Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 14. August 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/3836 19. Wahlperiode 15.08.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Birke Bull-Bischoff, Anke Domscheit-Berg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/3634 – Einrichtung von regulatorischen Experimentierräumen bzw. Reallaboren V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Unter dem Begriff des (regulatorischen) Experimentierraums oder Reallabors wird hier dem Sprachgebrauch der Bundesregierung folgend die Erprobung von Regulierungsregimen in räumlich, zeitlich oder anderweitig begrenzten Zusammenhängen verstanden (zu unterscheiden vom weiter gefassten Begriff des Reallabors als „Realexperiment“ in gesellschaftlichen Zusammenhängen). Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD enthält im Zusammenhang mit der Hightech-Strategie die Willensbekundung, Experimentierräume einzurichten, „um innovative technische Systeme und neue Geschäftsmodelle zu erproben.“ Im Unterabschnitt „Bürokratieabbau“ findet sich die Festlegung: „Im Interesse einer besseren Rechtsetzung erproben wir die Potenziale von alternativen , insbesondere datengestützten Regulierungsinstrumenten (‚smarte Regulierung‘) in Reallaboren.“ Konkretisiert wird dies im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD an zwei Stellen durch die Ankündigung von Experimentierklauseln für Test und Einsatz von autonomen Fahrzeugen im öffentlichen Raum und „Experimentierräume für tarifgebundene Unternehmen“ in Form einer Tariföffnungsklausel im Arbeitszeitgesetz, „um eine Öffnung für mehr selbstbestimmte Arbeitszeit der Arbeitnehmer und mehr betriebliche Flexibilität in der zunehmend digitalen Arbeitswelt zu erproben.“ Reallabore sollen laut Koalitionsvertrag zudem „als weitere Säule der Energieforschung “ ausgebaut werden. In diesem Zusammenhang steht das Förderprogramm „Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende “ (SINTEG), für das bereits 2017 im Rahmen der SINTEG-Verordnung Ausnahmen von bestimmten Regulierungen ermöglicht wurden (vgl. Bundestagsdrucksache 19/3040, S. 165 f.). In der im Rahmen der „Dialogplattform Smart Cities“ der Bundesregierung erstellten „Smart City Charta“ findet sich die Handlungsempfehlung an Bund und Länder, „Experimentierräume und Reallabore mit aufgelockerter Regulierung“ zu ermöglichen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3836 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat im Juni 2017 ein Forschungsgutachten „Potenziale und Anforderungen regulatorischer Experimentierräume (Reallabore)“ ausgeschrieben. Auftragnehmer sind die VDI Technologiezentrum GmbH mit Bird&Bird LLP als Unterauftragnehmer, die angesetzten Kosten betragen 252 078 Euro (vgl. Bundestagsdrucksache 19/1221). In der Leistungsbeschreibung für die Ausschreibung kündigt das BMWi an, „Reallabore zukünftig systematisch zu nutzen“. Gegenstand des Gutachtens soll zunächst ein Screening bereits existierender Reallabore und reallaborähnlicher Projekte sein, gefolgt von detaillierten Fallstudien zu einzelnen Projekten. Schließlich soll ein „allgemeiner Anforderungskatalog bzw. Leitfaden zur Einrichtung von Reallaboren durch die Verwaltung erstellt“ und „für ausgewählte, wirtschaftspolitisch relevante Innovationsfelder konkrete „Checklisten“ erarbeitet “ werden. Laut den „Schlaglichtern der Wirtschaftspolitik“ des BMWi vom März 2018 wurden im Rahmen dieses Vorhabens bereits 42 Reallabore identifiziert, aus denen nun „Projekte aus den Schwerpunktbereichen Mobilität, Logistik, Energie , Gesundheit, Stadtentwicklung und Verwaltung ausgewählt“ und in Fallstudien vertieft werden sollen. Das Gutachten werde voraussichtlich im Oktober 2018 abgeschlossen, aus den Leitfäden und Checklisten werde das BMWi ein „Handbuch Reallabore“ entwickeln. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g In enger Anlehnung an die Fragestellung und in Abgrenzung zu anderen Konzepten wie Realexperimenten, Living Labs o. ä. wird bei den folgenden Ausführungen zu Reallaboren im Sinne regulatorischer Experimentierräume auf folgende Definition abgestellt: Reallabore sind zeitlich und räumlich begrenzte sowie rechtlich abgesicherte Experimentierräume , die unter realen Bedingungen eine Erprobung von Innovationen und Regulierung im Zusammenspiel erlauben. Neben Praxistests für Technologien und Geschäftsmodelle stehen die Überprüfung bestehender und die Erprobung neuer regulatorischer Rahmensetzungen im Vordergrund. Reallabore erfordern daher zumeist eine befristete Änderung des allgemein geltenden rechtlichen Rahmens (z. B. durch Experimentierklauseln, Ausnahmegenehmigungen). 1. Welche 42 Reallabore wurden im Rahmen des BMWi-Projekts identifiziert? Im Rahmen des laufenden BMWi-Projekts „Potenziale und Anforderungen regulatorischer Experimentierräume (Reallabore)“ wurden durch den Auftragnehmer VDI Technologiezentrum GmbH im Rahmen einer ersten Bestandsaufnahme folgende Projekte identifiziert (Stand: Januar 2018), die die in der Vorbemerkung genannte Definition von Reallaboren bzw. regulatorischen Experimentierräumen in unterschiedlichem Maße erfüllen: Schaufenster Intelligente Energie (SINTEG) NETZlabor Baden-Württemberg STROMDAO Motionwerk Blockchain-basierter Energiehandel im Microgrid Wildpoldried Blockchain-basierter Energiehandel und Speicherung (TenneT, Sonnen, IBM) Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/3836 LAMP – Landau Microgrid Project Ampacity Erprobungs-Richtlinien des G-BA Modellprojekt Telemedizin in Baden-Württemberg Projekt Telenotarzt von P3 telehealthcare GmbH Der Digitale Arztbesuch für Patienten der ottonova Private Krankenversicherung Video-Sprechstunden der Patientus GmbH BMBF-Förderrichtlinie „Medizintechnische Lösungen in die Patientenversorgung überführen – Klinische Evidenz ohne Verzögerung belegen“ Eurocombis (Gigaliner) DHL Paketkopter 3.0 DHL Paketkopter 2.0 DHL Paketkopter 1.0 Hermes Delivery Robot PostBot Zustell-Roboter (EffieBOT/PostBOT) Autonomer Actros Lkw auf Bundesautobahn A8 BUGAlog Heilbronn eMIR eMaritime Integrated Reference Platform Autonom fahrende Schneeräumfahrzeuge am Fliegerhorst Pferdsfeld Testfeld Autonomes Fahren Baden-Württemberg, als Beispiel verschiedener Testfelder (siehe auch Antwort zu Frage 8) Autonom fahrender Bus im Linienbetrieb Bad Birnbach Testfeld für autonomen öffentlichen Personennahverkehr in Hamburg MadeInGermany von AutoNOMOS Labs Autonom fahrender Shuttle Bus am Flughafen Frankfurt Autonom fahrendes Shuttle auf dem Euref-Campus Berlin-Schöneberg Reallabor Schorndorf: ÖPNV ohne Haltstellen ‚Call a bus‘ Moovel Flexpilot Digitale Stadt Darmstadt BaWü Labs (KIT findet Stadt, Stadt:quartiere 4.0) Programm Solares Bauen/Energieeffiziente Stadt Modellregion für kooperatives E-Government: Metropolregion Rhein- Neckar Modellprojekt Digitales Dorf in Bayern Digitale Modellregion NRW Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3836 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Internationale Projekte FCA Regulatory Sandbox (Vereinigtes Königreich) FDA Breakthrough Devices & Digital Health Program (Vereinigte Staaten von Amerika) Ubitricity (Vereinigtes Königreich) Autonome Lufttaxis Volocopter (Vereinigte Arabische Emirate) Projekt Dustbot (Italien, Schweden) Die im Rahmen des Auftrags identifizierten Projekte erfüllen die in der o. g. Definition festgelegten Kriterien in unterschiedlichem Ausmaß. Die Bestandsaufnahme hat gezeigt, dass in Deutschland bisher wenige Projekte existieren, die der o. g. Definition weitgehend entsprechen. Einige Projekte kommen der Definition nahe, weil beispielsweise eine räumlich und zeitlich begrenzte Erprobung auf Basis von Ausnahmeregelungen/Experimentierklauseln erfolgt (z. B. SINTEG oder Hermes Delivery Robot). Andere Projekte erfüllen die Kriterien zum großen Teil nicht und sind keine Reallabore bzw. regulatorische Experimentierräume gem. der o. g. Definition (z. B. die-Förderrichtlinie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung „Medizintechnische Lösungen in die Patientenversorgung überführen – Klinische Evidenz ohne Verzögerung belegen“ oder das Programm Solares Bauen/Energieeffiziente Stadt). Gleichzeitig ist diese Liste als nicht abschließend anzusehen (hierzu wird auch auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen); der Auftragnehmer führt im laufenden Screening weiter eine kontinuierliche Bestandsaufnahme durch. Die Ergebnisse hierzu liegen noch nicht vor. a) Welche Regulierungen sind dabei jeweils in welchem räumlichen, zeitlichen oder anderweitig eingegrenzten Umfang betroffen? b) Wer verantwortet die Vorhaben jeweils, und welche Kooperationen mit welchen weiteren Akteuren (aus Verwaltung, Zivilgesellschaft, Privatwirtschaft , Wissenschaft etc.) existieren dabei gegebenenfalls? c) Inwieweit ist jeweils eine Evaluation der Vorhaben erfolgt bzw. geplant, anhand welcher Kriterien und, soweit abgeschlossen, mit welchem Ergebnis ? Die Fragen 1a bis 1c werden gemeinsam beantwortet. Im Rahmen der laufenden Fallstudien befasst sich der Auftragnehmer für ausgewählte Vorhaben umfänglich mit diesen Fragen; die Ergebnisse für diese Fallstudien stehen allerdings noch aus (hierzu wird auch auf die Antworten zu den Fragen 2 und 3 verwiesen). 2. Sind im Rahmen des BMWi-Projekts inzwischen einzelne Vorhaben für Fallstudien ausgewählt worden, wenn ja, welche, und wenn nein, wann ist damit zu rechnen? In Abstimmung mit der Bundesregierung hat der Auftragnehmer finden bereits mit einzelnen Fallstudien begonnen. Die Willensbildung innerhalb der Bundesregierung , welche Fallstudien abschließend bearbeitet werden sollen, ist noch nicht abgeschlossen. Da es sich um ein laufendes Forschungsgutachten handelt, können sich jederzeit noch Verschiebungen der inhaltlichen Schwerpunkte und Fallstudien ergeben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/3836 3. Nach welchen Kriterien werden bzw. wurden die Vorhaben ausgewählt, die als Fallstudien untersucht werden? Grundlage für die Auswahl an Fallstudien ist der zu erwartende Nutzen für die Erstellung von Leitfäden bzw. Checklisten im Sinne eines größtmöglichen Erkenntnisgewinns für die zukünftige Gestaltung von Reallaboren im Sinne regulatorischer Experimentierräume. Daher wurde bzw. wird auf die Auswahl eines möglichst breiten Spektrums an Vorhaben z. B. in unterschiedlichen Innovationsbereichen (Mobilität, Gesundheit, Energie etc.), auf unterschiedlicher Verwaltungsebene (Bund, Länder, Kommune) oder hinsichtlich des Komplexitätsgrades der Vorhaben Wert gelegt. 4. Für welche „wirtschaftspolitisch relevanten Innovationsfelder“ sollen im Rahmen des BMWi-Projekts Checklisten erarbeitet werden? Für welche Innovationsfelder abschließend Checklisten erarbeitet werden sollen, steht bislang noch nicht fest. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 5. Ist mit einer Fertigstellung des Gutachtens „Potenziale und Anforderungen regulatorischer Experimentierräume (Reallabore)“ nach wie vor im Oktober 2018 zu rechnen? Bisher wurde nicht um Fristverlängerung zur Vorlage des Endberichts (geplant für Oktober 2018) gebeten. 6. Ist geplant, das Gutachten mit Leitfäden und Checklisten nach Fertigstellung zu veröffentlichen? 7. Ist geplant, das „Handbuch Reallabore“ nach Fertigstellung zu veröffentlichen ? Die Fragen 6 und 7 werden wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet . Bisher laufen noch die Arbeiten an den Fallstudien. Die Leitfäden und Checklisten bauen darauf auf. Es liegen daher noch keine Ergebnisse zu Leitfäden und Checklisten vor. Vor diesem Hintergrund wurde über die Art und den Umfang der Veröffentlichung des Gutachtens mit den Leitfäden und Checklisten bisher nicht entschieden. Das gilt ebenso für ein mögliches „Handbuch Reallabore“, für welches die im Rahmen des Gutachtens erarbeiteten Leitfäden und Checklisten die Grundlage bilden sollen. 8. Sind der Bundesregierung über die 42 im Rahmen des BMWi-Projekts identifizierten hinaus weitere Reallabore bzw. regulatorische Experimentierräume bekannt, und wenn ja, welche (bitte mit den jeweils in den Fragen 1a bis 1c erfragten Angaben beantworten)? Mit digitalen Testfeldern für das automatisierte und vernetzte Fahren (AVF) im öffentlichen Straßenraum fördert das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) Innovationen durch Wirtschaft und Forschung. Bei Erprobungen automatisierter und vernetzter Fahrzeugsysteme im Realverkehr muss die Verkehrssicherheit gewährleistet werden. Daher finden alle Erprobungen auf Grundlage der geltenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften statt. Diese be- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3836 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode inhalten insbesondere auch Regelungen zu Erprobungsfahrzeugen und Ausnahmegenehmigungen . Letztere können unter Auflagen erteilt werden. Die Bundesregierung erwartet aus Vorhaben auf Testfeldern relevante Ergebnisse, die Entscheidungsgrundlagen auch für verkehrspolitische Fragen und die Entwicklung eines geeigneten Rechtsrahmens liefern (hierzu wird auch auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen). Im Jahr 2015 hat das BMVI das Digitale Testfeld Autobahn A9 (DTA) in Bayern eingerichtet. Partner des Testfelds sind der Freistaat Bayern sowie die Verbände VDA und Bitkom. Auf dem Testfeld werden Vorhaben im Bereich des AVF sowie zur Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur umgesetzt. Dabei versteht sich das Testfeld als technologieoffenes Angebot an Wirtschaft und Forschung. Die Durchführung der Erprobungen liegt in der Verantwortung der Nutzenden. Als Ansprechstelle für das DTA hat das BMVI die zentrale Kommunikationsund Koordinierungsplattform für Automatisiertes Fahren (KOAF) eingerichtet. Neben den Aktivitäten auf dem DTA koordiniert das BMVI die Einrichtung von digitalen Testfeldern auf kommunaler Ebene, insbesondere in den Städten Berlin, Braunschweig, Dresden, Düsseldorf, Hamburg, Ingolstadt, Kassel und München. Das BMVI fördert dort, wie auch auf dem DTA, anwendungsnahe und innovative Vorhaben auf Grundlage von Förderrichtlinien. Aktuell werden in den Städten Berlin, Braunschweig, Düsseldorf, Dresden, Hamburg und Kassel Forschungsprojekte auf Testfeldern umgesetzt. Im Realverkehr sollen Erkenntnisse zu komplexen Fahrsituationen, z. B. an Lichtsignalanlagen, Kreuzungen, beim Zusammenwirken mit nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmern erlangt und somit das Zusammenspiel von Autobahn-, Land- und Stadtverkehr zukunftssicher ausgerichtet werden. Die Evaluation der BMVI-Forschungsprojekte zum automatisierten und vernetzten Fahren erfolgt ex post. Hierfür wird aktuell ein indikatorgestütztes Evaluierungssystem entwickelt. Das BMVI steht mit zahlreichen Betreibern weiterer Testfelder in Deutschland im engen Austausch. Eine Liste der Testfelder im öffentlichen Straßenraum mit den jeweiligen Beschreibungen findet sich auf der Internetseite des BMVI. 9. Welche zukünftigen Planungen für Reallabore bzw. regulatorische Experimentierräume verfolgt die Bundesregierung bzw. sind der Bundesregierung bekannt (bitte mit den jeweils in den Fragen 1a bis 1c erfragten Angaben beantworten)? Nach dem Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode ist beabsichtigt, über eine Tariföffnungsklausel im Arbeitszeitgesetz zeitlich begrenzte Experimentierräume für tarifgebundene Unternehmen zu schaffen, um eine Öffnung für mehr selbstbestimmte Arbeitszeit der Arbeitnehmer und mehr betriebliche Flexibilität in der zunehmend digitalen Arbeitswelt zu erproben. Auf Grundlage von Tarifverträgen kann dann mittels Betriebsvereinbarungen insbesondere die Höchstarbeitszeit in der Woche flexibler geregelt werden. Eine entsprechende Änderung des Arbeitszeitgesetzes, welches den gesetzlichen Rahmen für die Arbeitszeitgestaltung bildet, wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erarbeitet . Das Vorhaben soll im Jahr 2019 umgesetzt werden. Im Mobilitätsbereich sollen ferner digitale Technologien und der automatisierte Betrieb in der Seeschifffahrt und der maritimen Lieferkette vorangetrieben werden (z. B. im Digitalen Testfeld Hamburger Hafen). Im Bundeshaushalt 2018 sind hierfür entsprechende Finanzmittel eingeplant. Zunächst soll im Hamburger Hafen ein digitales Testfeld als Pilotprojekt errichtet werden mit einer möglichst Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/3836 breiten Streuwirkung in andere Häfen und Güterverteilzentren. Mit Blick auf dieses Projekt befindet sich BMVI im engen Austausch mit der Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, der Hamburg Port Authority (HPA) und Hamburger Unternehmen. Bei den digitalen Testfeldern in Häfen geht es um den Aufbau der notwendigen technischen digitalen Infrastruktur (beispielsweise Sensorik /Steuerungstechnik, Funkinfrastruktur und sichere IT-Infrastrukturen). Auf deren Grundlage sollen dann Forschungs- und Entwicklungsprojekte von Innovationen der Logistik 4.0 unter Realbedingungen umgesetzt werden. Der Bund beabsichtigt , entsprechende Vorhaben zum Aufbau der digitalen Infrastruktur zu fördern. Verantwortlich für den Aufbau des Testfelds bzw. die Umsetzung der Vorhaben sind die HPA und die Hamburger Hafenwirtschaft. Eine Evaluation des Digitalen Testfeldes Hamburger Hafen wird erfolgen. Der dafür vorgesehene Zeitpunkt kann noch nicht festgelegt werden. 10. Welche der in den Fragen 1, 8 und 9 aufgeführten Vorhaben lassen sich dem Bereich der „Share Economy“ zuordnen, für den der Bundestag in seinem Beschluss vom 9. März 2017 (Bundestagsdrucksache 18/11399) die Bundesregierung zur Ermöglichung von Experimentierräumen aufgefordert hat? Dem Bereich „Share Economy“ lässt sich keines der aufgeführten Vorhaben zuordnen . 11. Welche Beispiele für Reallabore bzw. regulatorische Experimentierräume in anderen Staaten sind der Bundesregierung bekannt, die sie in ihre eigenen Überlegungen zum Thema einbezieht? Einige Beispiele für internationale Vorhaben wurden im Rahmen des o. g. BMWi-Forschungsgutachtens, das sich vor allem auf nationale Vorhaben konzentriert , identifiziert (hierzu wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen). Diese sind aber nicht zwangsläufig Reallabore als regulatorische Experimentierräume im Sinne der in der Vorbemerkung genannten Definition und fließen teilweise in die weiteren Arbeiten im Rahmen des konzeptionellen Forschungsgutachtens ein. Im Finanzmarktbereich bezieht die Bundesregierung aufgrund des europäisch harmonisierten Rechtsrahmens insbesondere den so genannten regulatorischen „Sandkasten“ im Vereinigten Königreich in ihre Überlegungen ein. 12. Welche Aktivitäten und Überlegungen zu Reallaboren bzw. regulatorischen Experimentierräumen auf europäischer Ebene sind der Bundesregierung bekannt ? Im Mobilitätsbereich wurde gemeinsam mit Frankreich und Luxemburg ein grenzüberschreitendes Digitales Testfeld (auf deutscher Seite im Saarland) eingerichtet , um das automatisierte und vernetzte Fahren auch im grenzüberschreitenden Kontext erproben zu können. Dieses Testfeld ist das erste trilaterale Testfeld weltweit. Zentrale Ansprechstelle auf deutscher Seite ist die Kommunikations - und Koordinierungsplattform für Automatisiertes Fahren (KOAF) des BMVI. Aktuell beraten die drei Staaten, wie grenzüberschreitende Erprobungen auf Grundlage der jeweiligen straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften nutzerfreundlich umgesetzt werden können. Forschungs- und Innovationsförderung im Bereich des automatisierten und vernetzten Fahrens durch Erprobungen auf Testfeldern ist regelmäßiger Bestandteil des Austauschs der Bundesregierung auf europäischer Ebene, mit den G7-Staaten und bei bilateralen Kontakten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/3836 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die EU-Kommission hat im Rahmen des am 8. März 2018 veröffentlichten FinTech-Aktionsplans u. a. eine Initiative gestartet, um innovativen Geschäftsmodellen im Finanzbereich eine EU-weite Expansion zu ermöglichen. Dabei soll u. a. auf der Grundlage der Arbeiten der Europäischen Aufsichtsbehörden im ersten Quartal 2019 ein Bericht über Praktiken für regulatorische „Sandkästen“ vorgelegt werden. 13. Welche „datengestützten Regulierungsinstrumente“ plant oder erwägt die Bundesregierung zu erproben? Das o. g. BMWi-Gutachten, welches die konzeptionellen Grundlagen und Anforderungen an Reallabore aufarbeiten und so eine Einschätzung der Möglichkeiten und Grenzen des Instruments der Reallabore ermöglichen soll, ist derzeit noch in der Bearbeitung. Es gibt bisher keine konkreten Planungen oder Erwägungen zur Erprobung konkreter „datengestützter Regulierungsinstrumente“. 14. Welche Pläne verfolgt die Bundesregierung zum Ausbau von Reallaboren als „Säule der Energieforschung“ und zur Weiterentwicklung von SINTEG, und inwieweit handelt es sich dabei um Reallabore im Sinne regulatorischer Experimentierräume? Die Bundesregierung plant, Reallabore in ihrem 7. Energieforschungsprogramm als neue Fördersäule zu etablieren und den Transfer von Innovationen in die Praxis zu beschleunigen. Das Programm befindet sich in Vorbereitung und soll nach derzeitigen Planungen im Herbst 2018 vom Bundeskabinett beschlossen werden. Zur konkreten Ausgestaltung des neuen Förderformats Reallabore kann die Bundesregierung derzeit keine Aussage machen und wird zum gegebenen Zeitpunkt Entscheidungen dazu treffen. Beim Förderprogramm SINTEG handelt es sich um ein Reallabor im Sinne regulatorischer Experimentierräume. Die Bundesregierung verfolgt dementsprechend keine Pläne zum Ausbau von Reallaboren zur Weiterentwicklung von SINTEG. 15. Welche Experimentierklauseln bzw. Ausnahmeregelungen für den Test und Einsatz von autonomen Fahrzeugen im öffentlichen Raum plant die Bundesregierung einzuführen bzw. welche bestehen bereits? Der Koalitionsvertrag zur 19. Legislaturperiode sieht vor, das autonome Fahren in spezifischen Anwendungsfällen zu ermöglichen. Das Erproben von autonomen Fahrzeugsystemen im öffentlichen Verkehr ist auf Grundlage geltender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften bereits heute möglich. Für den tatsächlichen, d. h. regelmäßigen Einsatz solcher Systeme in spezifischen Anwendungsfällen wird aktuell ein Rechtsrahmen entwickelt. Zu dessen Gestaltung sollen auch Erkenntnisse aus Forschungsvorhaben auf Testfeldern genutzt werden. 16. Was versteht die Bundesregierung unter dem Begriff der „aufgelockerten Regulierung“ und ist sie der Ansicht, dass sich der Einsatz von Reallaboren bzw. regulatorischen Experimentierräumen (allgemein oder im Kontext „Smart City“) auf die Erprobung „aufgelockerter Regulierung“ konzentrieren oder beschränken sollte? Der in der Smart City Charta verwendete Begriff der „aufgelockerten Regulierung “ ist im Konsens in der Dialogplattform „Smart Cities“ entstanden. Diskutiert wurde er im Zusammenhang mit Fragen des Gemeindewirtschaftsrechts und des Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/3836 Vergaberechts, um den Kommunen ggfs. vereinfachte Wege zu neuen Kooperationen im Zuge der digitalen Transformation zu eröffnen und die Erprobung innovativer Technologien zu erleichtern. Die Umsetzung der Smart City Charta konzentriert sich nicht allein auf die Erprobung einer so verstandenen „aufgelockerten Regulierung“. Auch im Allgemeinen sollen und müssen sich Reallabore im Sinne regulatorischer Experimentierräume nicht auf eine „aufgelockerte Regulierung“ beschränken . Es kann auch um die Erprobung neuer oder alternativer Regulierungen gehen (siehe Vorbemerkung der Bundesregierung). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333