Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3630 19. Wahlperiode 31.07.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Florian Toncar, Grigorios Aggelidis, Christine Aschenberg-Dugnus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/3094 – Der automatische internationale Informationsaustausch in Steuersachen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Zum Zwecke der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung gab es auf völkerrechtlicher Ebene und auf EU-Ebene in den letzten Jahren mehrere zwischenstaatliche Initiativen, um Steuerdaten automatisch auszutauschen, um die Transparenz des internationalen Steuerrechts zu stärken. Auf einer internationalen Steuerkonferenz in Berlin am 29. Oktober 2014 verpflichteten sich 51 Staaten, darunter Deutschland, den Gemeinsamen Meldestandard der OECD umzusetzen, der festlegt, welche Konten unter den automatischen Informationsaustausch fallen, welche Sorgfaltspflichten einzuhalten und welche Daten mitzuteilen sind. Mitteilungspflichtig sind u. a. Name, Anschrift, Steueridentifikationsnummer sowie Geburtsdatum und Geburtsort jeder meldepflichtigen Person , Kontonummer, Jahresendsalden der Finanzkonten und gutgeschriebene Kapitalerträge, einschließlich Einlösungsbeträge und Veräußerungserlöse. Der automatische Informationsaustausch aufgrund des Gemeinsamen Meldestandards erfolgte erstmals zum September 2017 für den Meldezeitraum 2016. Nach Presseberichten (beispielsweise www.handelsblatt.com/politik/deutschland/ transparenzregister-deutschland-kommt-beim-kampf-gegen-steuerhinterziehungnicht -voran/22708674.html) gibt es jedoch noch Mitte 2018 anscheinend Schwierigkeiten bei der Umsetzung. 1. Wie weit ist die Etablierung des automatischen Informationsaustauschs nach Kenntnis der Bundesregierung fortgeschritten? Für die Etablierung des automatischen Informationsaustausches über Finanzkonten nach dem gemeinsamen OECD-Meldestandard CRS (AIA) müssen die ausländischen Finanzkontendaten noch an die Landesfinanzbehörden weitergeleitet und dort mit der Auswertung gestartet werden. Derzeit erfolgt eine schrittweise Abarbeitung der IT-Anforderungen. Zunächst wurden die technischen Voraussetzungen für die Annahme der Daten der deutschen Finanzinstitute und den internationalen Austausch mit den Staaten und Gebieten geschaffen. Die Umsetzung ist planmäßig und fristgerecht erfolgt. In einem weiteren Schritt wird nunmehr planmäßig die Weiterleitung der Daten an die Landesfinanzbehörden umgesetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3630 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Welche Probleme traten bei der Etablierung des automatischen Informationsaustauschs in der Zusammenarbeit mit den internationalen Partnern auf? Der AIA hat zum 30. September 2017 zwischen Deutschland und 49 Staaten und Gebieten erfolgreich begonnen. Hierbei kam es nur bei wenigen Karibikstaaten zu Verschiebungen des AIA, da die notwendige Infrastruktur durch Hurrikans zerstört wurde. Für den AIA zum 30. September 2018 haben sich bereits 102 Staaten und Gebiete (Stand: Juni 2018) bekannt. Weltweit bestehen zwischen allen an diesem AIA teilnehmenden Staaten und Gebieten schon über 3 200 Austauschbeziehungen . Wesentliche Probleme sind bisher nicht aufgetreten. Im Gegenteil ist der sich etablierende Austausch ein Meilenstein bei der Bekämpfung des grenzüberschreitenden Steuerbetruges und der grenzüberschreitenden Steuerhinterziehung . 3. Welche Staaten haben den automatischen Informationsaustausch nach Kenntnis der Bundesregierung noch nicht ratifiziert oder verspätet umgesetzt? Der erste AIA ist zum 30. September 2017 erfolgt. Wie in der Antwort zu Frage 2 dargestellt, kam es nur bei wenigen Karibikstaaten zu Verschiebungen des AIA, da die notwendige Infrastruktur durch Hurrikans zerstört wurde. Die rechtlichen Voraussetzungen für den AIA lagen bei allen Staaten im Austauschjahr 2017 vor. Eine abschließende Bewertung des AIA zum 30. September 2018 kann erst nach dessen Durchführung erfolgen. 4. Für wann erwartet die Bundesregierung die flächendeckende Etablierung des automatischen Informationsaustausches? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 5. Welche Staaten verfolgen nach Kenntnis der Bundesregierung in der Anwendung den sog. wider-Ansatz (Sammlung von nichtmeldepflichtigen Daten ), und welche Staaten verfolgen den sog. wider-wider-Ansatz (Sammlung und Meldung nichtmeldepflichtiger Daten)? Grundsätzlich kommt der sogenannte wider-Ansatz in Bezug auf den AIA in 2018 bei den meisten Staaten und Gebieten zur Anwendung. Nach aktuellen Informationen wenden lediglich 18 Staaten den wider-Ansatz nicht an. Der wider-Ansatz nach dem gemeinsamen OECD-Meldestandard CRS ist deshalb vorteilhaft, da Kosteneinsparungen bei den Finanzinstituten die Folge sind. Grund hierfür ist, dass eine einmalige Prüfung aller bestehenden Finanzkonten ausreicht und nicht eine wiederkehrende Prüfung von meldepflichtigen Konten für die dem Abkommen neu beigetretenen Staaten erforderlich wird. Der Bundesregierung liegen keine Informationen vor, welche Staaten den sogenannten widest-Ansatz verfolgen. Durch den widest-Ansatz wird den Finanzinstituten ermöglicht, ihre gesammelten Finanzinformationen für alle Staaten an die inländische Steuerbehörde zu liefern, auch wenn nicht alle Informationen mit dem Ausland ausgetauscht werden. Dieser Ansatz kann von den Teilnehmerstaaten verfolgt werden, damit auch hier Befolgungskosten der Finanzinstitute durch wiederkehrende Datenerhebungen und -aufbereitungen für dem Abkommen neu beigetretene Staaten reduziert werden können. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3630 6. Wie viele Datensätze hat das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) im Rahmen des automatischen Informationsaustausches bisher erhalten? Zum 30. September 2017 startete der AIA. Im Rahmen dieses Informationsaustausches wurden dem BZSt von ausländischen Behörden bisher ca. 1,5 Mio. Datensätze übermittelt. 7. Hat das BZSt bereits alle technischen und administrativen Voraussetzungen für die Weiterleitung dieser Datensätze an die jeweils zuständigen Finanzämter der Länder erfüllt? 8. Wie viele Datensätze von einzelnen Steuerpflichtigen hat das BZSt bisher automatisch an die Landesfinanzbehörden weitergeleitet? Die Fragen 7 und 8 werden gemeinsam beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 9. Haben die Landesfinanzbehörden nach Kenntnis der Bundesregierung die Möglichkeit, in eigener Initiative Datensätze vom BZSt, etwa auf dem Wege der Amtshilfe, zu erbitten? Falls ja, wie viele Datensätze hat das BZSt bisher nach solchen Amtshilfeersuchen übermittelt? Bis zu der systematischen Auswertung der Daten haben die Landesfinanzbehörden die Möglichkeit, gezielt Informationen im Wege der Amtshilfe nach § 111 AO von dem BZSt zu erhalten. Die Landesfinanzbehörden haben bisher drei Anfragen an das BZSt gestellt, um im Wege der Amtshilfe gemäß § 111 AO Daten aus dem CRS-Informationsaustausch zu erhalten. 10. Wie viele Datensätze konnten vom BZSt bisher nicht den jeweiligen Steuerpflichtigen in der Bundesrepublik Deutschland zugeordnet werden? Im BZSt konnten bisher sehr gute Ergebnisse bei Zuordnung der CRS-Daten zu einem Steuerpflichtigen im Wege automatisierter Prozesse erzielt werden. Diese Ergebnisse liegen weit über dem Durchschnitt sonst üblicher Ergebnisse bei automatisierten Zuordnungsläufen. 11. Welche Qualität und welchen Umfang haben die Datensätze, die im Rahmen des automatischen Informationsaustausches die deutschen Behörden erreichen ? Die Datenqualität kann zum einen Einfluss auf die Zuordnung der Daten zu einem Steuerpflichtigen, zum anderen Einfluss auf die steuerliche Auswertung der Daten bei den zuständigen Landesfinanzbehörden haben. Die Zuordnung der Daten zu einem Steuerpflichtigen ist notwendig, um die Daten an die zuständigen Landesfinanzbehörden weiterleiten zu können. Dies vorangestellt, wird die Frage wie folgt beantwortet: Wie in der Antwort zu Frage 10 dargestellt, konnten im BZSt bisher sehr gute Ergebnisse bei der Zuordnung der CRS-Daten zu einem Steuerpflichtigen erzielt werden, die weit über dem Durchschnitt sonst üblicher Ergebnisse liegen. Deshalb kann bei den Daten von einer sehr guten Datenqualität in Bezug auf die Zuordnung der Daten zu einem Steuerpflichtigen ausgegangen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3630 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Zu der Datenqualität, welche Einfluss auf die steuerliche Auswertung der Daten hat, kann derzeit noch keine verlässliche Aussage getroffen werden, da die systematische Auswertung der CRS-Daten – wie bei der Antwort zu Frage 1 dargestellt – erst Mitte 2020 bei den Landesfinanzbehörden beginnt. Eine gute Datenqualität liegt jedoch im Interesse aller CRS-Austauschstaaten. Deshalb findet im Rahmen des Global Forum der OECD ab 2020 ein gegenseitiges Überprüfungsverfahren durch die CRS-Austauschstaaten statt, wo auch die Datenqualität Gegenstand sein wird. Außerdem gewährleistet das standardisierte XML-Schema, welches dem AIA zugrunde liegt, sowie zusätzlich vereinbarte Datenvalidierungen vor Datenversand ein Mindestmaß an Datenqualität. Der Umfang der Datensätze aus dem AIA stellt sich wie folgt dar (Stand: 20. Juli 2018): Das BZSt hat aus dem Ausland bisher ca. 1,5 Mio. Datensätze erhalten. Das Volumen der erhaltenen Einkünfte bzw. Kontostände beträgt 58 Mrd. Euro bzw. 85 Mrd. Euro. Allerdings enthalten die übersandten Daten keine konkrete Bemessungsgrundlage für die Besteuerung in Deutschland. Sie sind lediglich ein Anhaltspunkt für die Veranlagung von Kapitalerträgen aus dem Ausland und Ausgangspunkt für weitere Prüfungen. 12. Kann die Bundesregierung sicherstellen, dass das deutsche bzw. europäische Datenschutzniveau im Rahmen des automatischen Informationsaustausches mit Drittstaaten eingehalten wird? Dies stellt die Bundesregierung sicher. Die einschlägigen Datenschutzanforderungen für die internationale Übermittlung von Steuerinformationen finden sich nicht nur im gemeinsamen CRS-Meldestandard wieder, sondern auch in den internationalen Vereinbarungen, die diesen Austausch regeln, insbesondere Artikel 22 des Mehrseitigen Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen sowie Abschnitt 5 und Abschnitt 7 Absatz 1 Buchstabe d der Mehrseitigen Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten. Hierbei gelten die auf Grundlage von Abschnitt 7 Absatz 1 Buchstabe d der Mehrseitigen Vereinbarung von Deutschland bei der OECD hinterlegten Verwendungsbeschränkungs- und Datenschutzbestimmungen. Diese stellen zugleich das europäische Datenschutzniveau sicher. 13. Wie plant die Bundesregierung, das Problem der unklaren Identifizierung der Steuerpflichtigen aufgrund der nicht einheitlichen TIN (= Steuer-Identifikationsnummer ) aufzulösen, bzw. wie geschieht dies in der Praxis? Der Bundesregierung ist im Zusammenhang mit der TIN nur bekannt, dass andere am Informationsaustausch teilnehmende Staaten darauf hingewiesen haben, dass in übermittelten Datensätzen nicht immer eine TIN bzw. richtige TIN geliefert wurden. In Deutschland erfolgt die Zuordnung zum Steuerpflichtigen jedoch nicht ausschließlich auf Grundlage der TIN. Stattdessen werden für die zuverlässige Zuordnung verschiedene Datenmerkmale herangezogen. Wie in der Antwort zu Frage 10 dargestellt, konnten im BZSt bisher sehr gute Ergebnisse bei der Zuordnung der CRS-Daten zu einem Steuerpflichtigen erzielt werden, die weit über dem Durchschnitt sonst üblicher Ergebnisse liegen. Von „Problemen“ bei der Identifizierung der Steuerpflichtigen kann deshalb in Deutschland nicht gesprochen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3630 14. Ist das BZSt personell angemessen für die Mehrbelastungen durch den automatischen Informationsaustausch ausgestattet? Falls nein, wie hoch ist der ausstehende Personalbedarf? Das Vorhaben AIA wurde und wird so hoch priorisiert, dass ausreichend Planstellen für die planmäßige Umsetzung zur Verfügung stehen. 15. Wie hoch ist der finanzielle Aufwand beim BZSt im Zusammenhang mit dem automatischen Informationsaustausch? Die Implementierungskosten für CRS belaufen sich auf ca. 21,8 Mio. Euro. Die laufenden jährlichen Kosten für die Betreuung des Verfahrens können derzeit noch nicht abschließend beziffert werden. 16. Ist eine Evaluierung des Abkommens zum Informationsaustausch nicht nur im OECD- (= Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ), sondern auch im nationalen Rahmen geplant? Falls ja, wann ist dies geplant? Aufgrund des AIA besteht ein hohes Entdeckungsrisiko für Steuerpflichtige, die nicht alle entsprechenden Einkünfte in ihrer Steuererklärung angeben. Bei den Daten handelt es sich insoweit um Kontrollmaterial für die Finanzverwaltung. Die Daten dienen lediglich der Verifikation der vom Steuerpflichtigen abgegebenen Steuererklärung. Ein erhebliches Steuermehraufkommen aufgrund der übermittelten Daten, sollte daher nicht erwartet werden. Dies vorangestellt, wird die Frage wie folgt beantwortet: Mit dem Gesetz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze vom 21. Dezember 2015 wurde die nationale Anwendung des AIA geregelt. Hierzu beabsichtigt das Bundesministerium der Finanzen eine Evaluation in Bezug auf den Erfüllungsaufwands bis Ende 2020 durchzuführen. 17. Wie viele Fälle von Steuerhinterziehung sind nach Kenntnis der Bundesregierung durch den automatischen Informationsaustausch aufgedeckt worden ? Wie hoch waren die sich hieraus ergebenen Steuermehreinnahmen? Entsprechende Daten liegen dem Bundesministerium der Finanzen nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333