Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 27. August 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4058 19. Wahlperiode 29.08.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Komning und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/3746 – Gewaltdelikte mit linksextremer Motivation in Deutschland seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In jüngster Zeit sind links motivierte Straftaten, insbesondere nach den linken Gewaltexzessen 2017 in Hamburg zum G20-Gipfel, immer mehr in den Blick der Öffentlichkeit gerückt (www.handelsblatt.com/politik/deutschland/brandanschlaegeauf -deutsche-bahn-polizei-sucht-weiter-nach-taetern/19954508.html?ticket=ST- 10243859-0RfjKb7u0I2HwfcMTzBW-ap3). Grund hierfür ist der enorme Anstieg dieser Straftaten in den letzten 15 Jahren um mehr als 50 Prozent (https:// faktenfinder.tagesschau.de/inland/linksextremismus-101.html). Hierbei ist zugleich festzustellen, dass innerhalb der linksmotivierten Straftaten auch der Anteil derer, die sich gegen Leben, Körper und Gesundheit der Opfer richten, in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben (https://faktenfinder.tagesschau.de/inland/ linksextremismus-101.html). Nachdem nach Ansicht der Fragesteller lange Zeit der Fokus der Dokumentation vor allem auf Delikten mit rechtsextremer bzw. rassistischer Motivation lag – dies sicherlich vor allem auch durch die aufgedeckten Gräueltaten des NSU –, bedarf es gerade auch vor dem Hintergrund des Erstarkens der sog. Linken Gewalt und zugleich aufgrund der Vergangenheit Deutschlands, die aus Sicht der Fragesteller bis in die 1990er Jahre von linksterroristischer Gewalt geprägt war, einer dokumentierenden Rückschau. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die vorliegende Kleine Anfrage bezieht sich auf Straftaten „gegen den Körper und/oder die Gesundheit sowie gegen das Leben“ mit „linksextremen Hintergrund “ der Jahre 1949 bis 2018. Eine belastbare Beantwortung der Fragen auf Grundlage polizeilich erhobenen Fallzahlen ist jedoch erst ab dem Jahr 2001 möglich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4058 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Bis zum Jahr 2000 wurden die Fallzahlen der Staatsschutzdelikte in der „Polizeilichen Kriminalstatistik – Staatsschutz“ (PKS-S) abgebildet. Dabei erfolgte allerdings keine Differenzierung nach Phänomenbereichen der politisch motivierten Kriminalität, weswegen daraus keine differenzierten Aussagen über politisch links motivierte Straftaten möglich sind. Da die originalen Einzelmeldungen der Länder über begangene Straftaten in der Regel nach zehn Jahren vernichtet bzw. gelöscht werden, sind auch keine retrograden manuellen Neuauszählungen möglich. Der bundesweit einheitliche Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) wurde zum 1. Januar 2001 eingeführt und weist begangene Strafteten auch nach den einzelnen Phänomenbereichen aus. In der nachfolgenden Übersicht sind alle vollendeten politisch linksmotivierten Gewaltdelikte seit dem Jahr 2001 tabellarisch dargestellt, selbst wenn sich diese nicht unmittelbar gegen „Gesundheit, Leib oder Leben“ richten. Darüber hinaus wurden auch versuchte Tötungsdelikte sowie Fälle der Deliktsqualität Terrorismus mit politisch motiviertem Gewaltdelikt als Nebendelikt berücksichtigt. Abfragedatum war der 14. August 2018. Hierdurch ergibt sich ein von den früher veröffentlichten Jahreslagen der PMK abweichendes, zumeist umfangreicheres Gesamtbild (Stichtag: jeweils 31. Januar des Folgejahres), da auch die Nachtragsund Ergänzungsmeldungen der Länder berücksichtigt wurden. Die politisch motivierte Gewaltkriminalität umfasst folgende Deliktsbereiche: Tötungsdelikte Köperverletzungen Brand- und Sprengstoffdelikte Landfriedensbruch Gefährliche Eingriffe in den Schiffs-, Luft-, Bahn- und Straßenverkehr Freiheitsberaubung Raub Erpressung Widerstandsdelikte Sexualdelikte. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4058 1. Von wie vielen a) vollendeten Straftaten gegen den Körper und/oder die Gesundheit, b) vollendeten Straftaten gegen das Leben, c) versuchten Straftaten gegen das Leben mit linksextremem Hintergrund seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland geht die Bundesregierung gegenwärtig aus (bitte nach Kalenderjahren, angefangen von 1949 bis 2018, aufschlüsseln)? Die Fallzahlen sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Tötungsdelikte (1.1) 3 0 0 0 0 1 2 3 7 Tötungsdelikte vollendet (1.1.1) 1 0 0 0 0 0 0 0 0 Tötungsdelikte Versuch (1.1.2) 2 0 0 0 0 1 2 3 7 Körperverletzungen (1.2) 307 306 278 314 480 476 454 414 539 Brandstiftungen (1.3) 53 45 53 37 32 50 139 129 270 Sprengstoffdelikte (1.4) 2 0 1 0 0 1 2 0 2 Landfriedensbruch (1.5) 517 218 200 201 381 250 278 207 337 Gef. Eingriff (1.6) 152 67 63 51 74 67 47 44 37 Freiheitsberaubung (1.7) 1 1 0 0 0 0 0 0 3 Raub (1.8.1) 10 8 7 17 15 24 19 24 24 Erpressung (1.8.2) 0 0 0 1 2 2 3 6 1 Widerstandsdelikte (1.9) 232 149 215 184 193 179 172 161 256 Sexualdelikte (1.10) 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Terrorismus 3 1 9 3 4 8 2 0 0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Tötungsdelikte (1.1) 3 3 8 3 8 8 6 4 0 Tötungsdelikte vollendet (1.1.1) 0 0 0 0 1 0 0 0 0 Tötungsdelikte Versuch (1.1.2) 3 3 8 3 7 8 6 4 0 Körperverletzungen (1.2) 526 559 376 533 517 710 481 449 98 Brandstiftungen (1.3) 123 183 82 91 102 107 166 156 63 Sprengstoffdelikte (1.4) 5 7 2 1 1 5 9 8 1 Landfriedensbruch (1.5) 193 368 241 284 257 351 264 1.048 40 Gef. Eingriff (1.6) 61 143 28 44 59 54 57 72 20 Freiheitsberaubung (1.7) 1 1 0 2 1 0 2 0 1 Raub (1.8.1) 26 17 23 21 21 30 29 18 9 Erpressung (1.8.2) 3 4 5 4 3 2 1 2 0 Widerstandsdelikte (1.9) 195 224 206 337 276 363 274 212 95 Sexualdelikte (1.10) 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Terrorismus 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4058 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Darüber hinaus sind der Bundesregierung die 33 Todesopfer bekannt, die im Zeitraum von 1971 bis 1993 bei Anschlägen oder sonstigen Aktionen der Roten Armee Fraktion (RAF) ums Leben gekommen sind. 2. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland Opfer einer linksmotivierten Straftat, die sich gegen das Leben der Opfer richtete (bitte jeweils angeben, ob eine Vollendung oder ein Versuch vorliegt, sowie nach Tatzeitpunkt, Anzahl der Opfer, Ort der Tatbegehung und Bundesland aufschlüsseln)? Es werden entsprechend der Fragestellung alle Tötungsdelikte seit dem 1. Januar 2001 aufgeführt, bei denen es mindestens eine polizeilich erfasste verletzte oder zu Tode gekommenen Person („Opfer“) gegeben hat. Die Fallzahlen sind daher nicht mit denen in der Antwort zu Frage 1 vergleichbar. Sofern in der Spalte „Versuch“ ein „Nein“ vermerkt ist, handelt es sich um vollendete Tötungsdelikte. Land Tatzeit PLZ Tatort Verletzte Zähldelikt § Versuch Ja/Nein Niedersachsen 06.02.2001 27283 Verden (Aller) 1 § 212 StGB Nein Mecklenburg-Vorpommern 25.11.2001 18055 Rostock 1 § 211 StGB ja Berlin 29.11.2006 10178 Berlin 2 § 212 StGB ja Sachsen-Anhalt 17.05.2008 06844 Dessau 1 § 212 StGB ja Sachsen-Anhalt 13.06.2008 39104 Magdeburg 1 § 212 StGB ja Berlin 01.05.2009 10178 Berlin 1 § 211 StGB ja Niedersachsen 03.04.2010 21244 Buchholz in der Nordheide 1 § 212 StGB Ja Berlin 02.02.2011 10243 Berlin 1 § 211 StGB Ja Berlin 29.01.2012 10247 Berlin 3 § 211 StGB Ja Bayern 18.02.2012 96484 Meeder 1 § 212 StGB Ja Bayern 31.03.2012 90402 Nürnberg 3 § 212 StGB Ja Bayern 31.03.2012 90402 Nürnberg 3 § 212 StGB Ja Hessen 31.03.2012 60311 Frankfurt am Main 1 § 212 StGB Ja Baden-Württemberg 15.09.2012 76593 Gernsbach 1 § 212 StGB Ja Hamburg 01.01.2013 20359 Hamburg 2 § 212 StGB Ja Hamburg 28.12.2013 20359 Hamburg 1 § 212 StGB Ja Bayern 12.07.2014 90402 Nürnberg 1 § 212 StGB Nein Hamburg 28.08.2014 22767 Hamburg 11 § 212 StGB Ja Hamburg 28.08.2014 22767 Hamburg 11 § 212 StGB Ja Hamburg 28.08.2014 22767 Hamburg 11 § 212 StGB Ja Hamburg 28.08.2014 22767 Hamburg 11 § 212 StGB Ja Niedersachsen 15.11.2014 30159 Hannover 4 § 212 StGB Ja Hessen 18.03.2015 60314 Frankfurt am Main 4 § 212 StGB Ja Berlin 21.03.2015 10247 Berlin 1 § 212 StGB Ja Niedersachsen 22.05.2015 29475 Gorleben 5 § 212 StGB Ja Berlin 03.10.2015 10247 Berlin 4 § 212 StGB Ja Sachsen-Anhalt 16.01.2016 39387 Oschersleben/Bode 4 § 212 StGB Ja Nordrhein-Westfalen 23.01.2016 50171 Kerpen 1 § 211 StGB Ja Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4058 Anmerkung: Bei den vier Straftaten am 28. August 2014 in Hamburg wurde dieselbe Gruppe von elf Polizeibeamten in kurzem zeitlichem Abstand von verschiedenen Einzelpersonen oder Personengruppen vom Dach eines besetzten Hauses mit Wurfgegenständen attackiert. Das LKA Hamburg hat dies als versuchte Tötungsdelikte ohne gemeinsamen Tatentschluss bewertet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333