Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 31. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3664 19. Wahlperiode 02.08.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Petra Pau, Martina Renner, Dr. André Hahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/3664 – Bombenanschlag des Nationalsozialistischen Untergrunds auf eine Gaststätte in Nürnberg im Juni 1999 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In einer Pressemitteilung beschreibt der „Bayrischen Rundfunk“ (BR) neue Erkenntnisse aus gemeinsamen Recherchen mit den „NÜRNBERGER Nachrichten “. In der Pressemitteilung heißt es: „14 Jahre lang galt die Explosion in der Nürnberger Scheurlstraße als ungelöster Fall, dann brachte die Aussage im NSU-Prozess die Ermittlungen wieder in Gang. Carsten S., mutmaßlicher Unterstützer und Ex-Neonazi, sagte aus, die Bombe gehe ebenfalls auf das Konto des „Nationalsozialistischen Untergrunds “, das sei der erste Anschlag gewesen. Das Opfer, der türkischstämmige Mehmet O., hatte Splitter im Arm und zahlreiche Fleischwunden davongetragen . Der Inhaber der Pilsbar Sonnenschein überlebte nur, da der Sprengsatz nicht richtig zündete, wie Beamte des LKA-Sprengstoff-Dezernats in ihrem Bericht 1999 festhielten. Nach der Explosion ermittelten die Beamten gegen das Opfer Mehmet O. und seine Familie. (…) Nachdem bekannt wurde, dass die Detonation wohl der erste Anschlag des NSU war, vernahmen Beamte des Bundeskriminalamts Mehmet O. im Juni 2013 erneut. 115 Bilder von Beschuldigten und Verdächtigen im NSU-Verfahren wurden dem ehemaligen Wirt vorgelegt und beim Foto einer Frau blieb er hängen. „Die geht mir nicht mehr aus dem Kopf, die kenne ich“, sagte er in der Zeugenvernehmung, die dem Rechercheteam exklusiv vorliegt. Und die Ermittler notierten umgehend, wen der türkischstämmige Mann da identifiziert hatte: Susann E., eine überzeugte Nationalsozialistin aus dem sächsischen Zwickau – eine enge Freundin von Beate Zschäpe, vielleicht sogar ihre beste und wichtigste. (...) Mehmet O. wusste bei der Vernehmung nicht, wen er da identifizierte. „Die Beamten haben gemeint, bis die Sache geklärt wird, bitte nicht mit den Medien reden, nicht, dass unsere Ermittlungen kaputt gehen. Sie haben gesagt, sie melden sich wieder“. Gemeldet haben sich die Beamten nicht mehr. Es ist nun das erste Mal, dass Mehmet O. mit Journalisten spricht. Erst durch das Rechercheteam erfährt der 38-Jährige, dass er Susann E. identifiziert hatte. Mit diesen Erkenntnissen konfrontiert, zeigt er sich erschüttert, dass sich die Ermittler offenbar nicht sonderlich für die Frau aus Zwickau interessieren.“ (Pressemitteilung des Bayrischen Rundfunks vom 26. Juni 2018). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3664 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche Ermittlungsergebnisse erlangte das Landeskriminalamt Bayern und die örtliche Polizei in Nürnberg sowie ggf. das Bundeskriminalamt (BKA) 1999 nach dem Sprengstoffanschlag auf die Gaststätte „Pilsbar Sonnenschein “ nach Kenntnis der Bundesregierung? Die damaligen Ermittlungen kamen zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Sprengsatz um ein Selbstlaborat in Form einer Taschenlampe gehandelt hat. Täter und Motiv konnten damals nicht ermittelt werden. 2. Gab es nach Kenntnis der Bundesregierung 1999 eine Mitteilung bzw. Anfrage beim Tatmitteldienst (TMD) des BKA bezüglich der unkonventionellen Sprengvorrichtung nach dem Anschlag auf die „Pilsbar Sonnenschein“, und welche Ergebnisse haben mögliche Anfragen beim TMD gegebenenfalls gebracht? Es erfolgte eine Mitteilung zum Tatmitteldienst (TMD) beim Bundeskriminalamt (BKA). Weitere Erkenntnisse dazu sind den Akten nicht zu entnehmen und auch beim TMD aufgrund abgelaufener Speicherfristen nicht mehr recherchierbar. 3. War der Sprengstoffanschlag 1999 auf die Gaststätte „Pilsbar Sonnenschein“ nach Kenntnis der Bundesregierung ein Prüffall bei der Generalbundesanwaltschaft , und wenn ja, zu welchen Ergebnissen ist die Generalbundesanwaltschaft gekommen? Der Sprengstoffanschlag in Nürnberg war kein Prüffall der Bundesanwaltschaft. 4. Waren 1999 das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) und/ oder das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) nach Kenntnis der Bundesregierung mit dem angeführten Bombenanschlag befasst, und zu welchen Erkenntnissen sind das bayerische LfV und das BfV gegebenenfalls gekommen ? Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz wurde von dem Anschlag in Kenntnis gesetzt. Weitere Erkenntnisse liegen dazu nicht vor. 5. Wurde 1999 nach Kenntnissen der Bundesregierung aufgrund des türkischen Migrationshintergrunds des Besitzers der „Pilsbar Sonnenschein“ auch wegen eines möglichen rassistischen Hintergrunds des Bombenanschlags ermittelt ? Die Ermittlungen erfolgten offen, ein politischer Hintergrund wurde nicht ausgeschlossen und der polizeiliche Staatsschutz wurde in die Ermittlungen miteinbezogen . 6. Wann genau hat der Generalbundesanwaltschaft (GBA) nach Kenntnis der Bundesregierung die Ermittlungen nach der Aussage von Carsten S. am 11. Juni 2013 vor dem OLG München zu dem Bombenanschlag des NSU 1999 auf die „Pilsbar Sonnenschein“ in Nürnberg aufgenommen? Die Bundesanwaltschaft hat noch am 11. Juni 2013 das BKA um Ermittlungen ersucht und am 13. Juni 2013 ein Ermittlungsverfahren gegen Beate Zschäpe eingeleitet . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3664 7. Welche Spuren wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bei den Ermittlungen vom BKA und GBA verfolgt, und wie viele Zeugen wurden dazu insgesamt nach dem 11. Juni 2013 befragt? Neben den Ermittlungen zu Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe haben die Ermittlungsbehörden Abklärungen zu weiteren Personen und zu weiteren möglichen Anschlägen getroffen und zehn Personen als Zeugen befragt. 8. Gab es nach dem 11. Juni 2013 einen Abgleich des in Nürnberg verwendeten Sprengmittels durch den TMD, und zu welchem Ergebnis kam dieser Abgleich gegebenenfalls? Die den TMD betreuende Fachdienststelle des BKA hat eine bundesweite Recherche zu Sprengsätzen, bei welchen eine Taschenlampe verwendet wurde, durchgeführt und die entsprechenden Daten den Ermittlungsbeamten für weitere Ermittlungen zugeliefert. Nach den durchgeführten Ermittlungen wurde dem NSU kein weiterer Fall zugeordnet. 9. Gab es eine Lichtbildvorlage seitens des BKA für das Opfer des Anschlags, und welches Ergebnis hatte diese Lichtbildvorlage? Es erfolgte eine Wahllichtbildvorlage. Der Geschädigte gab an, dass ihm mehrere Personen bekannt vorkämen. 10. Trifft die in der Vorbemerkung zitierte Behauptung zu, dass das Opfer Mehmet O. bei der Lichtbildvorlage eine Person wiedererkannt haben will und es sich hierbei um Susanne E. handelt? Der Geschädigte erinnerte sich neben weiteren Personen an eine Frau mit dem Aussehen von S. E. 11. Welche weiteren Ermittlungsschritte wurden vom BKA aufgrund dieser Aussage des Zeugen Mehmet O. eingeleitet? Gab es eine Vernehmung von Susanne E., in der sie mit der Aussage von Mehmet O. konfrontierte wurde? Was war das Ergebnis dieser Vernehmung? Wenn es keine solche Vernehmung gab, was waren die Gründe dafür, von einer solchen Vernehmung abzusehen? Die Beschuldigte S. E. wurde nicht erneut vernommen, weil der Zeuge Mehmet O. seine Wahrnehmung (eine Frau dieses Aussehens einmal gesehen zu haben) weder zeitlich noch örtlich noch situativ zuordnen konnte, so dass eine sinnvolle Befragung ebenso wie sinnvolle weitere Ermittlungen unmöglich waren . Hinzu kommt, dass der Anschlag nach den durchgeführten Ermittlungen von Böhnhardt und Mundlos im Jahr 1999 begangen wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatten Böhnhardt und Mundlos die Beschuldigte S. E. noch nicht kennengelernt. Im Übrigen weicht das damalige Aussehen von S. E. von dem vorgelegten Lichtbild altersbedingt ab. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3664 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 12. Welche weiteren Ermittlungsschritte wurden vom BKA nach dem 11. Juni 2013 unternommen, um die Hintergründe des Bombenanschlags in Nürnberg aufzuklären? Das Tatmittel wurde kriminaltechnisch untersucht. Es erfolgten Zeugenvernehmungen , Auswertungen von Asservaten und Daten aus dem sogenannten NSU- Komplex, Auswertungen der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Nürnberg sowie von gesonderten Verfahrensakten, Ermittlungen zu weiteren Personen und Anfragen bei den Verfassungsschutzämtern. Der Beschuldigten Z. wurde Gelegenheit gegeben, sich zum Tatvorwurf zu äußern. 13. Wurden dem 3. Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages (18. Wahlperiode ) zum NSU die Akten des GBA zu den Ermittlungen des Bombenanschlags des NSU im Jahre 1999 auf die „Pilsbar Sonnenschein“ in Nürnberg vorgelegt, und wenn ja, wie viele, und wenn nein, warum nicht? Die Ermittlungsakten der Bundesanwaltschaft (2 BJs 29/13-2, 3 Leitzordner) wurden dem NSU-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags (18. Wahlperiode ) am 12. Januar 2016 komplett in elektronischer Form vorgelegt. 14. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung die Ermittlungen des GBA gegen Susann E. wegen mutmaßlicher Beteiligung an dem Sprengstoffanschlag eingestellt, und wenn ja, mit welcher Begründung? Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen S. E. wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung dauern an. Eine Beteiligung an dem Sprengstoffanschlag in Nürnberg wird der Beschuldigten nicht vorgeworfen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333