Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 22. August 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4016 19. Wahlperiode 28.08.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Benjamin Strasser, Stephan Thomae, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/3607 – Gewalt gegen Einsatzkräfte V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Einsatzkräfte der Polizei, der Feuerwehr und der Rettungsdienste setzen sich täglich Gefahren aus, um Menschen in Not zu helfen. Regelmäßig werden sie dabei selber Opfer verbaler, aber auch physischer Gewalt. Zahlreiche hauptund ehrenamtliche Einsatzkräfte beklagen eine Zunahme ihnen entgegen gerichteter Respektlosigkeit und Gewalt innerhalb der Bevölkerung. Bestätigt wird diese Erfahrung von der Studie „Gewalt gegen Einsatzkräfte der Feuerwehren und Rettungsdienste in Nordrhein-Westfalen“ der Ruhr-Universität Bochum (vgl. www.kriminologie.ruhr-uni-bochum.de/images/pdf/Abschlussbericht_Gewalt_ gegen_Einsatzkraefte.pdf). Im Rahmen der Studie wurden im Jahr 2017 rund 810 Feuerwehrangehörige und Rettungssanitäter in Nordrhein-Westfalen zu ihren Gewalterfahrungen befragt. Die Forscher stellten eine Tendenz zur Verrohung und einen „Verlust an Empathie“ in der Gesellschaft fest. Fachverbände und Gewerkschaften haben auf die wachsende Zahl von Angriffen und Gewaltdelikten mit verschiedenen Kampagnen reagiert. So hat beispielsweise der Deutsche Feuerwehrverband im Mai 2018 die Präventionskampagne „Gewalt geht gar nicht“ gestartet. Ziel der Kampagne ist es, die Bevölkerung für Respekt und Verständnis gegenüber den Einsatzkräften zu sensibilisieren . Zudem werden auch die Einsatzkräfte aufgerufen, die Angriffe regelmäßig zu melden. 1. Wie viele Gewaltdelikte wurden in den Jahren 2013 bis 2017 gegen Angehörige von Sicherheitsbehörden des Bundes (inkl. Zoll und Technisches Hilfswerk – THW) sowie nach Kenntnis der Bundesregierung gegen Rettungskräfte , Feuerwehrangehörige und Polizeibeamte der Länder begangen? In den Jahren 2013 bis 2017 wurden 3 710 (2013), 4 276 (2014), 4 370 (2015), 4 805 (2016) sowie 4 527 (2017) „Vollstreckungsbeamte und gleichstehende Personen i. S. d §§ 113, 114 StGB insgesamt“ als Opfer von Gewaltdelikten (versuchte und vollendete Straftaten) in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4016 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode a) In wie vielen Fällen wurden Straftaten durch die Hilfebedürftigen selbst begangen? Die Frage kann auf Grundlage der PKS nicht beantwortet werden, da ein Merkmal „Hilfebedürftiger“ bei den Tatverdächtigen (TV) nicht erfasst wird. b) In wie vielen Fällen erfolgten die Straftaten durch Dritte? Die Frage kann auf Grundlage der PKS nicht beantwortet werden. Ein Merkmal „Begehung durch Dritte“ wird nicht erfasst. c) In wie vielen Fällen standen die Täter unter Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln (bitte jeweils nach Jahren aufschlüsseln)? In der PKS sind keine Täter sondern lediglich TV erfasst. Nachstehende Ausführungen beziehen sich nicht auf die Fälle, bei deren Begehung die TV unter Alkoholeinfluss standen, sondern auf die Anzahl der TV, die bei der Tatbegehung unter Einfluss von Alkohol standen. Von den im Jahr 2017 erfassten 2 702 TV, die Gewaltdelikte gegen Einsatzkräfte (Vollstreckungsbeamte im Sinne der §§ 113, 114 StGB und Rettungsdienste) begangen haben, standen 43 Prozent (1 172 TV) unter Alkoholeinfluss. Im Jahr 2013 lag der Anteil bei 49 Prozent (1 031 von 2 098 TV), im Jahr 2014 ebenfalls bei 49 Prozent (1 158 von 2 380 TV), im Jahr 2015 bei 46 Prozent (1 186 von 2 562 TV) und im Jahr 2016 bei 41 Prozent (1 169 von 2 829 TV). Daten zu TV, die bei der Tatbegehung unter Einfluss von Betäubungsmitteln standen, liegen in der PKS nicht vor. d) In wie vielen Fällen waren die Täter minderjährig (bitte nach Jahren und Alter aufschlüsseln)? In den Jahren 2013 bis 2017 waren wegen Gewaltdelikten gegen Einsatzkräfte TV zu sieben bzw. acht Prozent minderjährig. In der PKS wird eine Altersunterteilung in „unter 14 Jahren“ und „14 bis unter 18 Jahren“ vorgenommen. Dementsprechend waren im Jahr 2017 von den 2 702 TV 14 unter 14 Jahre und 174 zwischen 14 und unter 18 Jahre alt. Im Jahr 2013 lag die Anzahl bei 10 bzw. 139 von 2 098 TV, im Jahr 2014 bei 5 bzw. 190 von 2 380 TV, im Jahr 2015 bei 13 bzw. 185 von 2 562 TV und im Jahr 2016 bei 15 bzw. 189 von 2 829 TV. e) Hat die Anzahl weiblicher minder- und volljähriger Täter zugenommen bzw. gibt es Tendenzen, dass sie zunimmt (bitte nach Jahren und Alter aufschlüsseln)? Weibliche minderjährige TV stellen in den Jahren 2013 bis 2017 einen Anteil von jeweils einem Prozent an allen wegen Gewaltdelikten gegen Einsatzkräfte (Vollstreckungsbeamte im Sinne der §§ 113, 114 StGB und Rettungsdienste) in der PKS erfassten TV. Tendenzen, dass die Anzahl der TV dieser Personengruppe zunimmt, sind nicht erkennbar (2013: 22 minderjährige weibliche TV; 2014: 34; 2015: 22; 2016: 35; 2017: 33). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4016 Der Anteil weiblicher erwachsener TV liegt in den Jahren 2013 bis 2017 zwischen 11 und 13 Prozent an allen wegen Gewaltdelikten gegen Einsatzkräfte (Vollstreckungsbeamte im Sinne der §§ 113, 114 StGB und Rettungsdienste) in der PKS erfassten TV. In den absoluten Zahlen ist ein kontinuierlicher Anstieg von 242 (2013) auf 353 (2017) weibliche erwachsene TV zu verzeichnen (2014: 286, 2015: 294, 2016: 321). Die relativen Zahlen spiegeln diesen Anstieg nicht wider (2013: 11,5 Prozent, 2014: 12,0 Prozent, 2015: 11,5 Prozent, 2016: 11,3 Prozent, 2017: 13,1 Prozent). 2. In wie vielen Fällen wurden Einsatzkräfte nach Kenntnis der Bundesregierung bei Gewaltdelikten in den Jahren 2013 bis 2017 verletzt (bitte aufschlüsseln )? Die Frage nach verletzten Einsatzkräften kann auf Grundlage der PKS nicht beantwortet werden. Die Anzahl der Einsatzkräfte, die Opfer von vollendeten Delikten der Gewaltkriminalität im Zusammenhang mit ihrer Berufs-/Dienstausübung wurden, liegt im Jahr 2013 bei 1 673, im Jahr 2014 bei 2 178, im Jahr 2015 bei 2 061, im Jahr 2016 bei 2 473 und im Jahr 2017 bei 2 182. Nicht enthalten ist die Anzahl der Einsatzkräfte, die Opfer von einfacher Körperverletzung wurden, da dieses Delikt nicht zum Summenschlüssel Gewaltdelikte in der PKS gezählt wird. Der Bundesregierung liegen die nachfolgend dargestellten Erkenntnisse zu bei Gewaltdelikten im Inland verletzten Bundesbediensteten vor, wobei sich das Verständnis des Begriffs des Gewaltdelikts von Behörde zu Behörde unterscheiden kann. Bundespolizei (BPOL) Jahr Anzahl der verletzten Polizeivollzugsbeamten (PVB) 2013 333 2014 337 2015 336 2016 301 2017 380 Zoll Jahr Anzahl der verletzten Vollzugskräfte 2013 25 2014 26 2015 13 2016 13 2017 13 Im Bereich des Bundeskriminalamtes (BKA) wurden zwei Vollzugsbeamte im Inland in den Jahren 2013 – 2017 verletzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4016 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. An wie vielen Tagen waren Angehörige von Sicherheitsbehörden des Bundes in Folge von Gewaltdelikten gegen Einsatzkräfte in den Jahren 2013 bis 2017 nicht dienstfähig (bitte nach Jahren und Behörden aufschlüsseln)? Bei BKA und der Polizei beim Deutschen Bundestag waren in den Jahren 2013 bis 2017 keine Fälle von Dienstunfähigkeit infolge von Gewaltdelikten im Inland festzustellen. Bei der Zollverwaltung und der BPOL findet keine statistische Erfassung von Fällen im Sinne der Fragestellung statt. 4. Erkennt die Bundesregierung eine schwerpunktmäßige Häufung von Gewaltdelikten gegen Einsatzkräfte im Umfeld bestimmter Großereignisse? Wenn ja, welche? In der Vergangenheit konnten anlässlich vereinzelter Großereignisse, wie beispielsweise des G20-Gipfels 2017 in Hamburg oder bei Castortransporten, Häufungen von Gewaltdelikten verzeichnet werden. 5. Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse, welche konkreten Tatmittel bei Gewaltdelikten gegen Einsatzkräfte eingesetzt wurden? a) Wenn ja: Wie häufig wurde welches konkrete Tatmittel in den Jahren 2013 bis 2017 bei Gewaltdelikten gegen Einsatzkräfte verwendet? b) Wenn nein: Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, die Tatmittel von Gewaltdelikten gegen Einsatzkräfte zu erfassen (bitte begründen)? Eine umfassende Beantwortung ist auf Grundlage der PKS nicht möglich, da konkrete Tatmittel in der PKS nicht erfasst werden. Derzeit wird in den zuständigen Bund-Länder-Gremien die Einführung eines sogenannten Tatmittelkatalogs in der PKS geprüft. Sollten die zuständigen Länder künftig einen, ihre zum Teil schon bestehenden Landeserhebungen ergänzenden, Bedarf für die Erfassung der Verwendung von Stichwaffen in der Bundes-PKS sehen, würde die Bundesregierung die Aufnahme dieses Merkmals in die Bundesstatistik begrüßen. Für den Bereich der BPOL und des Zolls liegen der Bundesregierung die nachfolgend dargestellten Erkenntnisse vor. Bei der BPOL erfolgte die Auswertung auf Datengrundlage der Polizeilichen Eingangsstatistik der BPOL. Dabei handelt es sich um eine Erhebung auf Grundlage der Angaben des angegriffenen Beamten bzw. der angegriffenen Beamtin. Eine Vergleichbarkeit zu denen unter Frage 1 dargestellten statistischen Daten ist nicht gegeben. Darüber hinaus ist zu beachten, dass seitens der Angreifer in Teilen mehrere Angriffsmittel genutzt und/oder mitgeführt wurden, sodass eine Mehrung in Relation zu den unter Frage 2 aufgeführten statistischen Daten unausweichlich ist. Die erfragten Daten können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4016 Tatmittel 2013 2014 2015 2016 2017 Schusswaffe 1 0 0 0 0 Schusswaffenattrappe 0 0 0 0 0 Schreckschusswaffe 0 1 0 0 0 Gaspistole 0 1 0 0 0 Hieb- und Stichwaffen 9 3 3 11 11 Reizstoffe 7 7 9 6 9 Brandmittel/Pyrotechnik 11 14 24 12 39 Kraftfahrzeuge 5 3 1 3 Wurfgegenstände 12 32 45 34 62 Hund hetzen/Hundebiss 0 0 0 0 1 Schlagen/Stoßen mit Gegenstand 15 9 10 8 30 Körperliche Gewalt 291 282 277 266 295 Sonstige Angriffsmittel 13 10 15 13 6 Im Bereich des Zolls erfolgten Gewaltdelikte weit überwiegend durch körperliche Gewalt. Der Einsatz von Tatmitteln fand wie folgt statt: Tatmittel 2013 2014 2015 2016 2017 Schusswaffe 1 2 3 1 0 Hieb- und Stichwaffe 5 3 2 2 4 Reizstoffsprühgerät 0 2 0 0 0 KfZ 5 8 8 8 11 Sonstige (z. B. Werkzeug) 9 4 3 16 2 6. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie viele Ermittlungsverfahren zu Gewaltdelikten gegen Einsatzkräfte in den Jahren 2013 bis 2017 eingestellt worden sind (bitte aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 7. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Umstand, dass viele gegen Einsatzkräfte gerichteten Gewaltdelikte nicht angezeigt werden, und welche Möglichkeiten sieht sie, die Anzeigenquote zu erhöhen (vgl. www.kriminologie.ruhr-uni-bochum.de/images/pdf/Abschlussbericht_ Gewalt_gegen_Einsatzkraefte.pdf, S. 50 ff.)? Zum Anzeigeverhalten bei Gewalt gegen Einsatzkräfte (PVB, Zoll, Rettungskräfte und THW) liegen der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor. Für den polizeilichen Bereich ist zu beachten, dass bei Bekanntwerden von Straftaten , unabhängig davon, ob diese zum Nachteil von PVB begangen werden, aufgrund des Legalitätsprinzips eine Anzeigenerstattung obligatorisch erfolgt. Sofern sich PVB in Fällen von Antragsdelikten als Geschädigte gegen die Stellung eines Strafantrages entscheiden, hat der Dienstvorgesetzte gemäß § 77a StGB die Möglichkeit zur Stellung eines solchen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4016 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Wie viele Fahrzeuge von Sicherheitsbehörden des Bundes (inkl. Zoll und THW) sind mit bruchsicheren Fenstern ausgerüstet (bitte nach Fahrzeugkategorie und Behörde aufschlüsseln)? 9. Wie viele Fahrzeuge von Sicherheitsbehörden des Bundes (inkl. Zoll und THW) sind mit Kameras im Innen- und Außenbereich ausgerüstet (bitte nach Fahrzeugkategorie und Behörde aufschlüsseln)? 10. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, den Bestand an Einsatzfahrzeugen bei Sicherheitsbehörden des Bundes (inkl. Zoll und THW) mit Schutzvorrichtungen wie bruchsicheren Fenstern oder Kameras im Innenund Außenbereich zu erhöhen? Die Fragen 8 bis 10 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt, dass eine Beantwortung der Fragen 8 bis 10 in offener Form ganz oder teilweise nicht erfolgen kann, soweit der polizeiliche Bereich betroffen ist. Die erbetenen Auskünfte sind insoweit geheimhaltungsbedürftig, weil sie detaillierte Einzelheiten zu operativen und technischen Fähigkeiten bzw. zu Vorkehrungen der Eigensicherung beinhalten. Aus ihrem Bekanntwerden könnten entsprechende Rückschlüsse gezogen werden, was nachteilig für die Aufgabenerfüllung der jeweiligen Stellen und damit für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland sein kann und darüber hinaus möglicherweise einer zusätzlichen Gefährdung von Einsatzkräften führt. Daher sind die Antworten zu den genannten Fragen gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und werden als nicht zur Veröffentlichung in einer Bundestagsdrucksache bestimmte Anlage übermittelt.* Die Fahrzeuge des THW sind weder mit Sicherheitsverglasung noch mit Kameras im Innen- und Außenbereich ausgerüstet und es bestehen auch keine Planungen für eine entsprechende Ausstattung. 11. Wie bewertet die Bundesregierung die Pläne des Deutschen Feuerwehrverbandes , eine zentrale bundesweite Anlaufstelle für Einsatzkräfte, die Opfer von Gewaltdelikten geworden sind, einzurichten (vgl. www.feuerwehrverband. de/fileadmin/Inhalt/SCHWERPUNKTE/KeineGewalt/180509_Gewalt_ gegen_Einsatzkr%C3%A4fte__Pr%C3%A4sidiumspositionspapier_final_. pdf, S. 3)? Ist es aus Sicht der Bundesregierung sinnvoll, eine derartige Stelle behördlich zu organisieren? Wenn nein, wieso nicht? Grundsätzlich begrüßt die Bundesregierung die Einrichtung von zentralen Anlaufstellen für Opfer von Gewaltdelikten und sieht in der Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für Einsatzkräfte, die Opfer von Gewaltdelikten geworden sind, die Möglichkeit eine Verbesserung in der Unterstützung der Betroffenen zu erreichen. Es wird allerdings darauf hingewiesen, dass die Hilfe für Opfer von * Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/4016 Straftaten, auch von Einsatzkräften, nach der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung grundsätzlich Aufgabe der Länder ist. Die Organisation einer derartigen Stelle als Behörde des Bundes ist daher nicht möglich. 12. Wie bewertet die Bundesregierung das derzeit vorhandene Angebot der psychosozialen und rechtlichen Beratung für Einsatzkräfte? Die Bundesregierung bewertet das Angebot unter Hinweis auf die Antwort zu Frage 13 als zufriedenstellend. 13. Welche Maßnahmen bestehen bereits, und welche Maßnahmen sind seitens der Bundesregierung geplant, um für die Angehörigen von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben die Nachsorge bei Gewaltdelikten auszubauen? Es gibt für Opfer von Gewalttaten – auch für Einsatzkräfte, die Opfer von Gewalttaten wurden – zahlreiche Opferhilfeeinrichtungen, die viele Unterstützungsmöglichkeiten anbieten. Hierzu zählt beispielsweise die psychosoziale Betreuung und Beratung, die Vermittlung zu weitergehenden Hilfs- und Beratungsangeboten , Krisenintervention, Begleitung zu Gerichts-, Behörden-, Anwalts-, und Arztterminen , Psychosoziale Prozessbegleitung, Unterstützung bei der Stellung von Anträgen und Informationen über finanzielle Hilfen und Ansprüche, z. B. nach dem Opferentschädigungsgesetz. Die meisten Opferhilfeeinrichtungen stehen dabei allen Opfern von Gewalttaten ohne Einschränkung auf einen bestimmten Hintergrund der Tat offen. Einen bundesweiten Überblick über passende und ortsnahe Angebote der Opferhilfe bietet die Onlinedatenbank für Betroffene von Straftaten, welche im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales von der Kriminologischen Zentralstelle erstellt worden ist: www.odabs.org/index. html. Darüber hinaus sind Opfer von Gewalttaten – auch Einsatzkräfte, die Opfer von Gewalttaten wurden – nach § 406i und § 406j der Strafprozessordnung (StPO) möglichst frühzeitig, regelmäßig schriftlich und soweit möglich in einer für sie verständlichen Sprache über ihre Befugnisse im Strafverfahren sowie weitere Befugnisse außerhalb des Strafverfahrens hinzuweisen. Opfer von Straftaten, die eine rechtliche Beratung über ihre Rechte und Befugnisse wünschen, können einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin aufsuchen. Bedürftige Opfer können bei dem dafür zuständigen Amtsgericht eine rechtliche Beratung im Wege der Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz beantragen . Teilweise vermitteln auch Opferhilfeeinrichtungen wie der ehrenamtlich privat organisierte Weiße Ring Deutschland e. V. eine solche rechtliche Beratung und übernehmen dafür die Kosten. Kommt es zum Strafverfahren, können sich alle Opfer einer Straftat im Strafverfahren des Beistands eines Rechtsanwalts bedienen oder sich durch einen solchen vertreten lassen (§ 406f Absatz 1 StPO). Bei der Vernehmung des Opfers durch das Gericht oder die Staatsanwaltschaft ist dem Rechtsanwalt des Opfers die Anwesenheit gestattet (§ 406f Absatz 1 Satz 2 StPO). Nach § 397a Absatz 1StPO ist auf Antrag insbesondere den Opfern von Sexualund versuchten Tötungsverbrechen und den kindlichen Opfern von Sexualdelikten oder von einer Misshandlung von Schutzbefohlenen ein Rechtsanwalt als Beistand auf Staatskosten zu bestellen (Opferanwalt). Weiteren Opfern von Strafta- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4016 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode ten, die nach § 395 StPO befugt sind, sich dem Verfahren als Nebenkläger anzuschließen , kann nach § 397a Absatz 2 StPO unter den dort genannten Voraussetzungen (insbesondere Bedürftigkeit und wenn dem Opfer nicht zuzumuten ist, seine Interessen selbst wahrzunehmen bzw. er sie selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann), für das Strafverfahren als Nebenkläger Prozesskostenhilfe bewilligt werden. In der BPOL besteht ein seit zwanzig Jahren etabliertes System der psychosozialen Nachsorge. So ist in der BPOL für die Betreuung und Beratung der Angehörigen der BPOL seit 1998 der Sozialwissenschaftliche Dienst eingerichtet. Er ist über das gesamte Bundesgebiet verteilt in regionale Dienste gegliedert. Neben anderen sozialwissenschaftlichen Tätigkeitsfeldern ist die Einsatznachsorge Aufgabenschwerpunkt . In den bundesweit dislozierten Dienststellen der BPOL wirken über 150 Peers (PVB mit Zusatzqualifikation) im Netzwerk für die Psychosoziale Notfallversorgung für Einsatzkräfte mit. Die BPOL hält für ihre Beschäftigten damit einen Pool von rund 150 qualifizierten Betreuungspersonen vor. Nach besonders belastenden Einsätzen (z. B. Vorfälle mit Verletzten oder Toten und Situationen mit Gewalterfahrung) werden routinemäßig Betreuungsmaßnahmen angeboten. Die Angehörigen der BPOL bewerten dieses Angebot als positive Würdigung der besonderen Umstände ihrer Tätigkeit und die praktische Unterstützung nach extrem beanspruchenden Ereignissen auch wegen ihrer kollegialen Nähe als hilfreich. Die Funktionalität des Nachsorgesystems wird in einem fortlaufenden Prozess überprüft und gegebenenfalls nach den Bedürfnissen der Einsatzorganisation ergänzt. Neben den psychosozialen Angeboten gewährt die BPOL ihren Einsatzkräften Rechtsschutz in gegen sie gerichteten Strafverfahren, Bußgeldverfahren sowie zivil - und verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten: Der Rechtsschutz erfolgt zunächst in Form eines Darlehens und ist an bestimmte Bedingungen geknüpft. Darüber hinaus besteht gemäß § 78a BBG die Möglichkeit Schmerzensgeldansprüche gegen Dritte in besonderen Fällen, beispielsweise bei Zahlungsunfähigkeit des Verursachers, an den Dienstherrn abzutreten. Im Gegenzug erhält der Beamte das Schmerzensgeld von seinem Dienstherrn ausgezahlt. Auch innerhalb der Zollverwaltung besteht ein gut funktionierendes, bundesweit flächendeckendes Netzwerk zur Betreuung und Beratung von Einsatzkräften, welches sich bewährt hat. In der Zollverwaltung wurden ab 2012 sogenannte Nachsorge-Einsatzteams-Zoll (NETZ) eingerichtet. Durch den Einsatz von geschulten Helfern und Helferinnen des kollegialen Umfelds (sog. Peers), denen im Rahmen eines Netzwerkes ein ausgebildetes Team von psychosozialen Fachleuten zur Verfügung steht, erhalten die Bediensteten Unterstützung, Beratung und Betreuung. Darüber hinaus unterstützen die Peers deren Angehörige und die Führungskräfte der Zollverwaltung in Krisen und bieten dienstbegleitende Präventivschulungen an. Die Peers unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht und besitzen in ihrer Eigenschaft als Berufshelfer ein Zeugnisverweigerungsrecht. Bei Bedarf helfen sie auch bei der Vermittlung von weiteren Fachleuten, z. B. Psychotherapeuten . Es erfolgt ein enger Austausch mit den Einsatznachsorgeteams anderer Behörden, um Erfahrungen auszutauschen und die Betreuung weiterzuentwickeln . Diese bieten im Rahmen der Fürsorge eine psychosoziale Notfallbetreuung an, bei der den Betroffenen verständige Ansprechpartner zur Verfügung stehen, die der gleichen Verwaltung angehören und die Aufgaben, Strukturen und Einsatzbedingungen kennen. Den PVB der Polizei beim Deutschen Bundestag steht für eine psychosoziale Beratung /Betreuung der Psychosoziale Dienst der Bundestagsverwaltung zur Verfügung . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/4016 Psychosoziale Beratung und Unterstützung für Einsatzkräfte ist inzwischen auch im nicht-polizeilichen Bereich bundesweit verfügbar. Alle Einsatzorganisationen halten Formen der Psychosozialen Notfallversorgung für Einsatzkräfte (PSNV- E) vor und bieten somit Angebote der psychosozialen Beratung und Aus- und Weiterbildung. Diese sind in der Regel orientiert an den Qualitätsstandards und Leitlinien zur PSNV, welche in den Jahren 2007 bis 2010 vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) in Kooperation mit Bundesministerien und Bundesbehörden, Innenministerien und Senaten der Länder, Berufsverbänden , Fachgesellschaften und Fachverbänden, Feuerwehren, Hilfsorganisationen , Kammern, Kirchen sowie Wissenschaftlern erarbeitet und zur Umsetzung empfohlen wurden. Im Bereich des THW wurde zudem eine Informationsschrift der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung zur Prävention von und zum Umgang mit Übergriffen auf Einsatzkräfte, auf dem Dienstweg verteilt. 14. Wie bewertet die Bundesregierung den Erfolg der Kampagne „Stark für dich. Stark für Deutschland.“ des Bundesministeriums des Innern aus dem Jahr 2017 unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung von Gewaltvorkommnissen gegen Einsatzkräfte? Beabsichtigt die Bundesregierung, weitere vergleichbare Kampagnen zur Sensibilisierung der Bevölkerung zu entwickeln? Wenn ja, welche? Die Bundesregierung wertet die Kampagne „Stark für dich. Stark für Deutschland .“ aus dem Herbst 2017 als erfolgreich. Dies leitet sich nicht nur aus der Resonanz der eigenen Wahrnehmung ab, sondern ist auch das Resultat einer von Bundesministerium des Innern in Auftrag gegebenen Evaluierung. Insbesondere in Bezug auf die Kriterien „Reichweite“ und „Kommunikationsimage“ wurde der Erfolg der Kampagne positiv eingeschätzt. Der Koalitionsvertrag der 19. LP sieht vor, der Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte, Rettungskräfte und anderen Repräsentantinnen und Repräsentanten des Staates sowie gegen ehrenamtlich Engagierte auf allen Ebenen konsequent entgegen zu wirken. Vor diesem Hintergrund plant das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat aufbauend auf der Kampagne „Stark für Dich. Stark für Deutschland“ eine weitere Kampagne mit dem Ziel, den Respekt vor Polizei- und Rettungskräften, Sanitätern und ehrenamtlich und zivilgesellschaftlich Engagierten zu erhöhen. 15. Welche weiteren Maßnahmen zum Schutz von Einsatzkräften sind vonseiten der Bundesregierung geplant (bitte erläutern)? Die Einsatzkräfte der Polizei werden fortwährend aus- und fortgebildet. Die Führungs - und Einsatzmittel, insbesondere die Schutzausstattung und Bewaffnung, werden an die aktuelle Gefährdungslage angepasst. Dabei werden aktuelle Lageerkenntnisse und allgemeine Lageentwicklungen berücksichtigt. Durch die Sensibilisierung für einschlägige Feststellungen und Vermittlung von ggf. anzupassenden Handlungsmustern soll das Niveau der Eigensicherung erhalten bzw. ausgebaut werden. In legislativer Hinsicht prüft die Bundesregierung fortlaufend, ob Handlungsbedarf zum Schutz von Einsatzkräften besteht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4016 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 16. Inwiefern sind Unterrichtseinheiten zu Präventionsmaßnahmen (wie Deeskalationstechniken und körperschonende Abwehrtechniken) nach Kenntnis der Bundesregierung Bestandteil der Aus- und Weiterbildungskonzepte für die Einsatzkräfte der Polizei, der Feuerwehr und der Rettungsdienste (bitte erläutern)? Das Themenfeld Eigensicherung ist ein wesentlicher Bestandteil der Aus- und Fortbildung bei den Polizeien des Bundes und des Zolls. Dies umfasst u. a. die theoretische und praktische Vermittlung von Maßnahmen der Konfliktlösung und der (deeskalierenden) Kommunikation mit dem polizeilichen Gegenüber – einschließlich des Ausbaus der sozialen und der damit einhergehenden interkulturellen Kompetenzen – sowie das Trainieren von Einsatztrainingstechniken, um Angriffe gegen die Beamtinnen und Beamten oder Dritte mit und ohne Hilfsmittel abzuwehren bzw. polizeiliche Befugnisse durchzusetzen. Im Bereich des THW wird das Thema „Gewalt gegen Rettungskräfte“ im Rahmen der Grundausbildung und der jährlichen Unterweisungen behandelt. Darüber hinaus haben Sensibilisierungsmaßnahmen zu Deeskalationstechniken stattgefunden . Die Lehrpläne für Landespolizeien, Feuerwehren und Rettungsdienste liegen in der Verantwortung der Länder. 17. Welche Auswirkungen haben Gewaltdelikte gegen Einsatzkräfte aus Sicht der Bundesregierung auf die Attraktivität des ehrenamtlichen Engagements bei Feuerwehren und Hilfsorganisationen? Die Bundesregierung sieht in der Gewalt gegen ehrenamtlich Engagierte einen Aspekt, der der Attraktivität dieses Engagements abträglich ist. Dies ist einer der Beweggründe, warum die Bundesregierung mit Kampagnen für mehr Respekt u. a. für ehrenamtlich Engagiert wirbt. Konkrete Zahlen zu den Auswirkungen von Gewalt auf das Engagement liegen der Bundesregierung nicht vor. 18. Welche Auswirkungen haben Gewaltdelikte gegen Einsatzkräfte aus Sicht der Bundesregierung auf die Attraktivität des Berufs des Polizeibeamten, des Berufsfeuerwehrmanns und der hauptamtlichen Tätigkeit bei einem Rettungsdienst ? Der Bundesregierung liegen zu Auswirkungen von Gewaltdelikten auf die Attraktivität des Berufs der genannten Einsatzkräfte keine umfassenden Erkenntnisse vor. Obwohl das Thema in der Öffentlichkeit präsent ist und auch bei der Personalgewinnung thematisiert wird, liegen für den Bereich der Polizeien des Bundes allerdings keine Erkenntnisse vor, dass Gewaltdelikte gegen Einsatzkräfte Einfluss auf die Attraktivität des Berufes von PVB hat. Für diese Annahme sprechen auch gleichbleibend hohe, teils sogar steigende Bewerberzahlen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333