Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreibe
n des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat
vom 19. Juli 2018 übermittelt.
Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext.
Deutscher Bundestag
Drucksache
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19. Wahlperiode
24.07.2018
Antwort
der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage der Abgeor
dneten Oliver Luksic, Frank Sitta,
Grigorios Aggelidis, weiterer A
ngeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 19/3299 –
Innovationen bei Sicherheitskontrollen an deutschen Flughäfen
Vorbemerkung der Fragesteller
Die Wartezeiten bei der Abfertigung von Passagieren an deutschen Flughäfen
sind in den letzten Monaten weiter gestiegen. Insbesondere ist der Passagier-
durchsatz bei den Kontrollen im Vergleich zu europäischen Nachbarstaaten zum
Teil deutlich gesunken. Sie führen damit zu unnötigen Belastungen von Flug-
reisenden. In Vorbereitung auf den zu erwartenden Anstieg an Flugreisenden zu
Beginn der Sommerferien, haben deshalb Fluggesellschaften sowie Betreiber
und Behörden die Passagiere zu deutlich früherem Erscheinen am Flughafen
aufgerufen. Auch über die derzeit viel diskutierte innerstaatliche Organisation
und Verantwortlichkeit für die Sicherheitskontrollen an Flughäfen in Deutsch-
land hinaus, entstehen durch den praktischen Ablauf der Kontrollen vor Ort viel-
fach Verzögerungen, die durch moderne Kontrollmethoden beseitigt werden
könnten. Am Flughafen Köln/Bonn wurde deswegen zwischen November 2016
und Dezember 2017 das Projekt „Easy Security“ in einem Modellprojekt getes-
tet, um die Abfertigung an Sicherheitskontrollen für die Passagiere komfortab-
ler und schneller zu gestalten. Während des Test-Zeitraums konnte eine deutli-
che Steigerung der Anzahl der bedienten Flugreisenden erreicht werden.
Probleme zwischen dem Bundesministerium des Innern, dem Bundesbeschaf-
fungsamt und den Dienstleistern des Projektes „Easy Security“ führten trotz po-
sitiver Bilanzierung durch die Bundespolizei dazu, dass das Projekt nicht über
die Pilotphase hinaus verlängert wurde (https://rp-online.de/wirtschaft/neues-
kontrollsystem-am-koelner-flughafen-vo
r-dem-aus_aid-20643383). Die Aus-
wertung der gewonnenen Daten sowie die zeitnahe Nutzung innovativer
Maßnahmen bei Sicherheitskontrollen an deutschen Flughäfen werden von Sei-
ten der Flughäfen und Fluggesellschaften gefordert (www.ksta.de/wirtschaft/
flughafen-koeln-bonn-zuegige-passagierk
ontrolle--easy-securi
ty--steht-vor-dem-
aus-29323112).
Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.
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Vorbemerkung der Bundesregierung
Die Aussagen, Wartezeiten bei der Abfe
rtigung von Passagieren an deutschen
Flughäfen seien in den letzten Monaten weiter gestiegen und der Passagierdurch-
satz bei den Kontrollen im Vergleich zu europäischen Nachbarstaaten zum Teil
deutlich gesunken, können von der Bundesregierung mangels belastbarer Belege
und Vergleichszahlen nicht bestätigt werden. Auch wird die Aussage, dass durch
den praktischen Ablauf der Kontrollen vor Ort vielfach Verzögerungen entstün-
den, die durch moderne Kontrollmethoden beseitigt werden könnten, der Kom-
plexität der Kontrollvorgänge und Sicherheitsanforderungen, die vielfach nicht
mit dem bloßen Auge erkennbar sind, nicht gerecht. Vermeidbare Verzögerungen
entstehen z. B. auch durch eine hohe Zahl mitgeführter und sehr eng gepackter
Handgepäckstücke einschließlich elektronischer Geräte. Luftfahrtunternehmen
tragen hierzu bei, indem durch zusätz
liche Gebühren für Reisegepäck die Mit-
nahme von Handgepäck für Reisende attraktiver ist, als das Aufgeben von Ge-
päck am Check-in-Schalter. All dies er
schwert eine zügige Röntgenbildauswer-
tung, was zu einer längeren Verweildauer der Passagiere in der Kontrollspur
führt. Schnellere Prozesse
dürfen allerdings nicht mit Abstrichen an der Sicher-
heit erkauft werden, steht doch der zivile Luftverkehr nach wie vor im Zielspekt-
rum des internationalen Terrorismus, wie etwa der im vergangenen Jahr von den
australischen Behörden aufgedeckte Ansc
hlag auf ein Passagierflugzeug zeigt.
Neben der Entwicklung wirksamer Gegenmaßnahmen im Hinblick auf eine dy-
namische Bedrohungslage ist die Schaffung eines sinnvollen Ausgleichs von Si-
cherheitsanforderungen und Passagierkomfort eine der dauerhaften Herausforde-
rungen für die Luftsicherheitsbehörden.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat daher im Jahr 2013
gemeinsam mit der Luftverkehrswirtschaft
das Projekt „Prozessoptimierung der
Passagier-steuerungs- und Sicherheitskontrollverfahren“ ins Leben gerufen. Ziele
des Projekts waren die Gewährleistung des bestmöglichen und effizienten Sicher-
heitsniveaus bei möglichst geringer Belastung für Passagiere und Luftverkehrs-
wirtschaft, Identifizierung von Optimierungsmöglichkeiten im Gesamtprozess
und die Evaluierung von technologischen Lösungen, die den Prozess unterstüt-
zen, verbessern und automatisieren könnten. Dabei sollten Optimierungsmöglich-
keiten im Gesamtprozess der Flugdurchführung von der Flugbuchung bis zur
Sitzplatzeinnahme im Luftfahrzeug unter Berücksichtigung abgeschlossener/lau-
fender Untersuchungen und der spezifischen Verantwortlichkeiten, innovativer
Technik und des Personaleinsatzes untersucht werden und in enger Zusammen-
arbeit zwischen Luftsicherheitsbehörden, Fluggesellschaften und Flughafenbe-
treibern ein Gesamtprozess der Passagi
erabfertigung erprobt werden, der als
„best-practice“ Beispiel für die künftigen Entwicklungen auf deutscher und euro-
päischer Ebene dienen könnte.
Das Gesamtprojekt wurde in drei Teilbereichen gebündelt, die an den Standorten
Hamburg (Planung und Steuerung der Fluggastströme mit Evaluierung der Aus-
wirkungen auf die Kontrollstelle/Kontrollspur), Köln-Bonn (Vorbereitungsbe-
reich und Kontrollstelle „Easy Security“)
und Berlin-Schönefeld (Vertragsgestal-
tung und Umstellung auf den Abrechnungsmaßstab „Kontrollvorgang“) durchge-
führt wurden. Das Gesamtprojekt wurde zeitlich gestaffelt insgesamt im Oktober
2017 abgeschlossen. Die Projektpartner werten derzeit die Projektergebnisse aus
und erstellen einen gemeinsamen Ergebnisbericht, der für die weitere Bewertung
und mögliche Umsetzung der Ergebnisse die Basis bilden soll.
Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.
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Am Standort Köln-Bonn wurde in Zusammenarbeit aller Beteiligten unter Nut-
zung von Erfahrungen auch aus dem Ausland eine neuartige Kontrollstellenkon-
figuration entwickelt (sogenannte Easy Security), bei der Komponenten anderer
Hersteller als der bisherigen Vertragspartner des Bundes ergänzend zu der an an-
deren Flughäfen in Bundeszuständigkeit verwendete Technik zum Einsatz ka-
men. Hierbei ergaben sich insbesondere im Zusammenspiel der Komponenten
verschiedener Hersteller eine Vielzahl von technischen Problemen, die dazu ge-
führt haben, dass die Laufzeit dieses Teilprojekts mehrfach verlängert wurde und
dieses erst im Oktober 2017
(planmäßig) beendet wurde.
1.
Welche Projekte technischer oder organisatorischer Forschung mit dem Ziel,
Sicherheitskontrollen an Flughäfen effektiver, wirtschaftliche effizienter und
passagierfreundlicher zu machen, fördert die Bundesregierung?
Im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit“ werden derzeit
keine Vorhaben gefördert, die sich m
it dem Thema „Sicherheitskontrollen an
Flughäfen“ beschäftigen. Darüber hinaus gab es auch keine Forschungsprojekte,
die im genannten Zeitraum von November 2016 bis Dezember 2017 durchgeführt
wurden.
2.
Wie bewertet die Bundesregierung die Erkenntnisse aus dem Projekt „Easy
Security“ am Flughafen Köln/Bonn?
Während der praktischen Erprobungsphase wurden zahlreiche Daten erhoben.
Derzeit wird der Ergebnisbericht erstellt, in den diese Daten mit einfließen.
Eine Bewertung des Gesamtprojektes ist der Bundesregierung erst nach Vorlie-
gen des Ergebnisberichtes möglich.
3.
Wie hoch waren die absoluten und prozentualen Unterschiede im Passagier-
durchsatz zwischen dem Betrieb von „Easy Security“ gegenüber hergebrach-
ten Kontrollen?
Typische konventionelle Kontrollspuren am Flughafen Köln/Bonn haben je nach
Standort im Minimum einen Durchsatz von 128 Fluggästen, im Maximum von
225 Fluggästen pro Stunde. Im Durchschnitt lag der Durchsatz der betrachteten
Kontrollspuren bei 190 Fluggästen pro Stunde.
Bei der pilotierten Kontrollstelle „Easy Security“ betrug die Durchsatzleistung
219,5 Fluggästen pro Stunde. Im Vergleich zur durchschnittlich im gleichen Zeit-
raum erzielten Durchsatzleistung der betrachteten konventionellen Kontrollspu-
ren ist damit eine Durchsatzsteigerung um 16 Prozent festzustellen.
Bei der Betrachtung auf den maximalen Durchsatz der konventionellen Kontroll-
spur ist keine Durchsatzsteigerung der pilotierten Kontrollspur erkennbar.
4.
Wieso wurde das Projekt „Easy Security“ am Flughafen Köln/Bonn nach
erfolgreicher Pilotphase nicht weitergeführt?
Das Projekt und die darin enthaltene Phase der aktiven Erprobung waren von
vornherein zeitlich begrenzt. Eine Weiterführung war nicht Teil des Projekts
(siehe auch Vorbemerkung der Bundesregierung).
5.
Welche rechtlichen Gründe waren dafür maßgebend?
Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen.
Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.
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6.
Wie werden die Erkenntnisse von „Easy Security“ und paralleler Pilotpro-
jekte in Zusammenarbeit mit der Luftverkehrsbranche zeitnah und verbind-
lich in die Praxis überführt?
Die gewonnenen Erkenntnisse werden – unter Berücksichtigung der unterschied-
lichen Gegebenheiten an einzelnen Flughäfen in Absprache mit den Flughafen-
betreibern – genutzt, wo dies sinnvoll erscheint und machbar ist.
7.
Sind der Bundesregierung Alternativen zu „Easy Security“ bekannt
,
die zeit-
nah an Flughäfen in Deutschland zum Einsatz kommen könnten?
Die Kontrollstellen für Fluggäste und dere
n Gepäck an den Flughäfen werden mit
moderner, leistungsfähiger und dem aktuellen Stand der Technik entsprechenden
Geräten ausgestattet, die in der Lage sind, gegenwärtig noch nicht zwingend vor-
geschriebene (auch zukünftige) EU-Standards zu erfüllen.
Im Jahr 2017 wurden innovative Komponenten von Sicherheitskontrollstellen am
Flughafen Hamburg von der Bundespolizei mit dem Flughafenbetreiber erfolg-
reich erprobt. Die Effizienz konnte signifikant gesteigert werden. Eine Ergänzung
der bestehenden Rahmenlieferverträge ist veranlasst, so dass deutsche Flughäfen
künftig mit diesen Komponenten ausgestattet werden können.
8.
Wenn ja, gibt es Überlegungen der Bundesregierung, solche Systeme zu för-
dern?
In Deutschland wird ausschließlich Lu
ftsicherheitskontrolltechnik eingesetzt,
welche die nationalen und europäischen Anforderungen erfüllt.
Im Rahmen der Sicherheitsfors
chung werden u. a. auch Projekte bewertet, die für
den Bereich der Luftsicherheitskontrollen in Frage kommen könnten. Bei even-
tueller Eignung von Projekten, beteiligt sich die Bundesregierung in der Form,
dass z. B. die Bundespolizei Endnutzerwissen als Partner einbringt oder als Pro-
jektleiter Fördermittel beantragt.
9.
Wie wirkt die Bundesregierung den immer längeren Wartezeiten und damit
auch längeren Reisezeiten, aufgrund der zunehmend steigenden Sicherheits-
anforderungen, konkret entgegen?
Die Bundesregierung passt die Sicherheitsausrüstung ständig der aktuellen Si-
cherheitslage an und untersucht darüber hinaus Möglichkeiten zur Effizienzstei-
gerung. Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen.
Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.
Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
ISSN 0722-8333