Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 2. August 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3738 19. Wahlperiode 08.08.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Petra Pau, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/3522 – Antisemitische Straftaten im zweiten Quartal 2018 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Zahl der antisemitischen Straftaten bewegt sich in der Bundesrepublik Deutschland weiter auf einem hohen Niveau. Es ist zu beobachten, dass der militante Rechtsextremismus unverhohlen zur Schändung jüdischer Einrichtungen aufrufen und jüdische Personen offen bedrohen kann. Der ehemalige NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt äußerte sich beispielsweise über das Holocaust-Mahnmal in Berlin: „Für uns ist das kein Holocaust -Gedenkmal, sondern wir bedanken uns dafür, dass man uns dort jetzt schon die Fundamente der neuen deutschen Reichskanzlei geschaffen hat.“ (ARD-Sendung „REPORT MAINZ“ vom 4. Oktober 2004). Es ist aber auch zu beobachten, dass immer mehr Personen und Organisationen aus dem konservativen Lager und aus der Grauzone zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus offen dazu übergehen, den Holocaust zu leugnen und antisemitische Hetze zu betreiben. In seiner Abschiedsvorlesung am 21. Oktober 2010 im Lichthof der Technischen Universität Berlin äußerte Prof. Dr. Wolfgang Benz zu anderen Formen des Antisemitismus: „Akut ist der Antizionismus, der an sich nicht mit Antisemitismus gleichgesetzt werden darf, sich aber durch fanatische Parteinahme gegen Israel und durch die Übernahme von judenfeindlichen Stereotypen und Argumentationsmustern (‚Weltherrschaftsstreben‘, Verschwörungsphantasien) zu einer aktuellen Sonderform der Judenfeindschaft entwickelt hat, die derzeit größte Verbreitung findet. Der Nahost-Konflikt hat mit der dritten Intifada eine Dimension weitab vom eigentlichen Schauplatz Israel/Palästina erhalten. Die Solidarisierung junger Muslime mit den Palästinensern in Frankreich und Belgien , den Niederlanden und Großbritannien, Staaten mit einem verhältnismäßig großen Bevölkerungsanteil arabisch-islamischer Herkunft, äußert sich nicht nur in israelfeindlicher Propaganda und in Demonstrationen bis hin zu Ausschreitungen , es wird dabei auch traditioneller Antisemitismus instrumentalisiert.“ Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3738 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass sich alle Zahlen derzeit in der Abstimmung mit den Ländern befinden und noch nicht endgültig feststehen. Aufgrund von Nachmeldungen und Korrekturen sind noch (teilweise erhebliche) Veränderungen möglich. 1. Wie viele antisemitische Straftaten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im zweiten Quartal 2018 verübt (bitte nach Anzahl, Art und Motivation der Straftat und Bundesländern aufschlüsseln)? Im zweiten Quartal 2018 wurden nach Kenntnis der Bundesregierung insgesamt 236 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund gemeldet. Darunter waren 9 Gewalttaten und 47 Propagandadelikte. Verteilung der Politisch motivierten Kriminalität mit antisemitischem Hintergrund : PMK -rechts- PMK -links- PMK -ausländische Ideologie- PMK -religiöse Ideologie- PMK -nicht zuzuordnen- Land Gewalt- taten Sonstige Straftaten Gewalttaten Sonstige Straftaten Gewalttaten Sonstige Straftaten Gewalttaten Sonstige Straftaten Gewalttaten Sonstige Straftaten BB 1 11 - - - - - - - - BE 1 39 1 2 - 7 2 - - 2 BW 1 19 - - - 1 - - - 2 BY 1 18 - - - 1 - - - 2 HB - 0 - - - - - - - - HE - 2 - - - - - - - - HH - 5 - 1 - - - - - 10 MV 1 12 - - - - - - - - NI - 23 - - - - - 2 - 1 NW - 13 - - - - - - - - RP - 8 - - - - - - - - SH - 1 - 1 - - - - - - SL - 3 - - - - - - - - SN - 22 - - - - 1 - - - ST - 11 - - - - - - - - TH - 8 - - - - - - - - Summe 5 195 1 4 0 9 3 2 0 17 2. Wie viele Tatverdächtige wurden nach Kenntnis der Bundesregierung wegen antisemitischer Straftaten im zweiten Quartal 2018 festgenommen (bitte nach Bundesländern, Art und Motivation der Straftaten aufschlüsseln)? Zu den im zweiten Quartal 2018 erfassten 236 politisch motivierten Straftaten mit antisemitischem Hintergrund wurden insgesamt 90 Tatverdächtige ermittelt. Es gab vier Festnahmen. Es wurde kein Haftbefehl erlassen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3738 Verteilung der ermittelten Tatverdächtigen und festgenommenen Personen: PMK -rechts- PMK -links- PMK -ausländische Ideologie- PMK -religiöse Ideologie- PMK -nicht zuzuordnen- Land T VF H T VF H T VF H T VF H T VF H BB 7 - - - - - - - - - - - - - - BE 14 - - - - - 3 - - 1 - - 1 - - BW 4 - - - - - 1 - - - - - - - - BY 12 1 - - - - 1 - - - - - 2 - - HB - - - - - - - - - - - - - - - HE - - - - - - - - - - - - - - - HH - - - - - - - - - - - - - - - MV 6 - - - - - - - - - - - - - - NI 11 - - - - - - - - 2 - - - - - NW 1 - - - - - - - - - - - - - - RP 5 2 - - - - - - - - - - - - - SH - - - - - - - - - - - - - - - SL 3 - - - - - - - - - - - - - - SN 9 - - - - - - - - - - - - - - ST 2 - - - - - - - - - - - - - - TH 5 1 - - - - - - - - - - - - - Summe 79 4 0 0 0 0 5 0 0 3 0 0 3 0 0 T = Tatverdächtige, VF = vorläufige Festnahme, H = Haftbefehle Eine Auswertung der Verteilung von Tatverdächtigen auf Straf- und Gewaltdelikte erfolgt bei vorläufigen Zahlen nicht. 3. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden nach Kenntnis der Bundesregierung wegen antisemitischer Straftaten im zweiten Quartal 2018 eingeleitet (bitte nach Bundesländern, Art und Motivation der Straftaten aufschlüsseln)? 4. In wie vielen Fällen wurden die Ermittlungen nach Kenntnis der Bundesregierung eingestellt (bitte nach Bundesländern, Art und Motivation der Straftaten aufschlüsseln)? 5. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung wegen antisemitischer Straftaten in diesem Zeitraum zu welchen Strafen verurteilt (bitte nach Bundesländern, Art und Motivation der Straftaten aufschlüsseln)? Die Fragen 3 bis 5 werden gemeinsam beantwortet. Hierzu liegen der Bundesregierung keine Angaben vor. Auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., „Rechtsextreme Gewalttaten und Ermittlungsverfahren gegen rechtsextremistische Straftäter in den Jahren 2003, 2004 und 2005“, auf Bundestagsdrucksache 16/1353 wird verwiesen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3738 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bei Überfällen mit antisemitischer oder zu vermutender antisemitischer Motivation a) leicht verletzt, b) schwer verletzt bzw. c) getötet (bitte nach Bundesländern und Motivation der Straftat aufschlüsseln)? Im zweiten Quartal 2018 wurden gemäß der Angaben des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes „Politisch motivierte Kriminalität“ zwei Personen infolge einer politisch motivierten Straftat mit antisemitischem Hintergrund verletzt. Es wurde kein Todesopfer gemeldet. 7. Welcher materielle Schaden entstand nach Kenntnis der Bundesregierung bei den antisemitischen Straftaten (bitte nach Schadenshöhe, Art der Motivation und Bundesländern aufschlüsseln)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Angaben vor. 8. Welche Nachmeldungen hat es zu den in den Fragen 1 bis 7 erfragten Sachverhalten für das erste Quartal 2018 gegeben? Eine automatisierte Erhebung der Nachmeldungen für das erste Quartal 2018 aus der BKA-Fallzahlendatei LAPOS ist nicht möglich. 9. Welche gezielten bundesweiten Operationen der Polizei hat es wegen überregionaler antisemitischer Straftaten mit welchem Ergebnis gegeben? Die Bundesregierung erteilt keine Auskünfte zu operativen polizeilichen Maßnahmen im Rahmen von Ermittlungsverfahren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333