Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 28. August 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/4091 19. Wahlperiode 30.08.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kai Gehring, Margarete Bause, Uwe Kekeritz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/3448 – Menschenrechtslage und internationale Zusammenarbeit mit Mexiko V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Lage der Menschenrechte in Mexiko ist seit vielen Jahren prekär. Auch im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im Juli 2018 häuften sich Gewalttaten. Zahlreiche Kandidatinnen und Kandidaten wurden ermordet (http://spiegel.de/ politik/ausland/mexiko-mehr-als-120-politiker-vor-praesidentschaftswahlgetoetet -a-1215014.html). Mexiko leidet unter struktureller Gewalt, da staatliche Akteure und Organisierte Kriminalität illegal zum Teil gemeinsam agieren. Immer wieder kommt es zu Fällen von Folter, willkürlichen Verhaftungen, außergerichtlichen Hinrichtungen und Verschwindenlassen, an deren Begehung staatliche Sicherheitskräfte beteiligt sind. Der mexikanische Staat schützt weder im Vorwahlkampf noch sonst Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger sowie Journalistinnen und Journalisten effektiv. Obwohl ein Schutzmechanismus installiert wurde, zeigt sich dieser als so defizitär, dass allein im ersten Halbjahr 2018 sechs Journalisten getötet wurden. Menschenrechtsverteidiger und Journalistinnen und Journalisten sind nach Einschätzung von internationalen Beobachtern sowie unterschiedlichen Sonderberichterstattern der Vereinten Nationen sowie der Interamerikanischen Menschenrechtskommission in Mexiko massiv in ihrer Tätigkeit gefährdet. Laut der Organisation „Reporter Ohne Grenzen“ ist Mexiko das gefährlichste Land für Journalistinnen und Journalisten in Lateinamerika (https://reporter-ohne-grenzen.de/mexiko/). Auch Vertreterinnen und Vertreter ländlicher indigener Gemeinden sind hoch gefährdet, insbesondere wenn sie sich gegen Wirtschaftsprojekte wehren, die sie in ihrer Existenz bedrohen. Ein weiteres strukturelles Defizit in Mexiko ist die Korruption. Sie hat flächendeckende Ausmaße angenommen und ist auf allen politischen Ebenen zu finden. Mexiko steht an 15. Stelle der größten Volkswirtschaften, gehört zu den zehn größten Erdölproduzenten der Welt und ist Mitglied der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Es herrschen extreme soziale Unterschiede. Mehr als 40 Prozent der Bevölkerung leben in Armut. Neben Korruption stellt Straflosigkeit eines der Kernprobleme Mexikos dar. Die Aufklärungsquote von Verbrechen, insbesondere im menschenrechtsrelevanten Bereich, tendiert gegen Null. Gleichzeitig sind die hohe Straflosigkeit und der Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4091 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode damit einhergehende Vertrauensverlust seitens der Bevölkerung gegenüber Polizei und Justiz eine der Ursachen dafür, dass viele Fälle gar nicht erst angezeigt werden. Nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen (u. a. von Comisión Mexicana, Open Society Foundation und der Weltorganisation gegen Folter, OMCT) liegt die Quote nichtangezeigter Straftaten bei über 90 Prozent. Dieses Wechselspiel von Korruption und Straflosigkeit stellt den Nährboden für Menschenrechtsverletzungen, anhaltende Gewalt und organisierte Kriminalität. Fehlende umfassende Risikoanalysen und eine ausbaufähige Koordination zwischen den involvierten Behörden auf Bundesstaats- und Föderalebene verstärken diese Problemlage zusätzlich. Im Dezember 2017 wurde in Mexiko das Gesetz zur Inneren Sicherheit verabschiedet . Kern des Gesetzes ist die Legitimierung und Ausweitung des Einsatzes des Militärs im Landesinneren. Damit setzt Mexiko auf die verstärkte Militarisierung des Landes statt auf strukturelle Reformen. Die Vereinten Nationen machten im Vorfeld erhebliche Bedenken geltend. Auch Amnesty International kritisiert, dass wirksame Vorkehrungen zur Gewährleistung von Transparenz , Rechenschaftspflicht und ziviler Kontrolle nicht vorgesehen sind (vgl. https://amnesty.de/jahresbericht/2018/mexiko). Am 7. November 2018 wird im Rahmen des UPR-Prozesses (=Universal Periodic Review) des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen zum dritten Mal die Menschenrechtslage in Mexiko extern geprüft. Hier besteht die Möglichkeit seitens der internationalen Staatengemeinschaft und auch Deutschlands, die Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen und Straflosigkeit gegenüber Mexiko einzufordern. Als eine Möglichkeit, um gegen die anhaltende Straflosigkeit in Mexiko vorzugehen , wird aktuell in der mexikanischen Zivilgesellschaft ein internationaler Mechanismus debattiert, der die schweren Menschenrechtsverbrechen sowie die damit häufig verbundene Korruption untersuchen, aufklären und sanktionieren soll (vgl. Statement der Deutschen Menschenrechtskoordination Mexiko und Misereor vom 2. Juli 2018, https://mexiko-koordination.de/56-dmrkm-news/193- statement-zum-wahlausgang.html). Ein solcher Mechanismus könnte durch ein Mandat der Vereinten Nationen oder des Interamerikanischen Menschenrechtsschutzsystems auf den Weg gebracht werden. Zustand von Justiz und Polizei 1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über das Engagement der mexikanischen Regierung zur tatsächlichen Verbesserung der Effizienz und der Unabhängigkeit der mexikanischen Justiz, von Polizei und Strafverfolgung? Die Regierung der Vereinigten Mexikanischen Staaten hat zur Stärkung des Rechtsstaates verschiedene Anstrengungen unternommen. Unter anderem hat sie ein Gesetz zur Bekämpfung der Folter und ein Gesetz gegen das gewaltsame Verschwindenlassen initiiert, die vom Parlament verabschiedet wurden und in Kraft getreten sind. Die Einrichtung einer neuen unabhängigen Generalstaatsanwaltschaft ist in der vor wenigen Jahren geänderten mexikanischen Verfassung vorgesehen . Der am 1. Juli 2018 neu gewählte Präsident Mexikos, Andrés Manuel López Obrador, hat sich ausdrücklich zur Stärkung des mexikanischen Rechtsstaats bekannt . Er tritt sein Amt am 1. Dezember an. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/4091 2. Welche konkreten Maßnahmen ergreift die mexikanische Regierung nach Kenntnis der Bundesregierung, um die massive Gewalt in der mexikanischen Gesellschaft präventiv zu bekämpfen? Eine bessere Sicherheitslage und der Kampf gegen die Organisierte Kriminalität sind erklärte Ziele der mexikanischen Regierung. Das politische Programm von Präsident Andrés Manuel López Obrador, sieht eine Reihe von Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewaltursachen vor. So soll zum Beispiel zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit jungen Menschen mit Programmen eine Alternative zu Gewalt und Kriminalität aufgezeigt werden. 3. Welche erfolgversprechenden Konzepte gibt es nach Einschätzung der Bundesregierung , um die mit der Drogenkriminalität verbundene Gewalt in Mexiko einzudämmen? Aus Sicht der Bundesregierung sind rechtsstaatliche Verfahren, eine unabhängige , gut ausgebildete und gut ausgestattete Justiz und Polizei, eine umfassende Strafverfolgung sowie soziale und wirtschaftliche Alternativen zur Kriminalität wichtige Ansatzpunkte für eine bessere Sicherheitslage. 4. Inwiefern greift die Bundesregierung die nationalen und internationalen rechtlichen Bedenken gegen das Gesetz zur Inneren Sicherheit in ihren binationalen Gesprächen auf? Die Bundesregierung steht im regelmäßigen Dialog mit der mexikanischen Regierung zu Fragen der Rechtsstaatlichkeit und zur inneren Sicherheit. Teil dieses Dialogs ist auch das am 21. Dezember 2017 verabschiedete Gesetz zur Inneren Sicherheit – siehe dazu auch die Antwort zu Frage 6. 5. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der zunehmenden Militarisierung in Mexiko, und sieht sie einen Zusammenhang zu der zunehmend eskalierenden Gewalt? Die Bundesregierung beobachtet Entwicklungen im Sicherheitssektor, darunter auch den Einsatz von Armee und Marine im Innern, sehr aufmerksam und erörtert diese in verschiedenen Formaten mit mexikanischen und internationalen Partnern . 6. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass in Mexiko zunehmend reguläre Polizeiaufgaben durch das Militär übernommen werden? Das am 21. Dezember 2017 verabschiedete Gesetz zur Inneren Sicherheit erlaubt den Einsatz des Militärs im Inneren zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität . Das Gesetz wurde allerdings bisher nicht angewendet und liegt dem mexikanischen Verfassungsgericht zur weiteren Überprüfung vor. Vertreter der neugewählten mexikanischen Regierung haben darauf hingewiesen, dass zur Herstellung und Aufrechterhaltung der Sicherheit in einigen Landesteilen der Einsatz bewaffneter Streitkräfte für eine Übergangszeit notwendig bleiben wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4091 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Wie bewertet die Bundesregierung den Stand der Implementierung der beiden im Jahr 2017 verabschiedeten Generalgesetze gegen Verschwindenlassen und Folter (vgl. https://pbideutschland.de/aktuelles/mexiko-neue-gesetzegegen -folter-und-verschwindenlassen)? Ist von ihr eine projektbezogene Unterstützung über die bereits laufenden Projekte hinaus geplant? Die Umsetzung des Gesetzes gegen das Verschwindenlassen macht Fortschritte. So sind der Bürgerrat (Consejo Ciudadano) zur Kontrolle des Gesetzes arbeitsfähig , die nationale Suchkommission gegründet, die Sonderstaatsanwaltschaften in den meisten Bundesstaaten eingerichtet und einheitliche, neue Verfahrensvorgaben zur Ermittlung solcher Taten und zur Suche Verschwundener verfasst. Der Aufbau einer Datenbank zur Identifizierung von Opfern wurde als vorrangige Aufgabe eingestuft. Zunehmend werden Opfervertreter an der Suchkommission und am Verfahren beteiligt. Durch die Vereinheitlichung der Datenbanken soll die Zahl der Identifizierungen weiter ansteigen. Die Bewältigung der noch ausstehenden Aufgaben zur vollständigen Umsetzung des Gesetzes, wie etwa die Einrichtung von Suchkommissionen in allen Bundesstaaten, begleitet die Bundesregierung sehr aufmerksam. Das Gesetz gegen Folter sieht ein nationales Anti-Folter-Programm, ein nationales Fallregister und die Gründung einer Sonderstaatsanwaltschaft vor. Die von der Bundesregierung über das Auswärtige Amt finanzierten Vorhaben der Rechtstaatsförderung unterstützen die umfassende Umsetzung dieser beiden rechtstaatlich wichtigen Gesetzesvorhaben; darüber hinaus sind derzeit keine weiteren Vorhaben geplant. 8. Sind der Bundesregierung konkrete Maßnahmen der mexikanischen Bundesregierung gegen das Verschwindenlassen bekannt, beispielsweise hinsichtlich der Zusammenarbeit mit Angehörigen- und Menschenrechtsorganisationen sowie der Anlage eines nationalen Verzeichnisses verschwundener Personen mit Gesamtzahl, Namen, Geschlecht, Wohnort und Ort des Verschwindens ? Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. 9. Wie bewertet die Bundesregierung die Ermittlungen in Fällen vermisster Personen in Mexiko und die Einhaltung internationaler Standards bei der Suche nach den Opfern? Im Februar 2018 wurde eine Sonderstaatsanwaltschaft für Untersuchungen bei Verbrechen von gewaltsamem Verschwindenlassen (Fiscalía Especializada en Investigación de los Delitos de Desaparación Forzada) als Teil der mexikanischen Generalstaatsanwaltschaft ((Procuraduría General de la República, PGR) neu geschaffen . Die Bundesregierung begrüßt diese Maßnahme; sie ist ein Element zur Umsetzung des Gesetzes gegen das Verschwindenlassen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/4091 10. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung in Bezug auf die strafrechtliche Verfolgung der mutmaßlichen Verantwortlichen für Verschwindenlassen in Mexiko? Die Sonderstaatsanwaltschaft für Untersuchungen bei Verbrechen von gewaltsamem Verschwindenlassen hat 28 Fälle des Verschwindenlassens für vorrangig erklärt, um in naher Zukunft einen Abschluss der Verfahren und Verurteilungen zu erreichen. Das geht auch auf Beratungen im Rahmen eines Rechtsstaatsprojekts zurück, das die Bundesregierung unter Federführung des Auswärtigen Amtes unterstützt hat. 11. Inwiefern werden in Mexiko nach Kenntnis der Bundesregierung das Folterverbot nach Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und die Verpflichtungen des VN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (von Mexiko 1986 ratifiziert) eingehalten? Auch zur Umsetzung internationaler Verpflichtungen hat Mexiko ein „Gesetz zur Prävention, Verfolgung und Bestrafung von Folter und anderen grausamen Behandlungen oder Strafen“ eingeführt. Dieses Gesetz gegen Folter vom 26. April 2017 enthält ein absolutes Folterverbot, bundesweit einheitliche Definitionen von Straftatbeständen und ein Verwertungsverbot für Beweise, die unter Folter erlangt werden. Weiterhin regelt es Kompetenzfragen zwischen den Strafverfolgungsorganen , führt ein nationales Fallregister ein und enthält Maßnahmen zur Hilfe und Wiedergutmachung für Opfer. 12. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung in Bezug auf die strafrechtliche Verfolgung der mutmaßlichen Verantwortlichen für Folter? Die Sondereinheit zur Ermittlung in Fällen von Folter (Unidad Especializada en Investigación del Delito de Tortura) der mexikanischen Generalstaatsanwaltschaft gab kürzlich bekannt, dass ihr landesweit 4 390 Strafanzeigen wegen Folter zur Überprüfung vorlägen. Außerdem würden 777 Fälle auf der Grundlage des neuen „akkusatorischen“ Strafprozessrechts überprüft, bei dem der Angeklagte im Unterschied zum vorher geltenden „inquisitorischen“ Strafprozessrecht über eigene Verfahrensrechte verfügt. 13. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, ob Folter zur Erzwingung von vermeintlichen Geständnissen durch mexikanische Sicherheitskräfte eingesetzt wird, und inwiefern diese „Geständnisse“ vor Gericht als Beweismittel zugelassen werden? Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Folter hat in seinem Bericht vom 29. Dezember 2014 (https://daccess-ods.un.org/TMP/7961541.41426086.html) umfassend zur Lage in Mexiko berichtet. Das Büro des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) in Mexiko hat im März 2018 einen Bericht im Fall Ayotzinapa/Iguala publiziert, der Vorkommnissen der beschriebenen Art nachgeht. Das 2017 verabschiedete „Gesetz zur Prävention, Verfolgung und Bestrafung von Folter und anderen grausamen Behandlungen oder Strafen“ hat ein strafrechtliches Verwertungsverbot für Beweise, die unter Folter erlangt werden, eingeführt (siehe auch die Antwort zu Frage 11). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4091 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 14. Inwiefern setzt Mexiko nach Kenntnis der Bundesregierung das Istanbul- Protokoll der Vereinten Nationen zur wirksamen medizinischen und juristischen Untersuchung und Dokumentation von Folteranschuldigungen um? Das vom Auswärtigen Amt geförderte Anti-Folter-Projekt unterstützt die mexikanische Generalstaatsanwaltschaft bei der umfassenden Umsetzung des Istanbul -Protokolls der Vereinten Nationen. Gemeinsam mit der mexikanischen Generalstaatsanwaltschaft wurden dafür einzelne Handlungsfelder identifiziert und Strafverfolgungsbeamte fortgebildet. Zusammen mit dem Büro des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte , dem deutschen Projektpartner und der U.S.-amerikanischen Agentur für Entwicklungszusammenarbeit USAID arbeitet die mexikanische Generalstaatsanwaltschaft aktuell an einem Leitfaden zur verbesserten Anwendung des Istanbul-Protokolls. 15. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung in Bezug auf sexualisierte Folter und Gewalt gegen Frauen durch mexikanische Sicherheitskräfte? Die Bundesregierung hat über den Bericht des OHCHR in Mexiko vom März 2018 im Fall Ayotzinapa/Iguala hinaus keine eigenen Erkenntnisse. 16. Welche Maßnahmen der mexikanischen Regierung sind der Bundesregierung bekannt, die geeignet sind, die extrem hohe Zahl von Frauenmorden („feminicidios“) zu senken (https://tagesschau.de/ausland/mexiko-frauenmorde- 101.html)? Im Kampf gegen die Gewalt gegen Frauen haben die mexikanische Regierung und mexikanische Parlamente auf Bundesstaats- und auf Bundesebene eine Reihe von Maßnahmen angestoßen; dazu zählt die Einführung des Straftatbestands des Feminizids im Juni 2012, ein dadurch verbesserter Zugang zur Justiz sowie besondere Such- und Schutzprogramme zugunsten von Frauen. 17. Hat die Einführung von „Feminizid“ als eigenständiger Straftatbestand in Mexiko nach Kenntnis der Bundesregierung zu einer signifikanten Verbesserung der strafrechtlichen Aufklärung und Verfolgung von Frauenmorden geführt? Dazu liegen der Bundesregierung noch keine belastbaren Zahlen vor. 18. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den effektiven Zugang von Frauen zu Polizei, Justiz und Rechtsbeistand in Fällen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, und welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die mögliche Dunkelziffer? Auf die Antwort zu Frage 16 wird verwiesen. Zu einer möglichen Dunkelziffer liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 19. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Umfang der freiwilligen oder erzwungenen Beteiligung von Frauen an organisierter Kriminalität und die Rolle von Frauen insbesondere im Bereich von Auftragsmorden? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/4091 20. Welche konkreten Maßnahmen werden nach Kenntnis der Bundesregierung ergriffen, wenn ein Bundesstaat „Genderalarm“ (alarma de género) auslöst? Im Falle eines sogenannten alarma de género ist der jeweilige Bundesstaat verpflichtet , einen schnellen und unkomplizierten Zugang zu einer unparteiischen Justiz sicherzustellen. Die Verantwortlichen sollen zur Rechenschaft gezogen und die Opfer rehabilitiert werden. Dabei ist der Einsatz von juristischen, medizinischen und psychologischen Fachleuten vorgesehen. 21. Wie bewertet die Bundesregierung die Bemühungen der mexikanischen Regierung zur Untersuchung und Prävention von Fällen außergerichtlicher Hinrichtungen durch mexikanische Sicherheitskräfte? Die Bundesregierung begrüßt alle Maßnahmen der mexikanischen Regierung zur Verbesserung der Rechtstaatlichkeit im Sicherheitssektor. 22. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung zu willkürlichen Verhaftungen durch die mexikanische Polizei und daraus resultierende Menschenrechtsverletzungen vor? Verschiedene Organisationen der mexikanischen Zivilgesellschaft haben von Vorfällen der dargestellten Art berichtet. Die mexikanische Nationale Menschenrechtskommission (Comisión Nacional de los Derechos Humanos, CNDH) hat dazu Empfehlungen an mexikanische Institutionen ausgesprochen, die die Aufklärung dieser Fälle und eine Entschädigung für Opfer vorsieht. 23. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, ob es unabhängige Evaluierungen der seit dem Jahr 2000 neu geschaffenen Bundespolizeieinheiten hinsichtlich Umfang, Effizienz und Kapazitäten gibt, und darüber, wie diese ggf. bewertet wurden? Die mexikanische Bundespolizei unterliegt regelmäßig Evaluierungen der mexikanischen Innenbehörden. Diese Evaluierungen werden im Amtsblatt der mexikanischen Föderation veröffentlicht und sind öffentlich zugängig. 24. Was benennt die mexikanische Regierung in ihren bilateralen Gesprächen mit der Bundesregierung als wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Straflosigkeit? Die Bundesregierung und die mexikanische Regierung stimmen überein, dass rechtsstaatliche Strafverfahren, umfassende Strafverfolgung und eine unabhängige Justiz entscheidende Komponenten zur Bekämpfung der Straflosigkeit sind. 25. Auf welchen Ebenen hat die Bundesregierung von der mexikanischen Regierung die Einhaltung der Menschenrechte in den Jahren 2017 und 2018 eingefordert? Welche Erfolge hat sie dabei erzielt? Waren damit auch Konditionalitäten verbunden? Die Bundesregierung steht in einem kontinuierlichen und hochrangigen Dialog mit der mexikanischen Regierung und der mexikanischen Zivilgesellschaft zur Menschenrechtslage im Land. Menschenrechte waren ein wichtiges Thema bei den Besuchen der Bundeskanzlerin, des Bundesaußenministers und der Beauftragten für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe der Bundesregierung in Mexiko im vergangenen Jahr. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4091 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Auf Regierungsebene wurden bilaterale Projekte zur Stärkung des Rechtsstaats, zur Polizeiausbildung und zur Korruptionsbekämpfung vereinbart. Unter anderem hat die Bundesregierung unter Federführung des Auswärtigen Amts zusammen mit der mexikanischen Regierung zwei Rechtstaatsprogramme aufgelegt, um die Umsetzung des mexikanischen Gesetzes gegen das Verschwindenlassen und des mexikanischen Gesetzes gegen Folter zu unterstützen (siehe auch Antwort zu Frage 7). Zusammen mit den Mitgliedstaaten hat die Europäische Union zuletzt 2017 den 6. Menschenrechtsdialog mit Mexiko durchgeführt. Zur Umsetzung der Demokratie - und Menschenrechtsstrategie der Europäischen Union wurden vier Arbeitsgruppen zur Zusammenarbeit mit der mexikanischen Regierung und Zivilgesellschaft gebildet. Deutschland hat den Vorsitz in einer dieser Arbeitsgruppen inne. Zusammen mit den Mitgliedstaaten hat die Delegation der Europäischen Union in Mexiko-Stadt in zahlreichen Einzelfällen von Angriffen gegen mexikanische Journalisten und Menschenrechts-verteidiger öffentliche Stellungnahmen abgegeben . Internationale Unterstützung und Beratung 26. Inwiefern ist die Bundesregierung bereit, einen mit internationaler und nationaler Kompetenz ausgestatteten vorübergehenden Mechanismus gegen Straflosigkeit und Korruption zu unterstützen, wie er von zivilgesellschaftlichen Gruppen (u. a. Red Nacional de Organismos Civiles de Derechos Humanos , REDTDT) gefordert wird (vgl. https://mexiko-koordination.de/56- dmrkm-news/193-statement-zum-wahlausgang.html), und welche Überlegungen hat die Bundesregierung angestellt, wie eine solche Unterstützung aussehen könnte? Die Bundesregierung steht der möglichen Einsetzung eines internationalen Mechanismus zur Bekämpfung der Straflosigkeit mit Zustimmung und in Zusammenarbeit mit der mexikanischen Regierung grundsätzlich positiv gegenüber. 27. Inwiefern plant die Bundesregierung einen solchen Vorschlag für einen Mechanismus gegen Straflosigkeit und Korruption in ihre Empfehlungen an Mexiko im Zuge des UPR-Prozesses am 7. November 2018 vor dem Menschenrechtsrat in Genf aufzunehmen? Die Bundesregierung tauscht sich bei der Erstellung ihrer Empfehlungen im Rahmen des UPR-Verfahrens jeweils eng mit Partnerstaaten und zivilgesellschaftlichen Akteuren aus. Diese Abstimmung findet regelmäßig erst in den letzten Wochen vor einer UPR-Anhörung statt, weshalb der Inhalt der deutschen Stellungnahme im UPR-Verfahren zu Mexiko noch nicht vorliegt. 28. Welche praktischen Konsequenzen für die Zusammenarbeit mit Mexiko hat die Bundesregierung aus dem Abschlussbericht der Grupo Interdisciplinario de Expertos Independientes (GIEI) und dem ersten Bericht des Folgemechanismus der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (vgl. https://mexiko-koordination.de/?id=featured&start=5) gezogen? Die Bundesregierung steht wegen der Empfehlungen dieser Expertengruppen in engem Kontakt mit der mexikanischen Regierung und Zivilgesellschaft. Sie hat die mexikanische Regierung zusammen mit der Europäischen Union wiederholt aufgefordert, diesen Empfehlungen zu folgen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/4091 29. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Forderung eines föderalen Gerichts in seiner Entscheidung vom 4. Juni 2018, eine Untersuchungskommission (Comisión de Investigación para la Verdad y la Justicia en el caso Iguala) im Fall „Ayotzinapa“ einzusetzen, die von internationalen Gremien wie den Vereinten Nationen oder dem Interamerikanischen Menschenrechtssystem unterstützt werden könnte (vgl. https://mexiko-koordination.de/?id=featured &start=5), und inwiefern hält die Bundesregierung den Umgang mit diesem Fall verschwundener Studierender exemplarisch für das Versagen von Justiz und Polizei? Die Entscheidung des mexikanischen Bundesgerichts für den Neunzehnten Bundesbezirk vom 4. Juni 2018 unterliegt einer weiteren Überprüfung durch die mexikanische Bundesgerichtsbarkeit. Zu laufenden Verfahren äußert sich die Bundesregierung grundsätzlich nicht. 30. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung für die fachlich qualifizierte Aufstellung einer neuen unabhängigen Bundesstaatsanwaltschaft in Mexiko ein, und bietet Beratung bei deren Aufbau an? Eine unabhängige, effizient organisierte und gut ausgebildete Justiz ist eine wesentliche Voraussetzung für die wirksame Verfolgung von Straftaten. Die Bundesregierung unterstützt daher zahlreiche Maßnahmen zur Förderung der Justiz in Mexiko einschließlich der Bemühungen der mexikanischen Regierung, die Arbeit der Generalstaatsanwaltschaft zu verbessern. Die unter Federführung des Auswärtigen Amts eingerichteten Programme zur Förderung der Rechtsstaatlichkeit beinhalten auch organisatorische Beratung zur Stellung der Sonderstaatsanwaltschaften im Gesamtsystem der mexikanischen Strafjustiz. 31. Inwieweit ist die Bundesregierung bereit, die Reform der Staatsanwaltschaft in Mexiko nach den Vorstellungen des Kollektivs Fiscalía que sirva zu unterstützen (siehe https://www.reporteindigo.com/reporte/organizaciones-exigen -al-senado-una-fiscalia-independiente-sin-aprobacion-fast-track/)? Auf die Antwort zu Frage 30 wird verwiesen. 32. Inwiefern hält die Bundesregierung einen Austausch auf Ebene der (General -)Staatsanwaltschaften beider Länder für sinnvoll, und inwieweit besteht die Bereitschaft, dies über eine Projektzusammenarbeit zu unterstützen? Die Bundesregierung fördert mit Rechtsstaatprogrammen den Austausch von Staatsanwaltschaften. So nahmen im Jahr 2017 zwei mexikanische Staatsanwälte an einer Informationsreise zum Thema „Das deutsche Rechts- und Justizsystem“ in Berlin, Wiesbaden und Frankfurt teil. Dabei ergaben sich auch Gespräche mit der Generalstaatsanwaltschaft Berlin und der Staatsanwaltschaft Frankfurt. Das in Mexiko neu eingeführte akkusatorische Strafprozessrecht bietet eine Reihe von Ansatzpunkten für verstärkte bilaterale Zusammenarbeit im Bereich der Rechtstaatsförderung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4091 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 33. Wie bewertet die Bundesregierung die Implementierung des adversatorischen Strafrechtssystems in Mexiko? Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, ob das vorherige inquisitorische System noch immer angewandt wird? Die Bundesregierung begrüßt die Einführung des akkusatorischen Strafprozessrechts in Mexiko, das die Rechtsstellung des Angeklagten und die Rechtsstaatlichkeit des gesamten Verfahrens verbessert. Wesentlich für das neu eingeführte akkusatorische Strafprozessrecht ist, dass der Angeklagte als eigenständiger Teilnehmer des Strafverfahrens über eigene Verfahrensrechte verfügt. Kennzeichnend für diesen als Parteienprozess ausgestalteten Verfahrenstypus sind die einander gegenüberstehenden Parteien von Angeklagtem und Staatsanwalt. Die Aufklärung des Sachverhalts ist Sache der Parteien ; das Gericht hat während der Beweisaufnahme verfahrensleitende Funktion. Es ist nicht davon auszugehen, dass die umfassende Reform des Strafprozessrechts , die in ihrer Umsetzung alle Staatsanwaltschaften, die erkennende Justiz und alle Strafverteidiger des Landes betrifft, bereits in allen Landesteilen vollständig eingeführt ist. 34. Inwiefern hat die Bundesregierung eine Unterstützung der Ombudsstellen für Menschenrechte in Mexiko in Erwägung gezogen? Die von der Bundesregierung über das Auswärtige Amt finanzierten Vorhaben zur Förderung der Rechtsstaatlichkeit arbeiten mit der nationalen Menschenrechtskommission in der Bundeshauptstadt Mexiko-Stadt sowie in den Bundesstaaten Veracruz und Oaxaca zusammen. 35. Wie viele Fachkräfte des Zivilen Friedensdienstes (ZFD) sind nach Kenntnis der Bundesregierung in Mexiko in welchen Projekten beschäftigt? Derzeit sind sieben Fachkräfte des Zivilen Friedensdienstes (ZFD) in folgenden Projekten in Mexiko beschäftigt: „Stärkung zivilgesellschaftlicher Menschenrechtsarbeit in Kontexten extremer Gewalt“ (www.ziviler-friedensdienst.org/de/ projekt/starkung-zivilgesellschaftlicher-menschenrechtsarbeit-kontexten-extremergewalt ) und „Seite an Seite: Gemeinsam stark für Menschenrechte“ (www.zivilerfriedensdienst .org/de/projekt/seite-seite-gemeinsam-stark-fur-menschenrechte). 36. Was hat die Bundesregierung unternommen, um gegenüber den mexikanischen Behörden auf die Lage der Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger , Umweltverteidigerinnen und Umweltverteidiger sowie Journalistinnen und Journalisten aufmerksam zu machen und wirksamen Schutz einzufordern, und wurden konkrete Fälle angesprochen? Wenn ja, welche? Auf die Antworten zu den Fragen 24 und 25 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/4091 37. Wie schätzt die Bundesregierung die Funktionsfähigkeit des Schutzmechanismus für Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger sowie Journalistinnen und Journalisten ein? Inwiefern sind Maßnahmen geplant, Mexiko bei der Verbesserung des Schutzmechanismus zu unterstützen? Der mexikanische Nationale Schutzmechanismus für Menschenrechtsverteidiger und Journalisten hat bisher 386 Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern sowie 260 Journalistinnen und Journalisten Schutz geboten. Sie erhalten spezielle Unterstützung in Sicherheitsfragen. Die Bundesregierung würde, falls die mexikanische Regierung Unterstützung bei weiteren Maßnahmen zur Verbesserung des Schutzmechanismus nachfragte, dies grundsätzlich begrüßen. 38. Wie wurde die Ankündigung des damaligen Bundesministers des Auswärtigen Sigmar Gabriel im Mai 2017, einen Austausch zwischen deutschen und mexikanischen Journalistinnen und Journalisten zu fördern, umgesetzt (https:// dw.com/de/au%C3%9Fenminister-gabriel-sichert-mexiko-hilfe-zu/a- 38912129)? Enthält das Projekt auch eine Komponente zum Schutz von Journalistinnen und Journalisten? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Mündliche Frage 19 der Abgeordneten Margit Stumpp, Plenarprotokoll 19/41 verwiesen. 39. Bis wann sollen das zwischen der Bundesregierung und der mexikanischen Regierung vereinbarte Rechtsstaatsprojekt mit dem Thema Verschwindenlassen und das Projekt zur Implementierung des Gesetzes gegen Folter laufen (https://giz.de/de/weltweit/39616.html; https://giz.de/de/weltweit/64216.html)? Beide genannten Projekte haben eine Laufzeit bis zum 31. Mai 2019. Möglichkeiten einer jeweiligen Fortsetzung werden 2019 geprüft. 40. Inwiefern wurde die erste Phase des zwischen der Bundesregierung und der mexikanischen Regierung vereinbarten Rechtsstaatsprojektes zum Thema „Verschwindenlassen“ (https://giz.de/de/weltweit/39616.html; https://giz.de/de/ weltweit/64216.html) bereits evaluiert, und wie lauten die Ergebnisse? Ist eine Weiterentwicklung oder der Ausbau der Projekte geplant? Eine Umfrage im März 2017 unter 73 TeilnehmerInnen zur Evaluierung der Auswirkungen der in der Generalstaatsanwaltschaft (Procuraduría General de la República, PGR) durchgeführten Fortbildungen ergab, dass die Mitarbeiter der PGR die neuen Kenntnisse in mindestens 26 konkreten Ermittlungen des Verschwindenlassens angewandt haben. Insbesondere die Sonderstaatsanwaltschaft für die Suche nach Verschwundenen bestätigt die praktische Anwendung des neuen Wissens in mindestens sechs Fällen. Möglichkeiten der Weiterentwicklung oder des Ausbaus des Projekts sind abhängig vom konkreten Bedarf und der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln; diese werden 2019 geprüft. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4091 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 41. Welchen Anteil haben Fortbildungen in den Projekten? Zu welchen speziellen Themen werden sie von wem mit wem bzw. mit welchen Behörden durchgeführt? Fortbildungen bilden in beiden Projekten den Schwerpunkt. Im Bereich Folterprävention werden diese für folgende Behörden durchgeführt: Mexikanische Bundespolizei und andere Polizeieinheiten Mexikos: Fortbildungen , insbesondere die Weiterbildung von Führungskräften, dienen der Beachtung des Folterverbots und der Umsetzung in der operativen Polizeiarbeit. Dazu zählen Schulungen zum neuen Anti-Folter-Gesetz und zum Istanbul-Protokoll und fachliche Begleitung der Verantwortlichen zur Stärkung der Anwendungskapazitäten, Erarbeitung und Schulung zu einschlägigen Verwaltungsvorschriften und Anpassung von Verwaltungsvorschriften an das neue Gesetz sowie Beratung und Durchführung von Pilotfortbildungen. Durchführungspartner sind das mexikanische Innenministerium und die entsprechenden Innenminister sowie die Staatsanwaltschaften auf Ebene der Bundesstaaten Jalisco und Oaxaca. Sie erarbeiten die die Fortbildungsinhalte jeweils durch die unterstützende Beratung der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Sonder-Staatsanwaltschaften für Folterdelikte der Bundesstaaten: Gemeinsam mit den Schulungsinstitutionen der Staatsanwaltschaften werden speziell angepasste , beratende Fortbildungen zum Aufbau, der Struktur und einer Vorgehensweise der neu gegründeten Sonderstaatsanwaltschaft im Rahmen von Ermittlungsverfahren gegen wegen Folter Beschuldigte durchgeführt. Hierbei sollen die Genderperspektive sowie die speziellen Bedürfnisse der indigenen Bevölkerung und von Kleinbauern berücksichtigt werden. Zusätzlich zu den genannten Behörden werden lokale Menschenrechtsorganisationen bei der Entwicklung von Schulungen und interdisziplinären Workshops für Menschenrechtsverteidiger unterstützt. Kooperationspartner sind die mexikanischen Nichtregierungsorganisationen (NROen) CentroProDH, CodigoDH und Instituto de Justicia Procesal Penal (IJPP) sowie die internationale NRO World Justice Project. Im Bereich „Verschwindenlassen“ werden Fortbildungen für Mitarbeiter folgender Einheiten der Generalstaatsanwaltschaft durchgeführt: Einheit für die Suche verschwundener Personen, Einheit für Organisierte Kriminalität, Einsatzteam für Tatortanalyse und Spurensicherung sowie den Laboren für forensische Untersuchungen . Neben der Generalstaatsanwaltschaft werden auch ausgewählte Mitarbeiter der mexikanischen Polizei und der staatlichen Exekutivkommission für Opferbetreuung geschult. Einen Schwerpunkt der Fortbildungen bildet das neue Strafverfahrensrecht (Akkusationsverfahren , Umgang mit Datenbanken Ante Mortem/Post Mortem, einheitliche Protokolle, Anwendung des Minnesota-Protokolls). Ein weiterer Fokus wird auf forensische Untersuchungen (darunter Tatortsicherung, Exhumierung und Beweissicherung, Umsetzung des Nationalen Plans zur Suche Verschwundener , Straffung und Beschleunigung der Identifizierungsverfahren, Analyse verbrannter , vermischter und zerbrochener Knochen) gelegt. Zusätzliche thematische Schwerpunkte bilden die Teilhabe der Opfer am Straf- und Wiedergutmachungsverfahren und Opferschutz. Die Fortbildungen werden in der Regel durch die GIZ gemeinsam mit den oben genannten Behörden konzipiert und von mexikanischen wie auch Experten aus Guatemala, Kolumbien und Europa durchgeführt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/4091 Stand und Perspektiven der sicherheitspolitischen Zusammenarbeit 42. Inwiefern hält die Bundesregierung an dem Vorhaben fest, ein Sicherheitsabkommen mit Mexiko abzuschließen, und wie ist der aktuelle Verhandlungsstand ? Wie hat sich der Verhandlungsstand seit 2016 entwickelt (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/8148, insbesondere Antwort zu Frage 34)? Seit dem Jahr 2010 hat die Bundesregierung Verhandlungen mit der Regierung der Vereinigten Mexikanischen Staaten über den Abschluss eines Sicherheitsabkommen geführt. Gegenstand des Abkommens sollte sein, die Zusammenarbeit bei Bekämpfung, Verhütung und Aufklärung schwerer Straftaten der Organisierten Kriminalität, insbesondere Rauschgift- und Schleuserkriminalität und Menschenhandel , zu verbessern. Angesichts der Mitteilung des Außenministeriums der Vereinigten Mexikanischen Staaten vom August 2016, dass kein Interesse mehr am Abschluss eines Sicherheitsabkommens besteht, wird der Abschluss eines solchen aktuell nicht weiter verfolgt. 43. Welche konkrete Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Mexiko im Bereich der Sicherheitskooperation und Polizei gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung von verschiedenen Ministerien und Durchführungsorganisationen (bitte nach Ministerien, Vorhaben, Beteiligten, Volumen und Laufzeit aufschlüsseln)? Das Bundeskriminalamt (BKA) beabsichtigt vom 8. bis 19. Oktober 2018 einen multinationalen Lehrgang zum Thema „Korruptionsbekämpfung“ für etwa 20 Polizeiangehörige in Bogota/Kolumbien durchzuführen. Neben Teilnehmern aus Kolumbien sind auch Beamte aus Mexiko sowie der Dominikanischen Republik vorgesehen. Die begünstigten Dienststellen werden aktuell im Zusammenwirken mit den zuständigen Verbindungsbeamten des BKA ausgewählt. Die Maßnahme wird von zwei „Senior-Experts“ (ehemalige Angehörige des BKA) durchgeführt. Die Kosten belaufen sich auf ca. 35 000 Euro. 44. Wie werden nach Kenntnis der Bundesregierung die Projekte und Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheitskooperation und Polizei ausgewählt, gemonitort und evaluiert? Gibt es öffentlich zugängliche Evaluierungen? Wie wird Kritik der mexikanischen Zivilgesellschaft von nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen in den Projekten berücksichtigt ? Grundsätzlich werden eingehende Ersuchen zur Polizeilichen Zusammenarbeit durch BKA, das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und das Auswärtige Amt geprüft. Die Durchführung von Maßnahmen wird durch die BKA-Verbindungsbeamten begleitet. Kritik wird bei der künftigen Maßnahmenplanung berücksichtigt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4091 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 45. Inwieweit werden seitens der Bundesregierung Polizeifortbildungen gefördert ? Mit welchen mexikanischen Behörden gibt es dazu Vereinbarungen, und in welchen Bundesstaaten wurden wie viele Polizeifortbildungen realisiert? 46. Mit welchen Einheiten der Polizei wurden die Fortbildungen nach Kenntnis der Bundesregierung durchgeführt, wer ist von deutscher Seite an den Polizeifortbildungen beteiligt und wer führt sie durch? Welche weiteren Polizeifortbildungen sind geplant (bitte Projektumfang und Projektdauer angeben)? Die Fragen 45 und 46 werden gemeinsam beantwortet. Der Dokumenten- und Visaberater der Bundespolizei in Panama führte auf Bitten der mexikanischen Grenzbehörden am 22. Mai 2018 gemeinsam mit der niederländischen Verbindungsbeamtin in Panama eine Schulungsmaßnahme im Bereich Schengen-Visa für 60 Angehörigen der mexikanischen Grenzbehörde am Flughafen in Mexiko-Stadt durch. Weitere Ausbildungs- und Ausstattungshilfe durch die Bundespolizei erfolgte nicht. Darüber hinaus wurden mexikanische Behörden in den vergangenen Jahren im Rahmen der Polizeilichen Aufbauhilfe gefördert. Im Weiteren wird auf die Antworten der Bundesregierung zu den Quartalsanfragen der Fraktion DIE LINKE. zu den Polizei- und Zolleinsätzen im Ausland verwiesen (Bundestagsdrucksache 19/1912 vom 27. April 2018 sowie die dort weiter genannten Bundestagsdrucksachen ). 47. Welches sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Inhalte der Fortbildungen , und inwiefern werden bei den Fortbildungen die Themen willkürliche Verhaftungen, Verschwindenlassen, Folter in der Untersuchungshaft, Menschenrechtsperspektiven im Hinblick auf die Rechte des Beschuldigten (u. a. Themen wie Folter, Zugang zu Anwalt, richterlicher Haftbefehl etc.) sowie Menschenrechte von Frauen und Schutz vor sexualisierter Gewalt behandelt ? Alle Aus- und Fortbildungsangebote des BKA beinhalten Komponenten oder Module zur Darstellung des europäischen Demokratieverständnisses, von Rechtstaatlichkeit sowie der Beachtung der Menschenrechte. 48. Spielt nach Kenntnis der Bundesregierung die Zusammenarbeit staatlicher Sicherheitskräfte mit der Organisierten Kriminalität bei dem Dialog mit den mexikanischen Behörden eine Rolle? Wenn ja, wie wird im bilateralen Dialog damit umgegangen? Die Bundesregierung führt mit der mexikanischen Regierung einen umfassenden Dialog zu Sicherheitsfragen, der auch Fragen der Organisierten Kriminalität einbezieht . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/4091 49. Inwiefern gibt es Ansätze für eine integrale Zusammenarbeit mit Mexiko, die das Problem der Straflosigkeit, der hohen Korruptionsraten und der Zusammenarbeit staatlicher Instanzen mit der Organisierten Kriminalität berücksichtigt ? Die Bundesregierung arbeitet mit der mexikanischen Regierung zu zahlreichen Aspekten von Rechtstaatlichkeit, Anti-Korruption und Verbrechensbekämpfung zusammen. Die Bundesregierung verfolgt dabei einen integralen Ansatz, bei dem Menschenrechtsfragen eine zentrale Rolle spielen. Am 11. April 2016 wurde eine gemeinsame Absichtserklärung zwischen dem Bundesministerium des Innern und dem Ministerium für den öffentlichen Dienst der Vereinigten Mexikanischen Staaten über die Zusammenarbeit und den Kapazitätsaufbau in den Bereichen Integrität, Transparenz und Korruptionsprävention unterzeichnet. Die Laufzeit der gemeinsamen Absichtserklärung beträgt drei Jahre. 50. Inwiefern besteht weiterhin ein grundsätzlicher Ausschluss des Exports von Kleinwaffen nach Mexiko bzw. in einzelne Bundesstaaten, oder hat sich die Position der Bundesregierung diesbezüglich verändert? Die Bundesregierung verfolgt eine restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik . Über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregierung im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfältiger Prüfung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen. Grundlage hierfür sind die rechtlichen Vorgaben des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen (KrWaffKontrG), des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) sowie die „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ aus dem Jahr 2000, der „Gemeinsame Standpunkt des Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern“ und der Vertrag über den Waffenhandel („Arms Trade Treaty“). Die Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland spielt bei der Entscheidungsfindung eine hervorgehobene Rolle. Wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die zu liefernden Rüstungsgüter zur internen Repression oder zu sonstigen fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht werden, wird eine Genehmigung grundsätzlich nicht erteilt. Aktuelle Entwicklungen werden in die Entscheidungsfindung einbezogen. 51. Wie verhält sich die Bundesregierung zur Ausfuhr von Kleinwaffen nach Mexiko aus den USA durch Tochterfirmen deutscher Waffenproduzenten, und sieht die Bundesregierung eine menschenrechtliche Verantwortung der deutschen Mutterfirmen für die Waffenexporte ihrer US-amerikanischen Tochterfirmen? Eine Genehmigung für die Ausfuhr von Kleinwaffen aus den USA nach Mexiko durch US-Tochterfirmen deutscher Rüstungsproduzenten fiele in den ausschließlichen Verantwortungsbereich der US-Regierung, sofern die Güter nicht aufgrund deutscher Herkunft einem Re-Exportvorbehalt unterliegen. Für die Entscheidung über die Zustimmung zu Re-Exportvorhaben wird auf die Antwort zu Frage 50 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4091 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Entwicklungszusammenarbeit, Handelspolitik und Verantwortung von Unternehmen 52. Inwiefern und mit welchem Erfolg hat sich Bundesregierung gegenüber der EU-Kommission für die Verankerung einer effektiven und sanktionsbewehrten Menschenrechtsklausel im modernisierten Globalabkommen eingesetzt? Entsprechend dem am 2. Juni 2009 vom Rat beschlossenen Gemeinsamen Ansatz der EU zu politischen Klauseln in Drittstaatenabkommen, bei dessen Ausarbeitung sich die Bundesregierung eingebracht hat, stellen politische Klauseln in Drittstaatenabkommen der Union ein Werkzeug zur Umsetzung ihrer wichtigsten außenpolitischen Ziele dar. Hierzu zählt ausdrücklich die Achtung von Menschenrechten , Demokratie und Rechtstaatlichkeit. Der Webseite der EU-Kommission (http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=1830) ist zu entnehmen , dass auch das modernisierte Globalabkommen der EU mit Mexiko eine diesen Standards entsprechende Klausel zum Schutz der Menschenrechte enthalten wird. Eine weitergehende Stellungnahme nimmt die Bundesregierung, wie stets im Falle laufender Verhandlungen, nicht vor. 53. Wie stellt das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sicher, dass Querschnittskonzepte wie das für Menschenrechte und Indigene Völker in Lateinamerika in der Entwicklungszusammenarbeit umgesetzt werden? Für die Umsetzung von Querschnittskonzepten setzen zum Beispiel das Konzept „Menschenrechte in der deutschen Entwicklungspolitik“, der „Leitfaden zur Berücksichtigung von menschenrechtlichen Standards und Prinzipien, einschließlich Gender, bei der Erstellung von Programmvorschlägen der deutschen staatlichen technischen und finanziellen Zusammenarbeit“ sowie das Konzept „Entwicklungszusammenarbeit mit indigenen Völkern in Lateinamerika und der Karibik“ einen verbindlichen entwicklungspolitischen Rahmen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Bei der Durchführung aller Vorhaben im Auftrag BMZ sind die Durchführungsorganisationen an die Einhaltung der aufgeführten Standards gebunden und sichern deren Beachtung mit der Beauftragung zu. Im Verlauf der Durchführung berichten die Durchführungsorganisationen regelmäßig unter Beachtung der politischen Vorgaben an das BMZ. 54. Nach welchen Kriterien werden von der Bundesregierung die Bundesstaaten für die Entwicklungszusammenarbeit ausgewählt, und welche Rolle spielen dabei die dort vorhandenen Rahmenbedingungen für die Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele (SDG’s) und der Agenda 2030? Die Kriterien für die Auswahl von mexikanischen Bundestaaten in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) richten sich in erster Linie nach den sektoralen Schwerpunkten der EZ mit Mexiko und der Nachfrage des Partnerlandes. Die Rahmenbedingungen für die Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals – SDG’s) werden bei Regierungsgesprächen mit den Vertreterinnen und Vertretern des Partnerlandes diskutiert und in allen Vorhaben berücksichtigt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 17 – Drucksache 19/4091 55. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass die Verankerung der Themen Naturschutzgebiete und Biodiversität in der mexikanischen Politik teilweise auf Probleme des sozialen Besitzes der Landrechte und dem Durchdringen der ländlichen Räume durch die Organisierte Kriminalität trifft (https://amerika21.de/2018/04/198798/mexiko-gesetzbiodiversitaet ?page=16)? Die im Auftrag der Bundesregierung durchgeführten Projekte im Bereich Naturschutzgebiete und Biodiversität werden in Absprache mit den mexikanischen Partnern so geplant, dass sie möglichst nicht in den von Konflikten betroffenen Räumen durchgeführt werden. Alle Projekte durchlaufen bei ihrer Planung eine Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung, die auch mögliche Konflikte im Projektumfeld analysiert. Während der Projektdurchführung wird das Umfeld kontinuierlich beobachtet, so dass neuen Bedingungen Rechnung getragen werden kann. 56. Inwiefern hat die Bundesregierung Kenntnis über den im Juni 2018 verabschiedeten Präsidentenerlass zur Wasserprivatisierung, welcher droht, lokalen Gemeinden im ländlichen Raum die Wassernutzungsrechte einzuschränken und so das Recht auf sauberes Wasser zu gefährden, und welche Konsequenzen zieht sie daraus? Der Bundesregierung ist der Erlass bekannt. Die deutsche Botschaft Mexiko- Stadt ist dazu mit den mexikanischen Partnern und der Zivilgesellschaft im Austausch . 57. Inwiefern hat sich die Bundesregierung im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit Mexiko im klima- und entwicklungspolitischen Bereich für das Recht auf Wasser konkret eingesetzt? Die Unterstützung bei der Verwirklichung des Rechts auf Wasser ist kein Schwerpunkt der Zusammenarbeit der Bundesregierung mit Mexiko im klima- und entwicklungspolitischen Bereich. Das BMZ setzt sich jedoch im Rahmen des Projektes „Städtisch-Industrieller Umweltschutz“ für ein verbessertes Abwassermanagement und Flusssanierungen unter anderem in Toluca, Salamanca, La Paz und Puebla ein. 58. Welche Position vertritt die Bundesregierung bezüglich eines Freihandelsabkommens der EU mit Mexiko, und wie wird in diesem Zusammenhang nach Einschätzung der Bundesregierung die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht eingehalten? Die Bundesregierung unterstützt die Verhandlungen über eine Modernisierung des Globalabkommens einschließlich eines Freihandelsteils zwischen Mexiko einerseits und der EU und ihren Mitgliedstaaten andererseits. Der Entwurf des von der EU verhandelte Globalabkommens enthält umfassende Regelungen zu Rechtsstaatlichkeit, Zusammenarbeit bei den Menschenrechten, Transparenz und Korruptionsbekämpfung und sieht einen Menschenrechtsdialog mit Mexiko vor. Im Nachhaltigkeitskapitel des Handelsteils des Globalabkommens sollen Vereinbarungen zu „Handel und verantwortungsvollem Management von globalen Lieferketten “ verankert werden. Hierzu zählt auch die Unterstützung der Verbreitung und Nutzung von internationalen Instrumenten, wie den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen und den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4091 – 18 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 59. Inwiefern sind nach Kenntnis der Bundesregierung besonders benachteiligte und gefährdete Gruppen, wie indigene Gemeinschaften und Verteidigerinnen und Verteidiger der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte , angemessen bei den Beratungen zur Modernisierung des Globalabkommens zwischen Mexiko und der EU konsultiert worden? Die Konsultation von Interessengruppen im Drittstaat obliegt den Verhandlungsführern , also der EU-Kommission und der mexikanischen Regierung. Nach Kenntnis der Bundesregierung findet ein regelmäßiger Dialog zwischen Vereinigungen der mexikanischen Zivilgesellschaft, der Europäischen Union und der Regierung Mexikos statt. Auch interessierte Mitgliedstaaten nehmen teil. Gefährdete Gruppen können sich einbringen. 60. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung gegenüber deutschen Unternehmen für die Einhaltung menschenrechtlicher Standards in Mexiko ein? Am 21. Dezember 2016 hat die Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) verabschiedet. Der NAP stößt einen Prozess an, der eine Orientierung gibt für die praktische Umsetzung der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Er soll einen substanziellen Beitrag zur Verbesserung der menschenrechtlichen Lage entlang der Liefer- und Wertschöpfungsketten in Deutschland und weltweit leisten. Durch verlässliche Rahmenbedingungen für deutsche Unternehmen möchte die Bundesregierung so auf faire, globale Wettbewerbsbedingungen („level playing field“) hinwirken. Die deutsche Botschaft in Mexiko-Stadt hat über die örtliche Auslandshandelskammer (CAMEXA) den Dialog mit den in Mexiko produzierenden deutschen Unternehmen initiiert. Auch in Deutschland arbeitet die Bundesregierung an einer konsequenten Umsetzung des NAP; hierzu gehört die klare Erwartungshaltung, dass alle Unternehmen – einschließlich solcher, die in Mexiko produzieren – die Elemente der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht in ihren weltweiten Geschäftsaktivitäten angemessen umsetzen. Dabei steht die Bundesregierung u. a. mit Unternehmen, Arbeitgeberverbänden, Vereinigungen der Zivilgesellschaft und Gewerkschaften („Stakeholder“) in engem Austausch, bietet Unterstützungsleistungen an und wird die unternehmerische Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht in den Jahren 2018 bis 2020 in einem umfassenden Auswertungsverfahren („Monitoring“) überprüfen. Ebenso zeigt die Bundesregierung den Unternehmen die an sie gerichteten Erwartungen für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln auf, wie sie sich aus den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen ergeben. 61. Sind der Bundesregierung Maßnahmen der mexikanischen Behörden bekannt , um bei der Vergabe von Bergbaukonzessionen das Recht der Menschen in den betroffenen Gebieten auf rechtzeitige und unabhängige Information sowie auf Beteiligung am Prozess zu garantieren (Einhaltung des Prinzips des free, prior and informed consent, gemäß ILO-Konvention 169, seit 5. September 1990 in Mexiko in Kraft)? Das in der Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) verankerte Prinzip der freien, vorherigen und informierten Zustimmung, welches in Mexiko auch im Bergbausektor anwendbar ist, verpflichtet Projektträger, die betroffenen indigenen Völker in alle für sie relevanten Entscheidungen mit einzubeziehen . Dieses Prinzip wird in Mexiko immer häufiger von lokalen Regierungen und Nichtregierungsorganisationen herangezogen, um an der Planung und Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 19 – Drucksache 19/4091 Implementierung von Bergbauprojekten teilzuhaben. Im Februar dieses Jahres hat die indigene Gemeinde Tecoltemi in einem Präzedenzfall erstritten, dass die Arbeiten an einer Gold- und Silbermine aufgrund einer Missachtung der ILO- Konvention 169 suspendiert werden müssen. 62. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen in Mexiko Bergbau- und andere Unternehmen bei Verletzung des Rechts auf Beteiligung und Anhörung sowie bei Verursachung von Umweltschäden im Zusammenhang mit Infrastruktur- und Bergbauprojekten sanktioniert wurden? In Mexiko existiert eine Sonderstaatsanwaltschaft für die Verfolgung von Umweltdelikten („Profepa“). Zwischen 2012 und 2017 hat die Profepa 3 394 Anzeigen entgegengenommen, von denen in 52 Fällen eine Sanktion verhängt wurde. 63. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, dass Tochterunternehmen deutscher Mutterkonzerne oder deutsche Unternehmen in anderen Branchen in Mexiko an Menschenrechtsverletzungen beteiligt sein könnten? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 64. Wie setzt die Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) in Bezug auf Mexiko um, und welche Konsequenzen hat es für die Politik der Bundesregierung, dass Mexiko Pilotland für den Nationalen Aktionsplan ist? Die Bundesregierung erwartet von allen Unternehmen, dass sie den im NAP, Kapitel 3, beschriebenen Prozess der unternehmerischen Sorgfalt mit Bezug auf die Achtung der Menschenrechte in einer ihrer Größe, Branche und Position in der Liefer- und Wertschöpfungskette angemessenen Weise einführen. Der NAP sieht als Maßnahme vor, dass die Bundesregierung Berichterstattung und Beratung durch die Auslandsvertretungen unter Einbindung der weiteren Säulen der Außenwirtschaftsförderung (Auslandshandelskammern – AHK, Germany Trade and Invest – GTAI) verstärken wird. Die Auslandsvertretungen wurden gebeten, gemeinsam mit örtlichen AHKn, GTAI-Vertretern, Fachleuten der Entwicklungszusammenarbeit und weiteren Akteuren aus Deutschland und dem jeweiligen Gastland sogenannte NAP-Unterstützungsnetzwerke zu bilden. Zu den Aufgaben der Netzwerke gehören unter anderem Beratung zum NAP, Informationen zur Menschenrechtslage im Gastland sowie das Schaffen von Austauschmöglichkeiten für Unternehmen. Neben sieben anderen Ländern wurde Mexiko als Pilotland ausgewählt. In diesen Ländern wird das von der Bundesregierung in Abstimmung mit Mitgliedern der AG Wirtschaft und Menschenrechte erstellte Konzept für die Unterstützungsnetzwerke erprobt. Nach einer Auswertung der Erfahrungen in den Pilotländern Anfang 2019 sollen die Unterstützungsnetzwerke auf weitere Länder ausgeweitet werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/4091 – 20 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 65. In welcher Weise informiert sich die Bundesregierung darüber, ob Mexiko bei der Überprüfung der Einhaltung des NAP internationale Vereinbarungen erfüllt? Der deutsche NAP richtet sich an Unternehmen und listet Maßnahmen der Bundesregierung auf; er wendet sich jedoch nicht an andere Staaten wie beispielsweise Mexiko. Das NAP-Monitoring überprüft die Umsetzung der NAP-Vorgaben durch deutsche Unternehmen. Die VN-Arbeitsgruppe zu Wirtschaft und Menschenrechten beim OHCHR hat Leitlinien zur weltweiten NAP-Entwicklung herausgegeben. Der Bundesregierung sind keine internationalen Vereinbarungen bekannt, die speziell für eine Überprüfung der Einhaltung von NAPs gelten würden . 66. Was unternimmt die Bundesregierung, um Unternehmen auf die Besonderheit der mexikanischen Landrechtesituation aufmerksam zu machen und Unternehmen vor langwierigen Konflikten zu bewahren (vgl. bereits vorhandene Handreichungen menschenrechtlicher Fallstudien für deutsche Unternehmen ; https://globalcompact.de/wAssets/docs/Menschenrechte/Publikationen/ menschenrechtsrisiken_fuer_deutsche_unternehmen_in_ausgewaehlten_ laendern_und_sektoren.pdf)? Zu den Hauptaufgaben der NAP-Unterstützungsnetzwerke (siehe Antwort zu Frage 64) gehört die länderspezifische Information und Beratung von Unternehmen zur rechtlichen und tatsächlichen Situation im jeweiligen Gastland. Dies kann im Fall von Mexiko auch Hinweise zur Landrechtesituation beinhalten. Ziel dabei ist es, Unternehmen bei der Wahrnehmung ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltsplicht zu unterstützen und auch Konflikte mit dortigen Gesetzen oder Behörden oder Anspruchsgruppen („Stakeholder“) zu vermeiden. Die Beratung kann dabei auch auf die Ergebnisse der Studie „Menschenrechtsrisiken für deutsche Unternehmen in ausgewählten Ländern und Sektoren – Fallstudien und Empfehlungen“ zurückgreifen. Die Bundesregierung wird eine Studie veröffentlichen zur Identifikation von besonders relevanten Risikobranchen und -regionen in den Liefer- und Wertschöpfungsketten der deutschen Wirtschaft. Auf Basis der Studie werden, unter Moderation der Bundesregierung, in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Wirtschaftsverbänden und mit Hilfe entsprechender Gremien, die verschiedene Interessengruppen versammeln („Multi-Stakeholder-Foren“), branchenspezifische Handlungs -anleitungen und „Best-Practice“-Beispiele zu menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten erarbeitet. Innerhalb der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung, die die Wirtschaft als „One-Stop-Shop“ zu entwicklungspolitischen Fördermöglichkeiten in Entwicklungs - und Schwellenländern berät, ist eine Erstberatungsstelle („Helpdesk“) für Wirtschaft und Menschenrechte eingerichtet worden. Zentrale Aufgabe des „Helpdesk “ ist die Erst- und Verweisberatung sowie die Sensibilisierung für den Themenkomplex . Das Angebot der Agentur wird durch Beratung im Rahmen bestehender Netzwerke an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit (EZ-Scouts, ExperTS) ausgeweitet und unterstützt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 21 – Drucksache 19/4091 67. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über hohe Beteiligung von Gouverneuren in verschiedenen Bundesstaaten an Korruption und Geldwäsche sowie über deren Auswirkungen auf das Investitionsklima in Mexiko (vgl. https://nzz.ch/international/mexiko-sucht-den-radikalen-wandel-ld.1398477)? Zahlreiche ehemalige Gouverneure mexikanischer Bundesstaaten sind inhaftiert und müssen sich aktuell Strafverfahren der mexikanischen Justiz stellen, einzelne sind flüchtig. Korruption hat nach einer Studie (www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/ Maerkte/Geschaeftspraxis/investitionsklima-und-risiken,t=investitionsklima-inmexiko ,did=1932720.html) Auswirkungen auf das Investitionsklima in Mexiko. Im WEF „Global Competitiveness Index“ 2017/2018 liegt Mexiko insgesamt auf Platz 51, im Abschnitt Korruption auf Platz 135. Deutsche Unternehmen sprechen sich zwar gemeinsam mit der deutsch-mexikanischen Handelskammer (CAMEXA) für eine stärkere Bekämpfung der Korruption aus, geben aber gleichzeitig an, dass Korruption bisher keinen wesentlichen Einfluss auf ihre Geschäftstätigkeit in Mexiko hat. In der jüngsten Befragung der CAMEXA vom Frühjahr 2018 gaben 31 Prozent der Unternehmen an, in den nächsten zwölf Monaten mehr in Mexiko investieren zu wollen; 31 Prozent der Befragten wollen ihr Investitionsniveau halten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333