Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 26. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3616 19. Wahlperiode 30.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Lisa Badum, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/3323 – Britischer Austritt aus Euratom und Reform des Euratom-Vertrags V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten in einem Referendum für den Austritt aus der EU. In ihrer Erklärung zum Brexit hat die britische Regierung am 25. Januar 2017 auch ihren Ausstieg aus der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) angekündigt. Der Europäische Rat hat am 28. und 29. Juni 2018 eine umfassende Bestandsaufnahme der Brexit-Verhandlungen vorgenommen und dabei schnellere Verhandlungsfortschritte gefordert. Am 25. März 1957 wurde in Rom der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) unterzeichnet. Über 60 Jahre nach Vertragsabschluss ist weder das Ziel des Vertrags, „die Voraussetzungen für die Entwicklung einer mächtigen Kernenergie zu schaffen, welche die Energieerzeugung erweitert, die Technik modernisiert und auf zahlreichen anderen Gebieten zum Wohlstand der Völker beiträgt“, umgesetzt noch gibt es dafür eine Mehrheit unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. In ihrem Koalitionsvertrag haben die die Bundesregierung tragenden Koalitionsparteien CDU, CSU und SPD nun zugesagt, sich für eine Euratom-Reform auf EU-Ebene einzusetzen und den Vertrag an die Herausforderungen der Zukunft anzupassen. 1. Welche Konsequenzen hätte aus Sicht der Bundesregierung ein Austritt Großbritanniens aus Euratom für die Gewährleistung der nuklearen Sicherheit in Großbritannien? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über mögliche Konsequenzen eines Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) für die Gewährleistung der nuklearen Sicherheit im Vereinigten Königreich vor. Für die sicherheitstechnische Bewertung von Kernkraftwerken ist ausschließlich die jeweils zuständige nationale atomrechtliche Aufsichtsbehörde verantwortlich. Nur dieser liegen alle für eine umfassende sicherheitstechnische Bewertung notwendigen Informationen vor. Die Bundesregierung geht davon aus, dass das Vereinigte Königreich hinsichtlich möglicher Konsequenzen transparent berichten wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3616 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über mögliche Assoziierungsabkommen oder anderweitige Verträge, die Großbritannien nach dem Austritt aus Euratom abschließen muss und/oder will? Nach Kenntnis der Bundesregierung ist das Vereinigte Königreich mit einer Reihe von Staaten in Gesprächen, um Verträge zu verhandeln, die die bisher zu seiner Euratom-Mitgliedschaft bestehenden Regelungen ersetzen sollen. Laut vierteljährlichem Bericht der britischen Regierung an das Parlament über den Fortschritt beim Ausstieg aus dem Euratom-Vertrag wurden ein bilaterales Abkommen mit den USA über nukleare Kooperation geschlossen und Verhandlungen über weitere solcher Abkommen begonnen (s. www.gov.uk/government/ publications/euratom-exit-quarterly-update-april-to-june-2018). Darüber hinaus äußert die britische Regierung in ihrem Weißbuch vom 12. Juli 2018 den Wunsch einer engen zukünftigen Assoziierung an Euratom. 3. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über eine mögliche Regelung zwischen Großbritannien und der Euratom-Versorgungsagentur (Euratom Supply Agency), die „über das Bezugsrecht für Erze, Ausgangsstoffe und besondere spaltbare Stoffe, die im Gebiet der Mitgliedstaaten erzeugt werden, sowie über das ausschließliche Recht verfügt, Verträge über die Lieferung von Erzen , Ausgangsstoffen oder besonderen spaltbaren Stoffen aus Ländern innerhalb oder außerhalb der Gemeinschaft abzuschließen“ (vgl. „Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft“. Online abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=LEGISSUM%3Axy0024)? Eigentum und Nutzungsrechte von speziellem Spaltmaterial sind Gegenstand der laufenden Verhandlungen der Europäischen Kommission mit der britischen Regierung über den Austritt aus der EU und Euratom, vgl. dazu Artikel 79 des Entwurfs des Austrittsabkommens. 4. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich möglicher Schwierigkeiten für den Bau und Betrieb von Atomkraftwerken oder anderen nuklearen Anlagen in Großbritannien nach dem Austritt aus Euratom bezüglich Lieferungen von Komponenten für Atomanlagen, Forscherinnen und Forscher oder Fachpersonal aus dem Ausland o. Ä. (vgl. „UK missing deadlines for post-Brexit nuclear safeguards, leak shows“ vom 16. Mai 2018. Online abrufbar unter www.theguardian.com/politics/2018/may/16/uk-missingdeadlines -for-post-brexit-nuclear-safeguards-leak-shows)? Die Auswirkungen eines Austritts aus der Europäischen Union und dem Euratom- Vertrag auf die Lieferung von Komponenten und den Aufenthalt von Forschungssowie Fachpersonal aus dem Ausland im Vereinigten Königreich hängen maßgeblich von den künftigen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU bzw. Euratom ab und sind daher derzeit nicht absehbar. Der in dem zitierten Artikel angesprochene „Nuclear Safeguards Bill“ wurde inzwischen verabschiedet (vgl. den in der Antwort zu Frage 2 genannten Vierteljahresbericht ). Kenntnisse über die interne Zeitplanung der britischen Behörden zur Anpassung der rechtlichen Regelungen und der Behördenorganisation an mögliche Folgen eines Austritts liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3616 5. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Weiterfinanzierung des Joint European Torus Projekt (JET) über das Jahr 2020 hinaus? Der Betrieb des Joint European Torus Projekts (JET) wird derzeit aus Mitteln der EU über das Euratom-Programm für Forschung und Ausbildung sowie aus Mitteln des Vereinigten Königreichs finanziert. Die Bundesregierung hat derzeit keine Kenntnisse über die Weiterfinanzierung des JET über das Jahr 2020 hinaus. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich einer möglichen Assoziierung von Großbritannien und dem Folgeprogramm des europäischen Forschungsrahmenprogramms Horizon 2020 (vgl. „UK industry welcomes clarity on Euratom R&D“ vom 18. Mai 2018. Online abrufbar unter www.world-nuclear-news.org/NP-UK-industry-welcomes-clarity-on- Euratom-RD-23051801.html)? Die Frage einer künftigen Beteiligung des Vereinigten Königreichs an Programmen der Europäischen Union ist Gegenstand der laufenden Gespräche der Europäischen Kommission mit der britischen Regierung über den Rahmen für die zukünftigen Beziehungen. In den Leitlinien des Europäischen Rates vom 23. März 2018 wird hierzu auf die für die Beteiligung von Drittländern vorgesehenen Bedingungen Bezug genommen, die in den entsprechenden Programmen festzulegen sein werden. Der Vorschlag für das Folgeprogramm von Horizont 2020, „Horizont Europa“ (COM (2018) 436 final), wurde am 7. Juni 2018 veröffentlicht. Regelungen für die Assoziierung von Drittstaaten enthält Artikel 12 des Verordnungsvorschlags. Der Verordnungsvorschlag wird derzeit in den zuständigen EU-Organen, dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union verhandelt. 7. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich des Standes der Neuverhandlungen zwischen Großbritannien und der Internationalen Atomenergie Organisation (IAEO) im Bereich der nuklearen Sicherheitsüberwachung und Verifikation (vgl. „UK stresses key role of IAEA during Brexit debate“ vom 31. Januar 2018. Online abrufbar unter www.world-nuclear-news.org/ NP-UK-stresses-key-role-of-IAEA-during-Brexit-debate-31011701.html)? Das Vereinigte Königreich hat am 7. Juni 2018 vorbereitend zwei Abkommen zur Verifikation von Kernmaterial mit der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) geschlossen, das Safeguards-Übereinkommen („Voluntary Offer Agreement “) und das Zusatzprotokoll dazu. Diese entsprechen in Form und Inhalt dem Safeguards-Übereinkommen einschließlich Zusatzprotokoll, das für das Vereinigte Königreich als Euratom-Mitglied derzeit gilt. Hierzu berichtet das Vereinigte Königreich in seinem vierteljährlichen Bericht an das Parlament über den Fortschritt beim Ausstieg aus dem Euratom-Vertrag (vgl. Antwort zu Frage 2). Die Übereinkommen sollen mit dem Vollzug des Austritts in Kraft treten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3616 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich des Standes der Verhandlungen zu einer Weiterfinanzierung von Großbritanniens Atomforschungsaktivitäten durch das Euratom-„Research and Training“-Programm? Grundsätzlich wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Im Hinblick auf das Euratom-Programm für Forschung und Ausbildung (2021- 2025), das das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont Europa “ ergänzt, finden sich Regelungen für die Assoziierung von Drittstaaten in Artikel 5 des Verordnungsvorschlags (COM(2018) 437 final). 9. Welche Schritte plant die Bundesregierung, um ihr im Koalitionsvertrag vom 14. März 2018 festgeschriebenes Ziel, sich dafür einzusetzen, dass die Zielbestimmungen des Euratom-Vertrages hinsichtlich der Nutzung der Atomenergie an die Herausforderungen der Zukunft angepasst werden, zu erreichen , und wie sehen die konkreten Maßnahmen diesbezüglich derzeit aus (bitte die einzelnen Schritte und den Zeitplan möglichst detailliert angeben) 10. Wird sich die Bundesregierung für die Einberufung einer Regierungskonferenz zur grundlegenden Überarbeitung des Euratom-Vertrages einsetzen, und wie ist die diesbezüglich geplante Vorgehensweise? Die Fragen 9 und 10 werden wegen ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet . In ihrer Mitteilung über das Arbeitsprogramm der Kommission 2018 vom Oktober 2017 (COM(2017) 650 final und Anhänge) hat die Europäische Kommission eine „Mitteilung über die Zukunft der Energie- und Klimapolitik der EU, einschließlich der Zukunft des Euratom-Vertrags“ angekündigt. Die Bundesregierung wird diese Mitteilung im Hinblick auf die im Koalitionsvertrag formulierten Ziele prüfen. Derzeit sieht die Bundesregierung keinen Handlungsbedarf im Hinblick auf eine Einberufung einer Regierungskonferenz zur grundlegenden Überarbeitung des Euratom-Vertrages. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333