Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 21. August 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4022 19. Wahlperiode 27.08.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/3722 – Rechtliche Lage von somalischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In Deutschland lebende somalische Staatsangehörige sind mit der besonderen Problematik konfrontiert, dass alle somalischen Identitätsdokumente, die nach dem 31. Januar 1991 ausgestellt oder verlängert worden sind, grundsätzlich von deutschen Behörden nicht anerkannt werden (vgl. Allgemeinverfügung des Bundesministeriums des Innern – BMI über die Anerkennung eines Ausländischen Passes oder Passersatzes vom 6. April 2016, BAnz AT. 25. April 2016 BI). Stattdessen werden in Deutschland ausgestellte Dokumente für somalische Staatsangehörige regelmäßig mit dem Vermerk „die Daten beruhen auf eigenen Angaben des Ausweisinhabers“ versehen. Dieser Vermerk führt nach Kenntnis der Fragestellerinnen und Fragesteller zu vielfältigen Problemen bei der Eheschließung , bei der Arbeitsaufnahme insbesondere in sicherheitsrelevanten Bereichen (etwa in Flughäfen, bei Wachdiensten etc.) wie auch im Einbürgerungsverfahren und neuerdings nach Kenntnis der Fragestellerinnen und Fragesteller sogar bei der Zulassung eines Kraftfahrzeuges. Die „geklärte, feststehende Identität “ ist gemäß § 8 oder § 10 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) „zwingende Voraussetzung“ für das Einbürgerungsverfahren. Unter diesem Gesichtspunkt werden die Einbürgerungsanträge von somalischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern regelmäßig abgelehnt. Im Rahmen von Einbürgerungsverfahren soll nach einem Erlass des Hessischen Innenministeriums vom 6. Juli 2016 (Aktz. II-1-01c08-12-12/003) die Bestätigung von nahen Familienangehörigen , deren Identität selbst zweifelsfrei geklärt ist, über bestehende Identitätszweifel hinweghelfen können. Von dieser Möglichkeit der Beweiserleichterung kann allerdings nur eine geringe Zahl an Einbürgerungsbewerbern profitieren, da nur wenige Betroffene Familienangehörige in Deutschland haben und diese oftmals die gleichen Probleme beim Identitätsnachweis erleben. Das Familienverhältnis muss zudem durch einen kostenaufwändigen DNA-Test nachgewiesen werden. Am 12. Juni 2017 konstituierte sich eine Bund-/Länderarbeitsgruppe , die einen bundeseinheitlichen Verwaltungsvollzug bei der Feststellung Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4022 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode der Identität somalischer Einbürgerungsbewerber erarbeiten soll. Auch in Familienzusammenführungsverfahren sind somalische Staatsangehörige aufgrund der beschriebenen Urkundensituation nach Kenntnis der Fragestellerinnen und Fragesteller in vielerlei Hinsicht benachteiligt. 1. Wie viele somalische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger leben nach Kenntnis der Bundesregierung mit welchem Aufenthaltsstatus in Deutschland? Ausweislich des Ausländerzentralregisters (AZR) waren zum Stichtag 30. Juni 2018 40 943 somalische Staatsangehörige in Deutschland aufhältig. Angaben zum Aufenthaltsstatus können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Somalische Staatsangehörige in Deutschland 40.943 darunter mit Aufenthaltsstatus Anteil unbefristet 6 % befristet 51 % im laufenden Asylverfahren 26 % sonstiges (z. B. Duldung, kein Status gespeichert) 17 % 2. Wie viele der in Deutschland aufhältigen somalischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger verfügten oder verfügen nach Kenntnis der Bundesregierung über Ausweisdokumente, auf denen vermerkt ist, dass die Daten auf den Angaben des Ausweisinhabers oder der Ausweisinhaberin beruhen? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Im AZR wird der erfragte Sachverhalt nicht erfasst. 3. In welchen Bundesländern werden somalischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern nach Kenntnis der Bundesregierung Erleichterungen bei der Beweisführung oder bei der Mitwirkungspflicht nach § 37 Absatz 1 StAG i. V. m. § 82 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) gewährt, wie sehen diese Erleichterungen konkret aus und inwiefern können sie dazu beitragen, dass der Vermerk „die Daten beruhen auf eigenen Angaben des Ausweisinhabers “ aus den Identitätsdokumenten gelöscht wird? Der Bundesregierung ist lediglich der Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 6. Juli 2016, Geschäftszeichen II 1 - 01c08-18-12/003, an die Regierungspräsidien Darmstadt, Gießen und Kassel bekannt, der sich mit der Identitätsprüfung im Rahmen von Einbürgerungen somalischer Staatsangehöriger befasst. Darin wird geregelt, dass auch in Fällen typischerweise bestehender Beweisschwierigkeiten die Prüfung der Identität nicht entfallen könne. Auch bei einer möglichen Beweiserleichterung müssten Nachweise vorgelegt werden, die einen annähernd verlässlichen Schluss auf die Identität des Einbürgerungsbewerbers rechtfertigen. Versicherungen an Eides statt seien daher alleine nicht zum Nachweis der Identität geeignet und könnten lediglich unterstützende Aussagekraft haben. Ist die Identität des Einbürgerungsbewerbers nach Überzeugung der Einbürgerungsbehörde geklärt und wird eine Einbürgerung ausgesprochen, haben die eingebürgerten Personen Anspruch auf Ausstellung eines Personalausweises und Passes. Diese Identifikationspapiere sehen einen Zusatz, worauf die Daten beruhen , nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4022 4. Wie viele somalische Staatsangehörige haben in den letzten fünf Jahren nach Kenntnis der Bundesregierung einen Antrag auf Einbürgerung gestellt (bitte soweit möglich nach Bundesländern sowie nach Jahren aufschlüsseln)? a) Bei wie vielen wurde der Antrag nach Kenntnis der Bundesregierung bewilligt (bitte nach Regierungspräsidien aufschlüsseln)? b) Bei wie vielen wurde der Antrag nach Kenntnis der Bundesregierung abgelehnt (bitte nach formalen und inhaltlichen Gründen differenziert nach Regierungspräsidien aufschlüsseln)? Die Fragen 4 bis 4b werden zusammen beantwortet. Die Zahl der Einbürgerungsanträge wird statistisch nicht erfasst. Dies gilt auch für die Zahl der abgelehnten Anträge. Ausweislich der Einbürgerungsstatistik des Statistischen Bundesamtes wurden in den Jahren 2013 bis 2017 insgesamt 781 somalische Staatsangehörige eingebürgert. Zu den Einzelheiten wird auf die Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes www.destatis.de verwiesen. Diese Veröffentlichungen sehen jedoch keine Aufschlüsselung nach Staatsangehörigkeit und Regierungspräsidien bzw. Einbürgerungsbehörden vor. Die Verteilung der o. g. Einbürgerungen somalischer Staatsangehöriger auf die Länder kann der beigefügten Tabelle entnommen werden. 5. Welche Regelungen zum Umgang mit Dokumenten somalischer Staatsangehöriger gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in den verschiedenen Bundesländern? Die Bundesregierung geht nach dem Gesamtkontext, in den die Frage eingebettet ist, davon aus, dass sich Frage 5 auf den Umgang mit Dokumenten somalischer Staatsangehöriger in Einbürgerungsverfahren bezieht. Der Bundesregierung ist dazu nur der in der Antwort zu Frage 3 erwähnte Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 6. Juli 2016 bekannt. Danach werden zum Nachweis der Identität von Einbürgerungsbewerbern der Republik Somalia derzeit alle somalischen Pässe und Passersatzdokumente, die nach dem 31. Januar 1991 ausgestellt oder verlängert worden sind, nicht anerkannt. Weiterhin ist geregelt , dass auch Bestätigungen der somalischen Botschaft über die Identität, die somalische Staatsangehörigkeit sowie über einen gestellten Antrag zur Ausstellung eines somalischen Nationalpasses nicht zur Klärung der Identität von Einbürgerungsbewerbern herangezogen werden können. 6. Wer ist an der Bund-/Länderarbeitsgruppe zur Konkretisierung der Anforderungen für eine Identitätsprüfung für somalische Staatsangehörige beteiligt? a) Was ist der aktuelle Gegenstand der Gespräche der Bund-/Länderarbeitsgruppe zur Konkretisierung der Anforderungen für eine Identitätsprüfung für somalische Staatsangehörige, und wann ist mit einem bundeseinheitlichen Verwaltungsvollzug zu rechnen? b) Welche Vorschläge zu möglichen Beweiserleichterungen und Erleichterungen bei der Mitwirkungspflicht wurden bisher erarbeitet? Die Fragen 6 bis 6b werden zusammen beantwortet. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die sich ausschließlich mit der Identitätsprüfung bei somalischen Staatsangehörigen befasst, existiert nicht. In der Besprechung der Staatsangehörigkeitsreferentinnen und -referenten des Bundes und der Länder Ende 2016 wurde jedoch die Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeits- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4022 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode gruppe zur Identitätsfeststellung beschlossen, die sich generell mit der Frage befasst , welche Anforderungen an eine geklärte Identität zu stellen sind, welche Identitätspapiere und sonstigen Identitätsnachweise, auch in Bezug auf problematische Herkunftsstaaten akzeptiert werden können sowie ob, und falls ja, in welchen Fallkonstellationen Beweiserleichterungen in Betracht kommen können. An der Arbeitsgruppe unter Leitung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat sind Vertreter des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport, der Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin, des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr, des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge , großer Staatsangehörigkeits- bzw. Ausländerbehörden aus Nordrhein- Westfalen, Hamburg und Niedersachsen, eines hessischen und eines baden-württembergischen Regierungspräsidiums sowie eine Standesbeamtin aus Berlin beteiligt . Die Arbeitsgruppe hat erste Besprechungen im Juni 2017 und im Juni 2018 durchgeführt und befindet sich im Prozess der Stoffsammlung und Problemanalyse . Die nächste Sitzung ist Anfang September 2018 vorgesehen. Im Weiteren ist beabsichtigt, konkrete Handlungsanweisungen für die Einbürgerungsbehörden zu erarbeiten, um eine bundeseinheitliche Verfahrensweise sicherzustellen. Eine zeitliche Perspektive hierfür ist gegenwärtig noch nicht konkret absehbar. 7. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass in Deutschland geborene Kinder somalischer Staatsangehöriger, in deren Ausweisdokumenten „die Daten beruhen auf den Angaben des Ausweisinhabers“ steht, keine Geburtsurkunde erhalten, und falls ja, welche negativen Folgen kann dies nach Kenntnis der Bundesregierung für Kinder und Eltern nach sich ziehen? In Deutschland geborene Kinder von Eltern, deren Identität nicht festgestellt werden kann, erhalten an Stelle einer Geburtsurkunde einen beglaubigten Registerausdruck . Dieser hat dieselbe Beweiskraft wie eine Geburtsurkunde oder die Beurkundung im Personenstandsregister (§ 55 Absatz 1 in Verbindung mit § 54 Absatz 2 des Personenstandsgesetzes). Negative Folgen für Eltern und Kinder sind insofern nicht zu erwarten. a) Haftet der Eintrag der „ungeklärten Identität“ den betroffenen somalischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern lebenslänglich an, auch wenn es nach jahrelangem oder jahrzehntelangem Aufenthalt keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die „eigenen Angaben“ unzutreffend sind (bitte begründen)? b) Wird der Eintrag der ungeklärten Identität an die Kinder vererbt, und wenn ja, über wie viele Generationen oder unbegrenzt? Die Fragen 7a und 7b werden aufgrund das Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Personenstandsverordnung sieht seit dem 1. Januar 2009 vor, im Geburtenregister einen erläuternden Zusatz aufzunehmen, wenn keine geeigneten Nachweise zu den Angaben der Eltern vorliegen. Der erläuternde Zusatz kann erst dann entfallen , wenn Dokumente vorgelegt werden, die die Identität nachweisen. Gleiches gilt für den Zusatz der nicht nachgewiesenen Namensführung des Kindes. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4022 c) Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass ein hier geborenes und aufgewachsenes Kind, das sein gesamtes bisheriges Leben in Deutschland gelebt hat, deren gesamte Biografie behördlich dokumentiert ist, über keine geklärte Identität verfügt, nur weil die Angaben der Eltern über ihre eigenen Geburtsdaten und Staatsangehörigkeit „auf eigenen Angaben“ beruhen, und stellt dies einen Faktor dar, der einer Einbürgerung entgegensteht ? Für die Einbürgerung gilt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die geklärte und feststehende Identität unverzichtbare Einbürgerungsvoraussetzung ist (vgl. BVerwG vom 1. September 2011, Az: 5 C 27.10). Nur wenn Gewissheit besteht, dass ein Einbürgerungsbewerber die Person ist, für die er sich ausgibt, kann nach Durchführung der erforderlichen Ermittlungen u. a. mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden, welche ausländische Staatsangehörigkeit der Einbürgerungsbewerber tatsächlich besitzt, die zur Vermeidung von Mehrstaatigkeit vor der Einbürgerung grundsätzlich aufzugeben ist (vgl. § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 StAG). Auch bei ausländischen Kindern, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, sind daher jedenfalls der Name und die bestehende Staatsangehörigkeit des betreffenden Kindes klärungsbedürftig, wenn die angenommene Identität der Eltern nur auf eigenen Angaben beruht. Die Erforderlichkeit einer Identitätsprüfung ergibt sich – in diesen wie auch in allen Einbürgerungsfällen – auch aus dem Sinn und Zweck einer Verleihung der Staatsangehörigkeit durch rechtsgestaltenden Verwaltungsakt. Mit der Einbürgerungsurkunde wird u. a. der Name als Identitätsmerkmal deklaratorisch beurkundet und die Staatsangehörigkeit konstitutiv geändert. Es besteht daher ein öffentliches Interesse daran, dass die Einbürgerungsurkunde im Hinblick auf die beurkundeten Personalien richtig ist, um die Schaffung einer zusätzlichen Identität durch die Einbürgerung zu vermeiden und einen Missbrauch zu verhindern (vgl. BVerwG a. a. O.). Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 7a und 7b verwiesen. 8. Sind der Bundesregierung Fälle aus den letzten zehn Jahren bekannt, in denen nach einer Einbürgerung, die allein aufgrund eigener Identitätsangaben und eigener eidesstattlicher Versicherungen erfolgt war, festgestellt wurde, dass die Einbürgerung unter Verwendung falscher Identitätsangaben erfolgt ist? Um wie viele Fälle handelt es sich (bitte nach Jahren und Bundesländern aufschlüsseln)? Eine Länderumfrage des Arbeitskreises I der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) vom 31. Januar 2018, auf die nicht alle Länder geantwortet haben, hatte ergeben, dass nur in einigen Ländern Einbürgerungen mit nachträglich entdeckter Identitätstäuschung erfasst werden. Bayern hat 3, Hessen 2, Niedersachsen 2, Nordrhein-Westfalen 31 und Schleswig-Holstein 2 Fälle genannt, in denen seit dem Jahr 2009 Einbürgerungen wegen Identitätstäuschungen nach § 35 StAG zurückgenommen worden sind. Die Zahl der Fälle in denen Anhaltspunkte für Identitätstäuschungen festgestellt wurden, bei denen jedoch aufgrund des Ablaufs der Fünf-Jahresfrist kein Rücknahmeverfahren mehr eingeleitet werden konnte, ist bedeutend höher. Allein in den Ländern, die konkrete Zahlen genannt haben, ergaben sich über 200 entsprechende Verdachtsfälle . In Bayern haben darüber hinaus 85 Eingebürgerte nach Ablauf der Fünf-Jahresfrist die Berichtigung ihrer Identität begehrt. Auch andere Länder haben darüber berichtet, dass Eingebürgerte nach dortiger Einschätzung den Fünf- Jahres-Zeitraum anscheinend bewusst haben verstreichen lassen, bevor sie ihre Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4022 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode wahre Identität offenbart haben, um dann neue Personenstandsurkunden, Identitätsdokumente oder Einbürgerungsurkunden zu beantragen. Die Dunkelziffer der unerkannt gebliebenen Identitätstäuschungen wird nach Einschätzung einiger Länder vor diesem Hintergrund als hoch angesehen. 9. Trifft es zu, dass im Nachkriegsdeutschland zahlreiche deutsche Bürger kriegsbedingt über keine Identitätsnachweise verfügten und auch viele Gemeinden infolge der Zerstörung von Verwaltungsgebäuden über keine Geburtenregister verfügten? Ist der Bundesregierung die Zahl der Personen bekannt, die hiervon in den Nachkriegsjahren betroffen waren? 10. Trifft es zu, dass die damalige Verwaltungspraxis den Betroffenen lediglich die Abgabe einer eigenen eidesstattlichen Versicherung oder einer einfachen Zeugenerklärung zu den Personaldaten ausreichte, um die Identität als geklärt anzuerkennen? Ist der Bundesregierung die Zahl der Personen bekannt, deren Angaben über ihre Namen, Geburtsdaten und deutsche Staatsangehörigkeit in den Nachkriegsjahren auf diesem Wege als geklärt anerkannt wurden? Die Fragen 9 und 10 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Den Fragen kann kein Bezug zu einem konkreten Regierungshandeln entnommen werden. Es werden vielmehr Auskünfte zu Tatsacheninformationen oder geschichtlichen Erkenntnissen erbeten. Diese Informationen sind frei verfügbar und können in allgemein zugänglichen Quellen wie Archiven oder Fachliteratur ermittelt werden. 11. Wie viele Anträge auf Visa durch somalische Staatsangehörige wurden in den letzten 48 Monaten an den deutschen Botschaften in Addis Abeba, Khartum , Djibouti Ville und Nairobi gestellt (bitte quartalsweise aufschlüsseln, soweit möglich Anträge für Visa zum Familiennachzug getrennt aufführen)? a) Mit wie vielen dieser Anträge wurde der Nachzug von Familienangehörigen zu in Deutschland lebenden anerkannten Flüchtlingen beantragt (bitte jeweils in Nachzug minderjähriger Kinder, Nachzug von Ehegatten, Nachzug nach § 36 Absatz 1 AufenthG, Nachzug nach § 36 Absatz 2 AufenthG aufschlüsseln)? b) Wie viele Anträge wurden positiv beschieden (bitte jeweils in Nachzug minderjähriger Kinder, Nachzug von Ehegatten, Nachzug nach § 36 Absatz 1 AufenthG, Nachzug nach § 36 Absatz 2 AufenthG aufschlüsseln)? c) Wie viele der in Rede stehenden Anträge wurden abgelehnt, mit welchen Begründungen (bitte wie in den vorherigen Fragen aufschlüsseln und die Ablehnungsgründe nennen)? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/4022 d) Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, bei denen der Familiennachzug zu anerkannten somalischen Flüchtlingen trotz DNA-Nachweis der Verwandtschaftsverhältnisse abgelehnt wurde? Falls ja, aus welchen Gründen wurden sie abgelehnt, und um wie viele Personen handelt es sich (bitte für die letzten 24 Monate wenn möglich quartalsweise aufschlüsseln)? e) Gibt es Fälle bei denen minderjährige somalische Staatsbürger den Nachzug zu als Flüchtling anerkannten Eltern oder Elternteilen beantragt hatten und abgelehnt wurden? Falls ja, aus welchen Gründen wurden sie abgelehnt, und um wie viele Personen handelt es sich (bitte für die letzten 24 Monate wenn möglich quartalsweise aufschlüsseln)? f) Gibt es Fälle, bei denen der Familiennachzug zu anerkannten somalischen Flüchtlingen mit der Begründung fehlender Personenstandsurkunden abgelehnt wurde? Falls ja, aus welchen Gründen wurden sie abgelehnt, und um wie viele Personen handelt es sich (bitte für die letzten wenn möglich 24 Monate quartalsweise aufschlüsseln)? g) Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, bei denen Visaanträge zum Familiennachzug zu anerkannten somalischen Flüchtlingen aufgrund fehlender Heiratsurkunden abgelehnt wurde? Falls ja, wie vielen dieser Ablehnungen lagen Nachweise (DNA-Tests) über gemeinsame Kinder vor, und um wie viele Personen handelt es sich (bitte für die letzten 24 Monate wenn möglich quartalsweise aufschlüsseln )? h) Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, bei denen Visaanträge somalischer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mit der Begründung, es seien gefälschte Personenstandsurkunden vorgelegt worden, abgelehnt wurden ? Falls ja, um wie viele Personen handelt es sich (bitte für die letzten 24 Monate wenn möglich quartalsweise aufschlüsseln)? i) Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, bei denen somalischen Visaantragstellerinnen und Visaantragstellern bei Vorsprachen mit gebuchten Terminen in der Botschaft Nairobi die Entgegennahme der Anträge verweigert wurde? Falls ja, aus welchen Gründen geschah dies, und um wie viele Personen handelt es sich (bitte für die letzten 24 Monate wenn möglich quartalsweise aufschlüsseln), und ist eine solche Praxis auch aus anderen Vertretungen bekannt, und wenn ja, bitte aufschlüsseln? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4022 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode k) Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, bei denen somalischen Visaantragstellerinnen und Visaantragstellern bei Vorsprachen mit gebuchten Terminen in der Botschaft Nairobi die Entgegennahme der Anträge mit der Begründung verweigert wurde, dass die Antragstellerinnen und Antragsteller bei der Vorsprache keine Personenstandsurkunden (Geburtsurkunden , Heiratsurkunden) aus Somalia vorlegen konnten? Falls ja, um wie viele Personen handelt es sich (bitte für die letzten wenn möglich 24 Monate quartalsweise aufschlüsseln), und wie lässt sich dies mit der seit 1991 geltenden Praxis der Nichtanerkennung somalischer Dokumente durch Bundesbehörden vereinbaren? l) Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, bei denen der Familiennachzug zu anerkannten somalischen Flüchtlingen aufgrund fehlender Unterhaltssicherung und/oder fehlenden Wohnraums abgelehnt wurden? Falls ja, um wie viele Personen handelt es sich (bitte für die letzten wenn möglich 24 Monate quartalsweise aufschlüsseln)? Fragen 11a bis 11i, 11k und 11l werden zusammen beantwortet. In der Statistik der weltweit von den deutschen Auslandsvertretungen bearbeiteten Visumanträge wird grundsätzlich nicht die Staatsangehörigkeit der Antragstellerinnen und Antragsteller erfasst. Die Ablehnungsgründe werden ebenfalls nicht statistisch erfasst. j) Wird beim Familiennachzug zu in Deutschland lebenden anerkannten Flüchtlingen die Ablehnung eines Nachzugsantrags oder die Weigerung der Entgegennahme des Antrags allein wegen des Fehlens von Personenstandsurkunden von der Bundesregierung als konform mit Artikel 11 Absatz 2 der Familienzusammenführungsrichtlinie angesehen? Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass die Identität und die Staatsangehörigkeit der Antragstellerin bzw. des Antragstellers gesichert sind. Hierzu sind im Rahmen der antragsbegründeten Unterlagen grundsätzlich geeignete Nachweise vorzulegen. Falls familiäre Bindungen nicht durch amtliche Unterlagen belegt werden können, beziehen deutsche Auslandsvertretungen alle Belege in die Prüfung ein, die mit dem Antrag vorgelegt werden. Sofern Fristen zur Vorsprache bzw. zum Beibringen von Unterlagen gesetzt werden, wird bei der Terminierung die für die Betroffenen häufig schwierige Situation vor Ort berücksichtigt . Sollte es in begründeten Ausnahmefällen unmöglich oder unzumutbar sein, amtliche Unterlagen zu beschaffen, so ist es denkbar, ausnahmsweise auch andere Urkunden, beispielsweise Privatdokumente oder Familienbilder, im Wege der qualifizierten Glaubhaftmachung heranzuziehen. Diese werden im Rahmen einer entsprechenden Befragung zur Bekräftigung der gemachten Angaben verwendet. 12. Erkennen deutsche Botschaften im Rahmen des Familiennachzugs zu in Deutschland anerkannten Flüchtlingen aus Somalia somalische Heiratsurkunden und Dokumente an, und falls nein, welche alternativen Prüfverfahren der Verwandtschaft werden genutzt, und inwiefern kann eine rechtliche Vaterschaft nachgewiesen werden? Der Nachweis einer rechtswirksamen Eheschließung kann grundsätzlich nur durch eine formal echte und inhaltlich richtige Urkunde erbracht werden. Die Auslandsvertretungen prüfen dies nach den jeweiligen Umständen des Einzel- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/4022 falls, bei somalischen Urkunden liegt der Schwerpunkt bei der Prüfung der Authentizität und Aussagekraft der Urkunden. Vor allem bezüglich der inhaltlichen Richtigkeit können ergänzend Befragungen der Antragstellerinnen und Antragsteller stattfinden. Der Nachweis der biologischen Abstammung mittels eines DNA-Gutachtens kann als Indiz für eine rechtliche Vaterschaft herangezogen werden. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu den Fragen 11a bis 11k verwiesen . 13. Wie lange dauern die Visaverfahren für somalische Staatsbürger an den Botschaften in Karthum, Addis Abeba, Djibouti Ville und Nairobi (bitte durchschnittliche , minimale und maximale Verfahrensdauer für die Jahre 2015, 2016, 2017 aufschlüsseln)? Die Botschaft Dschibuti verfügt über keine Rechts- und Konsularabteilung. Die Rechts- und Konsularaufgaben werden von der Botschaft Addis Abeba wahrgenommen . Angaben zu der Verfahrensdauer für somalische Staatsbürger sind nicht möglich (s. Antwort zu Frage 11). 14. Aus welchem Grund fordert die Botschaft Nairobi nach Kenntnis der Fragestellerinnen und Fragesteller somalische Staatsangehörige auf, Personenstandsurkunden aus Somalia vorzulegen, obwohl diese nicht überprüfbar sind und auch nicht anerkannt werden, und falls ja, an welchen anderen deutschen Vertretungen wird diese Praxis ebenfalls angewandt? Personenstandsurkunden können dazu geeignet sein, Anhaltspunkte zur Identität und familiären Zusammengehörigkeit der Antragstellerinnen und Antragsteller zu geben, und um Indizien zur Klärung des Sachverhaltes zu erhalten. Es liegt im Ermessen der Behörde, der eine ausländische Urkunde vorgelegt wird, ob sie diese ohne weiteren Nachweis als echt anerkennt. Eine ausländische Urkunde muss also nicht zwingend legalisiert oder überprüft werden. Wenn ein Sachverhalt durch verschiedene übereinstimmende Unterlagen hinreichend nachgewiesen ist, kann dies nach pflichtgemäßem Ermessen genügen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 11j verwiesen. 15. Finden Prüfverfahren somalischer Dokumente statt, und wenn ja, an welchen Botschaften, und wie lange dauern diese im Durchschnitt, und inwiefern werden diese Dokumente dann in ein Nachzugsverfahren miteinbezogen? Ein förmliches Überprüfungsverfahren für somalische Urkunden besteht derzeit nicht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4022 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 16. Gibt es Weisungen, Hinweise, Handlungsanleitungen oder Ähnliches zum Umgang mit somalischen Visaantragsstellern und ihren Dokumenten für deutsche Behörden und Botschaften, welche sind dies, was beinhalten sie konkret, und hat es in den letzten Jahren Aktualisierungen gegeben? 17. Hat es in den letzten vier Jahren neue Richtlinien für die Entgegennahme von Visaanträgen somalischer Staatsbürger an deutschen Botschaften gegeben, und falls ja, was war ihr Inhalt? Die Fragen 16 und 17 werden gemeinsam beantwortet. Die grundsätzlichen Regelungen zur Prüfung von Urkunden und Dokumenten an deutschen Auslandsvertretungen und die üblichen Vorschriften zum Familiennachzug finden auch im Rahmen von Visumverfahren somalischer Antragsteller Anwendung. 18. Inwiefern dürfen deutsche Botschaften die Annahme von Visumsanträgen von somalischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern verweigern, wenn diese nicht bereit oder in der Lage sind, entsprechende Identitätsdokumente oder Urkunden vorzulegen? Antragstellerinnen und Antragsteller werden von deutschen Auslandsvertretungen grundsätzlich über die Erfolgsaussichten ihres Antrags beraten. Auch aus organisatorischen Gründen kann es sinnvoll sein, Anträge erst dann zur endgültigen Bearbeitung anzunehmen, wenn sie vollständig sind; die Annahme eines Antrages wird jedoch nicht verweigert. Sofern der Antrag aufgrund offensichtlicher Nichterfüllung der rechtlichen Voraussetzungen oder in Ermangelung wesentlicher antragsbegründender Unterlagen in jedem Fall abgelehnt werden müsste, wird der Antragstellerin bzw. dem Antragsteller geraten, den Antrag vor Beginn der eigentlichen Bearbeitung (gebührenfrei ) zurückzuziehen. Besteht er oder sie trotz Belehrung über die mangelnden Erfolgsaussichten oder die fehlenden Unterlagen auf der Entgegennahme des unvollständigen Visumantrags, entscheidet die Vertretung – ggfs. nach Ablauf einer Frist, innerhalb derer die Unterlagen nachgereicht werden können – nach Aktenlage und lehnt ggf. das Visum (gebührenpflichtig) ab. 19. Inwiefern beeinträchtigt die Nichtanerkennung somalischer Dokumente die Visavergabe im Rahmen des Familiennachzugs zu anerkannten somalischen Flüchtlingen, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung mit Blick auf das Recht auf Familie, Artikel 8 des Grundgesetzes und Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, daraus? Der besondere Schutz von Ehe und Familie im Sinne des Artikel 6 GG und das durch Artikel 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Familienlebens setzen voraus, dass es sich um Familienangehörige im Sinne der Vorschrift handelt. Diese Vorfrage muss mit Hilfe der vorgelegten Unterlagen und durch Befragungen der antragstellenden Personen geklärt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333