Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 30. Juli 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3669 19. Wahlperiode 01.08.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kerstin Kassner, Dr. Gesine Lötzsch, Lorenz Gösta Beutin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/3426 – Pfandfreier Dosenverkauf im deutsch-dänischen Grenzhandel V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit dem 1. Januar 2003 gilt eine bundesweite Pfandpflicht für Getränkedosen in Deutschland. Dennoch verkaufen seit nunmehr über 15 Jahren sogenannte Bordershops im deutsch-dänischen Grenzhandel Getränkedosen pfandfrei an skandinavische Kunden. Die skandinavischen Kunden müssen hierzu ihren Wohnsitz in einem skandinavischen Land nachweisen und die von den Grenzgeschäften selbst ausgestellten Exporterklärungen ausfüllen. Jährlich kaufen dänische Kundinnen und Kunden so mindestens 650 Millionen Dosen Bier sowie Softdrinks in den deutschen Bordershops (vgl. www.welt.de/regionales/hamburg/ article153314558/Daenen-und-Deutsche-streiten-ueber-Dosenpfand.html). Die pfandfreien Dosen führen zu einer erheblichen Belastung der Umwelt, da der Anreiz zur Rückgabe der Dosen entfällt. Zwei von drei in deutschen Bordershops gekauften Dosen werden nicht ordnungsgemäß entsorgt und somit auch nicht recycelt. Bei einer aktuellen Sammelaktion des dänischen Naturschutzverbandes , Danmarks Naturfredningsforening, welche auch die zuvor gemachten Erfahrungen bei vergleichbaren Aktionen widerspiegelt, wurden nachweislich 90 Prozent aller in der dänischen Natur gesammelten Dosen in deutschen Bordershops gekauft (siehe www.dn.dk/nyheder/graensebajere-givernaturen -tommermaend/). Mit dem Wegfall der gesetzlichen Pfandpflicht auf Getränkedosen erhalten deutsche Bordershops einen Wettbewerbsvorteil sowohl gegenüber deutschen als auch dänischen Einzelhandelsunternehmen, da auch in Dänemark eine Pfandpflicht besteht. Ferner entgehen durch die derzeitige Praxis auch dem deutschen Staat Steuereinnahmen. Im Mai 2015 unterzeichneten die Umweltminister Dänemarks, Deutschlands und Schleswig-Holsteins ein Abkommen, welches das bestehende Problem des Verkaufes von pfandfreien Dosen in Norddeutschland lösen sollte. Auf die in den deutschen Bordershops verkauften Dosen soll das dänische Pfand – mit entsprechendem dänischen Pfandsiegel – erhoben werden, wobei hierauf die deutsche Mehrwertsteuer erhoben wird. Die Bordershopbetreiberinnen und Bordershopbetreiber können die entrichtete Mehrwertsteuer in ihrer Steuererklärung Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3669 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode nicht geltend machen, da an sie keine Pfanddosen zurückgegeben werden. Ferner ist Mecklenburg-Vorpommern nicht Teil des Abkommens, obwohl auch in Mecklenburg-Vorpommern Bordershops existieren. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Ursache für den sogenannten Grenzhandel mit Getränken an der dänisch-deutschen Grenze ist die unterschiedliche Besteuerung insbesondere von alkoholhaltigen Getränken in Dänemark und in Deutschland. Sie führt dazu, dass dänische Bürger – neben vielen anderen Produkten – vor allem auch Getränke im grenznahen Raum in Deutschland in Schleswig-Holstein und in geringerem Umfang in Häfen in Mecklenburg-Vorpommern einkaufen. Nach Kenntnis der Bundesregierung handelt es sich dabei zum allergrößten Teil um in Dänemark abgefülltes Bier und weitere Getränke, die von dänischen Erzeugern hergestellt werden. Da die Abgabe der in Rede stehenden Gebinde ausschließlich an Kunden mit Wohnsitz in Dänemark erfolgt, die beim Erwerb der Getränke schriftlich versichern , diese ausschließlich außerhalb Deutschlands zu konsumieren und daher auch die restentleerten Gebinde ausschließlich außerhalb Deutschlands als Abfall anfallen, sehen die Vollzugsbehörden in Schleswig-Holstein und Mecklenburg- Vorpommern davon ab, die Pfandpflicht auch im Grenzhandel durchzusetzen. Nach Auffassung der Landesbehörden widerspricht diese Praxis den Zielen der deutschen Pfandpflicht, insbesondere bestehende Mehrwegsysteme zu fördern und restentleerte Einweggebinde in Deutschland in den deutschen Wirtschaftskreislauf zurückzugeben, in keiner Weise. Da in Dänemark einerseits eine Pfandpflicht für Einweggetränkeverpackungen gilt und andererseits in Dänemark kein mit dem deutschen dualen System vergleichbares flächendeckendes System der haushaltsnahen getrennten Erfassung von Verpackungsabfällen eingerichtet ist, tragen Dosen von ausländischen Vertreibern erheblich zum Littering bei und sie werden offenbar nur zu einem relativ geringen Teil einem hochwertigen Recycling zugeführt. Die dänischen und die schleswig-holsteinischen Behörden haben sich gemeinsam mit dem deutschen Bundesumweltministerium im Mai 2015 auf eine Lösung verständigt , die – als Alternative zur Erhebung und Erstattung des in Deutschland vorgeschriebenen Pfandes für Einweggetränkeverpackungen – das Einbeziehen der im Grenzhandel gekauften Dosen in das dänische Pfandsystem vorsieht. Nach diesem Konzept werden die Behörden in Schleswig-Holstein den Verzicht auf die Erhebung des deutschen Pfandes im Grenzhandel zukünftig nur noch insoweit akzeptieren, als stattdessen das dänische Pfand erhoben wird. Dafür soll die dänische Seite zunächst eine diskriminierungsfreie Gleichbehandlung der im Grenzhandel gekauften mit den in Dänemark erworbenen Getränkeverpackungen bei der Rücknahme und Pfanderstattung gewährleisten. Da es sich bei der im Mai 2015 unterzeichneten Gemeinsamen Erklärung der Umweltminister Dänemarks, Deutschlands und Schleswig-Holsteins nicht um einen völkerrechtlichen Vertrag handelt, ist nach der deutschen Vertragssprache deren Bezeichnung als „Abkommen“ unrichtig. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3669 1. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass Getränkedosen in deutschen Bordershops, die an Konsumenten mit skandinavischem Wohnsitz verkauft werden, der in Deutschland geltenden Pfandpflicht unterliegen (bitte begründen )? Vertreiber in Deutschland sind gemäß § 9 Absatz 1 Satz 1 der Verpackungsverordnung (VerpackV) grundsätzlich verpflichtet, von ihrem Abnehmer ein Pfand in Höhe von mindestens 0,25 Euro einschließlich Umsatzsteuer je verkaufter Einweggetränkeverpackung zu erheben. Eine Ausnahme hiervon ist in § 9 Absatz 1 Satz 2 VerpackV für den Fall geregelt, dass die Getränkeverpackungen nicht im Geltungsbereich der VerpackV an Endverbraucher abgegeben werden. Diese Ausnahme kommt damit nur zum Tragen, wenn es sich bei den Abnehmern ebenfalls um Vertreiber handelt, die die Getränkeverpackungen anschließend exportieren , um sie im Ausland an Endverbraucher zu verkaufen. Da es sich bei den Kunden der Grenzhändler jedoch ganz überwiegend um private Endverbraucher handelt, die die verpackten Getränke in Deutschland erwerben, um sie anschließend selbst, wenngleich im Ausland, zu konsumieren, und nicht um gewerbliche Händler, besteht nach Auffassung der Bundesregierung auch im Falle des Verkaufs an skandinavische Endverbraucher im Grenzhandel die Pflicht, ein Pfand zu erheben. 2. Weshalb wurde die seit dem 1. Januar 2003 geltende Pfandpflicht in den Bordershops nicht umgesetzt? Die Vollzugsbehörden in den Bundesländern Schleswig-Holstein und Mecklenburg -Vorpommern vertreten eine andere Rechtsauffassung im Hinblick auf den Grenzhandel als die Bundesregierung. Insbesondere vor dem Hintergrund der Ziele der Pfandpflicht, bestehende Mehrwegsysteme zu fördern und restentleerte Einweggetränkeverpackungen in Deutschland in den Wirtschaftskreislauf zurückzugeben , gehen die Vollzugsbehörden davon aus, dass die Pfandpflicht im Grenzhandel nicht anzuwenden ist, wenn die Abgabe der eigentlich pfandpflichtigen Getränkeverpackungen an Kunden mit Wohnsitz in Skandinavien, insbesondere in Dänemark, erfolgt, die beim Erwerb der Getränke in einer sog. „Exporterklärung für Einweggetränkeverpackungen“ schriftlich versichern, diese ausschließlich außerhalb Deutschlands zu konsumieren, so dass auch die restentleerten Gebinde ausschließlich außerhalb Deutschlands als Abfall anfallen. Sie sehen sich in ihrer Rechtsauffassung durch einen verwaltungsgerichtlichen Beschluss in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren aus dem Jahr 2003 bestätigt (Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 7. Juli 2003 – 12 B 30/03 –). Da der Vollzug der VerpackV und damit auch der deutschen Pfandregelung nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes den zuständigen Behörden der Bundesländer obliegt, hat die Bundesregierung keine eigenen Vollzugskompetenzen in dieser Hinsicht. Nur die nach Landesrecht zuständigen Behörden können die Bestimmungen der VerpackV – notfalls mit Verwaltungszwang – durchsetzen und bei Rechtsverstößen Bußgelder erheben. 3. Wieso bedurfte es der Verabschiedung eines gesonderten Abkommens im Mai 2015 trotz der seit dem 1. Januar 2003 geltenden Verpackungsverordnung für Einwegpfand? Auf die Erläuterung in der Vorbemerkung der Bundesregierung sowie auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3669 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Wie kam es zu dem Abkommen, und warum wurde bei dem Abkommen vom Mai 2015 nicht die Erhebung des deutschen Pfands beschlossen? Die dänische Regierung hat den deutschen Behörden die Lösung im Wege einer Gemeinsamen Erklärung vorgeschlagen. Mit der Erhebung des dänischen Pfandes wird den dänischen Verbrauchern ermöglicht, die im Grenzhandel erworbenen bepfandeten Getränkeverpackungen in räumlicher Nähe zu ihrem Wohnort zurückzugeben und dem Recycling zuzuführen, ohne sie über weite Strecken transportieren zu müssen. 5. Ist der Bundesregierung bekannt, dass das Abkommen vom Mai 2015 noch nicht umgesetzt wurde? Der Bundesregierung ist bekannt, dass die Voraussetzungen für die Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung noch nicht erfüllt sind. Die neue dänische Regierung unter dem Ministerpräsidenten Rasmussen hat die Umsetzungsbemühungen vorerst eingestellt. Sie beruft sich dabei unter anderem auf eine Beschwerde des dänischen Handelsverbands Dansk Erhverv wegen einer angeblichen rechtswidrigen Beihilfe an deutsche Grenzhändler aufgrund der Nichterhebung des deutschen Pfands, die aktuell noch bei der EU-Kommission anhängig ist. Die Bundesregierung steht zusammen mit der Landesregierung von Schleswig-Holstein hierzu in regelmäßigem Kontakt mit der dänischen Seite. 6. Welche konkreten Maßnahmen sind nach Auffassung der Bundesregierung erforderlich, um das bestehende Abkommen umzusetzen? Die Gemeinsame Erklärung sieht vor, dass zunächst auf dänischer Seite flächendeckend ein Netz handelsunabhängiger Rücknahmestellen aufgebaut wird, das eine diskriminierungsfreie Gleichbehandlung der im Grenzhandel gekauften mit den in Dänemark erworbenen Getränkeverpackungen bei der Rückgabe und Pfanderstattung gewährleistet. Dies ist bisher noch nicht erfolgt. 7. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass das Abkommen mit der Richtlinie über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (2006/112/EG) vereinbar ist, da gemäß dem Abkommen die anfallende deutsche Umsatzsteuer auf das zu erhebende dänische Pfand in Dänemark nicht erstattet werden kann? Wenn nein, warum nicht? Nach Auffassung der Bundesregierung steht die Gemeinsame Erklärung nicht im Widerspruch zu der Richtlinie über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (2006/112/EG). 8. Welche rechtliche Bindung entfaltet das Abkommen? Bei der Gemeinsamen Erklärung handelt es sich nicht um einen völkerrechtlichen Vertrag (Abkommen). Mit der Gemeinsamen Erklärung haben sich die zuständigen Behörden der dänischen und der schleswig-holsteinischen Regierung in rechtlich nicht verbindlicher Weise auf konkrete Schritte zur Lösung des Problems geeinigt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3669 9. Sollte nach Auffassung der Bundesregierung eine einheitliche Regelung gefunden werden, da das derzeitige Abkommen nicht von Mecklenburg-Vorpommern unterzeichnet wurde und in Mecklenburg-Vorpommern ebenfalls Bordershops existieren, die als Schlupfloch bei einer Umsetzung des Abkommens genutzt werden könnten (bitte begründen)? 10. Liegen der Bundesregierung Kenntnisse darüber vor, warum Mecklenburg- Vorpommern nicht Teil des von Dänemark, Deutschland und Schleswig- Holstein unterzeichneten Abkommens ist, obwohl auch dort Bordershops existieren? Aufgrund ihrer inhaltlichen Überschneidungen werden die Fragen 9 und 10 zusammen beantwortet. Es bestand bei der Gemeinsamen Erklärung Konsens darüber, dass eine Beteiligung des Landes Mecklenburg-Vorpommern nicht zwingend erforderlich ist. Eine Beteiligung von Mecklenburg-Vorpommern wäre jedoch möglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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