Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 31. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3665 19. Wahlperiode 02.08.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Gohlke, Jutta Krellmann, Dr. Petra Sitte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/3427 – Unfallversicherungsschutz Promovierender V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Promovierende sind im Rahmen ihrer promotionsbezogenen Tätigkeit sehr unterschiedlich und den Regelungen verschiedener Versicherungsträger entsprechend , zum Teil aber auch gar nicht versicherungstechnisch abgesichert (vgl. Bundestagsdrucksache 17/9639). Besonders an so genannten An-Instituten, die von Hochschulen gegründet, ihnen aber nur angegliedert sind, scheint die Frage der Verantwortung für den Versicherungsschutz Promovierender, die sich nicht in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem Institut befinden, den Beteiligten – Promovierenden, Hochschulen wie Institutsleitungen – immer wieder unklar zu sein. Die Hinweise und Warnungen von Verbänden (z. B. www.gew.de/fileadmin/ media/publikationen/hv/Hochschule_und_Forschung/Broschueren_und_Ratgeber/ Ratgeber_Sozialversicherung_fuer_Promovierende.pdf) erreichen nicht alle Betroffenen. In Einzelfällen muss immer wieder gerichtlich geklärt werden, ob oder welchen Unfallversicherungsschutz verunglückte Promovierende genießen . Deren Risiko, körperliche Verletzungen zu erleiden, ist besonders hoch in bestimmten naturwissenschaftlichen und medizinischen Fächern. 1. Welche Hochschulen unterhalten bzw. betreiben nach Kenntnis der Bundesregierung so genannte An-Institute (bitte nach Bundesländern sowie Fachbereichen bzw. Fakultäten aufschlüsseln)? 2. Wie viele Promovierende waren nach Kenntnis der Bundesregierung im letzten statistisch erfassten Ein-Jahres-Zeitraum als Teil ihrer Promotion in so genannten An-Instituten tätig? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3665 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Wie viele Personen haben nach Kenntnis der Bundesregierung im letzten statistisch erfassten Ein-Jahres-Zeitraum in den Fächern Human- sowie Veterinärmedizin , Chemie, Pharmakologie promoviert? Nach der amtlichen Statistik haben in 2016 insgesamt 6 373 Personen in der Humanmedizin , 468 in der Veterinärmedizin, 2 292 in Chemie und 415 in Pharmazie eine Promotion erfolgreich abgeschlossen. 4. Wie viele dieser Personen haben nach Kenntnis der Bundesregierung ihre Promotion studienbegleitend begonnen? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. 5. Geht die Bundesregierung davon aus, dass Promovierende grundsätzlich und ausnahmslos unfallversichert sind? Wenn ja, welche rechtliche Grundlage sieht die Bundesregierung hierfür? 6. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Sozial- und Unfallversichertenstatus Promovierender, insbesondere im Bereich der Human- sowie Veterinärmedizin , die nicht aufgrund eines dem Zwecke ihrer Promotion dienenden Arbeitsverhältnisses sozial- und unfallversichert sind? Die Fragen 5 und 6 werden gemeinsam beantwortet. Die Zugehörigkeit zum versicherten Personenkreis ist nicht von der Eigenschaft als Promovierende abhängig, sondern vom sozialversicherungsrechtlichen Status. Promovierende können nach verschiedenen Tatbeständen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Für immatrikulierte Promovierende besteht Versicherungsschutz als Studierende nach § 2 Absatz 1 Nummer 8c des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII), wenn sie ihre Tätigkeit mit dem Ziel der Erstellung ihrer Abschlussarbeit innerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Hochschule ausüben. Es muss ein unmittelbarer zeitlicher und räumlicher Zusammenhang mit der Hochschule und ihren Einrichtungen bestehen. Für die Beurteilung des Unfallversicherungsschutzes ist auch zu berücksichtigen, ob die Hochschule wesentlichen Einfluss auf die Art und Weise der Durchführung der Tätigkeit hat. Dahinter steht die Überlegung, dass einer Hochschule keine unfallversicherungsrechtliche Verantwortung zugemutet werden kann, wenn keine Möglichkeit besteht, eventuell drohenden Gefahren vorbeugend zu begegnen. Im Falle eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen den Promovierenden und der Hochschule, der Forschungseinrichtung oder einem Unternehmen besteht Versicherungsschutz als Beschäftigte nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 SGB VII. Voraussetzung ist, dass eine Eingliederung des Promovierenden in den Betriebsablauf vorliegt. Weitere Indizien für eine Beschäftigung sind das Vorliegen eines Arbeitsvertrages sowie eine Entgeltzahlung. Für einzelne Tätigkeiten (z. B. ein kurzfristiges Einspringen bei einer Störung) kommt auch Versicherungsschutz als sogenannte Wie-Beschäftigte nach § 2 Absatz 2 SGB VII in Betracht. Darüber hinaus kann sowohl auf der Stätte der Hochschule als auch auf der Unternehmensstätte (einschl. der Forschungsinstitute) Versicherungsschutz nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 SGB VII i. V. m. der Satzung des zuständigen Unfallversicherungsträgers bestehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3665 Die unterschiedlichen tatsächlichen Ausgestaltungen im Zusammenspiel zwischen den Promovierenden, den Hochschulen und anderen Beteiligten, insbesondere Unternehmen, Forschungsinstituten und An-Instituten lassen eine generelle Aussage zur Versicherteneigenschaft nicht zu. Maßgeblich sind die tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall. 7. Sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf hinsichtlich des in der Praxis oft fehlenden Unfallversicherungsschutzes Promovierender, besonders in potentiell gefahrenträchtigen Fächern wie der Human- sowie Veterinärmedizin , Pharmakologie oder der Chemie? Wenn nicht, warum nicht? 8. Sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf im Hinblick auf den auf Bundestagsdrucksache 17/9639 als Antwort zu den Fragen 8 und 9 dargelegten Tatbestand, dass zwar „die meisten gewerblichen Berufsgenossenschaften und viele Unfallkassen“, aber tatsächlich nicht alle, von der Möglichkeit Gebrauch machen, Promovierende kraft Satzung zu versichern, so dass bei Weitem nicht alle Promovierenden Unfallversicherungsschutz genießen? Wenn nicht, warum nicht? 9. Sieht die Bundesregierung eine praktikable Möglichkeit, Promovierende in den Genuss eines Unfallversicherungsschutzes kommen zu lassen, in deren Aufnahme in die in § 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch aufgeführten Gruppen? Wenn nicht, warum nicht? 10. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung von Anzahl, Art und Schwere der Unfälle, die Promovierende bei ihrer promotionsbezogenen Tätigkeit in den vergangenen zehn Jahren erlitten haben? Die Fragen 7 bis 10 werden gemeinsam beantwortet. Eine gesonderte Erfassung von Promovierenden in den Statistiken der gesetzlichen Unfallversicherung erfolgt nicht. Daher sind Angaben zu Anzahl, Art und Schwere der Unfälle von Promovierenden nicht möglich. Auf Grund der unterschiedlichen Ausgestaltung des konkreten Einzelfalls und den daraus resultierenden Möglichkeiten zur Zugehörigkeit zum versicherten Personenkreis der gesetzlichen Unfallversicherung ist auch keine Aussage möglich, in welchem Umfang Promovierende nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen . Die Mehrheit der in Betracht kommenden Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand (Unfallkassen) erfassen den angesprochenen Personenkreis durch ihre Satzungsbestimmungen auf Grundlage des § 3 Absatz 1 Nummer 2 SGB VII. Der Unfallversicherungsschutz besteht somit kraft Satzung. Bei zwei Trägern ist dieser satzungsmäßige Versicherungsschutz auf der Unternehmensstätte jedoch von einem Antrag der Unternehmen abhängig. Lediglich bei zwei Unfallkassen ist die Satzungsbestimmung so gestaltet, dass der angesprochene Personenkreis nicht darunter subsumiert werden kann. Die Möglichkeit, Versicherungsschutz kraft Satzung zu begründen, wird damit in diesem Bereich bereits ganz überwiegend genutzt. Ob und in welchem Umfang die Unfallversicherungsträger von ihrem Satzungsrecht Gebrauch machen, entscheiden sie in eigener Verantwortung. Der Gesetzgeber hat bewusst die Beurteilung, ob in bestimmten Bereichen oder im gesamten Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3665 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Zuständigkeitsbereich eines Trägers ein soziales Schutzbedürfnis für eine Pflichtversicherung besteht, den unmittelbar Betroffenen übertragen, weil sie sowohl die regionale als auch die branchenbezogene und tätigkeitsspezifische Notwendigkeit sowie die Zweckmäßigkeit am sachkundigsten beurteilen können. 11. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die unterschiedliche Praxis des Unfallversicherungsschutzes für Promovierende in den einzelnen Bundesländern bzw. Regionen? Eine generell unterschiedliche Auslegung des Unfallversicherungsschutzes für Promovierende durch die Träger der Unfallversicherung liegt nach Kenntnis der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) als Spitzenverband der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen nicht vor. Es ist Aufgabe der DGUV, eine einheitliche Rechtsanwendung durch die Mitglieder sicher zu stellen. Dies und die Rechtsprechung insbesondere des Bundessozialgerichts gewährleisten die einheitliche Auslegung der maßgebenden gesetzlichen Vorschriften. 12. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass, aufgrund der ungeklärten bzw. oftmals strittigen Stellung von An-Instituten zwischen Hochschulanbindung und Eigenständigkeit, der Versicherten- und insbesondere der Unfallversichertenstatus von Promovierenden, die dort im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer Promotion tätig sind, unklar und immer wieder gerichtlich umstritten ist? Der Begriff der An-Institute wird für unterschiedliche rechtliche Konstruktionen verwendet, so dass allgemeingültige Aussagen dazu praktisch nicht möglich sind. Hinsichtlich der Möglichkeiten des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes Promovierender wird auf die Antwort zu den Fragen 5 und 6 verwiesen. Es ist Aufgabe der Unfallversicherungsträger, im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht den Versicherungsschutz aufgrund der tatsächlichen Ausgestaltung des jeweiligen Einzelfalles zu prüfen. In den letzten 10 Jahren sind nach Kenntnis der Bundesregierung vier Urteile ergangen, die sich mit der Frage des Unfallversicherungsschutzes während der Promotion befassten, hiervon jeweils ein Urteil in 2014 und 2012 und zwei Urteile in 2011 (Sächsisches LSG vom 12. März 2014 – L 6 U 220/11, LSG Berlin-Brandenburg vom 10. Mai 2012 – L 3 U 615/08, Hessisches LSG vom 20. September 2011 – L 3 U 142/07, LSG Rheinland-Pfalz vom 14. Juli 2011 – L 5 U 240/10). Seit 2014 ist kein weiteres Urteil mehr bekannt geworden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333