Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vom 22. August 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4018 19. Wahlperiode 27.08.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Marc Jongen, Thomas Ehrhorn, Dr. Götz Frömming, Martin Renner und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/3565 – Mittelvergabe für Projekte der kulturell-künstlerischen Vermittlungsarbeit und Diversitätsentwicklung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Bundeshaushaltsplan 2018 weist für den Bereich „Kulturelle Vermittlung“ im Einzelplan 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt auf Position 685 10 einen Mittelansatz von 6 000 000 Euro und 3 500 000 Euro für das Nationale Präventionsprogramm gegen den islamistischen Terrorismus (NPIT) aus. In der Begründung zur Budgetierung dieses Mittelansatzes heißt es, der Bund sei „in der Verantwortung, auf nationaler Ebene Rahmenbedingungen zu schaffen , in denen Kunst Wertschätzung“ erfahre und sich entfalten könne. Es gehöre daher auch zu den „besonderen Aufgaben der Kulturpolitik des Bundes“, „Verantwortung für die aktivierende Kulturvermittlung im gesamtstaatlichen Maßstab “ wahrzunehmen. Es gelte, so heißt es in der Begründung weiter, „das kulturpolitische Ziel, den Zugang zu kulturellen Angeboten unabhängig von finanzieller Lage und sozialer und ethnischer Herkunft zu erleichtern und die Aktivitäten im Bereich der kulturellen Bildung, Integration und Diversitätsentwicklung von Kultureinrichtungen zu verstärken“. In diesem Haushaltsposten sind auch Mittel des NPIT in Höhe von 3,5 Mio. Euro eingestellt, das offenbar im Zusammenhang mit der Zielvorgabe „Prävention durch Integration“ steht (www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/ veroeffentlichungen/themen/sicherheit/praeventionsprogramm-islamismus.html). Aus Sicht der Fragesteller besteht ein gesamtgesellschaftliches Interesse an Information , wofür die hierfür budgetierten Mittel im Einzelnen genau eingesetzt werden sollen. Fragwürdig erscheint den Fragestellern im Weiteren der Einsatz von Haushaltsmitteln , um Projekte zu finanzieren, die der „Diversitätsentwicklung“ dienen. Es kann aus Sicht der Fragesteller nicht Aufgabe der Kulturpolitik sein, steuernd im Sinne einer Förderung von „Diversität“ tätig zu werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4018 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Aufgrund welcher Annahmen ist die Bundesregierung der Meinung, dass Projekte der „kulturell-künstlerischen Vermittlungsarbeit und Diversitätsentwicklung “ einen Beitrag zur Präventionsarbeit gegen den islamistischen Terrorismus leisten können? a) Welche Studien oder wissenschaftlichen Untersuchungen liegen diesen Annahmen zugrunde? b) Welche konzeptionellen Vorarbeiten sind zur Auswahl solcher Projekte erstellt bzw. in Auftrag gegeben worden? Die Sicherheit in Deutschland wird zum einen durch repressive Maßnahmen und die Durchsetzung des Rechtsstaats gewährleistet. Daneben sind aber auch eine proaktive Demokratieförderung und eine gute Präventionsarchitektur erforderlich , um zu verhindern, dass insbesondere junge Menschen sich überhaupt erst radikalisieren. Teil dieser Architektur ist das Nationale Präventionsprogramm gegen islamistischen Extremismus. Die zentrale Funktion von Projekten der kulturell -künstlerischen Vermittlungsarbeit liegt in diesem Kontext in der beispielhaften Entwicklung und Erprobung von Konzepten, Strategien und Arbeitsformen zur Extremismusprävention. Diese Annahmen sind auch im Bericht der Bundesregierung über Arbeit und Wirksamkeit der Bundesprogramme zur Extremismusprävention dargestellt. Darüber hinausgehende konzeptionelle Vorarbeiten für diesen Bereich waren nicht erforderlich. 2. Wie genau definiert die Bundesregierung in diesem Zusammenhang den Begriff „islamistisch“? Der Begriff „Islamismus“ bezeichnet eine Form des politischen Extremismus. Unter Berufung auf den Islam zielt der Islamismus auf die teilweise oder vollständige Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ab, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland besteht. Nach der Feststellung des vom Bundesministeriums des Innern herausgegebenen Verfassungsschutzberichts des Bundes 2017 basiert der Islamismus auf der Überzeugung , dass der Islam nicht nur eine persönliche, private „Angelegenheit“ ist, sondern auch das gesellschaftliche Leben und die politische Ordnung bestimmt oder zumindest teilweise regelt. Der Islamismus postuliert die Existenz einer gottgewollten und daher „wahren“ und absoluten Ordnung, die über den von Menschen gemachten Ordnungen steht. Mit ihrer Auslegung des Islams stehen Islamisten insbesondere im Widerspruch zu den im Grundgesetz verankerten Grundsätzen der Volkssouveränität, der Trennung von Staat und Religion, der freien Meinungsäußerung und der allgemeinen Gleichberechtigung. Ein wesentliches ideologisches Element des Islamismus ist außerdem der Antisemitismus. 3. Welche konkreten kulturellen Projekte und Aktivitäten werden von der Bundesregierung mit dem Ziel der Prävention von islamistischem Terrorismus aktiv gefördert (bitte mit den jeweiligen Projektträgern und den zugehörigen Kostenansätzen auflisten)? a) Welche Projekte oder diesbezügliche Aktivitäten hat die Bundesregierung in der Vergangenheit beobachtet, ausgewertet oder bereits finanziell gefördert ? b) Welche Projekte mit welchen Projektträgern treten neu hinzu? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4018 4. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Wirksamkeit derartiger kultureller Projekte hinsichtlich ihrer Effektivität und Effizienz generell und im Einzelnen vor? a) Wie, durch wen und in welchen Zeiträumen werden die Projekte und Aktivitäten evaluiert? b) Welche Stellen sichten die Evaluationsergebnisse und bewerten die Erkenntnisse ? Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Derzeit werden von der Bundesregierung keine kulturellen Projekte und Aktivitäten mit dem Ziel der Prävention von islamistischem Terrorismus bzw. Extremismus gefördert. Es wurden aufgrund der vorläufigen Haushaltsführung 2018 noch keine Förderentscheidungen getroffen. Deshalb liegen auch noch keine Erkenntnisse hinsichtlich ihrer Effektivität und Effizienz vor. 5. Welche Stellen oder Gremien entscheiden aufgrund welcher Maßstäbe und welcher einzureichenden Unterlagen über die Projektauswahl und die Mittelvergaben ? Maßgeblich für die Projektförderung bei Kapitel 0452 Titel 685 10 sind die geltenden Fördergrundsätze, abrufbar unter: www.bundesregierung.de/Webs/Breg/ DE/Bundesregierung/BeauftragtefuerKulturundMedien/kultur/kulturelleBildung/ modellprojekte/_node.html#doc428404bodyText1. 6. Welche Auflagen werden bei der Projektmittelvergabe jeweils erteilt? Bestandteil eines Zuwendungsbescheides zur Projektmittelvergabe sind regelmäßig sog. Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) als Nebenbestimmungen im Sinne von § 36 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Darüber hinaus kann es einzelfallbezogene Auflagen im Sinne von § 36 VwVfG geben. 7. Was versteht die Bundesregierung im Zusammenhang mit den unter der Position 685 10 budgetierten Projekten unter einer „aktivierenden Kulturvermittlung im gesamtgesellschaftlichen Maßstab“? a) Aufgrund welcher Entwicklungen sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit einer „aktivierenden Kulturpolitik im gesamtgesellschaftlichen Maßstab“? b) Welche kulturellen Felder genau sollen mit dieser Kulturpolitik wie „aktiviert “ werden? c) Welche konkreten Ziele verfolgt die „aktivierende Kulturpolitik“ der Bundesregierung? d) Wie werden die Resultate gemessen und bewertet? Allein verbindliche Grundlage der Förderung von Projekten aus Titel 685 10 sind die entsprechenden Fördergrundsätze (siehe Antwort zu Frage 5). „Aktivierende Kulturvermittlung im gesamtgesellschaftlichen Maßstab“ ist kein Terminus in den Fördergrundsätzen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4018 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Welche Gründe sieht die Bundesregierung, die rechtfertigen, die Aktivitäten im Bereich „Integration und Diversitätsentwicklung von Kultureinrichtungen zu verstärken“? a) Welche konkreten Maßnahmen sind hierzu geplant bzw. werden durchgeführt (bitte alle Maßnahmen nach den Institutionen geordnet auflisten)? b) Wie verhindert die Bundesregierung hierbei die Instrumentalisierung von Kultur und Kultureinrichtungen für gesellschaftspolitisch strittige Ziele? c) Welche Vorgaben werden hier für die Umsetzung von Maßnahmen oder die Förderung von Projekten gemacht? d) Welche Rolle spielt für die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Ideologie des sogenannten „cultural mainstreaming“? Der Bereich Integration und Diversitätsentwicklung gewinnt angesichts des demographischen Wandels und der wachsenden Diversifizierung der Gesellschaft an Bedeutung und ist auch Gegenstand kultureller Aktivitäten und Projekte. Ziele und Aufgaben von Kultureinrichtungen sind jeweils in deren Statuten festgelegt . Sie handeln im Rahmen der verfassungsrechtlich verbürgten Kunstfreiheit (Artikel 5 Absatz 3 GG) und aufgrund des Neutralitätsgebots von politischen Weisungen unabhängig. Vorgaben für Maßnahmen im Bereich „Integration und Diversitätsentwicklung enthalten neben geltenden Gesetzen und Vorschriften die einschlägigen Fördergrundsätze (siehe hierzu auch Antwort zu Frage 5). „Cultural mainstreaming“ ist kein Terminus der Fördergrundsätze. Übersicht laufender Maßnahmen Zuwendungsempfänger Titel Deutscher Museumsbund e. V. „Das besucherorientierte Museum“ Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel e. V. „Kompetenzverbund Kulturelle Integration und Wissenstransfer “ Akademie der Kulturellen Bildung des Bundes und des Landes NRW e. V. "Netzwerk Inklusion" Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin (KBB) GmbH „Kulturelle Bildung für Willkommensklassen und andere Schulklassen“ Deutscher Kulturrat e.V. Dossier "Kultur und Inklusion" 9. Wie sollen aus Sicht der Bundesregierung kulturelle Angebote gestaltet sein, damit das kulturpolitische Ziel, nämlich den Zugang zu diesen Angeboten unabhängig von der ethnischen Herkunft zu erleichtern, erreicht wird? Die konkrete Gestaltung kultureller Angebote ist nicht Aufgabe der Bundesregierung , sondern liegt in der Eigenverantwortung der jeweiligen Kultureinrichtung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4018 10. Inwiefern sieht die Bundesregierung in der religiösen Orientierung (wie zum Beispiel im Fall bestimmter Strömungen des Islam) einen Hinderungsgrund, an kulturellen Angeboten teilzuhaben? a) Falls die Bundesregierung hier keinen Hinderungsgrund sieht, warum nicht? b) Falls die Bundesregierung hier einen Hinderungsgrund sieht, welche Aktivitäten plant die Bundesregierung, um auch in diesem Fall den Zugang zum kulturellen Angebot zu erleichtern? 11. Welche Aktivitäten wären aus Sicht der Bundesregierung mit Blick auf eine erleichterte Teilhabe an kulturellen Angeboten bei einer religiösen Orientierung (wie nach Ansicht der Fragesteller zum Beispiel im Fall des Islam) zu ergreifen, die der in Europa bzw. Deutschland gewachsenen Kultur in Teilen kritisch bis ablehnend gegenübersteht? 12. Wie können aus Sicht der Bundesregierung auch in diesem Fall Projekte der „kulturell-künstlerischen Vermittlungsarbeit und Diversitätsentwicklung“ eine „bundesweite Ausstrahlungskraft“ entfalten? Die Fragen 10 bis 12 werden aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, ob und wie das vielfältige kulturelle Angebot in Deutschland von Personen mit einer bestimmten Religionszugehörigkeit spezifisch genutzt wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333