Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 27. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3615 19. Wahlperiode 30.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Tobias Lindner, Katja Keul, Agnieszka Brugger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/3320 – Zusagen der Bundeswehr an internationale Organisationen und Partnerstaaten V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die multinationale Orientierung der Bundeswehr ist in ihrem Auftrag, der durch die Bundesregierung zuletzt im Weißbuch 2016 definiert wurde, fest verankert: „Auftrag der Bundeswehr ist es, im Rahmen eines gesamtstaatlichen Ansatzes […] gemeinsam mit Partnern und Verbündeten zur Abwehr sicherheitspolitischer Bedrohungen für unsere offene Gesellschaft und unsere freien und sicheren Welthandels- und Versorgungswege beizutragen, zur Verteidigung unserer Verbündeten und zum Schutz ihrer Staatsbürger beizutragen, Sicherheit und Stabilität im internationalen Rahmen zu fördern und europäische Integration, transatlantische Partnerschaft und multinationale Zusammenarbeit zu stärken“ (vgl. Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zu Zukunft der Bundesregierung, S. 90). Dieser abstrakt formulierte Auftrag wird durch die Bundesregierung mit konkreten , politischen Zusagen an Bündnisse, internationale Organisationen und Partnerstaaten ausgestaltet. Diese Zusagen werden in einem politischen Aushandlungsprozess durch die Bundesregierung getroffen, wirken dann strukturbestimmend und erfordern den Vorhalt von Fähigkeiten und den dazugehörigen Strukturen, Personal und Material. So heißt es im aktuell vorliegenden Entwurf der Konzeption der Bundeswehr dann auch, dass sich „das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr […] ganz wesentlich an NATO- und EU- Planungszielen und Forderungen an die Fähigkeiten der Streitkräfte“ (Verteidigungsausschuss-Drucksache 19(12)43, Entwurf KdB, Seite 7) orientiert. Ebenso wird im vorliegenden Entwurf der Konzeption der Bundeswehr hervorgehoben, dass „[…] vor allem bei der Besetzung von Schlüsselpositionen […] eigene Interessen aktiv und konstruktiv in die Organisationen“ eingebracht werden können (Verteidigungsausschuss -Drucksache 19(12)43, Entwurf KdB, Seite 9). Für die Bewertung der Strukturen und des Umfangs der Streitkräfte ist es also unerlässlich einen Überblick über diese Zusagen zu erlangen und auf welchen Verhandlungs- und Planungsprozessen diese basieren. Neben Zusagen an Bündnisse und internationale Organisationen sollen nur solche Zusagen an Partnerstaaten berücksichtigt werden , die im Rahmen von Regierungsvereinbarungen auf Bundesministerinnenebene bzw. Bundesministerebene getroffen wurden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3615 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche Zusagen hat die Bundesregierung gegenüber Bündnissen und internationalen Organisationen getroffen, die die Erfüllung bestimmter Planungsziele oder die Zurverfügungstellung konkreter militärischer Fähigkeiten, Verbände, Infrastrukturen, von Material oder Personal zusichern? Was wurde im Einzelnen zugesagt? Deutschland hat aus verteidigungsplanerischer Sicht das gesamte Fähigkeitsspektrum der Bundeswehr gegenüber der NATO und der EU angezeigt. Im Rahmen der NATO Verteidigungsplanung wurden von Deutschland alle zugewiesenen quantitativen und qualitativen Planungsziele auf der Zeitachse bis 2032 akzeptiert. Diese bilden eine Soll-Vorgabe für die nationale Planung. Gegenüber der EU erfolgt eine Anzeige von Kräften auf freiwilliger Basis. Seitens der EU gibt es keine Planungsziele o. ä. Gegenüber den Vereinten Nationen (VN) wurden unter den Bedingungen des Peacekeeping Capabilities Readiness System (PCRS) Fähigkeiten in den Bereichen Land- und Lufttransport, Sanitätsdienstliche Unterstützung, Pionierwesen, Führungsunterstützung, Sicherung und Feldjägerwesen, Marinekräfte, Militärbeobachter und Stabspersonal, Zivil-militärische Zusammenarbeit, Operative Kommunikation , Geoinformationswesen sowie Aufklärung, einschließlich der luftgestützten Aufklärung, angezeigt. Ergänzend erfolgte die Einmeldung von Ausbildungspersonal . 2. Welche Zusagen hat die Bundesregierung im Rahmen von bi- oder multilateralen Regierungsvereinbarungen getroffen, die dem oder den betreffenden Partnerstaaten die Erfüllung bestimmter Planungsziele oder die Zurverfügungstellung konkreter militärischer Fähigkeiten, Verbände, Infrastrukturen, von Material oder Personal zusichern? Was wurde im Einzelnen zugesagt? Im Rahmen der vertrauensvollen und umfassenden deutschen Zusammenarbeit mit Partnern wurden Bereiche identifiziert, welche durch eine gemeinsame multinationale Fähigkeitsentwicklung einen Mehrwert für die beteiligten Nationen erwarten lassen. Hierzu nutzen die Nationen verschiedene Formate der Zusammenarbeit . Abgesehen von den Zusagen aus den im Teil II des Bundesgesetzblatt veröffentlichten Regierungsabkommen und dem bisher noch nicht veröffentlichten „Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik über die Modalitäten für die Finanzierung der baulichen Anlagen und der Beschaffung von Ausbildungsmitteln im Rahmen der deutsch-französischen Zusammenarbeit im Bereich des taktischen Lufttransports “ vom 10. April 2017, wurden keine Regierungsabkommen bzgl. der Erfüllung bestimmter Planungsziele oder die zur Verfügung Stellung konkreter militärischer Fähigkeiten, Verbände, Infrastrukturen, Material oder Personal abgeschlossen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3615 3. Auf Basis welcher Planungs- und Verhandlungsprozesse wurden diese Planungsziele und Fähigkeitsforderungen jeweils entwickelt? Wie lautet der idealtypische Ablauf der o. g. Planungsprozesse? Die Grundlage für die NATO Verteidigungsplanung und damit auch für die Zuweisung von Planungszielen bildet der NATO Defence Planning Process (NDPP). Dies ist ein 4-jähriger, zyklischer Prozess in fünf Schritten. Zweck ist die Ausrichtung der nationalen Fähigkeitsentwicklungen der einzelnen Alliierten auf ein gemeinsames politisches Ziel (NATO Level of Ambition). Für die nationalen Planungen zur Fähigkeitsentwicklung und Prioritätensetzung liefert der NDPP die multinationale Referenz. Schritt 1 („Establish Political Guidance“) erfasst politische Zielsetzungen sowie konzeptionelle und planerische Vorgaben für die Fähigkeitsentwicklung. Im Schritt 2 („Determine Requirements“) leiten die strategischen Kommandeure aus der Politischen Weisung den militärischen Fähigkeitsbedarf der Allianz ab. Durch Vergleich mit dem Fähigkeits-Ist werden festgestellte Fähigkeitslücken priorisiert. Schritt 3 („Apportion Requirements and Set Targets“) übersetzt die Ergebnisse aus Schritt 2 in konkrete individuelle Planungsvorgaben und -ziele an die einzelnen Alliierten mit Anspruch auf Berücksichtigung und Erfüllung. Die Abstimmung der Planungsziele erfolgt im Dialog mit den Nationen. Schritt 4 („Facilitate Implementation“) ist ein übergreifender Prozessschritt zur Umsetzung u. a. multinationaler Planungsziele. Im Schritt 5 („Review Results“) erfolgt eine Abfrage des realen Fähigkeits-Ists und der nationalen Pläne zur Verteidigungsplanung einschließlich finanzieller Planungen. Im Rahmen der EU werden unter Nutzung des Capability Development Mechanism (CDM) Fähigkeitsbedarfe ermittelt, die einen Einfluss auf die Erstellung der EU Capability Development Priorities haben. Diese Prioritäten werden von der European Defence Agency (EDA), in enger Abstimmung mit den Mitgliedsstaaten , genutzt, um die europäische Fähigkeitsentwicklung kohärenter zu gestalten. EU Planungsziele und verpflichtende Vorgaben zur nationalen Fähigkeitsentwicklung erfolgen seitens der EU nicht. 4. Inwiefern ist deutsches Personal in den jeweiligen Organisationen, die die genannten Planungsprozesse begleiten bzw. vor- und nachbereiten, vertreten , vor allem an Schlüsselpositionen? Bei der im Auswärtigen Amt angesiedelten Koordinatorin für internationale Personalpolitik laufen die personalpolitischen Überlegungen zusammen und werden mit den Ressorts koordiniert. Deutschland ist auf Schlüsselpositionen sowohl in der NATO als auch in der EU vertreten. Dabei handelt es sich sowohl um Quota- Dienstposten, d. h. Dienstposten, die dauerhaft an Deutschland gebunden sind und turnusgemäß besetzt werden, als auch um Dienstposten, auf die nach einer Verwendungsdauer eines Kandidaten einer Nation neu geboten werden kann und die für alle Bündnismitglieder ausgeschrieben werden. Auf der oberen Führungsebene des internationalen Stabs (IS)der NATO in Brüssel stellt DEU derzeit mit einem General den Beigeordneten Generalsekretär der Defence Policy and Planning Division (bis September 2018). Auf der militärstrategischen Ebene besetzt Deutschland derzeit neben dem Chief of Staff im Allied Command Operations Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3615 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode (SHAPE) in Mons/Belgien den Stellvertretenden Supreme Allied Commander Transformation in Norfolk/Virginia. Bei der EU verfügt Deutschland über den Dienstposten des Director Concepts & Capabilities im Militärstab der EU und zusätzlich in derselben Abteilung über einen Kapitän zur See. Daneben ist Deutschland mit dem Director Capability, Armament and Technology auf der Führungsebene der EDA vertreten. 5. Welche Stelle(n) innerhalb der Bundesregierung bringen „eigene Interessen aktiv und konstruktiv“ in die o. g. Prozesse ein und koordinieren das deutsche Vorgehen? Das Einbringen der deutschen verteidigungspolitischen Interessen erfolgt im Rahmen der Ressortzuständigkeit durch die fachlich zuständigen Ministerien. Weisungsgeber an die deutschen Vertretungen in NATO, EU und VN ist, nach Ressortabstimmung, das Auswärtige Amt. Die Erörterungen im Rahmen des NDPP/CDM erfolgen mit Vertretern der NATO bzw. der EU in einem ressortübergreifenden Prozess in sechs Arbeitsgruppen (Land, Maritime, Aerospace, Special Operation Forces, Joint/Enabling und Stabilisation & Reconstruction). 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