Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 13. August 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3835 19. Wahlperiode 15.08.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Luksic, Karlheinz Busen, Frank Sitta, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/3619 – Kontrolle und Entsorgung von Windkrafträdern V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Zahl der Windkraftanlagen hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Gleichzeitig wurde mehrfach über Unfälle mit havarierenden Windkraftanlagen in Deutschland berichtet. Sowohl direkte Schäden durch weggeschleuderte Rotorblätter und andere fallende Materialteile als auch langfristige Schäden durch Glasfasersplitter für Flora und Fauna sind hier ein großes Problem. Ein Kontrollmechanismus , der das Risiko solcher Unfälle verringern würde, existiert bisher nicht. Nur Teile von Windkraftanlagen, darunter die Fundamente und die Statik, werden kontrolliert, die Mechanik, wie beispielsweise Rotorblätter, Motoren oder Aufzüge, dagegen nicht. Materialermüdung und Strukturschäden werden ebenfalls nicht umfassend erfasst. Der TÜV fordert daher eine „umfassende Prüfung auch für Windenergieanlagen auf Basis der Betriebssicherheitsverordnung “. Gleichzeitig stehen viele der älteren Windkraftanlagen vor ihrer Stilllegung. Insbesondere die erste Generation der Windkraftanlagen, deren Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz nach 20 Jahren Laufzeit ausläuft , ist von einem solchen Austausch betroffen. Der Abbau und die Entsorgung dieser alten Windkraftanlagen ist zeit- und kostenintensiv. Die Rotorblätter sind bisher nur sehr schlecht recycelbar. Laut Angaben der Entsorgungsfirma Remondis „sei es derzeit kaum möglich, die mit Harz verklebten Fasern wieder zu trennen“ (www.n-tv.de/wirtschaft/Recycler-kritisieren-Windrad-Entsorgungarticle 19864375.html). Weitere Teile aus der gesamten Windkraftanlage sind ebenfalls umständlich abzubauen und zu recyceln. Remondis rechnete daher im Jahr 2017 mit bundesweit mehr als 9 000 Tonnen Recyclingmaterial aus Rotorblättern und einem Anstieg auf rund 16 000 Tonnen jährlich bis 2021. 1. Wie viele Havarien von Windrädern gab es nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen drei Jahren bundesweit? Der Bundesregierung liegen für Deutschland keine vollständigen Zahlen über Havarien von Windenergieanlagen vor. Die Frage der Überwachung der Anlagen, also auch für Havarien, liegt in der Zuständigkeit der jeweiligen Landesbehörden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3835 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Wie oft erfolgt nach Kenntnis der Bundesregierung durch wen eine technische Kontrolle von Windrädern? Im Betrieb müssen Anlagen im Rahmen wiederkehrender Prüfungen zur Standund Funktionssicherheit auf der Grundlage spezifischer technischer Standards entsprechende Nachweise durch unabhängige Sachverständige erbringen. Das Intervall hängt u.a. auch vom Alter der Anlagen ab und davon, ob gültige Verträge mit einem qualifizierten Wartungsunternehmen bzw. Herstellern bestehen. Die Sachverständigen müssen durch die zuständigen Landesbehörden anerkannt sein. Zudem haben die zuständigen Behörden selbst Überprüfungen sowohl in regelmäßigen Abständen als auch anlassbezogen dann durchzuführen, wenn eine Verbesserung der Betriebssicherheit erforderlich ist. 3. Wie viele Windräder wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bundesweit aufgrund technischer Mängel in den vergangenen drei Jahren stillgelegt ? Stilllegungen und der Rückbau von Windenergieanlagen können aus verschiedenen Gründen erfolgen. Der Bundesregierung liegen nur Zahlen über den gesamten Rückbau der Anlagen in Deutschland vor, nicht aber spezifiziert nach den Gründen der Stilllegungen. In den Jahren 2015 bis 2017 wurden nach Meldungen im Anlagenregister der Bundesnetzagentur Anlagen mit einer Gesamtleistung von 937 MW zurückgebaut. 4. Welche Brandschutzvorgaben muss ein Windrad erfüllen, insbesondere in Wäldern, und wer kontrolliert die Auflagen? Die Brandschutzvorgaben werden durch das jeweilige Landesbaurecht geregelt. Der Nachweis des Brandschutzes erfolgt im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach BImSchG entsprechend den Vorgaben der Bauvorlagenverordnungen der Länder. Weitergehende Brandschutzanforderungen insbesondere auch für Waldstandorte können durch entsprechende Leitfäden der Länder festgelegt werden. Die Kontrolle der Auflagen obliegt den Bauaufsichtsbehörden. 5. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der durchschnittliche nicht zu recycelnde Anteil eines Windrads? Aktuell beschäftigt sich das Umweltbundesamt (UBA) im Rahmen der Studie „Entwicklung eines Konzepts und Maßnahmen für einen ressourcensichernden Rückbau von Windenergieanlagen“ mit dieser Frage. Die Ergebnisse werden Mitte 2019 vorliegen. Ältere Untersuchungen, z.B. des VDI aus dem Jahr 2014, gehen davon aus, dass eine Windenergieanlage zu 80 bis 90 Prozent mittels der damals verfügbaren Verfahren recycelt werden konnte. Ob diese Quote sich aufgrund der Weiterentwicklung der Verfahren und möglicher Anpassungen im Produktionsprozess erhöht hat, ist u.a. Untersuchungsgegenstand der genannten Studie des UBA. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3835 6. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell und für die nahe Zukunft genug Verbrennungsanlagen für die nicht zu trennenden Teile, und wenn nein, wie soll dieses Problem gelöst werden? Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Entsorgungswirtschaft sich aufgrund der ansteigenden Menge von Faserverbundwerkstoffen in unterschiedlichen Industriebereichen, so auch im Flugzeug-, Automobil und Bootsbau, auf den sich hier entwickelnden Markt einstellt. Die zur Entsorgung anfallenden Rotorblätter von Windenergieanlagen bestehen aus mit Glas- bzw. Carbonfaser verstärkten Kunststoffen, die auch in anderen Industriezweigen Verwendung finden. Bei beiden Materialarten sind nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen derzeit technische Herausforderungen bei der Entsorgung in Müllverbrennungsanlagen und anderen thermischen Entsorgungsverfahren nicht auszuschließen. Vor diesem Hintergrund lässt die Bundesregierung die Entsorgungsmöglichkeiten für derartige Materialien derzeit in zwei Ressortforschungsvorhaben untersuchen, die bis Mitte 2019 abgeschlossen sein werden. Entsprechende Forschungsaktivitäten der Recyclingwirtschaft werden u. a. von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördert. 7. Was kosten nach Kenntnis der Bundesregierung Rückbau und Entsorgung eines Windrads, und wer muss diese bezahlen? Grundsätzlich sind für den Rückbau und die Entsorgung ausgedienter Windenergieanlagen deren Letztbesitzer unter Beachtung der einschlägigen rechtlichen Rahmenbedingungen verantwortlich. Die Rückbaukosten inklusive Nebenanlagen und Zuwegungen variieren entsprechend des Anlagen- und Fundamenttyps sowie des spezifischen Standorts. Einnahmen können durch den Verkauf der Anlagen sowie aufgrund des hohen möglichen Recyclinganteils generiert werden. Die Rückbaukosten müssen durch den Anlagenbetreiber getragen werden. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich im § 35 des Baugesetzbuchs (BauGB). Danach müssen Baugenehmigungen über Nebenbestimmungen den Rückbau nach dauerhafter Nutzungsaufgabe sicherstellen. Die Rückbaukosten dürften erhebliche Bandbreiten aufweisen. Nach aktuellen Untersuchungen im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie dürften diese in einer durchschnittlichen Größenordnung von rd. 80 Euro/kW liegen. 8. Falls die Betreiber die Kosten tragen müssen, inwieweit müssen die Betreiber von Windkraftanlagen für den Rückbau ihrer Anlagen Rücklagen bilden, und was geschieht, wenn der Betreiber nach Stilllegung der Anlage nicht ausreichend finanzielle Mittel dafür zur Verfügung hat? In den Genehmigungen gibt es entsprechende Auflagen, in denen den Betreibern Vorgaben zur Sicherstellung der Rückbaukosten, z.B. durch Rücklagen oder Bankbürgschaften, gemacht werden. Die Überprüfung der Einhaltung der Genehmigungsauflagen obliegt den jeweiligen Genehmigungsbehörden. 9. Welche Stoffe kommen nach Kenntnis der Bundesregierung beim Bau von Windkraftanlagen zum Einsatz, und welche dieser Stoffe sind als umweltoder wassergefährdend eingestuft? Windenergieanlagen bestehen überwiegend, in Abhängigkeit des jeweiligen Typs, aus Stahl und Beton sowie zu einem deutlichen geringen Anteil aus Verbundstoffen (Rotorblätter). Die Verwendung von umwelt- oder wassergefährden- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3835 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode den Stoffen ist den Angaben des Herstellers, z.B. im Rahmen des Genehmigungsverfahrens , zu entnehmen. Für diese sind Sicherheitsdatenblätter, welche den Umgang mit diesen Stoffen regeln, vorzulegen. Es gelten die Anforderungen der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV). 10. Inwieweit ist nach Auffassung der Bundesregierung der Bau und der Betrieb von Windkraftanlagen ohne den Einsatz mineralölhaltiger Stoffe möglich? Der Bundesregierung liegen keine Informationen über die Möglichkeiten des Baus und des Betriebs ohne den Einsatz von mineralölhaltigen Stoffen vor. 11. Welche Entsorgungsnachweise müssen Windradbetreiber an wen nachweisen ? Die Überprüfung des Rückbaus obliegt den Bauaufsichtsbehörden und kann insofern variieren. Wie der Rückbau anderer baulicher Anlagen ist auch der Rückbau von Windenergieanlagen in der Regel genehmigungspflichtig. Um die Genehmigung zu erhalten, muss der Betreiber einen Antrag bei der Bauaufsichtsbehörde stellen. Zunehmend fordern die Genehmigungsbehörden als Auflage ein Rückbau- und Entsorgungskonzept. Entsorgungsnachweise sind von den Windradbetreibern als Abfallerzeuger für die Entsorgung von gefährlichen Abfällen und, sofern dies im Einzelfall von der zuständigen Behörde angeordnet wird, auch für sonstige Abfälle zu erbringen. Die Pflicht zum Nachweis besteht grundsätzlich gegenüber der zuständigen Behörde und darüber hinaus auch im Verhältnis zu anderen in den Entsorgungsprozess Eingebundenen (wie Beförderern und Entsorgern ). Für das Verfahren ist das elektronische Nachweisverfahren maßgeblich. 12. Plant die Bundesregierung einen verpflichtenden TÜV für Windräder auf Basis der Betriebssicherheitsverordnung und wenn nein, weshalb nicht? Der Bundesregierung liegen keine Informationen vor, nach denen die aktuellen spezifischen Regelungen für die Genehmigungen bzw. der wiederkehrenden Prüfungen , hierzu wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen, nicht ausreichend sind. Die Zuständigkeit für die Genehmigungsverfahren und die Überwachung des Betriebs der Anlagen liegt bei den Landesbehörden. 13. Plant die Bundesregierung eine Meldepflicht bei Schadensfällen und wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung sieht keine Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Meldepflicht . Die landesspezifischen Regelungen erscheinen ausreichend. 14. Welche Bedingungen müssen Windkraftanlagen vorweisen, um eine Betriebserlaubnis zu bekommen, und unter welchen Bedingungen kann eine Betriebserlaubnis wieder entzogen werden? Windenergieanlagen müssen die Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) sowie nach den auf der Grundlage des BImSchG erlassenen Rechtsverordnungen erfüllen. Zudem ist die Genehmigung nur zu erteilen, wenn auch andere öffentlich-rechtliche Vorschriften, wie z.B. nach dem Bauordnungsrecht oder dem Naturschutzrecht und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3835 Die Anforderungen sind während der gesamten Betriebszeit einzuhalten. Bei ihrer Nichteinhaltung kann die zuständige Behörde eine nachträgliche Anordnung nach § 17 BImSchG erlassen, den Betrieb ganz oder teilweise nach § 20 BImSchG bis zur Erfüllung der jeweiligen Pflicht untersagen oder die Genehmigung nach § 21 BImSchG widerrufen. 15. Wie teuer ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Sanierung und Renaturierung der Fläche nach dem Rückbau einer Windkraftanlage? Es wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 16. Mit welcher Deckungssumme müssen Betreiber von Windkraftanlagen den Rückbau ihrer Anlagen versichern, und welche Versicherungssummen schreibt der Gesetzgeber für den Betrieb von Windkraftanlagen vor? Die Deckungssumme hängt von den in der Antwort zu Frage 8 genannten spezifischen Projektmerkmalen, der Anlagengröße und den landesspezifischen Vorgaben ab. Nach aktuellen Untersuchungen im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie dürften diese in einer durchschnittlichen Größenordnung von rd. 80 Euro/kW liegen, wobei die Bandbreite aufgrund der genannten Gründe erheblich sein dürfte. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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