Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13. August 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3821 19. Wahlperiode 15.08.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Markus Herbrand, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/3623 – Ministerschreiben zur Grundsteuerreform V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Finanzminister der Länder Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg , Niedersachsen, Saarland und Sachsen-Anhalt haben sich mit Schreiben vom 26. Juni 2018 an den Bundesminister der Finanzen mit der Bitte gewandt, die Umsetzung der Grundsteuerreform zügiger voranzutreiben. Die Finanzminister der genannten Länder verweisen dabei auf die vom Bundesverfassungsgericht durch das Urteil vom 10. April 2018 (1 BvL 11/14, 1 BvR 889/12, 1 BvR 639/11, 1 BvL 1/15, 1 BvL 12/14) eng gesetzten Fristen. 1. Gab es über die von den Finanzministern der sechs Länder im Schreiben vom 26. Juni 2018 genannte Verständigung anlässlich eines Kamingesprächs am 11. April 2018 im Hinblick auf die Prüfung von „drei Modelle[n] zur Grundsteuerreform (Kostenwertmodell, Bodenwertsteuer, Flächenmodell)“ hinaus weitere formelle oder informelle Verständigungen unter den Finanzministerinnen und Finanzministern der Länder und des Bundes? Die Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder haben sich in der Finanzministerkonferenz am 21. Juni 2018 darauf verständigt, dass die Abteilungs-leiterinnen und Abteilungsleiter Organisation (Steuerverwaltung) dafür Sorge tragen , dass die erforderlichen fachlichen, organisatorischen und automationstechnischen Maßnahmen rechtzeitig umgesetzt werden, um den Vollzug des künftigen Rechts zu gewährleisten. 2. Wie oft hat sich die von den Finanzministern der sechs Länder erwähnte Arbeitsgruppe der Bereiche „Automation, Organisation und Fach“ bisher getroffen ? Das Bundesministerium der Finanzen hat eine Bund- und länderoffene Arbeitsgruppe mit den Bereichen Organisation, Automation und Fach eingerichtet. Sitzungen der Arbeitsgruppe fanden am 10./11. Juli und 7./8. August 2018 statt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3821 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode a) Handelt es sich hierbei um eine sogenannte Bund-Länder-Arbeitsgruppe? Wenn ja, welche Länder sind in dieser Arbeitsgruppe vertreten? Es handelt sich um eine Arbeitsgruppe, in der der Bund und alle Länder vertreten sind. b) Welche Referate des Bundesministeriums der Finanzen sind an dieser Arbeitsgruppe beteiligt? An der Arbeitsgruppe sind die Referate IV C 7 (Bewertung/Grundsteuer), IV A 5 (Organisation der Steuerverwaltung der Länder), IV A 6 (Auswirkungen der Steuer-politik auf die öffentlichen Haushalte und die Steuerlastverteilung) sowie IV A 7 (Automation in der Steuerverwaltung der Länder/Vorhaben KONSENS) beteiligt. c) Wie sieht der weitere Zeitplan der Arbeitsgruppe aus? Die Arbeitsgruppe konzipiert derzeit organisatorische und automationstechnische Maßnahmen. Diese beinhalten auch die Identifikation weiterer flankierender gesetzlicher Maßnahmen sowie organisatorische und personelle Rahmenbedingungen . Zum Stand der Umsetzung soll der Finanzministerkonferenz am 6. September 2018 berichtet werden. 3. Was ist unter den von den Finanzministern der Länder erwähnten „modellunabhängigen Problemfelder“ konkret zu verstehen? a) Welche Parameter aus dem Bereich „Automation, Organisation und Fach“ stellen für alle drei genannten Modelle besondere Herausforderungen dar? b) Welche Parameter aus dem Bereich „Automation, Organisation und Fach“ stellen nur für einzelne Modelle besondere Herausforderungen dar (bitte ausführlich begründen)? c) Aus welchen Gründen sind die von den Finanzministern der sechs Länder erwähnten „Adressdaten“ und der „Erklärungsversand“ von besonderer Herausforderung für den Bereich „Automation, Organisation und Fach“? Die Fragen 3 bis 3c werden im Zusammenhang beantwortet. Unabhängig von einem Reformmodell werden Parameter, die als Mindest-voraussetzung für eine Neuregelung der Bewertung gesehen werden, betrachtet. Hierzu gehören: Aktualisierung des Anschriftenbestandes Schaffung der Grundstrukturen für eine elektronische Feststellungserklärung Aufbau und Befüllung der Verbindungsdatei zwischen Kataster- und Vermessungsverwaltung , Justizverwaltung und Finanzverwaltung über die jeweiligen Ordnungskriterien (Flurstücknummer, Grundbuchnummer, Einheitswert-Aktenzeichen ) als Basis für eine Grundstücksdatenbank Die Adressdaten in den Datenbeständen der Finanzämter sind überwiegend nicht aktuell. Grund hierfür ist, dass die Datenbestände seit dem letzten Hauptfest-stellungszeitpunkt (alte Länder 1. Januar 1964, neue Länder 1. Januar 1935) nur anlassbezogen (z. B. im Rahmen einer Zurechnungsfortschreibung aufgrund eines Eigentümerwechsels) bearbeitet wurden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3821 4. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Finanzminister der sechs Länder, dass es zeitnah zu einer Modellentscheidung kommen solle? Die Zeitschiene für eine Modellentscheidung ergibt sich aus den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, spätestens bis zum 31. Dezember 2019 eine gesetzliche Neuregelung zu schaffen. a) Bis zu welchem Zeitpunkt ist aus Sicht der Bundesregierung spätestens die Modellentscheidung vorzunehmen, um noch ausreichend Zeit zur Klärung der von den Finanzministern der sechs Länder erwähnten „Umsetzungsschritte “ zur Verfügung zu haben? b) Geht die Bundesregierung davon aus, dass Bund und Länder vor dem 14. bzw. 28. Oktober 2018 eine „Modellentscheidung“ vornehmen können ? Die Fragen 4a und 4b werden im Zusammenhang beantwortet. Unabhängig von der Festlegung auf ein bestimmtes Reformmodell wird mit der Klärung der Umsetzungsschritte begonnen, um den Vollzug des künftigen Rechts zu gewährleisten. 5. Wie beurteilt die Bundesregierung die von den Finanzministern der sechs Länder adressierte Problematik der „Gesetzgebungskompetenz“ und die damit ggf. verbundene Notwendigkeit einer Verfassungsänderung? a) Besteht aus Sicht der Bundesregierung für alle drei genannten Modelle eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes? b) Wenn nein, bei welchen Modellen scheidet nach Ansicht der Bundesregierung eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus? Welche Verfassungsveränderungen müssten vorgenommen werden, um eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes zu manifestieren? c) Bei welchen Modellen erscheint überdies eine Gesetzgebungskompetenz der Länder verfassungsrechtlich bedenklich (bitte begründen)? Die Fragen 5 bis 5c werden im Zusammenhang beantwortet. Bei einer grundlegenden Neukonzeption hat der Bund das konkurrierende Gesetzgebungsrecht für die Grundsteuer nach Artikel 105 Absatz 2 GG, wenn die Voraussetzungen der Erforderlichkeitsklausel des Artikel 72 Absatz 2 GG vorliegen. Danach ist eine bundesgesetzliche Regelung nur insoweit erforderlich, als ohne sie gleichwertige Lebensverhältnisse nicht hergestellt oder die im gesamtstaatlichen Interesse stehende Rechts- oder Wirtschaftseinheit nicht gewahrt werden kann. Bei der Beurteilung, ob die Rechtfertigungsgründe nach Artikel 72 Absatz 2 GG vorliegen, steht dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zu. Ob bei einer grundlegenden Neuregelung der Grundsteuer, die Voraussetzungen der Erforderlichkeitsklausel erfüllt wären, hängt von der auf Grundlage eines konkret ausgestalteten Reformmodells vorzunehmenden Darlegung der Gründe für die Erforderlichkeit einer solchen bundeseinheitlichen Regelung ab. Sofern die Voraussetzungen nach Artikel 72 Absatz 2 GG nicht vorliegen, haben die Länder die Gesetzgebungskompetenz. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3821 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Welche „Lösungsmöglichkeiten“ hat die Arbeitsgruppe der Bereiche „Automation , Organisation und Fach“ bereits erarbeitet, um das von den Finanzministern der sechs Länder genannte „Bürokratiemonster“ zu vermeiden? a) Welche weiteren Lösungsmöglichkeiten werden derzeit bzw. künftig geprüft ? b) Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Finanzminister der sechs Länder, dass es für die Neufeststellung der 35 Millionen Grundstücke in jedem der Modelle einer Steuererklärung, also einem Mitwirken des Steuerpflichtigen bedarf? Die Fragen 6 und 6b werden im Zusammenhang beantwortet. Die Arbeitsgruppe hat modellunabhängige Lösungsansätze geprüft (siehe Antwort zu den Fragen 3 bis 3c). Ziel ist es, eine bürger- und verwaltungsfreundliche Lösung zu entwickeln. Zudem muss die Lösung kurzfristig einsatzfähig und administrierbar sein. Des Weiteren sollte die Lösung langfristig so angelegt sein, dass künftige Feststellungen (z. B. Fort-schreibungen) weitestgehend automatisiert erfolgen können. In Anbetracht dessen verfolgt die Arbeitsgruppe einen Lösungsansatz, der eine sukzessive Umsetzung der erforderlichen organisatorischen Regelungen und IT- Anwendungen beinhaltet. 7. Wie hoch waren die Durchschnittshebesätze in den Ländern bei der Grundsteuer A und bei der Grundsteuer B im Jahr 2017 (bitte gesondert nach Ländern aufführen)? Da die Daten für das Jahr 2017 noch nicht zur Verfügung stehen, finden sich in der folgenden Tabelle die Durchschnittshebesätze für 2016. Land Durchschnittshebesatz 2016 in Prozent (gewichtet nach Aufkommen) Grundsteuer A Grundsteuer B Baden-Württemberg 357 391 Bayern 347 390 Brandenburg 304 401 Hessen 380 456 Mecklenburg-Vorpommern 307 420 Niedersachsen 375 425 Nordrhein-Westfalen 277 557 Rheinland-Pfalz 318 396 Saarland 285 408 Sachsen 312 494 Sachsen-Anhalt 323 410 Schleswig-Holstein 320 381 Thüringen 296 435 Berlin 150 810 Bremen 250 687 Hamburg 225 540 Deutschland 332 464 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333