Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 24 August 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4062 19. Wahlperiode 27.06.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Carina Konrad, Frank Sitta, Nicola Beer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Insektenforschung in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Rückgang von Fluginsekten wird in Deutschland derzeit infolge der Veröffentlichungen der „Krefelder Insektenforscher“ kontrovers diskutiert. Um den aus der Studie von Hallmann et al. (http://journals.plos.org/plosone/article?id= 10.1371/journal.pone.0185809, 2017) abgeleiteten Insektenrückgang zu stoppen , stehen eine Vielzahl von Forderungen, vor allem an die Landwirtschaft, derzeit zur Diskussion. Im Koalitionsvertrag haben sich CDU, CSU und SPD unter dem Unterpunkt: Schutz der biologischen Vielfalt auf folgenden Wortlaut verständigt: „Wir werden das Insektensterben umfassend bekämpfen. Mit einem Aktionsprogramm Insektenschutz wollen wir die Lebensbedingungen für Insekten verbessern. Wir wollen ein wissenschaftliches Monitoringzentrum zur Biodiversität unter Einbeziehung des Bundesumwelt- sowie des Bundeslandwirtschaftsministeriums aufbauen.“ Unter dem Unterpunkt „Ackerbaustrategie und Insektenschutz“ verständigen sich die Koalitionspartner auf folgenden Wortlaut : „Die Umsetzung der Ackerbaustrategie für u. a. umwelt- und naturverträgliche Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln werden wir gemeinsam mit der Landwirtschaft vornehmen und adäquat mit Fördermitteln für Maßnahmen zur Umsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie und insbesondere des Insektenschutzes untersetzen. Dabei liegt uns der Schutz der Bienen besonders am Herzen.“ Auch der Wissenschaftliche Beirat des Nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmittel (NAP) hat sich mit Hallmann et al. (2017) auseinandergesetzt und gibt die folgende Handlungsempfehlung an die Bundesregierung: „Der Beirat NAP empfiehlt, weitere Studien oder Vorhaben zu initiieren, die Veränderungen in der Insektenbiomasse mit Trends in Pflanzenschutzmittelanwendungen und anderen agrarischen Landnutzungskomponenten verknüpfen und den Einfluss von klimatischen Veränderungen beispielsweise auch anhand von Simulationsmodellen mit validierbaren Ergebnissen dokumentieren . Mit diesen direkten und unmittelbaren Studien kann der Einfluss von Pflanzenschutzmitteln auf Nicht-Ziel-Organismen und -Gemeinschaften untersucht werden. Des Weiteren besteht methodischer Entwicklungsbedarf, da am Datensatz der vorliegenden Studie Kritik z. B. wegen der Begrenzung auf Standorte im Raum Krefeld und die Beschränkung des Monitorings auf Fluginsekten geäußert wurde. Um solcher Kritik in der Zukunft zu entgehen, ist ein repräsentatives, umfassendes Langzeit-Monitoring notwendig. Damit würde Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4062 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode eine unabhängige und wissenschaftlich solidere Basis geschaffen, um die Auswirkungen der Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln auf die Biodiversität und die Abundanz von Insekten zu bewerten. Zudem würde die Bundesregierung in die Lage versetzt, auf anstehende und gesellschaftlich diskutierte Fragestellungen neutrale und wissenschaftlich akzeptierte Antworten liefern zu können“ (www.nap-pflanzenschutz.de/fileadmin/user_upload/_imported/ fileadmin/SITE_MASTER/content/Dokumente/NAP_Deutschland/WissBeirat/180 227_Empfehlung_Krefeld_Studie.pdf). Die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit Svenja Schulze hat die seit 2016 bestehende Förderung der Krefelder Entomologen bis 2021 verlängert und kürzlich einen Förderbescheid über 150 000 Euro übergeben (www.bmu.de/pressemitteilung/mehr-mittel-fuer-krefelder-forschung-zuminsektensterben -1). 1. In welcher Projektierungsphase befindet sich das Aktionsprogramm Insektenschutz ? Das Aktionsprogramm Insektenschutz ist derzeit in Erarbeitung. Im Herbst 2018 sollen gesellschaftliche Akteure und die Öffentlichkeit einbezogen werden. Angestrebt wird ein Kabinettbeschluss im Frühsommer 2019. Eine Konkretisierung der Maßnahmen sowie Aussagen zur Finanzierung von Insektenschutzmaßnahmen erfolgen erst im Aktionsprogramm selbst. 2. Wer ist in die Entwicklung des Aktionsprogrammes Insektenschutz involviert ? Welche externen Institute bzw. Einrichtungen werden die Bundesregierung in dieser Sache unterstützen (bitte auflisten)? 3. Welches ist das zuständige Bundesministerium für die Entwicklung des Aktionsprogrammes Insektenschutz? Die Fragen 2 und 3 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Das Aktionsprogramm Insektenschutz wird von der Bundesregierung auf Grundlage der bereits abgestimmten Eckpunkte erstellt. Dabei hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) die Federführung. Im Herbst 2018 sollen gesellschaftliche Akteure und die Öffentlichkeit einbezogen werden. In diesem Rahmen erhalten auch betroffene externe Institute/Einrichtungen die Gelegenheit, mit konkreten Vorschlägen und Empfehlungen die Erarbeitung des Aktionsprogramms Insektenschutz zu unterstützen. Die konkreten Maßnahmen des Aktionsprogramms werden innerhalb der Bundesregierung abgestimmt. 4. Welche Arten von Insekten werden im Aktionsprogramm Insektenschutz berücksichtigt ? Mit dem Aktionsprogramm Insektenschutz will die Bundesregierung die Lebensbedingungen für Insekten und die biologische Vielfalt in Deutschland verbessern, um dem Insektensterben entgegenzuwirken. Es geht dabei nicht darum, nur einzelne besonders gefährdete Arten in den Blick zu nehmen. Denn sowohl die Gesamtmenge der Insekten als auch die Vielfalt der Insektenarten in Deutschland sind stark zurückgegangen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4062 5. Welche Mittel stehen für die Entwicklung und Umsetzung des Aktionsprogrammes Insektenschutz zur Verfügung (bitte getrennt aufführen)? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 6. Wie wird die Zusammenarbeit zur Entwicklung des Aktionsprogrammes Insektenschutz und der Ackerbaustrategie koordiniert? Das Aktionsprogramm Insektenschutz und die Ackerbaustrategie der Bundesregierung haben überlappende Anwendungsbereiche. Deshalb gibt es zwischen den betroffenen Arbeitseinheiten in der Bundesregierung einen engen inhaltlichen Austausch. Auch im Rahmen der Ressortabstimmung über beide Papiere wird auf Kompatibilität geachtet. 7. Mit welchem Forschungsauftrag wurden die Krefelder Forscher beauftragt? Auf welche Insektenarten erstreckt sich der Auftrag? Der Entomologische Verein Krefeld e. V. soll innerhalb eines vor kurzem aufgestockten und verlängerten F+E-Vorhabens im Rahmen der Ressortforschung des BMU basierend auf seinen historischen Untersuchungen Wiederholungsuntersuchungen durchführen und Artbestimmungen vornehmen. Die Auswertung der vorhandenen Proben auf Artniveau soll im Rahmen der vorhandenen Mittel möglichst viele Insektengruppen umfassen. 8. Wurde dieser Auftrag ausgeschrieben? 9. Gab es weitere Bewerber? Die Fragen 8 und 9 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Es lag ein Zuwendungsantrag vor. Daher hat keine Ausschreibung stattgefunden. Nach Recherchen gab es darüber hinaus bundesweit keine weitere entomologische oder amtliche Institution oder Behörde, die über vollständig erhaltene historische Proben in dieser Dimension mit sehr guter Dokumentation der Probenstandorte verfügte. 10. Ist der Entomologische Verein Krefeld e. V. nach Auffassung und Kenntnis der Bundesregierung geeignet, um umfassende bundesweite Insektenforschung nach aktuellen wissenschaftlichen Standards durchzuführen? Der Entomologische Verein Krefeld e. V. ist in der Lage, Insektenforschung nach aktuellen wissenschaftlichen Standards mit bundesweitem Bezug durchzuführen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4062 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. a) Wird sich das für Deutschland geplante Insekten-Monitoring an dem in Fachkreisen sehr angesehenen Monitoring des britischen Rothamsted-Instituts (www.rothamsted.ac.uk/insect-survey) orientieren, das als Gold- Standard in diesem Bereich gilt? b) Mit welchen anderen Forschungsinstituten arbeitet die Bundesregierung in der Konzipierung des Monitorings zusammen, sollte sie sich nicht an dem Standard des Rothamsted-Instituts orientieren? Die Fragen 11a und 11b werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Ein wesentlicher Beitrag zur Entwicklung des Konzepts für das bundesweit einheitliche Insekten-Monitoring wird im Rahmen eines F+E-Vorhabens innerhalb der Ressortforschung des BMU mit folgenden Kernaufgaben geleistet. Analyse der fachlichen Grundlagen des bundesweiten Insektenmonitorings (zentrale Fragestellungen, Auswahl geeigneter Artengruppen und Methoden) Erschließung von Synergien mit anderen Monitoringprogrammen und Beschreibung von geeigneten Auswertungsverfahren Ausarbeitung eines schlüssigen Konzeptes für das bundesweite Insektenmonitoring sowie zur Zusammenarbeit mit Ländern, Verbänden und wissenschaftlichen Institutionen Das Bundesamt für Naturschutz wird hierbei von der Universität Osnabrück unterstützt . Die Prüfung relevanter Monitoringmethoden ist Gegenstand dieses Vorhabens . Insbesondere für das Monitoring der biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften ist auch das in der Antwort zu Frage 12 angesprochene Konzept der Ressortforschung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft wichtig. 12. a) Wie ist das vom Johann Heinrich von Thünen-Institut entwickelte Konzept zum Biodiversitätsmonitoring in der offenen Agrarlandschaft gestaltet ? b) Welchen Stellenwert hat das Konzept vom Johann Heinrich von Thünen- Institut bei der Ursachenforschung? c) Wie wird das Konzept beim Aktionsplan Insektenschutz eingebunden? Die Fragen 12 bis 12c werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Das vom Thünen-Institut gemeinsam mit dem Julius Kühn-Institut und der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung entwickelte Konzept „Monitoring der biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften“ hat zum Ziel, auf Grundlage einer repräsentativen Datengrundlage wissenschaftlich fundierte Antworten auf folgende Fragen geben zu können: Wie entwickelt sich die biologische Vielfalt in offenen Agrarlandschaften unter dem Einfluss der landwirtschaftlichen Produktion, des Landnutzungsund des Agrarstrukturwandels? Wie wirkt sich die Veränderung der biologischen Vielfalt auf die Leistungsfähigkeit und Stabilität der landwirtschaftlichen Produktionssysteme aus? Wie wirken agrar- und umweltpolitische Maßnahmen auf die biologische Vielfalt, und wie sollte der Politikeinsatz weiterentwickelt werden? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4062 Unterschieden wird zwischen generellem Trendmonitoring, einem vertiefenden Monitoring zu speziellen Fragestellungen und bürgerwissenschaftlichen Elementen unter besonderer Einbindung von Landwirten und Jägern. In den von der Bundesregierung verabschiedeten Eckpunkten für das Aktionsprogramm wurde u. a. festgehalten, dass ein konsequentes und bundesweit einheitliches Monitoring der Erfassung und Quantifizierung des Zustands und der Veränderung von Insektenbeständen dient und Grundlage für die Erfolgskontrolle von Maßnahmen zum Insektenschutz in der Zukunft ist. Neben den in der Antwort zu Frage 11 genannten Arbeiten ist auch das Konzept „Monitoring der biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften“ für die Ursachenforschung für das Insektensterben wichtig. Die betroffenen Ressorts sind in engem Austausch, damit die verschiedenen Arbeiten Teil eines sinnvollen Gesamtkonzepts sind. Auch das geplante wissenschaftliche Monitoring-Zentrum zur Biodiversität wird hierzu einen Beitrag leisten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333