde in Offenbach, Tomislav D., der zahlreiche solche Auftritte organisiert, bezeichnet jene, die die Ustascha-Verbrechen im Zweiten Weltkrieg benennen, als „größte Schande des kroatischen Volkes“. Laut ihm hätten Linke die „systematische Vernichtung des Volkes“ zum Ziel, Kroatien würde von „Neokommunisten“ regiert und die Medien seien in der Hand von „Antichristen, Freimaurern und Kommunisten“ (vgl. www.fr. de/rhein-main/offenbach-auf-gottes-aeusserst-rechten-pfaden-a-1412695,0# artpager-1412695-1, www.fr.de/rhein-main/velimir-bujanec-jubilaeum-mit-einemhetzer -a-1378617, www.fr.de/rhein-main/extremismus-in-hessen-rechtsradikalerhetzer -darf-in-hessen-auftreten-a-1443855). Zudem kommen Angehörige der extrem rechten Szene aus Deutschland immer wieder zum laut „Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes“ größten Neonazitreffen Europas in Bleiburg (Österreich) zusammen, bei dem regelmäßig das Ustascha-Regime verherrlicht und Hitlergrüße gezeigt werden. Erst im Juni 2018 wurde ein Teilnehmer wegen „Widerbetätigung“ bzw. Volksverhetzung zu 15 Monaten Bewährungsstrafe verurteilt. Jedes Jahr reisen vor allem kroatische Nationalisten und Neofaschisten an. Am 12. Mai 2018 waren es etwa 10 000 Teilnehmer, in den Vorjahren sogar bis zu 30 000. Offiziell wird die Veranstaltung u. a. von der katholischen Kirche und dem Parlament Kroatiens organisiert. Zahlreiche Organisationen fordern indes ein Verbot des Treffens (vgl. www.vice.com/de/article/a3azb8/bleiburg-hitlergruesse-und-nonnenso -war-es-beim-groessten-neonazi-treffen-europas, www.derstandard.de/story/ 2000081842893/15-monate-bedingt-fuer-hitlergruss-bei-kroaten-treffen-inbleiburg , www.vice.com/de_at/article/9aezy3/hitlergrusse-und-hakenkreuzedas -war-das-nazi-gedenken-der-katholischen-kirche-in-bleiburg, www.fr.de/ politik/kroatien-die-ustascha-im-herzen-a-1505508,0#artpager-1505508-1). Schon während des Jugoslawienkriegs Anfang der Neunzigerjahre sind mehrere hundert deutsche Neonazis als Söldner nach Kroatien gereist, um an der Seite der sogenannten HOS-Milizen (HOS = Kroatische Verteidigungskräfte) zu kämpfen, die sich in der Tradition der Ustascha-Bewegung sahen. Der österreichische Neonazi-Führer Gottfried Küssel warb mit seiner „Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition“ damals auch in der Bundesrepublik Deutschland extrem rechte Söldner an. Bei ihrer Rückkehr sollen sie Waffen aus Kroatien nach Deutschland geschmuggelt haben. Unter den Kriegssöldnern hätten sich auch Personen aus dem Netzwerk des späteren „Nationalsozialistischen Untergrunds “ (NSU) befunden. Eine bei den NSU-Rechtsterroristen gefundene Waffe war ein Modell aus kroatischer Produktion, das im Jugoslawienkrieg vor allem von neofaschistischen Milizen genutzt wurde (vgl. Bundestagsdrucksachen 17/14600, S. 932; 19/1755, www.welt.de/print-welt/article662011/Rechtsextreme- Soeldner-als-neue-Gefahr.html, www.antifainfoblatt.de/artikel/dressed-kill# footnoteref9_s5wpzbd, www.antifainfoblatt.de/artikel/kroatien-krieg-tummel platz-f%C3%BCr-neonazis; www.taz.de/!1661024, www.spiegel.de/spiegel/ print/d-13682359.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3547 1. Welche nationalistischen bzw. extrem rechten kroatischen Gruppierungen oder Strömungen existieren nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig in der Bundesrepublik Deutschland? a) Von welchen kroatisch-nationalistischen bzw. extrem rechten kroatischen Gruppierungen bzw. Strömungen geht nach Einschätzung der Bundesregierung ein Gefährdungspotenzial aus (bitte begründen)? b) Über wie viele Anhängerinnen und Anhänger verfügen die jeweiligen Gruppierungen bzw. Strömungen nach Kenntnis der Bundesregierung? c) Welche und wie viele einschlägige Straf- und Gewalttaten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von Angehörigen dieser Gruppierungen bzw. Strömungen in den letzten fünf Jahren begangen? d) Inwieweit sind der Bundesregierung Aufrufe zur Gewalt oder zu sonstigen Straftaten von Anhängerinnen und Anhängern der kroatisch-nationalistischen bzw. extrem rechten kroatischen Gruppierungen bzw. Strömungen bekannt? e) Inwieweit kann die Bundesregierung eine Radikalisierung von Angehörigen kroatisch-nationalistischer und extrem rechter kroatischer Gruppierungen bzw. Strömungen erkennen? 2. Inwieweit sind der Bundesregierung Kontakte von kroatischen Nationalisten bzw. Rechtsextremisten in der Bundesrepublik Deutschland zu anderen extrem rechten, neonazistischen und nationalistischen Akteuren, Parteien, Organisationen und Gruppierungen in Deutschland und anderen Ländern bekannt ? 3. Inwieweit sind der Bundesregierung Kontakte von kroatischen Nationalisten bzw. Rechtsextremisten in der Bundesrepublik Deutschland zu (ehem.) Abgeordneten im kroatischen Parlament, (ehem.) Mitgliedern der kroatischen Regierung und (ehem.) Angehörigen der Streitkräfte bzw. paramilitärischen Einheiten der Republik Kroatien bekannt? Die Fragen 1 bis 3 werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 4. Wie oft, wann und an welchen Orten kam es seit 2008 nach Kenntnis der Bundesregierung zu Treffen von deutschen und kroatischen Rechtsextremisten in Deutschland (bitte auflisten)? Hierzu liegen die nachfolgenden Erkenntnisse vor: 7. Mai 2011: „Marsch für die Freiheit – Demokratie und die Meinungsfreiheit gegen die Blockwarte der Political Correctness verteidigen“ in Köln, mit einer geringen Anzahl namentlich unbekannter kroatischer Teilnehmer. Heldengedenken 2014 in Wunsiedel der Partei „Der III. Weg“ mit Teilnehmern aus Kroatien. 30. November 2016: Veröffentlichung auf der Homepage der Partei „Der III. Weg“: Gespräch mit Dr. Tomislav Sunic, Teil 1. 3. Dezember 2016: Veröffentlichung auf der Homepage der Partei „Der III. Weg“: Gespräch mit Dr. Tomislav Sunic, Teil 2. März 2017: „Nationale Streife der Partei ‚Der III. Weg‘“ in München mit kroatischer Beteiligung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3547 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Wie oft, wann und an welchen Orten kam es seit 2008 nach Kenntnis der Bundesregierung zu Treffen von deutschen und kroatischen Rechtsextremisten im Ausland (bitte auflisten)? 6. Wie bewertet die Bundesregierung die Auftritte der kroatisch-nationalistischen Band „Thompson“ in Deutschland vor dem Hintergrund von extrem rechten und NS-verherrlichenden Liedtexten? a) Wird die Band von der Bundesregierung als rechtsextrem eingestuft (bitte begründen)? b) Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass Lieder der Band „Thompsen“ antisemitisch sind, die nationalsozialistischen Verbrechen verharmlosen und kriegsverherrlichend sind, und wenn ja, welche Erkenntnisse liegen vor? c) Sind einzelne Lieder bzw. Tonträger der Band in Deutschland indiziert, und wenn ja, welche (bitte begründen)? d) Wurden in der Vergangenheit Einreiseverbote gegen die Band verhängt bzw. geprüft, und wenn ja, wie oft (bitte einzeln auflisten)? e) Werden die Auftritte von den Sicherheitsbehörden beobachtet (bitte begründen )? f) Werden die Konzertbesucherinnen und Konzertbesucher bzw. Teile davon der kroatisch-nationalistischen bzw. extrem rechten Szene zugeordnet (bitte begründen)? 7. Wie bewertet die Bundesregierung die Auftritte von nationalistischen bzw. extrem rechten, öffentlich bekannten Persönlichkeiten aus Kroatien bei kroatisch -katholischen Gemeinden in Deutschland? a) Werden die Auftritte bzw. daran beteiligte Personen als rechtsextrem eingestuft ? b) Wurden in der Vergangenheit Einreiseverbote gegen beteiligte Personen verhängt bzw. geprüft, und wenn ja, wie oft (bitte einzeln auflisten)? c) Werden die Aufritte von den Sicherheitsbehörden beobachtet (bitte begründen )? d) Werden die Veranstaltungsteilnehmerinnen und Veranstaltungsteilnehmer bzw. Teile davon der kroatisch-nationalistischen bzw. extrem rechten Szene zugeordnet (bitte begründen)? Die Fragen 5 bis 7 werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3547 8. Wie bewertet die Bundesregierung die jährlichen Veranstaltungen in Bleiburg (Österreich)? a) Wie viele Neonazis und Angehörige der extrem rechten Szene aus Deutschland haben seit 2014 jährlich an der Veranstaltung teilgenommen (bitte nach Jahr und Anzahl aufschlüsseln)? b) Welche extrem rechten Parteien, Organisationen und Gruppierungen aus Deutschland haben seit 2014 jährlich an der Veranstaltung teilgenommen? c) Wie viele in Deutschland lebende kroatische Nationalisten bzw. Rechtsextremisten haben seit 2014 jährlich an der Veranstaltung teilgenommen? d) Welche extrem rechten bzw. nationalistischen kroatischen Organisationen und Gruppierungen aus Deutschland haben seit 2014 jährlich an der Veranstaltung teilgenommen? e) Waren Beamte bzw. Mitarbeiter bundesdeutscher Sicherheitsbehörden bei den Veranstaltungen vor Ort im Einsatz (bitte unter Angabe von Jahr, Behörde, Anzahl der Beamten bzw. Mitarbeiter und Einsatzzweck beantworten )? Die Fragen 8 bis 8e werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung nimmt eine Bewertung von Veranstaltungen außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs nicht vor. Es waren auch keine Mitarbeiter des Bundeskriminalamts beziehungsweise des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Österreich im Einsatz. 9. In wie vielen Fällen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bei Rechtsextremisten in Deutschland seit 1990 Waffen gefunden, die aus kroatischer Produktion stammten oder von Kroatien nach Deutschland eingeführt wurden (bitte nach Anzahl, Jahr und Ort auflisten)? Im Rahmen der Durchsuchung des vom NSU genutzten und am 4. November 2011 in Eisenach/Thüringen ausgebrannten Wohnmobils wurde eine Waffe aus kroatischer Herstellung, Typ „Pleter 91“ aufgefunden. Über den oben genannten Waffenfund hinausgehend liegen keine weiteren Erkenntnisse vor. 10. Wie viele Neonazis und andere Angehörige der extrem rechten Szene aus Deutschland haben nach gegenwärtiger Kenntnis der Bundesregierung zwischen 1991 und 1995 in den Jugoslawienkriegen als Söldner für die kroatischen Streitkräfte bzw. paramilitärische Einheiten gekämpft? a) Welchen extrem rechten Organisationen haben die Söldner zuvor in Deutschland angehört? b) Wie viele Strafverfahren gab es nach Kenntnis der Bundesregierung in diesem Zusammenhang gegen deutsche Neonazis und andere Angehörige der extrem rechten Szene (bitte nach Jahr und Tatvorwurf aufschlüsseln)? Auf die Antworten der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der PDS (Partei des Demokratischen Sozialismus) zu „Deutsche Söldner in bewaffneten Konflikten“ auf Bundestagsdrucksache 14/6413 und auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. zu „Strafrechtlichen Konsequenzen für deutsche Söldner in den Jugoslawienkriegen“ auf Bundestagsdrucksache 18/818 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333