Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 24. August 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4061 19. Wahlperiode 29.08.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Luksic, Nicola Beer, Dr. Jens Brandenburg (Rhein-Neckar), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/3774 – Höhere Kfz-Besteuerung ab September 2018 durch Einführung des WLTP- Verfahrens für Neuzulassungen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die zu entrichtende Kraftfahrzeugsteuer (Kfz-Steuer) bemisst sich in Deutschland seit dem Jahr 2009 bei Pkw sowohl nach dem Hubraum, als auch nach den spezifischen Kohlenstoffdioxidemissionen (CO2). Die gültige CO2-Freigrenze, bis zu der der CO2-Ausstoß unberücksichtigt bleibt, liegt derzeit bei 95 g/km. Für jedes Gramm ausgestoßenes CO2 oberhalb dieser Freigrenze werden zusätzliche 2 Euro Kfz-Steuer fällig. Durch diese steuerliche Besserstellung emissionsarmer Fahrzeuge soll ein zusätzlicher Anreiz für deren Erwerb geschaffen werden. Um die CO2-Emission von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor festzustellen, wird seit 1996 der Neue Europäische Fahrzyklus (NEFZ) angewandt. In diesem Verfahren werden die EU-Normwerte für Kraftstoffverbrauch und Emissionen gemessen. Die festgestellten Verbrauchs- und Emissionswerte weichen jedoch aufgrund realitätsferner Parameter teilweise erheblich von denen im realen Betrieb ab. Mit Stichtag 1. September 2017 (Typenzulassung) und 1. September 2018 (Neuzulassung) wird für Kfz der NEFZ daher durch den realitätsnäheren WLTP-Testzyklus (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure) ersetzt . Durch die neuen realitätsnäheren Prüfbedingungen fallen für vergleichbare Fahrzeuge damit auch die CO2-Emissionswerte bei der Typen- und Neuzulassung im Ergebnis zum Teil weit höher aus, als nach dem alten Verfahren. Dadurch wird es auch zu einer höheren Steuerbelastung von Fahrzeughaltern kommen, obwohl sich die Verbrauchswerte und Emissionen der Fahrzeuge in der Praxis nicht geändert haben. Nach Schätzungen der Bundesregierung wird dies zu Mehreinnahmen des Bundes aus der Kfz-Steuer von über 400 Mio. Euro im Jahr 2022 führen (siehe Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen , Stand: 13. Januar 2017, Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4061 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Mit welchen Mehreinnahmen rechnet die Bundesregierung durch die Einführung des WLTP-Verfahrens bei der Kfz-Steuer innerhalb der nächsten zehn Jahre (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? 2. Wie wird sich nach Kenntnis der Bundesregierung die zu entrichtende Kfz- Steuer prozentual in den verschiedenen Fahrzeugklassen (Personenkraftwagen nach Segmenten und Modellreihen laut Kraftfahrt-Bundesamt – KBA) nach dem Stichtag 1. September 2018 entwickeln (bitte nach Segmenten und Modellreihen laut KBA aufschlüsseln)? 3. Wie wird sich nach Auffassung der Bundesregierung der spezifische Kfz- Steuersatz für die zehn am meisten zugelassenen Fahrzeugmodelle in den jeweiligen Fahrzeugklassen (Personenkraftwagen nach Segmenten und Modellreihen laut KBA) im Jahr 2018 nach Einführung des WLTP-Verfahrens für Zulassungen entwickeln (bitte nach Kfz-Steuersätzen vor dem und nach dem 1. September 2018 aufschlüsseln)? Die Fragen 1 bis 3 werden wegen des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet . Die Kraftfahrzeugsteuer wird ab 1. September 2018 nur für erstzugelassene Personenkraftwagen anhand der CO2-Prüfwerte nach WLTP bemessen. Diese CO2- Werte werden aufgrund verbesserter Prüfvorgaben mit größerer Praxisnähe von denen nach NEFZ abweichen. Das WLTP schränkt z. B. bisherige gestaltungsanfällige Spielräume ein und liefert Prüfwerte zum einzelnen Personenkraftwagen, die den Einfluss der jeweiligen Fahrzeugversion und Zusatzausrüstung berücksichtigen . Die realitätsnäheren CO2-Prüfwerte nach WLTP werden mit großer Variationsbreite und tendenziell über den alten nach NEFZ erwartet. Nicht auszuschließen ist auch, dass Werte etwa gleich bleiben oder ggf. geringer ausfallen. Zu den neuen CO2-Prüfwerten liegt bislang keine belastbare repräsentative Datenbasis vor, die es erlauben würde, über bislang sporadisch bekannte Einzelfälle hinaus die durch das WLTP-Verfahren bedingte Entwicklung des Kraftfahrzeugsteueraufkommens insgesamt sowie einzelne Fahrzeugsegmente und Modellreihen verlässlich berechnen zu können. Die Bundesregierung wird auf Bitten des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages die Auswirkung der CO2-Werte nach WLTP auf die Kraftfahrzeugsteuer mit einer Erfahrungszeit von 12 Monaten prüfen und berichten (vgl. Bundestagsdrucksache 18/12143, S. 5 letzter Absatz). 4. Wie hat die Bundesregierung die Bemessung der Mehreinnahmen der Kfz- Steuer von mehr als 400 Mio. Euro im Jahr 2022 vorgenommen? Den finanziellen Auswirkungen im Referentenentwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom Januar 2017 lagen rechnerisch aus Veröffentlichungen bekannte Prognosen zur Entwicklung der CO2-Prüfwerte zugrunde. Diese Quantifizierungen waren im späteren Regierungsentwurf nicht mehr enthalten, da finanzielle Auswirkungen von Gesetzentwürfen auf den jeweils inhärenten Änderungen beruhen müssen. Das Kraftfahrzeugsteuergesetz beinhaltet zur CO2-bezogenen Steuerbemessung bereits seit 2009 eine gleitende (dynamische) Verweisung auf die einschlägigen verkehrsrechtlichen CO2-Vorschriften der EU. Das Sechste Gesetz zur Änderung Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4061 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 6. Juni 2017 (BGBl. I S. 1491) regelte lediglich den 1. September 2018 als einheitlichen Stichtag zur Anwendung der CO2-Prüfwerte nach WLTP für erstzugelassene Personenkraftwagen, um frühzeitig Rechts- und Planungssicherheit zu schaffen sowie die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherzustellen. 5. Wie hoch müsste nach Ansicht der Bundesregierung der auf die Einheit „Gramm CO2 pro Kilometer“ bezogene Steuersatz der Kraftfahrzeugsteuer prozentual reduziert werden, damit das Steueraufkommen für Kfz in Deutschland insgesamt gleich bliebe? 6. Welche anderen Maßnahmen kommen nach Auffassung der Bundesregierung in Frage, um die Einführung des WLTP-Verfahrens aufkommensneutral auszugestalten? Die Fragen 5 und 6 werden wegen des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet . Jede tarifliche Änderung mit dem Ziel, beabsichtigte Wirkungen des neuen WLTP bei der Kraftfahrzeugsteuer zu neutralisieren, würde im Ergebnis in Bezug auf die Belastungsgrundentscheidung des Gesetzgebers die Folgerichtigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung in Frage stellen. Dies gilt insbesondere für pauschale Anpassungen, die zudem voraussichtlich unerwünschte Verwerfungen nach sich zögen. Die Bundesregierung begrüßt die größere Realitätsnähe der CO2-Prüfwerte nach WLTP, die bei Erstzulassungen ab dem 1. September 2018 zu einer höheren Einzelfallgerechtigkeit führen sollen. Aufkommensneutralität insgesamt wäre theoretisch berechenbar. Eine hierfür erforderliche ausreichende Datenbasis lag Anfang 2017 für das Gesetzgebungsverfahren nicht vor und existiert bis heute nicht. Fahrzeuggenau neutralisierende Tarifanpassungen würden der Steuerbemessung nach WLTP-Werten zuwiderlaufen. 7. Plant die Bundesregierung Ausnahmen für bereits jetzt am Markt verfügbare Fahrzeugmodelle, die nach dem 1. September 2018 zugelassen werden, und wenn ja, welche, und für welche spezifischen Fahrzeuge? Die Kraftfahrzeugsteuer für Personenkraftwagen, bei denen es sich um befristete verkehrsrechtlich genehmigte Ausnahmen für auslaufende Serien und Lagerfahrzeuge handelt, wird weiterhin anhand der CO2-Prüfwerte nach NEFZ bemessen. 8. Wie bewertet die Bundesregierung, dass bei Plug-in-Hybriden nach wie vor die indirekten Emissionen für den elektrisch gefahrenen Teil im Testzyklus nicht in die Emissions-Berechnung einbezogen werden, und plant die Bundesregierung , dies entsprechend des deutschen Strommixes bei der Stromerzeugung künftig zu ändern? Die für mehrere Fahrzeugklassen emissionsbezogene Bemessung der Kraftfahrzeugsteuer berücksichtigt grundsätzlich keine indirekten CO2- oder Schadstoffemissionen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4061 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Wie wird die Bundesregierung den Ausgleich der geplanten Infrastrukturabgabe (Pkw-Maut) durch die Reduzierung der Kfz-Steuer vornehmen? 10. Wird sich dieser Ausgleich für nach neuem Verfahren zugelassene Kfz nach dem NEFZ oder WLTP bemessen, wenn ein gleiches Kfz nach September 2019 zugelassen wird? Die Fragen 9 und 10 werden wegen des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet . Durch das Zweite Verkehrsteueränderungsgesetz vom 8. Juni 2015 (BGBl. I S. 901) werden im Kraftfahrzeugsteuergesetz Steuerentlastungsbeträge aufgenommen , die eine mittelbare Doppelbelastung der Steuerpflichtigen durch die Einführung einer Infrastrukturabgabe verhindern sollen. Die Entlastungsbeträge treten erst ab dem Beginn der Erhebung der Infrastrukturabgabe in Kraft. Durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes vom 6. Juni 2017 (BGBl. I S. 1493) werden die Steuerentlastungsbeträge für Personenkraftwagen der Euro-6-Emissionsklasse mit besonders geminderten Schadstoffemissionen erhöht. Die Entlastungsbeträge sind im Steuertarif für Personenkraftwagen bezogen auf Hubraum und Emissionsklasse ausgestaltet, so dass die CO2-bezogene Steuerbemessung und folglich das WLTP-Verfahren hierbei unerheblich sind. 11. Wie plant die Bundesregierung künftig die Einteilung der Effizienzklassen im Handel, die davon abhängen, wie sehr die jeweiligen CO2-Emissionen von einem für gleichschwere Fahrzeuge gültigen Referenzwert abweichen, wenn der Referenzwert noch auf dem alten NEFZ-Verfahren beruht, der WLTP-Zyklus nun aber höhere Normwerte hergibt, sich sein tatsächlicher Kraftstoffverbrauch aber nicht geändert hat? 12. Wie will die Bundesregierung erreichen, dass Kunden künftig noch die Effizienz der Fahrzeuge untereinander vergleichen können? 13. Wann wird die Bundesregierung diesbezüglich ein neues Effizienzlabel in Deutschland einführen, und wie will sie bis dahin die Kunden in Deutschland transparent informieren? 14. Wie und nach welchen genauen Werten soll dieses Effizienzlabel eingeteilt und bemessen werden? Die Fragen 11 bis 14 werden wegen des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet . Die Verordnung über Verbrauchsinformationen zu Kraftstoffverbrauch, CO2 – Emissionen und Stromverbrauch neuer Personenkraftwagen (Pkw-EnVKV) gilt uneingeschränkt fort. Infolge der europaweiten Einführung des neuen, realitätsnäheren WLTP-Verfahrens müssen seit dem 1. September 2017 neue Fahrzeugtypen und ab dem 1. September 2018 auch alle erstzugelassenen Personenkraftwagen (Ausnahme bilden auslaufende Serien und Lagerfahrzeuge) nach diesem Messzyklus mit veränderten Rahmenbedingungen hinsichtlich Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen bewertet werden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die nationale Pkw-EnVKV einschließlich des „Personenkraftwagen-Labels“ anzupassen. Die Europäische Kommission empfiehlt den 1. Januar 2019 als Umsetzungstermin. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4061 Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bereitet derzeit eine Novellierung der Pkw-EnVKV vor. Eine Hintergrundstudie zur Vorbereitung der Novellierung wurde im November 2017 abgeschlossen und ist unter www.bmwi.de/ Redaktion/DE/Publikationen/Studien/studie-vorbereitung-der-novellierung-derpkw -envkv.html abrufbar. Die Verbraucher können sich unter www.pkw-label.de über alle das „Personenkraftwagen -Label“ betreffenden Fragen informieren. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333