Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 1. August 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3703 19. Wahlperiode 06.08.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Beatrix von Storch, Dr. Bernd Baumann, Dr. Gottfried Curio, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/3479 – Abschiebungen und Wiedereinreise – Theorie und Praxis des Aufenthaltsrechts in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach Berichterstattung in „WELT ONLINE“ vom 24. April 2018 („Warum der Staat Bin Ladens Leibwächter nicht los wird“) scheiterte die Abschiebung des früheren Leibwächters Osama bin Ladens, Sami A., bisher daran, dass sein Herkunftsland Tunesien nicht zusichern will, dass „bei einer Rückkehr nach Tunesien weder Folter, Tod noch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht und seine Menschenwürde geachtet wird“. Im Vergleichsfall des Gefährders Hamza C. gelang die Abschiebung nach Algerien, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Mai 2018 entschieden hatte, dass eine Abschiebung auch in einen Staat möglich ist, dessen Rechtsordnung die Todesstrafe kennt, diese aber faktisch nicht angewendet wird. Es stellt sich die Frage, welche Hindernisse eine Abschiebung von Sami A. noch verzögern (www.welt.de/politik/ deutschland/article175790491/Gefaehrder-in-NRW-Warum-der-Staat-Bin-Ladens- Leibwaechter-nicht-loswird.html). In einem weiteren Fall (WELT ONLINE vom 11. Mai 2018, „Nur einer von 25 abgelehnten Asylbewerbern kehrt nach Afrika heim“) wurde publik, dass es nach der Abschiebung einer nepalesischen Familie namens Rana nicht mit rechten Dingen zugegangen sein könnte, nachdem diese Familie kurz nach Abschiebung wieder mit offiziellem Visum eingereist ist. Der Familienvater hatte die Abschiebung seit 1998 mit erheblicher krimineller Energie verhindert; sie konnte erst im Mai 2017 vollzogen werden, nachdem alle angerufenen Gerichte und die Härtefallkommission die Abschiebung als rechtens erlaubten. Der Duisburger Oberbürgermeister scheint mit Hilfe der Landesregierung die Ausländerbehörde seiner Stadt angewiesen zu haben, die Wiedereinreise zu ermöglichen , die schon im August 2017 wieder erfolgte. Dazu wurde ein Austauschprogramm mit der nepalesischen Stadt Lekhnath beschlossen, was offenbar die Ausstellung eines Visums nach § 16b Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes (Aufenth G) zum Schüleraustausch ermöglichte. Für die Eltern sei ein befristeter Aufenthaltstitel (gemeint ist wohl ein Visum) „zurechtgezimmert“ worden mit Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3703 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode einer dreijährigen Gültigkeit (www.welt.de/politik/deutschland/article176286725/ Migration-Abschiebung-abgelehnter-Asylbewerber-aus-Afrika-scheitert-oft.html? wtrid=onsite.onsitesearch und www.welt.de/politik/deutschland/plus167577146/ Abschiebung-ein-Fehler-Die-kriminellen-Methoden-von-Bivsis-Vater.html). In derselben Ausgabe wurde behauptet, 2017 hätten 8 210 Personen in Deutschland einen Asylantrag gestellt, die schon in einem anderen EU-Staat als asylberechtigt anerkannt worden waren, aber nur 10 Prozent davon wären in den Staat der Anerkennung zurückgekehrt bzw. rücküberstellt worden. 1. Welche Auswirkungen hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BverfG) vom Mai (2 BvR 632/18) im Fall des Hamza C. auf die Möglichkeit der Abschiebung von Sami A. nach Tunesien (www.welt.de/politik/deutschland/ plus167577146/Abschiebung-ein-Fehler-Die-kriminellen-Methoden-von- Bivsis-Vater.html)? Keine. 2. Wurde im Fall der Abschiebung des Hamza C. der algerische Herkunftsstaat vor der Abschiebung ebenfalls um Zusicherung ersucht, dass „bei einer Rückkehr nach Tunesien weder Folter, Tod noch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht und seine Menschenwürde geachtet wird“, und hat Algerien diese Zusicherung erteilt? Nein. 3. Wann wurde die Todesstrafe in Tunesien nach Kenntnis der Bundesregierung zuletzt vollstreckt, m. a. W. sind die Verhältnisse insoweit mit Algerien vergleichbar? Die letzte Vollstreckung fand nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 1991 statt. Seitdem befolgt Tunesien ein Moratorium über die Vollstreckung der Todesstrafe . Jede verhängte Todesstrafe wird in eine lebenslange oder zeitige Freiheitsstrafe umgewandelt. 4. Wäre eine Abschiebung nach dem Urteil des BVerfG nach Tunesien möglich , auch wenn die o. g. Zusicherung nicht erteilt wird? Die Bundesregierung beantwortet keine Fragen zu hypothetischen Sachverhalten. 5. Warum verbindet die Bundesregierung ihre Forderung an Tunesien nicht mit der Ankündigung, im Weigerungsfalle Entwicklungshilfezahlungen zu kürzen oder einzustellen? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 8 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/1086 wird verwiesen. 6. War die Abschiebeentscheidung für die nepalesische Familie Rana in Duisburg im Mai 2017 mit einer Wiedereinreisesperre verbunden, und wenn ja, wie lange war die Sperre befristet? Die Bundesregierung hat hierzu keine Erkenntnisse. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3703 7. Mit welcher Begründung wurde die Sperrfrist verkürzt oder aufgehoben, nachdem die Ausländerbehörde Duisburg im Rahmen ihrer Beteiligung nach § 31 der Aufenthaltsverordnung (AufenthV) der Erteilung eines Visums zustimmte ? Es handelt sich um die Entscheidung einer Landesbehörde, zu deren Begründung die Bundesregierung keine Auskunft geben kann. 8. Warum hat die Auslandsvertretung in Nepal – also eine Bundesbehörde – im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung nach § 71 Absatz 2 AufenthG der Erteilung eines Visums zugestimmt und damit eine rechtmäßige Abschiebung rückgängig gemacht, nachdem die Überprüfung des Falles hätte ergeben müssen, dass die eine Visumerteilung möglich scheinen lassenden Umstände gezielt dafür geschaffen wurden, die Abschiebeentscheidung rückgängig zu machen? Die für die Visumerteilung zuständige Auslandsvertretung prüft in jedem Einzelfall , ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums vorliegen. Es wird unter anderem festgestellt, ob aktuell bestehende Eintragungen im Ausländerzentralregister einer Visumerteilung entgegenstehen. Die Botschaft Kathmandu hat in den Visumverfahren der Familie Rana die zuständige Ausländerbehörde in Duisburg beteiligt und nach Prüfung, ob die ausländerrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, über die Visumanträge entschieden. 9. War die „Visumentscheidung Rana“ der diplomatischen Vertretung in Nepal Gegenstand von Diskussionen und einer Einzelfallentscheidung im zuständigen Referat des Auswärtigen Amts, m. a. W. hat sich die Botschaft vor Visumerteilung des Einverständnisses des Auswärtigen Amts versichert? Die Deutsche Botschaft Kathmandu hat die Bearbeitung der Visumanträge der Familie Rana in Abstimmung mit dem Fachreferat 509 des Auswärtigen Amtes vorgenommen. 10. Trifft die Darstellung in „DIE WELT“ vom 11. August 2017 zu, wonach der Duisburger Oberbürgermeister „mit Landesregierung in Düsseldorf und Auswärtigem Amt in Berlin“ alle Hebel in Bewegung setzte, m. a. W., kam es zur Ermöglichung einer schnellen Wiedereinreise zu einem darauf gerichteten , gezielten Zusammenwirken dieser drei Ebenen? Das Auswärtige Amt hat den Oberbürgermeister der Stadt Duisburg auf dortige Nachfrage informiert, dass die Entgegennahme und Bearbeitung von Visumanträgen der Familie Rana durch die Botschaft Kathmandu grundsätzlich möglich ist. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass die rechtlichen Grundlagen für eine Einreise in jedem Einzelfall geprüft werden müssen. 11. Wie rechtfertigt die Bundesregierung – wenn Frage 10 bejaht wird – dass das Auswärtige Amt eine Abschiebeentscheidung, die von den zuständigen Behörden fast 20 Jahre lang verfolgt worden war, praktisch und in kürzester Zeit konterkarierte? Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3703 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 12. Wie ist dieses Vorgehen mit Artikel 20 des Grundgesetzes (GG) vereinbar – wenn Frage 10 bejaht wird – wonach die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht gebunden ist, m. a. W. sieht die Bundesregierung keinen Verstoß gegen die Rechtsbindung, wenn Behörden und Staat nur zwei Monate nach einer rechtmäßigen Abschiebung diese Entscheidung faktisch durch die Ermöglichung der Wiedereinreise aufheben? Jeder Visumantrag wird anhand der rechtlichen Grundlagen geprüft, Visa werden nur erteilt, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen. 13. Auf welcher Rechtsgrundlage wurden die Visa für die Mitglieder der Familie Rana erteilt? Die minderjährige Tochter hat ein Visum zum Schulbesuch gemäß § 16 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung erhalten. Den Eltern wurden Visa gemäß § 7 Absatz 1 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes erteilt. 14. Trifft es zu, dass 2017 über 8 000 im europäischen Ausland als asylberechtigt anerkannte Personen in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, und sind diese Asylanträge unbeachtlich, unzulässig, oder werden diese Verfahren in herkömmlicher Weise geführt? Wurde bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen europäischen Staat internationaler Schutz (Flüchtlingsschutz oder subsidiärer Schutz) gewährt, ist der Asylantrag in Deutschland unzulässig. Dies gilt auch für sichere europäische Staaten, die nicht Mitglied der Europäischen Union, aber bereit sind, den Ausländer wieder aufzunehmen (§ 29 Absatz 1 Nummer 2 und 3 des Asylgesetzes). Im Jahr 2017 hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge etwa 8 000 auf diese Rechtsgrundlagen gestützte Entscheidungen getroffen. 15. Trifft es zu, dass von diesen über 8 000 Antragstellern fast alle in Deutschland bleiben, und worauf ist das zurückzuführen? Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse, dass der von den Fragestellern beschriebene Sachverhalt zutrifft. Vielmehr sind im Ausländerzentralregister nur 429 in Deutschland lebende Personen „als Flüchtling im Ausland anerkannt“ registriert , von denen keine im Jahr 2017 einen Asylantrag in Deutschland gestellt hatte. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333