Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 6. August 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3750 19. Wahlperiode 08.08.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/3518 – Test zur biometrischen Gesichtserkennung am Bahnhof Berlin-Südkreuz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mit großem, auch kritischem Echo aus Öffentlichkeit, bürger- und datenschutzrechtlichen Initiativen begann am 1. August 2018 ein Pilotversuch am Berliner Bahnhof Südkreuz. Hierbei wurden bestimmte Bereiche des Bahnhofs mit Videokameras überwacht, deren Aufnahmen anschließend zumindest mit einer Datenbank mit den biometrischen Vergleichsdaten abgeglichen wurde. Verschiedenen vollmundigen Ankündigungen und Behauptungen über die angeblichen Erfolge folgte dann die dürftige Information von Öffentlichkeit und Parlament. Im Ergebnis ist völlig unklar, ob sich diese Methodik überhaupt bewehrt hat oder ob insbesondere durch Fehlidentifikation bei einer Ausweitung der Technik eine Vielzahl unbescholtene Reisende als scheinbar gefährlich gebrandmarkt würden (netzpolitik.org vom 20. Dezember 2017, „De Maizière plant flächendeckende Gesichtserkennung trotz hoher Fehlerquoten am Südkreuz“, https://netzpolitik.org/2017/de-maiziere-plantflaechendeckende -gesichtserkennung-trotz-hoher-fehlerquoten-am-suedkreuz/). Inzwischen wurde bekannt, dass die Deutsche Bahn AG, die sich an dem Projekt beteiligt hat, derlei Verfahren gerne selbst einsetzen möchte, um eine Situations - und Verhaltensanalyse zu ermöglichen (https://bieterportal.noncd.db.de/ portal/Disclosure/DetailLegal?cryptedId=ycu3mSI6-yWd5iH36Y2tGntSuD41k jtG). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Im Rahmen des gemeinsamen Pilotprojektes „Sicherheitsbahnhof Berlin Südkreuz “ von Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Deutsche Bahn AG ist vereinbart worden, den Nutzen von intelligenter Videoanalysetechnik für polizeiliche und unternehmerische Zwecke zu erproben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3750 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Das Projekt „Intelligente Videoanalyse“ gliedert sich in zwei Teilprojekte: In einem ersten Pilotprojekt wird ohne Beteiligung der Deutsche Bahn AG der Nutzen von biometrischer Gesichtserkennungstechnik in Live-Videoströmen der Überwachungskameras der Deutsche Bahn AG für polizeiliche Zwecke getestet. Dieses Teilprojekt hatte am 1. August 2017 begonnen und endete nunmehr nach einem Jahr am 31. Juli 2018. In diesem einjährigen Erprobungszeitraum konnten auch sämtliche Jahreszeiten, Witterungsbedingungen und Lichtverhältnisse dargestellt werden. Der Test wurde ausschließlich mit freiwilligen Teilnehmerinnen und Teilnehmern durchgeführt. Nach Abschluss des Testzeitraumes des Teilprojektes 1 zum 31. Juli 2018 werden die Ergebnisse durch Mitarbeiter des Bundespolizeipräsidiums insgesamt ausgewertet . Nach Abschluss der Auswertung ist die Veröffentlichung der Ergebnisse geplant. Danach folgt die Prüfung weiterer Schritte hinsichtlich einer möglichen Einführung dieser Technik aus rechtlicher, organisatorischer, personeller und finanzieller Hinsicht. Nach vorläufiger Einschätzung können bereits zum jetzigen Zeitpunkt positive Rückschlüsse auf den polizeifachlichen Nutzen der Gesichtserkennungssysteme gezogen werden. Im Anschluss an den Test der Gesichtserkennungssysteme sollen in einem zweiten Pilotprojekt voraussichtlich ab Oktober 2018 intelligente Videoanalysesysteme für die Behandlung und Auswertung verschiedener Gefahrenszenarien erprobt werden. Dabei sollen u. a. Gefahrensituationen wie das Erkennen hilfloser Personen oder stehengelassener Gegenstände automatisiert erkannt und gemeldet werden. In Abhängigkeit der Ergebnisse dieser Erprobung werden im Anschluss an die Auswertung in Abhängigkeit des polizeilichen Nutzens weitere Schritte hinsichtlich einer möglichen Einführung erfolgen. Die Federführung für dieses Teilprojekt liegt bei der Deutsche Bahn AG. Nach einer Marktanfrage der Deutschen Bahn AG finden aktuell Abstimmungen mit den am Projekt vorgesehenen Unternehmen statt. 1. Welche Kosten sind in der ersten Testphase zur biometrischen Gesichtserkennung am Bahnhof Berlin-Südkreuz insgesamt entstanden (bitte nach Personal -, Sach- und Entwicklungskosten sowie Aufwendungen für Dritte, bspw. Beratungsfirmen aufschlüsseln)? Testsysteme: 74 256,00 Euro Referenzsystem: 67 886,71 Euro Bodenmarkierungen: 39 522,76 Euro Gutscheine für Testteilnehmer: 7 075,00 Euro Preise für Testteilnehmer: 964,99 Euro Da Material- und Dienstleistungskosten als Mischkalkulation angeboten wurden, kann keine Trennung gemacht werden. Personal der beteiligten Behörden wurde im Rahmen ihrer üblichen fachlichen Aufgabenstellungen eingebunden. Somit entstanden keine zusätzlichen eigenen Personalkosten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3750 2. Welche Kosten sind während der zweiten Testphase (Verlängerung) durch den zur biometrischen Gesichtserkennung am Bahnhof Berlin-Südkreuz insgesamt entstanden (bitte nach Personal-, Sach- und Entwicklungskosten sowie Aufwendungen für Dritte, bspw. Beratungsfirmen aufschlüsseln)? Testsysteme: 29 702,40 Euro Referenzsystem: 3 919,86 Euro Reparaturkosten Referenzsystem (Lohnkosten): 995,00 Euro Bodenmarkierungen: 32 194,50 Euro Gutscheine für Testteilnehmer: 4 950,00 Euro Da Material- und Dienstleistungskosten als Mischkalkulation angeboten wurden, kann keine Trennung gemacht werden. Ausweisbare Kosten sind unter Reparaturkosten aufgeführt. Personal der beteiligten Behörden wurde im Rahmen ihrer üblichen fachlichen Aufgabenstellungen eingebunden. Somit entstanden keine zusätzlichen eigenen Personalkosten. 3. Welche Firmen waren in den beiden Testphasen, also einschließlich Verlängerung , an der Durchführung beteiligt? Anyvision (Unternehmen Anyvision) BioSurveillance (Unternehmen Herta Security) und OT-Morpho (Umfirmierung in IDEMIA während des Projekts) Firma Roth ITK GmbH für das Transpondersystem Firma STRÖER Medien für die datenschutzfreundliche Ausgestaltung der Testumgebung im Bahnhof Berlin Südkreuz 4. Welche Kosten sind im Zusammenhang mit dem Test zur biometrischen Gesichtserkennung am Bahnhof Berlin-Südkreuz für die Situations- und Verhaltenserkennung bisher entstanden (bitte nach Personal-, Sach-, Ausschreibungs - und Entwicklungskosten aufschlüsseln)? Es hat kein Test zur biometrischen Gesichtserkennung hinsichtlich Situationsund Verhaltenserkennung stattgefunden. 5. Wurden bzw. werden die in den Fragen 1 und 2 erfragten Kosten zwischen der Deutschen Bahn AG und Stellen des Bundes oder der Länder aufgeteilt, und wenn ja, wie (bitte nach Anteilen, Kostenträgern und Gründen für die Aufteilung aufschlüsseln)? Die Kosten werden aus dem Haushalt der Bundespolizei (Kapitel 0625) finanziert . 6. Welche Erkenntnisse wurden bisher aus dem Test zur biometrischen Gesichtserkennung am Bahnhof Berlin-Südkreuz gezogen und durch wen wurden diese im Einzelnen ausgewertet? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3750 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Wie viele Personen nahmen an der ersten Phase des Pilotprojektes teil, und wie viele davon waren jeweils freiwillige Teilnehmer, wie viele dienstlich verpflichtet? An der Testphase 1 nahmen insgesamt 312 freiwillige Probandinnen und Probanden teil, davon waren 8 Teilnehmerinnen und Teilnehmer Angehörige der Bundespolizei . 8. Wie hoch waren die Fehlerquoten in der ersten Testphase (bitte nach positiv, negativ, false positiv und false negativ aufschlüsseln)? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 9. Trifft es zu, dass in der zweiten Testphase „verschlechterte“ biometrische Bilder für den automatisierten Abgleich benutzt wurden? Um die Gesichtserkennungstechnik praxisnah zu erproben, wurden im 2. Testzeitraum Gesichtsbilder der Probandinnen und Probanden aus der regulären Videoüberwachungsanlage am Bahnhof Berlin Südkreuz verwendet. Es fand also keine künstliche Verschlechterung statt, die schlechtere Qualität resultiert aus der Art der Erfassung der Bilder. 10. Wie viele Personen nahmen an der zweiten, verlängerten Phase des Pilotprojektes teil, wie viele davon waren jeweils freiwillige Teilnehmer, und wie viele dienstlich verpflichtet? An der Testphase 2 nahmen insgesamt 201 freiwillige Probandinnen und Probanden teil, davon waren 7 Teilnehmerinnen und Teilnehmer Angehörige der Bundespolizei . 11. Wie hoch waren die Fehlerquoten in der zweiten, verlängerten Testphase (bitte nach positiv, negativ, false positiv und false negativ aufschlüsseln)? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 12. Inwieweit wurde in der zweiten Testphase die Software im Laufe des Tests verlängert, inwiefern war der Einsatz einer „lernenden“ Software Teil des Pilotverfahrens? Der Einsatz „lernender“ Software war kein Teil des Pilotprojektes „Biometrische Gesichtserkennung“. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3750 13. Inwieweit wurde in den beiden Testphasen berücksichtigt, dass nicht nur die Fahndungsbilder üblicherweise in ihrer Qualität von biometrischen Bildern aus Personalausweisen abweichen, sondern auch die Lichtverhältnisse in einem Bahnhof den Veränderungen im Tagesverlauf unterworfen sind? 14. Welche Kosten werden für die Einrichtung der biometrischen Gesichtserkennung pro Einsatzort veranschlagt, und welche Parameter sind dafür maßgeblich (bitte nach Personal-, Sach- und Entwicklungskosten aufschlüsseln)? 15. Welche Kosten werden für die Einrichtung der Situations- und Verhaltenserkennung mittels Videoanalyse pro Einsatzort veranschlagt, und welche Parameter sind dafür maßgeblich (bitte nach Personal-, Sach- und Entwicklungskosten aufschlüsseln)? Die Fragen 13 bis 15 werden gemeinsam beantwortet. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 16. Wie viele und welche Bieter haben auf die Ausschreibung der Deutschen Bahn AG nach Kenntnis der Bundesregierung entsprechende Angebote gestellt ? Die DB AG hat die Federführung für das zweite Pilotprojekt inne. Daher kann diese Frage nur durch die DB AG beantwortet werden. 17. Welche rechtlichen Grundlagen sind nach Kenntnis der Bundesregierung für die Einrichtung der Situations- und Verhaltenserkennung mittels Videoanalyse maßgeblich? Die Rechtsgrundlage für die Bundespolizei für die Erprobung von Systemen zur intelligenten Videoanalyse am Bahnhof Berlin Südkreuz ist nach Auffassung des Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat § 27 Satz 1 Nummer 2 des Gesetzes über die Bundespolizei. 18. Auf welcher Rechtsgrundlage würde im Regelbetrieb der Abgleich mit polizeilichen Fahndungsdaten in von der Deutschen Bahn AG installierten Videoüberwachungsanlagen vorgenommen? Soweit nach dem Abschluss des Pilotversuchs eine Entscheidung für die Einführung der intelligenten Videotechnik im Wirkbetrieb getroffen werden sollte, ist zu prüfen, ob für den Einsatz dieser Technik im Regelbetrieb eine Ergänzung im Gesetz über die Bundespolizei erforderlich ist. 19. Wie würde dieser Abgleich technisch vorgenommen? Diese Frage kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden, da die Auswertung des Pilotprojektes und die Prüfung der weiteren Schritte hierzu abzuwarten ist. 20. Beabsichtigt die Bundesregierung gesetzgeberische Maßnahmen im Zusammenhang mit der Situations- und Verhaltenserkennung mittels Videoanalyse ? Die Bundesregierung überprüft laufend die mögliche Fortentwicklung des Gesetzes über die Bundespolizei. Hinsichtlich der in der Frage in Bezug genommenen möglichen gesetzlichen Änderungen ist die Prüfung nicht abgeschlossen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333